Der 25. Februar und die radikale Linke: ACTA?

ichmensch 22.02.2012 23:53 Themen: Kultur Netactivism
Kommenden Samstag sollen wieder Massenproteste gegen ACTA stattfinden. Für die radikale Linke in der BRD stellt der 25. Februar ein eher unbeschriebenes Blatt dar. Doch wieso dürfen die Proteste nicht vernachlässigt werden und was lässt sich für eine Auskunft über die geplanten Proteste machen? Ein Blick auf die aktuelle Lage.
In den letzten Wochen hat die Problematik um das ACTA-Abkommen großen Anklang im gesellschaftlichen Diskurs gefunden, besonders unter internetnutzenden Jugendlichen, die verstärkt von dem geplanten Gesetz betroffen sind.

Wie kam es dazu?
Eine große Rolle hat hierbei das schon seit geraumer Zeit praktizierte massenhafte Sperren von Musikvideos auf Youtube auf Anweisung der GEMA gespielt, wodurch viele Menschen eine Aversion gegen die Verwertungspraxis von Kulturgut durch die Musikindustrie entwickelt haben, bzw. diese in ihrer Ablehnung bestärkt wurden. Ein weiteres relevantes Medium stellte Facebook dar: Obwohl auf Facebook immer wieder rechte Propaganda zu sehen ist und nationalistisches Gedankengut von relativ vielen Usern verbreitet wird, war in den letzten Wochen viel kritisches und mobilisierendes Material bezüglich ACTA bzw. dessen Ersatzabkommen IPRED zu sehen, welches aus einer neutralen Perspektive verfasst war, wenn auch zumeist nicht in Verbindung mit einer allgemeinen Kritik an Eigentum und kapitalistischer Verwertungslogik. Somit konnte notwendige und inhaltlich richtige Kritik an viele Jugendliche und Internetnutzer gebracht werden.

Das Ergebenis war für viele erstaunlich:
Am 11. Februar 2012 protestierten in ganz Europa hunderttausende Menschen gegen ACTA, auch in Deutschland gingen in verschiedenen Städten mehrere Tausende, darunter viele sonst eher unpolitische Jugendliche auf die Straße. Die Proteste waren von bereits länger bestehenden und spontanen ANTI-ACTA-Bündnissen organisiert worden, in großem Maße von der Piratenpartei, Den Grünen, den JuSos und der Partei Die Linke. Aufgrund der Unerfahrenheit der Piraten in Sachen Demos, der unentschlossenen, bürgerlich geprägten Einstellung der parteilichenen Bündnisträger und natürlich auch aufgrund der kurzfristigen Mobilisierung, hatten die Demonstrationen hatten somit teilweise einen erheblich unorganisierten Charakter, was für Außenstehende leider auch das falsche Bild von "Internet-Chaoten" zu reproduzieren vermochte. So war beispielsweise auf der Kundgebung in Nürnberg die langen Redebeiträge nur aus nächster Nähe zu verstehen, den Teilnehmenden waren Informationen nur über vereinzelte Flyer zugänglich. Doch sowohl in Nürnberg, als auch woanders war es dem eigenverantwortlichen Handeln der Demonstranten zu verdanken, dass sich auch dynamischer und lautstarker Protest entwickeln konnte. Hervorzuheben ist hier die Demonstration in Erfurt, als spontan ein antikapitalistischer Block die bürgerlich orientierte Demo angeführt und beeinflusst hat. (siehe:  http://de.indymedia.org/2012/02/324614.shtml)

ACTA ist nicht vom Tisch - die Proteste müssen gestärkt werden!
Die Massenproteste beeindruckten Staat und Konzerne, sodass die Ratifizierung zunächst ausgesetzt wurde bzw. Politiker ihre positive Haltung zum Gesetzesentwurf differenzierten. Lobbyisten und Kapitalistenverbände üben seitdem erhöhten Druck auf die Regierungen aus und versuchen mit IPRED einen Ersatz für ACTA durchzubringen. Für den 25. Februar sind weitere Massenproteste geplant, auf Facebook erhielten sie schon etliche Zusagen bzw. Zustimmung. Egal ob die Proteste noch größer werden oder wieder im Sande verschwinden - für die (radikale) Linke stellen sie aufgrund ihrer Aktualität, ihrer Dringlichkeit und ihres schichtenübergreifenden Potenzials eine Notwendigkeit zur Intervention dar. In der BRD gelang es am 18. Februar nur wenigen politischen Akteuren konkrete, ausführlichere Inhalte zu vermitteln, die Piratenpartei wird jedoch wegen ihrer führenden Rolle in der Organisierung eine breitere Zustimmung erlangt haben. Alternative linke und linksradikale Büdnisse und Gruppen blieben von den Protesten weitgehend fern, den Großteil linker Demonstranten bildeten einzelne Kräfte, was auch auf die aufwändige Mobilisierung nach Dresden für den 13./18. Februar zurückzuführen ist. Für einen außerparlamentarischen, organisierten und entschlossenen Protest bedarf es jedoch der Unterstützung und Mitgestaltung antiautoritäter, linksradikaler politisch Aktiver bzw. Zusammenhänge. Gerade für ein freies Internet einzutreten und sich eigentumsfixierten Interessen und Tendenzen entgegenzustellen sollten wichtige Anknüpfungspunkte für eine aktive und progressive Bewegung darstellen.

Mensch darf gespannt sein, inwiefern am 25. Februar auch antikapitalistische Positionen mit auf die Straße getragen werden und den Menschen ein Bewusstsein für linksradikale Politik eröffnet wird...
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Ergänzungen

ASJ Köln ruft zur Beteiligung in Köln auf!

Anarchistisch Syndikalistische Jugend Köln 23.02.2012 - 14:58

ACTA ist nicht der Untergang der Welt

Fus Roh Dah 23.02.2012 - 17:27
Die Proteste gegen ACTA schaffen es nicht, die grundsätzliche Fragen die diesem Vorstoß zugrunde liegen zu beantworten. Linksradikale Intervention müsste sich erstmal darüber klar werden, was hier überhaupt verhandelt wird und warum - sonst bleibt man auf einem einfachen "ACTA ist scheiße weil ich mit dem status quo doch bisher ganz angenehm gelebt hab" stehen und gibt nur vagen Ängsten Ausdruck. Viele der Argumente von Seiten der ACTA Proteste sind schwammig bis falsch, gerade wenn es um moralische Aufladung des Abkommens und Empörung über die Lobbyarbeit hinter dem Gesetz geht.
Linksradikale Beteiligung macht aber nur Sinn, wenn sie tatsächlich auch emanzipatorischen Gehalt hat. Ansonsten geht doch bitte hin ohne irgendein politisches Label hochzuhalten.

Interessanter (englischsprachiger) Artikel dazu:

 http://concrete.blogsport.eu/2012/02/19/6/

hier

zum einmischen 23.02.2012 - 18:40
die liste der angemelteten proteste:  http://wiki.stoppacta-protest.info/DE:Uebersicht_Demos2

und im übrigen:

t 23.02.2012 - 18:50
Diese Proteste - ob gegen Wulff oder ACTA - sind mehr Symptom als alle sandere. Symptom für einen größeren Willen zur Renitenz, der nun endlich auch Schland erfaßt. Symptom für den Willen weiter Teile der Bevölkerung, sich nicht mehr alles von den Herrschenden gefallen zu lassen.

Und ist es nicht *genau das*, was wir immer gefordert haben? Daß "el pueblo unido", "le peuple souverain", sich endlich aus der aufoktroyieren Unmnündigkeit emanzipiert?

Groß ausgeformte Dialektik ist da noch lange nicht zu erwarten, und sie vehement einzufordern ist kontraproduktiv. 80% der Teilnehmenden am Samstag werden sich mit linksradikalen Ideen noch nie groß auseinandergesetzt haben.

Da ist eine gewaltige Chance, daran was zu ändern.

Wie oben angemerkt, sind diese und andere Gelegenheiten DIE Chance, linke Ideen jenseits des "linken" Parteienkonsens einer weiteren Öffentlichkeit vorzustellen, und in die Diskussion über den längst überfälligen Postkapitalismus einzubringen.

Denn der wird kommen. Mittlerweile wird offen eingestanden (außer von den Hardlinern der Kapitaliban, die gerade in Schlaand noch den "offiziellen" Diskurs - oib im Mainstream oder in den bürgerlichen "Alternativmedien" - dominieren), daß die wirtschaftlichen Aussichten für 2011 trist sind. Die Frage ist nur: wird der Postkapitalismus freiheitlich oder emanzipatorisch sein, oder autoritär und nazional? Ist es die Freiheit in sozialem Frieden und Gerechtigkeit, oder die "Freiheit" des Kapitals, die sich am Ende durchsetzen wird?

Die bis mindestens Mai zu erwartende Protestwelle, die sich hier langsam aufbaut, ist ein Vorgeschmack einer Infragestellung des gegenwärtigen Systems, bis hin zu einem radikalen Wandel.

Alles ist möglich, aber dazu müssen wir uns einbringen.

Wir sehen uns Samstag.

Linksradikale Identitäten und Telleränder

Muss reden, auch wenn ich schweigen muss! 23.02.2012 - 18:56
Gebe der ASJ-Köln recht, es ist nicht unwichtig, derartige Proteste zu unterstützen, warum, wurde schon mehrfach im Zusammenhang mit diesem Thema erwähnt. (sozialrevolutionäre und selbstorganisatorische Diskurse gegen staatstragende Gruppen und "Verschwörungszeitgeister" stellen sowie in gesamtgesellschaftliche Kontexte bringen ;))

Das Problem in D bzw. mit der linksradikalen Szene in diesem seltsamen Zwangskollektivkonstrukt ist jedoch, dass nicht wenige (selbstgelabelte) "Linksradikale", Aktionen und Proteste mitlerweile generell ablehnen. Nicht wenige "Linksradikale" vertreten einen "bildungsbürgerlichen" Ansatz, welcher Dinge wie "Eigentum" und "Herrschaft" und Warengesellschaft in den bestehenden Verhältnissen sogar ersteinmal "gutheißt" und sich in gewissen Fällen sogar dahinbewegt, Eigentum, Hierarchie und Repression und die restliche Gesamtscheiße als "erkämpfenswerten Widerspruch zur Utopie" (gerne "Communismus" o.ä. genannt) zu sehen. (was dann gerne auch mit polemischen Formulierungen und verletzenden Verallgemeinerungen gegenüber Menschen, die Aktionismus und Sozialproteste unterstützen, ausgedrückt wird, mensch muss sich in dieser Hinsicht nur mal entsprechende Blogs und Periodika reinziehen)
Die ACTA-Thematik bzw. der Umgang diverser "linksradikal"-selbstbezeichneter Menschen damit zeigt dies dabei immer wieder. So hab ich, auch auf Indy und anderswo, schon häufiger Polemiken und Zyniken gegen diese Protestbewegung, welche nicht direkt aus den "eigenen Reihen" stammt und (zumindest struktuell) einen Themenkomplex aufgreift, der zwar in vielen, "linken" bzw. emanzipatorischen Theorien erwähnt wird jedoch praktisch kaum "angegangen" worden ist, entdeckt. (mit dem "Themenkomplex" meine ich das Thema "Eigentum", besonders in der "bestehenden, bürgerlich-marktwirtschaftlichen Gesellschaft)
Sozialrevolutionäre bzw. antikapitalistische und eben auch antiautoritäre Positionen werden scheinbar in der "Szene" selber immer stärker an den Rand gedrängt bzw. marginalisiert, Autorität, bestehende Verhältnisse usw. dafür immer häufiger als "kleineres Übel" (im Gegensatz zu anderen Dingen und Ideologien) angesehen, was dann zu einer gefährlich-verkürzten Gesellschaftsanalyse führt, welche die Ursachen für Dinge wie autoritäre Ideologien/Faschismus oder Repression (im Falle "ACTA" währe dies vorallem Überwachung) schnell ausblendet.
Über die Ursachen dieser bewegungsinternen Entwicklungen kann mensch viel diskutieren bzw. mensch sollte meiner Meinung nach in der Szene viel stärker drüber reflektieren. (wie zb. über den Satz "richtiges Leben im Falschen", welcher, gerade von den, von mir hier kritisierten "bildungsbürgerlichen Linken" in einem sehr seltsamen Zusammenhang häufig benutzt wird, ohne dabei zu merken, dass doch ihre "Kritik", die sie an dieser Gesellschaft (nicht) üben, genau der Grund für den Autor des Satzes war, ihn zu verfassen ;))

Linksradikalismus ist mehr als nur Antifa, genauso, wie Antifa mehr ist, als nur gegen Nazis und für identitäre Ideologien und Konstrukte, welche als Ursache für Autorität und Faschismus nicht unerhebliche Anteile haben (damit meine ich vorallem die starke Fixierung vieler "Antifas" auf die eigene, subkulturell eingeschränkte Identität und den auch recht verbreiteten Nationalismus in Antifakreisen, der sich zwar gegen Deutschland aber für andere Zwangskollektivkonstruktionen äussert), zu sein. In diesem Sinne: Gegen identitäre Scheiße, für die soziale Revolution...

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MAl über den Tellerrand schauen ...

Kontroverso 23.02.2012 - 09:32
Aha, der 25. Februar ist für die radikale Linke also ein unbeschriebenes Blatt. Also ich finde im Bundesgebiet auf Anhieb 3 Linksradikale Demos. Eine davon ist die AntiRa-Demo in Dessau, wo an den Mord an Oury Jalloh erinnert wird und der rassistische Konsens (nicht nur) in Dessau angegriffen wird.

Sicherlich ist ACTA auch ein sehr wichtiges Thema aber immer gleich rumzumeckern, bloß weil man es selber nicht auf dem Schirm hat ist wenig zielführend.

schön, wie sich die "linken" selber spalten

Der Aufklärer 23.02.2012 - 10:50
Divide et impera. Oder auch "Teile und herrsche".
Dieser begriff sollte jedem halbwegs aufgeklärten politik-Interessierten geläufig sein.

Mir fällt immer öfter auf, dass gerade bei großen Demonstrationen wie z.b. ACTA, OCCUPY, Freiheit statt Angst usw... also Demonstrationen, die nicht explizit "linksextrem bzw. radikal" sind, die Antifa paralell andere Demos mit komplett anderem Hintergrund organisiert, die problemlos auf einen anderen Tag verlegt werden könnten.
Aktuellstes Beispiel:
DIe Anti Thor Steinar Demo, ebenfalls am 25.02.
Was soll das bringen? ist euch "bürgerlicher" Protest gegen ACTA zu spiessig? Auch dort kann der gesamte linke Flügel der Gesellschaft mitdemonstrieren, denn das geht auch den linkesten Linken an bzw. GERADE den.
Bei solch wichtigen Themen ist Einigkeit und eine möglichst große Präsenz von empörten Menschen auf der Straße wichtig. Die 500 bis 5000 (?) Menschen, die statt zur ACTA Demo lieber gegen einen isolierten, dämlichen Fascholaden auf die Straße gehen, werden bei der ACTA Demo definitiv fehlen.
DEr Protest wird aufgeteilt und versinkt in der Bedeutungslosigkeit.
In beiden Fällen.

Ignoranz

Abstrakt 23.02.2012 - 13:40
Das ist keine bewusste Entscheidung Antifademos auf solche Tage zu legen. An jedem Wochenende gibt es für Antifas irgendwelche Termine. Was sich außerhalb der Antifawelt abspielt, ist für die irrelevant. Die beschäftigen sich mit sowas nicht, viel zu abstrakt und daher nicht als persönliche Gefahr begreifbar.

Und die "Theorie"heinis (Commünist_innen, MGler und anderes Gesocks) sind voll damit beschäftigt alles irgendwie doof und scheiße zu finden. Und mit bürgerlichen Deutschen (also alle anderen) macht man sowieso nichts zusammen.

Berlin: Am 25.2. besser nach Dessau fahren

S. Urbach 23.02.2012 - 19:57
Für emanzipatorisch handelnde Berliner_innen ist es am 25.2. vielleicht wichtiger in Dessau direkte Präsenz gegen den rassistischen Normalzustand zu zeigen, anstatt sich auf einer Tanzveranstaltung unter dem Motto "ACTA aus, Demokratie an!" von Piratenpartei, Facebook & Co. vereinnahmen zu lassen.

fuckbook

face off 23.02.2012 - 23:45
dessau wir kommen ,es gibt dinge die wichtiger sind als youtube und rapidshare!
rassismus abschalten!

ACTA-Demos, Dessau und mehr...

muss nochmal reden, auch wenn ich schwei.... 24.02.2012 - 01:44
Nunja, würde ich in der Gegend wohnen, würd ich mir auch die Frage stellen "ob Dessau oder ACTA"... (und mich für Dessau entscheiden, da es dort in der Tat bitternotwenidg ist, etwas gegen die Zustände dort zu unternehmen)
Aber im Nachhinein ist schlußendlich doch beides wichtig. Wie weiter oben bereits erwähnt kann mensch bei den ACTA-Demos nicht erwarten, dort Menschen vorzufinden, die "emanzipatorisch-antikapitalistisch" politisiert sind. (zumindest nicht in der Mehrzahl) Leider scheinen große Teile der "linksradikalen" Szene sich, wie bereits von mir erwähnt, über eine konstruierte Eigenidentität zu definieren, welche, in ihren Augen "bloß nichts mit dem Rest" zu tun haben soll, meistens mit einer plumpen "Alles-dumme-deutsche-Bürgis-und-Kiddies"-Unterstellung garniert. (im Bezug auf die ACTA-Proteste)
Natürlich muss mensch bei derartigen Massenprotesten dann auch Dinge wie Dummdeutschtümmelei u.ä. diskutieren und klar Stellung gegen diesen Dreck beziehen, wenn er oder sie, gemeinsam mit Menschen, die kaum politisiert sind und sich vielleicht zum ersten Male über Dinge wie "Eigentum" Gedanken machen, auf einer Anti-ACTA-Demo sind...Aber die bloße Unterstellung, die Mitmenschen drumherum, die auf eine Anti-ACTA-Demo gehen, seien "zu dumm" bzw. "zu unreflektiert" und die Demos seien ja eh nur "Facebook"-Tanzveranstaltungen (sic) halte ich für krasse Vorverurteilung, zuweilen viele Leute, die auf die Demos gehen (war vor 2 Wochen beispielsweise auch auf einer ACTA-Demo gewesen), teilweise noch superjung und/oder teilweise auch zum ersten Male überhaupt auf einer Demo dabei sind und nicht wenige machen sich zunehmend ihre kritischen Gedanken und sogar Reflexionen über die Gesamtscheiße, die im Nachhinein dann auch dazu führt, das sie am Ende überwacht und kriminalisiert werden. Und gerade in dieser Situation sind emanzipatorische Ansätze immens wichtig denn viele Menschen, die "keine Ahnung" von linker, antikapitalistischer Theorie (und Praxis) haben, sind dann auch schnell mal anfällig auf Verschwörungsspinner und Deppen, die mit vereinfachenden, personalisierenden Weltbildern "um die Ecke" kommen.
Im Nachhinein erinnert mich das ganze hier auch an die teilweise unerträglichen Diskussionen über Dinge wie den "arabischen Frühling", die Entwicklungen in Griechenland oder Spanien (wo beispielsweise auch wieder im Moment die "Suppe am kochen" ist) oder über die Occupy-Bewegung. (speziell bei letzterem zeigte sich sehr krass der postlinke "Avandgarde"/Herrschaftsanspruch-Anspruch vieler Leute "in der Szene", ich erinnere mich nur an den hochgefährlich-pauschalisierend wirkenden Diskurs, den einige Leute losgetreten haben, wo Occupy und generell jede Form der Kapitalismuskritik per se als direkt "antisemitisch" und ähnliches bezeichnet wurde)
Linksradikale, emanzipatorische Kritik darf nicht an konstruierten Identitäten wie irgendwelchen "Subkulturen" u.ä. hängen bleiben denn ansonsten kann sich kein gesamtgesellschaftlicher Diskurs entwickeln und die Marginalisierung linksradikaler, vorallem emanzipatorisch-antikapitalistischer Inhalte (und Praxen) hält an bzw. verschärft sich.
Nunja, und zu Dessau: Hoffentlich wird die ernste Thematik nicht für Mackerscheiße, Atzengehabe, dogmatisches "Geprolle" (denke da mit viel "Sorge" nur an "Anti"-Ds, Antiimps & Co.) und identitäres Selbstabfeiern der eigenen "Szene" mißbraucht. Denn gerade hier find ich es wichtig, dass die "Aussenwirkung" der Demo nicht ein mackerhaftes und maskulinisiertes sowie identitär-ausschließendes Bild abgibt, welches durch dumme Parolen, das Tragen von Nationalfahnen und ähnlichem Mist sowie herablassend-wirkendes Elitengehabe geprägt ist. Denn derartige, rassistisch-deutsche Zustände, wie sie in Dessau und anderswo herrschen, "verdienen" eine andere Antwort als eine identitär-aufgeladene, elitäre und mackerhafte "Show", welche ein vermeintlich "Richtiges" (beispielsweise das Abfeiern auf andere Staaten im Vergleich zu D oder eben, meistens auch mit ersterem eng verbunden, herablassendes und unsolidarisch-ausschließendes Verhalten gegenüber den Mitmenschen) gegenüber dem bestehenden Falschen propagieren soll, derartige Zustände wie in Dessau und anderswo "verdienen" ihre sofortige Zerschlagung durch eine Gesellschaft ohne Autoritäten und Staaten oder gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Nationalismen.

Aber Letzteres ist nicht eigentlich nicht Thema in diesem Post...

Der Artikel ist hohl

Rol-and Ion-as Bia-lke 24.02.2012 - 12:09
Der Artikel ist hohl

Der Artikel beschreibt annähernd was sich bewegt, und welche Medien u.a. zur Bewegung genutzt werden. Doch Inhaltliches zu ACTA, ausser dem Kampfbegriff "Kapitalistische Verwertungslogik" (sinngemäss) und den Verweis auf durch Rechteinhaber gesperrte Youtube-Videos, kommt nicht. Was gibt es inhaltlich an ACTA zu kritisieren?

Doch zuerst:

Die Wortgruppe "eine radikale Linke" ist ein Widerspruch in sich. "Radikal" zu handeln, bedeutet, bis an die Wurzel eines Problems zu gehen. Und wenn daraus eine gescheite Lösung heraus kommen soll, dann kann das eben nicht fraktioniert geschehen. Das ist bei allen Themenfelder so: Beispielsweise kann es keine antifaschistische Lösung geben, wenn nicht auch auf das Wohl und die Bedürfnisse von Neonazis geachtet wird. Und ja, es gibt da nicht nur universelle Regeln, sondern insbesondere Bedürfnisse, die sich einander ausschliessen und deren Willen für immer gerungen wird. Doch das Wort "radikal" bezieht sich auf die universellen Regeln - in den Beispiel des Antifaschismus heisst das z.B., alle, wirklich alle, ein Recht auf eine Grundsicherung haben.

Um das Wort "radikal" auf die ACTA-Thematik anzuwenden, hier darf nicht nur auf das Wohl der Mediennutzer, sondern auch auf das Wohl der Medienmacher geachtet werden. (Und das ist ja nich einmal das Hauptthema von ACTA.) Bei der "Kritik", besser gesagt bei den populistischen Geschreie, schwingt eine miese antigewerkschaftliche und antiproletare Auffassung mit. Die, dass wenn jemand etwas produziert, nicht selbst vereinbaren kann, was er dafür haben will.

Medienwerke sind etwas, was wirklich jeder und jede produzieren kann, d.h. es herrscht kein Mangel daran. Und so kann auch jeder und jede vereinbaren, was er oder sie für diese Arbeit bekommen möchte. Nur scheint es so, dass der eine oder die andere lieber nicht auf die freie Vereinbarung zwischen Menschen abzielt, sondern auf den eigenen Profit.

Wenn jemand Medienwerke produziert, und Teile seiner Rechte daran abgeben will, dann kann er oder sie das tun. Beispielsweise mit das Medienwerk mit bestimmten unkommerziellen Lizenzen versehen - Und es gibt diese: Unkommerzielle Filme und unkommerzielle Musik - jedoch leben die meisten Produzierenden dann von Sozialhilfe oder haben noch eine andere Arbeit. Diese Form der Ausbeutung bzw. Selbstausbeutung ist nicht "radikal".

Die, die ihre Arbeits- und Verwertungsrechte trotzdem wahrnehmen wollen, haben jedoch auch andere Möglichkeiten, als bei den alteingesessenen Verwertungsgesellschaften ihre Rechte zu verwirklichen. Beispielsweise können sie eigene Verwertungsgesellschaften gründen, die eben nicht so krass Geld für Rechte eintreiben, oder selbst vereinbaren, wer welche Rechte mit welcher Zahlung nuttzen soll. Ebenso ist es möglich auch in den alteingesessenen Verwertungsgesellschaften mitzubestimmen, wer da am Drücker ist und in welcher Weise sich um die Rechte gekümmert wird.

Wenn ich eine Haus baue, dann nur, wenn ich selbst ein Haus zum Leben habe oder selbst in dem gebauten Haus leben darf. Wer etwas dagegen sagt, ist weder radikal, noch "links". Und das gilt ebenso für Medienwerke. (Und nein, ein Haus ist kein Zelt.)