30. Haftjahrestag von Mumia Abu-Jamal

Andrea Tams 10.12.2011 03:37 Themen: Repression Weltweit
Am Freitag, den 9. Dezember war der 30. Haftjahrestag von Mumia Abu-Jamal. 30 Jahre in einer kleinen 6 qm Zelle in Pennsylvainia, USA unter permanenter Todesbedrohung. Dieser Wahnsinn ist jetzt zu Ende. Durch die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist nun bestätigt, dass Mumia Abu-Jamal nicht einen einzigen Tag im Todestrakt hätte verbringen dürfen. nach dem Willen der Justiz soll er aber bis zu seinem Lebensende weiter in Haft bleiben. Diese ihr eigene Logik ist nicht nur unnachvillziehbar. Sie verstärkte am heutigen Haftjahrestag nur den Ruf nach Freilassung des afroamerikansichen Journalisten. Nachdem am Mittwoch bekannt wurde, dass der Staat nicht mehr länger auf die Todesstrafe pocht, war die Freude rund um den Globus groß. Unterstützer_innen von Mumia haben seit Jahrzehnten nicht nur für die Abschaffung der Todesstrafe und die Freiheit der politischen Gefangenen gekämpft, sondern immer auch für sein Leben und seine Freiheit. Nun sind 50% der auf Mumia bezogenen Forderungen erreicht. Die Parole der Stunde: Der Kampf geht weiter - FREE MUMIA NOW!
Aus Südafrika gratulierte Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und forderte den Staatsanwalt in Philadelphia auf, endlich dass zu tun, was in vielen anderen Ländern auf der Basis von Bürgerrechten unabhängig von Schuld oder Unschuld gängige Praxis ist: anch 30 Jahren Haft muss ein_e
Gefangene_r entlassen werden (1)

An seinem 30. Haftjahrestag sprach Mumia über Telefon zu 1200 Menschen, die sich in Philadelphias Constitution Center versammelt hatten. Er machte deutlich, wie sehr er sich über die große Anteilnahme, Unterstützung und Wärme der Bewegung freut. Unter tosendem Beifall unterhielt er sich mit verschiedenen Teilnehmer_innen über die Todesstrafe, die Gefängnisindustrie, Bildung, Rassismus und die Notwendigkeit, sich zu organisieren.

Bereits zuvor hatte sein langjähriger Mitgefangener Harold Wilson über die Realität des Todestraktes und den unermüdlichen Willen des Widerstehens gesprochen. Wilson war 17 Jahre zusammen mit Mumia im Todestrakt des SCI Greene gewesen. Mumia und ein anderer Mitgefangener halfen ihm über 10 Jahre, Anträge zu formulieren, Eingaben und Widersprüche zu schreiben und bestärkten ihn immer wieder darin, nicht aufzugeben. Wilson erhielt seinen Tag im Gericht - und ist seit 2005 frei. Er sagte es laut und deutlich: rassistische Auswahl bei der Jury, unqualifizierte Verteidigung aus Geldmangel, gefälschte Beweise - alles, was in seinem ursprünglichen Verfahren zu seinem Todesurteil geführt hatte, passierte 1:1 auch mit Mumia.

Mumias Genossin Johanna Fernandez machte deutlich, dass 15 der 35 Polizisten, die in Mumias Fall "ermittelten", kurze Zeit nach seiner Verurteilung 1982 ebenfalls inhaftiert wurden. Das FBI überführte sie, Belastungsbeweisen gegen Angeklagte fabriziert zu haben, korrupt gewesen zu sein und unzählige Fälschungen von Akten und Ermittlungen vorgenommen zu haben...

Ein praktizierender Richter fasste danach noch einmal die haarsträubenden Fakten im Fall des im September hingerichteten Gefangenen Troy Davis zusammen. Alle Anwesenden waren sich darin einig, dass die Todesstrafe in den USA abgeschafft werden müsse und äußerten ihre Zuversicht, dieses Ziel auch in absehbarer Zeit durchsetzen zu können.

Während der Versammlung demonstrierten vor der Tür des Constitution Centers einige Polizist_innen, die noch immer die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal fordern. Erst am Vortag hatte die Witwe des 1981 zu Tode gekommenen Polizisten in einer Pressekonferenz schwere Drohungen gegen Abu-Jamal angedeutet (2), sobald er in den "Normal" Vollzug verlegt werde.

Mumia kommentierte seine Verurteilung zu "Lebenslänglich" bei seiner Verabschiedung mit dem Gruß: "From slow death row - this is Mumia Abu-Jamal".

Auch außerhalb der USA versammelten sich Unterstützer_innen des afroamerikanischen Gefangenen. In Mexico City, Wien und Paris fanden Kundgebungen vor den jeweiligen US Botschaften statt. In der BRD gab es Infoveranstaltungen, Z.B. in Dresden, Kaiserslautern, Regensburg und Berlin.

In Berlin berichteten Vertreter_innen der Free Mumia Bewegung und Anarchist Black Cross über die Gefängnisindustrie in den USA und deren Ausweitung auf Europa. Ein besonderer Blick wurde auf Konzerne wie Bilfinger-Berger, Kötter und Secur geworfen, die in der BRD dabei sind. die Grundlagen für die Verwertung von Gefangenen nach dem Vorbild der USA zu schaffen. Dort gibt es inzwischen 2,5 Millionen Gefangene - das entspricht einem Viertel aller Inhaftierten weltweit. Die US Gefängnisindustrie gehört zu den größten Konzernen der Binnenindustrie und wird zynischerweise als "drittgrößter Arbeitgeber" des Landes bezeichnet. Eine besondere Rolle bei der Masseninhaftierung der eigenen Bevölkerung spielt dabei die Justiz: "Plea Bargains" und "Three Strikes And You Are Out" gewährleisten einen nicht abreißenden Strom armer Menschen als Futter für die Fließbänder der Gefängnisindustrie. Genau wie bei der Todesstrafe sind es zu überwiegender Mehrheit People Of Color, die inhaftiert werden, obwohl sie gerade mal 20% der Bevölkerung stellen.




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(1) Press Release: Response To Da Seth Williams' Decicion On The Mumia Abu-Jamal Case (07.12.2011)  http://mumia-hoerbuch.de/mumiaenglisch.htm#pm071211e

(2) (Video - Democracy Now) Mumia Abu-Jamal Spared Death Penalty After Prosecutors Drop 30-Year Bid for Execution (08.12.2011)
 http://www.democracynow.org/2011/12/8/mumia_abu_jamal_spared_death_penalty
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Ergänzungen

Heute: FREE MUMIA Demo in Nürnberg

16:00 Lorenzkirche - Auf die Straße! 10.12.2011 - 04:38

Samstag 10. Dezember - Tag der Menschenrechte - DEMONSTRATION in Nürnberg:

Freiheit für Mumia Abu-Jamal! - Abschaffung der Todesstrafe - überall!

Beginn 16:00 Lorenzkirche

weitere Infos  http://mumia-hoerbuch.de/mumiadeutsch.htm#demonuernberg1011

Frankfurter Rundschau über Mumia

interessanter Artikel 10.12.2011 - 13:24

europäisches Ausfuhrverbot

für Hinrichtungsgift an die USA 12.12.2011 - 00:18
Es sieht so aus, als ob die Free Mumia Bewegung derzeit noch einen weiteren riesen Erfolg errungen hat. Zusammen mit anderen forderte die Solidaritätsbewegung seit Monaten ein europäisches Ausfuhrverbot von Thiopental, welches in den USA zum Hinrichten von Gefangenen benutzt wird. Die dänsiche Firma Lundbeck war in starke Bedrängnis geraten, nachdem bekannt wurde, dass sie verschiedene US Bundesstaaten mit der Chemikalie beliefert hatte, die nur noch bei Hinrichtungen Mmit der Giftspritze in den USA eingesetzt wird.

Ab kommenden Freitag besteht laut "SZ" ein solches europäisches Ausfuhrverbot:

EU - Justiz: «SZ»: EU-Kommission schränkt Lieferung von Hinrichtungsgift ein (11.12.2011)
 http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1248169

sehr beeindruckende Rede von Cornel West

für Mumia 12.12.2011 - 00:23
letzten Freitag, an Mumias 30. Haftjahrestag in Philadelphia

Fotos, Videos, Tonmitschnitte aus Philly

über 1000 für Mumias Freiheit 12.12.2011 - 00:26
auf der Webseite vom New Yorker Free Mumia Bündnis

Mumia ist verlegt - schreibt ihm - ruft an

Free Mumia Berlin 15.12.2011 - 13:14
Nach der verhinderten Todesstrafe ist Mumia Abu-Jamal nun nach SCI Mahanoy verlegt worden. Er wird dort vermutlich auch in den "Normalvollzug" verlegt. SCI Mahanoy ist in Pennsylvania.

In den vergangenen Tagen hatte es Drohungen von Maureen Failkner und der FOP gegen ihn gegeben. UnterstützerInnen werden gebeten, im SCI Mahanoy anzurufen, um den Behörden deutlich zu machen, dass eine Weltöffentlichkeit auf Mumia achtet. Fragt bitte allgemeine Fragen, damit ihnen klar ist, dass sie nichts mit Mumia im Verborgenen machen können.

Tel: 001 - 570-773-2158

Mumias neue Adresse ist jetzt:

Mumia Abu-Jamal, #AM8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932

Viel Post an diese neue Adresse wird den Behörden ebenfalls deutlich machen, dass sie unter Beobachtung stehen, sowie Mumia selbst natürlich freuen.

Weder Mumia noch die Solidaritätsbewegung werden sich von den Drohungen einschüchtern lassen!

Power durch die Mauer - bis sie bricht!