Greifswald im Winter: Über 800 Leute bei Demo

Kombinat Fortschritt 11.12.2011 12:49 Themen: Antifa Medien
Das war eine Ansage. Mehr als 800 Antifaschist_Innen zogen durch Greifswald und riefen: “Zieht euch warm an!” Dies bezog sich jedoch nicht auf frühwinterliche Temperaturen, sondern war gegen die Nazis aus der Hansestadt und Umgebung gerichtet.Mit diesem Demomotto machte die, erst vor wenigen Monaten gegründete, Antifagruppe “defiant” bereits klar, dass man sich keinesfalls in der Defensive wähnt.
Und das auch zu Recht. Neben einem blockierten Naziaufmarsch am Ersten Mai und massiven Protesten bei NPD-Wahlveranstaltungen, können auch Outings und Spontandemonstrationen auf der Habenseite verbucht werden. Die kurzfristig organisierten Demonstrationen waren jedoch eine Reaktion auf die zunehmende Nazigewalt in der Hansestadt.

Die Neonazis wollten im späten Frühjahr auch durch Schönwalde I und II, aber sie waren erstens noch nicht einmal halb so viele und dann wurden sie auch noch blockiert.Dagegen zogen die Antifaschist_Innen heute mehr als sieben Kilometer durch die Stadt. Vielleicht etwas mehr als zwei Drittel der Demonstration war nicht nur selbst warm angezogen, sondern auch überwiegend in adrettem schwarz gekleidet. Der hintere Teil stellte dagegen einen bunten Block dar.

Ursprünglich war die Veranstaltung für dreihundert Teilnehmende angemeldet worden, allerdings musste der Anmelder die Zahl auf 500 erhöhen. Dies ist für M-V eine beachtliche Zahl. Trotz Nervosität kurz vor dem Beginn der Demo zeigte man sich im Umfeld der Demoorganisatoren dennoch zuversichtlich die Zahl zu knacken.

Polizei hält sich zurück

Für Unbehagen sorgte zunächst das angekündigte Polizeiaufgebot. Allerdings verhielt sich die Polizei zunächst sehr defensiv. So startete die Demonstration nahezu unbegleitet durch die Einsatzkräfte. Zusammengeknotete Seitentransparente, die noch vor einigen Monaten in Schwerin zunächst für Konfrontationen mit den Beamten sorgten, stellten diesmal keinen Stein des Anstoßes dar.Allerdings zog die Polizei schnell Kräfte nach, als es den Einsatzkräften nicht rechtzeitig gelang zwei Neonazis, die sich am Rand der Demo aufhielten, zu entfernen.

Nach weiteren Vorfällen an der Route sah sich die Demospitze – und im weiteren Verlauf immer größere Teile des Zuges – von einem Seitenspalier der Polizei umgeben. Mangels unzureichender Kettenbildung der Demonstrierenden und dem energischen Zugriffen gelang es den Einsatzkräften mindestens vier Personen aus der Demonstration zu ziehen. Ihnen wird unter anderem Vermummung vorgeworfen.

Böller und Bässe gegen den Putz der Tristesse

Begleitet von pulsierenden Beats – der bunte Block “A.ll C.olours A.re B.eautyfull” war sogar mit einem eigenen Soundsystem am Start – Redebeiträgen und energischen Sprechchören zog die stetig wachsende Zahl von Demonstrierenden weiter Richtung Innenstadt.Allerdings zollten die Demonstrant_innen der langen Wegstrecke dann doch ihren Tribut. Am Wohnsitz von Marcus G., der von zwei Wasserwerfern umsäumt war, schien dann doch ein wenig die Luft draußen zu sein.

Doch es ging den Demonstrant_innen sicher nicht nur um eine Machtdemonstration. Dies zeigten auch die Redebeiträge. So wurde die Abschiebepraxis in M-V kritisiert, ebenso die Unterbringung der Asylbewerber_innen moniert. Ferner der Zusammenhang zwischen rechter Gewalt und dem alltäglichen Rassismus hergestellt.

Gegen 17 Uhr erreichten die farbenfrohen Demonstrierenden den Gedenkstein für den, von Neonazis ermordeten, Eckard Rütz. Er und Klaus-Dieter Gerecke fielen im Jahr 2000 neonazistischen Gewalttaten zum Opfer, da sie – so die spätere Aussage eines Täters – „dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche gelegen” hätten.

Entlarvend, wie sich die “Nationalen Sozialisten Greifswald” gegen den Vorwurf Gesinnungsgenossen der Mörder zu sein, verwahren. Sie “betrauern” den Tod nach dem Motto: “Die waren auch Deutsche…”

Organisierte Aktionen seitens der Neonazis konnten während der Veranstaltung nicht festgestellt werden. Allerdings berichtete ein Busfahrer, der einen Teil der auswärtigen Gäste chauffierte, dass ein Gespräch mit einem höher rangigen Beamten ergeben hätte, dass sich sehr wohl 70-80 Nazis in der Stadt aufgehalten haben sollen. Diese hätten jedoch bei der Nachricht über die Anzahl der Antifas die Flucht ergriffen. Dies ist nicht ausgeschlossen, schließlich wurde sowohl via dem Twitter-Account der “Nationalen Sozialisten Rostock” als auch dem der “Nationalen Sozialisten Greifswald” die Anreise von Kameraden verkündet. Doch anstatt von Jubelmeldungen über gelungene Störaktionen, wusste der Twitter der NSG nur über einen Angriff auf “Nationalisten” im Rostocker Hauptbahnhof zu berichten. Dies deckt sich mit einer Meldung der Bundespolizei (verlinkt direkt zur Bundespolizei), wonach im Kontext einer körperlichen Auseinandersetzung, bei welcher ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, wegen Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch ermittelt werde.

Die Veranstaltung stellt nicht nur einfach eine der größten antifaschistischen Demonstrationen der letzten Jahre in M-V dar, sie ist nicht zuletzt das Ergebnis einer starken engagierten Zivilgesellschaft, die von sich aus die Demonstration unterstützte. Ein besonderer Dank gilt all jenen, die teils lange Strecken auf sich genommen haben, um ihre Genoss_innen aus MV zu unterstützen. Antifaschist_innen aus dem Nordosten, die durchaus als reisefreudig bekannt sind, werden sich sicher demnächst revanchieren. Zum Beispiel für die sächsische Unterstützung, so Mitte Februar.

Die Bilder zum Artikel gibt es hier. Weitere Bilder gibt es bei Flickr. Die Pressemitteilung der Gruppe "defiant" gibt es hier.

Videos zur Demo gibt es bei Youtube (1|2|3)
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Ergänzungen

Bericht NDR Nordmagazin

Arminius der Supergermane 11.12.2011 - 14:33
Hier der Bericht des Nordmaganzis.

 http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/nordmagazin/media/nordmagazin8351.html

War schön.
Weiter mit linker Politik in HGW gehts im Dezember noch mit zwei Veranstaltungen der Roten Hilfe Greifswald:

schaut hier:
 http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/

Bilder

... 11.12.2011 - 21:08
...

Bilder II

. 11.12.2011 - 21:09
...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 13 Kommentare

video

..... 11.12.2011 - 13:25
sehr schöne demo und nen super Artikel dazu!
Eine Sache nur zu den Viedeos. Ich finde nicht das mensch umbedingt Viedeos die von Nazis hochgeladen wurden verlinken muss (Viedeo 2)....

gute richtung

teo 11.12.2011 - 13:28
viele leute dagewesen cool.

Geile Demo

Super 11.12.2011 - 13:47
das macht doch Hoffnung!

???

wass da los 11.12.2011 - 14:15
wo sieht mensch denn den "bunten block" von der demo? in den videos ist wie immer nur der schwarze zu sehen. ansonsten scheints ne erfolgreiche demo gewesen zu sein. viel erfolg im weiteren verlauf des kampfes gegen faschoos und system!!

mehr MEER

seegurke 11.12.2011 - 14:20
Das war eine schöne Sache. Sehr schön zu sehen, dass die Leute aus MV so viel auf die Beine gestellt bekommen und dafür auch den Support von außerhalb bekommen. So macht Antifa Hoffnung.

Lautiansagen hätten lauter sein können.

macht weiter so in greifswald und mv

Beste MV-Demo seit Ewigkeiten

antifa. 11.12.2011 - 20:39
Eine der besten Demos, die ich in MV je besucht habe (und ich wohne seit 7 Jahren dort). Großen Respekt an defiant, die anwesenden Genoss_innen und alle Menschen, die irgendwie in die Planung involviert waren. War sehr ermutigend und kraftgebend soviele entschlossene Menschen bei so einem Anlass zu sehen. Die Nazis haben nicht nur Samstagnachmittag Muffensausen bekommen...

Jetzt heißt es organisieren, am Ball bleiben und die Power nutzen

fett

Corl 12.12.2011 - 01:21
Respekt dafür, was in MV gerade geht! Die Szene dort vor Ort hat wirklich große Sprünge gemacht.

Weiter so!

muss

antonia 12.12.2011 - 08:57
fight back.... wir glaube nicht das denen das zu "radikal" ist die wollen sich alle türen offen halten
naja auch ne überlebensstrategie

mv und berlin

kasi 12.12.2011 - 11:08
nochmal schöne vom antinationalen wiederstand berlin!
hat spaß gemacht bei euch!

zusammenhalt und gegenseitige solidarität scheint es im nordosten also doch noch zu geben.

samstag war nich alle tage,
wir komm' wieder, keine frage!

weitere tourdaten:

14.1.: magdeburg
14.2.: dresden
irgendwann: dortmund
immer: berlin

grüße auch an die genoss_innen aus rostock, göttingen, frankreich und hh ;-)

in the front

liks 12.12.2011 - 14:57
Wirklich eine super Demo. Nen bisschen weniger Musik wäre gut gewesen.Was einen wirklich staunen lässt, dann ist es die Antifa Rostock. Für eine Stadt in der Größe, sehr grandios, was für eine Masse an Menschen, die in ihrer stadt haben, die afa arbeit machen. respekt

dank an defiant!

rostock ist nicht die welt

bolb 14.12.2011 - 13:27
@liks
rostock ist nicht die einzige stadt in mv die viele aktive leute hat
immer dieses hro hochgejubel

Pläne von 38 Waffendepots geben Rätsel auf

HinzundKunz 15.12.2011 - 00:30
2008 erschoss sich ein Bombenbauer in Bayern - Pläne von brisanten Verstecken könnten dem Terror-Trio gedient haben.

Dresden. Welche Dimensionen möglicherweise die Umtriebe der rechtsextremistischen Terroristen annehmen, machen jetzt Berichte der "TZ" aus Bayreuth und des in Wien erscheinenden "Kurier" deutlich. Sie bringen einen Fall aus Bayern vom Mai 2008 mit der Zwickauer Terrorzelle in Verbindung.

Quelle: Mittwoch, 14.12.2011
Freie Presse - Sachsens grösste Zeitung

 http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/BRENNPUNKT/Plaene-von-38-Waffendepots-geben-Raetsel-auf-artikel7847642.php

das wars mit frieden!!!

fts 16.12.2011 - 13:31
das ist jetzt das ende fascho spacken werden in zukunft nur noch wiederstand spühren die demo ist der hammer gewesen hat spass gemacht zu hüpfen mit euch