Leipzig: staatstragenden Antifaschismus

FreundInnen von "Fence off" 23.11.2011 00:02 Themen: Antifa Antirassismus Medien Repression
Gegen den geplanten Vortrag des Neonazis Karl-Heinz Hoffmann im Leipziger NPD-Büro in der Odermannstraße am kommenden Samstag wird es zwei Demonstrationen geben. An einer will sich der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig beteiligen. Was hat es damit auf sich?
Nachdem bereits die antifaschistische Kampagne „Fence Off“ eine Demonstration für den kommenden Samstag angekündigt hat, will auch der Verein des Erich-Zeigner-Haus eine Demonstration durchführen. Wie die Stadtverwaltung am Montag mitteilte, hatte der Verein den Protestzug vom Lindenauer Markt durch die Odermannstraße angemeldet. In der Presse heißt es weiter:

An der Demonstration will auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) teilnehmen. „Leipzig ist eine weltoffene und tolerante Stadt, in der Rassismus und Neonazismus keinen Platz haben“, sagte das Stadtoberhaupt. „Ich werde mich in den gewaltfreien Protest gegen die Veranstaltung im NPD-Zentrum in Lindenau am Samstag einreihen und hoffe sehr, dass viele Leipzigerinnen und Leipziger es mir gleichtun.“ Die Veranstalter gehen von etwa 100 Teilnehmern aus.


Kritische Anmerkungen

Wie beim so genannten "Aufstand der Anständigen" versuchen momentan viele Parteien und Initiativen ihr Image in der aktuellen Debatte um den geraden "entdeckten" rechten Terror aufzupolieren. Im Freistaat Sachsen ist gerade dieser Versuch mehr als ein Schlag ins Gesicht jener Initiativen die mit Repression und staatlicher Gängelung seit Jahren überzogen werden.

Auch in Leipzig sieht es da nicht besser aus, gerade die beiden oben erwähnten AkteurInnen (Verein und Oberbürgermeister) sind dabei durchaus in ihren "Engagement" zu hinterfragen. Der Verein Erich- Zeigner zum Beispiel meldete auch am 8.Mai diesen Jahres eine Demonstration durch die Odermannstraße an, die auch die Kampagne "Fence off" für unterstützenswert hielt. Als es jedoch zu einem verbalen Austausch zwischen DemonstrantInnen und Nazis vor dem Nazi-Zentrum kam, die sich davor aufgebaut hatten um die TeilnehmerInnen zu filmen und zu bedrohen, waren es Personen aus dem Erich-Zeigner Verein, die handgreiflich gegenüber den AntifaschistInnen wurden als diese sich eben nicht von den Nazis einschüchtern ließen.

Der am Samstag zu erwartende Auflauf von KommunalpolitikerInnen und der Stadtspitze ist bemerkenswert, leistet für eine Auseinandersetzung mit den Nazistrukturen und deren Ideologie allerdings gar nichts.

Der Pessimismus ist keine Unhöflichkeit, sondern hat gute Gründe: RepräsentantInnen der Stadt sollten sich zunächst fragen, warum ein Nazi-Zentrum ausgerechnet in Leipzig steht und warum gerade hier die Bedingungen gegeben sind, es über drei Jahre ohne größere Probleme zu betreiben. Eine Antwort darauf könnte sein, dass die Stadt manches beigetragen hat, dass sich die Klientel des Nazi-Zentrums – NPD, „Freie Kräfte“ und Lok-Hooligans – in Leipzig gut aufgehoben fühlt.

Ein Indiz dafür ist, dass die Stadt beispielsweise Anfang 2008 dem wortführenden und gewaltbereiten „Freien Netz“ einen Aufmarsch durch den Stadtteil Reudnitz dadurch ermöglichte, indem der Termin einfach geheim gehalten wurde. Als im Oktober 2009 wiederum das „Freie Netz“ zu einem Großaufmarsch nach Leipzig mobilisierte, konterten der Oberbürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat mit einem Aufruf, dem Aufmarsch der „nationalistischen Brunnenvergifter […] entgegenzutreten“.

Wer sich dieses antisemitischen Vokabulars bedient, setzt sich nicht kritisch mit rechten Ideologien auseinander, sondern ist schon auf sie hereingefallen und aus freien Stücken bereit, sie weiterzutragen. Zurückgenommen wurde dieser Satz übrigens nie. Gar nicht erst öffentlich geäußert hat sich der Oberbürgermeister zu der Ermordung des 19-jährigen Kamal K. im Oktober 2010 vor dem Leipziger Hauptbahnhof durch zwei bekennde Nazis – die Familie des Opfers hat von den am Samstag anwesenden Honoratioren nicht einmal ein Kondolenzschreiben erhalten. Ungleich größer war der Arbeitseifer der Stadtspitze, als zu dieser Zeit noch ernstlich diskutiert wurde, AsylbewerberInnen in Wohncontainern am Rande der Stadt einzupferchen.

Die Planungen der Stadt sahen damals vor, im Stadtteil Thekla ein neues Asylbewerber_innen-Heim einzurichten. Dessen Standort sollte – laut Stadtratsmehrheit – nach explizit rassistischen Gesichtspunkten ausgewählt werden: Die Bewohner_innen sollten fernab kultureller, sozialer und Bildungseinrichtungen, außerhalb von Wohngebieten und urbanen Zentren massenhaft in „Wohncontainern“ untergebracht werden. Dagegen regte sich Protest – der Plan scheiterte letztlich aber daran, dass der Stadt alle eingeholten Angebote zu teuer waren.

Auch das ist keine Provinzposse, sondern entspricht dem Trend der Bundespolitik, Migrant_innen nach ihrem „Nutzen“ für die Volkswirtschaft zu bewerten und damit umgekehrt ganze Bevölkerungsteile für minderwertig zu erklären, zu prinzipiell gescheiterten Existenzen, die man sich – zumal als Nationalist_in – vom völkischen Leib und daher aus Deutschland raus halten solle.

Der Umgang mit dem Nazi-Zentrum schließlich ist ein Lehrstück politischer Ignoranz. Als der Bauantrag vor fünf Jahren gestellt und bewilligt wurde, galt die einzige Sorge der Stadt dem Denkmalschutz. Die Tarnorganisation „Kulturverein Leipzig-West“, der ausschließlich aus Neonazis besteht und in der Odermannstraße 8 als Hauptmieter auftrat, beansprucht sogar Gemeinnützigkeit.

Erinnert sei auch daran, dass schon beim Vorgängerprojekt des NPD-„Bürgerbüros“, dem Grünauer „Kirschberghaus“, genauso taktiert und eine Lösung jahrelang hinausgezögert wurde. Der damals zuständige Jugend- und Sozialbeigeordnete der Stadt ist heute ihr Oberbürgermeister.

Reaktionären Kurs in Sachsen

Gefragt nach bekannt gewordenen Veranstaltungen in der Odermannstraße 8 hat Innenminister Markus Ulbig öffentlich gelogen und hält noch immer Informationen zurück, weil es sich um eine „Verschlußsache“ des Verfassungsschutzes handle. Vor einer Weile ist tatsächlich ein V-Mann im Polit-Umfeld des Nazi-Zentrums aufgeflogen – aber lieber hält man an einem quatschenden 21-jährigen Gohliser Neonazi-Nachwuchs fest, als mit offenen Karten zu spielen und sich klar zu positionieren.

Eine klare Positionierung gibt es stattdessen gegen Linke. Zum einen werden Zivilgesellschafts-Initiativen mit der „Extremismusklausel“ zum Kadavergehorsam gegenüber den autoritären Demokratie-Vorstellungen der Landesregierung verpflichtet und sollen demnächst jede Verlautbarung der Zensur unterwerfen. Zum anderen werden antifaschistische Projekte als „linksextremistisch“ kriminalisiert, mit Hausdurchsuchungen überzogen und zum Gegenstand von Ermittlungen nach dem Gesinnungsparagrafen 129 gemacht. – Unnötig zu erwähnen, dass solche Entwicklungen auch in der aktuellen Debatte nicht zum Thema des Protests gemacht werden.

Das verrät schon alles über den staatstragenden Antifaschismus, mit dem wir es gerade wieder zu tun haben: er betätigt autoritäre Hebel, entwaffnet die nötige Kritik rechter Ideologien und verzichtet auf die Auseinandersetzung mit den Bedingungen, ruft wieder nach verboten und fordert mehr Geld für die Repressionsorganen. Dagegen hilft nur eine klare Kante, und zwar: Konsequenter Antifaschismus!


Video zur Demo am Samstag in Leipzig:

Video

Jingle zur Demo:

Jingle
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

passt dazu

+ 23.11.2011 - 00:33
Quelle:  http://www.l-iz.de/Politik/Sachsen/2011/11/Braune-Terrorzelle-Sachsens-Ermittler-2000-gefragt-und-nichts-gefunden.html

Braune Terrorzelle: Sachsens Ermittler wurden schon 2000 angefragt - und fanden nichts

Es dauerte tatsächlich fast zwei Wochen von den ersten Meldungen über die Zwickauer Terrorzelle bis zur offiziellen Stellungnahme der sächsischen Staatsregierung zum Thema. Vielleicht wollten Ministerpräsident und Innenminister tatsächlich die Sitzung des Innenausschusses abwarten. Am Dienstag, 22. November, meldete sich der Innenminister endlich zu Wort.

Doch wer eine Antwort auf die Frage erwartet hätte, warum es den drei gewaltbereiten Thüringer Neonazis gelang, zehn Jahre lang unentdeckt in Sachsen unterzutauchen, der wurde enttäuscht. Am 11. November noch hat die Bundesanwaltschaft ein Verfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB gegen Mitglieder des rechtsextremistischen Netzwerks „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) eingeleitet und das BKA mit den Ermittlungen beauftragt.

Mittlerweile hat das Landeskriminalamt Sachsen zur Unterstützung des BKA und Bewältigung aller anfallenden Ermittlungsaufträge eine zentrale Ermittlungs- und Koordinierungsstelle eingerichtet. Über die Koordinierungsstelle ist rund um die Uhr eine sofortige Bearbeitung von neuen Erkenntnissen gewährleistet, teilt Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit. Alle Hinweise und Informationen würden mit der gebotenen Sorgfalt und Intensität auf Bezüge zum Freistaat Sachsen analysiert und bewertet. Neben der Polizei arbeite auch das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen (LfV) intensiv an der Aufklärung der Geschehnisse.

"Wir stehen jedoch noch am Anfang der Ermittlungen", sagt Ulbig. "Im Moment führen der Generalbundesanwalt und das BKA alle Erkenntnisse zum Strafverfahren aus den Behörden von Bund und Ländern zusammen. Es geht um ein Gesamtbild von den Taten, von den Tätern und ihren Helfern.“

Das ist auch deshalb interessant, weil die drei Zwickauer auch in Sachsen augenscheinlich mehrere Straftaten begangen haben. Über die aktuell bekannten Fälle hinaus erfolge nämlich eine eingehende Betrachtung zurückliegender ungeklärter Straftaten, die einen Zusammenhang mit den begangenen Taten aufweisen könnten, teilt das Innenministerium mit. Nach einer ersten, noch nicht abschließenden Einschätzung könnten Mitglieder der NSU auch für eine Serie von Raubüberfällen hierzulande verantwortlich sein. Von 1999 bis 2006 verübten jeweils zwei unbekannte Täter mehrere Raubüberfälle auf Post- und Sparkassenfilialen in Chemnitz und Zwickau. Hierzu liefen noch die Ermittlungen, so Ulbig.

Offen bleibt trotzdem die Frage: Warum konnten die sächsischen Ermittler die drei abgetauchten Terroristen nicht aufspüren? Die Thüringer hatten sie schon 2000 kontaktiert, wie nun Ulbig erläutert.

Im Jahr 2000 wandte sich das LKA Thüringen an die sächsische Polizei und bat um Unterstützung bei der Zielfahndung nach drei heute als Mitglieder des NSU bekannten Personen. Die Maßnahmen der sächsischen Polizei führten nicht zur Festnahme der Zielpersonen im Freistaat Sachsen, erklärt das Innenministerium.

Auch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wandte sich an das LfV Sachsen und bat um Hilfe bei der Suche nach den Tätern. Das LfV Sachsen habe die Thüringer Kollegen selbstverständlich unterstützt, so der Innenminister. Darüber hinaus hätte das LfV Sachsen eigene Anstrengungen unternommen, um Hinweise auf den Verbleib der Gesuchten und auf ihre Unterstützer zu finden. Leider hätten auch diese Maßnahmen nicht zum Erfolg geführt.

Das wirft einige Fragen auf. Ob die jetzt angestrebte zentrale Verbunddatei für gefährliche Rechtsextremisten und ein gemeinsames „Abwehrzentrum Rechtsextremismus" künftig helfen, das Abtauchen von Verdächtigen schon im nächsten Nachbarländchen zu verhindern, ist durchaus eine offene Frage. Denn die sächsischen Ermittler hatten ja die offiziellen Anfragen - und fanden trotzdem nichts.

Innenminister Markus Ulbig: „Für ein abschließendes Fazit ist es natürlich zu früh. Ziel ist es eine faktengestützte und erforderliche Neubewertung des gewaltbereiten Rechtsextremismus vornehmen zu können. Wir brauchen keinen Aktionismus sondern gründliche Analyse, erst dann können die notwendigen Schlussfolgerungen für Strukturen gezogen werden.“

Neubewertung? - Das klingt tatsächlich genau nach dem, was die demokratische Opposition im Landtag seit Jahren kritisiert: Der gewaltbereite Rechtsextremismus im Freistaat wurde seit Jahren nicht ernst genommen. Auch in den Berichten des Verfassungsschutzes, der augenscheinlich über all seine gut bezahlten V-Männer nie wirklich profund informiert wurde, wird er tatsächlich verharmlost.

Stattdessen glänzen diese Berichte mit dem statistischen Versuch, Rechts- und Linksextremismus als gleichermaßen große Gefahr für die Demokratie darzustellen. Eine emsige Zahlenspielerei, die auch die von der Staatsregierung gepflegte Extremismen-Theorie zu stützen versucht. Und davon - da wurde Markus Ulbig deutlich - will man sich auch jetzt nicht lösen.

"Für die Sächsische Staatsregierung ist und bleibt die Bekämpfung des politischen Extremismus, auch und gerade des Rechtsextremismus, eine Daueraufgabe", lässt er mitteilen. "Zusammen mit allen demokratischen Kräften nehmen wir deren Bekämpfung sehr ernst."

Hätte er jetzt vom gewaltbereiten Rechtsextremismus gesprochen, hätte es "dessen" heißen müssen. Nicht einmal das Auffliegen einer rechtsextremen Terrorzelle ändert die seltsame Sicht der sächsischen Staatsregierung auf die Welt. Und so reicht er der Öffentlichkeit auch das Bonbon zum Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ mit saurer Miene. Das ist das Programm, für das die beantragenden Initiativen und Vereine eine "Demokratiererklärung" unterschreiben müssen.

"Das Leitziel des Landesprogramms ist es, die demokratische Kultur in Sachsen zu stärken, um durch Aufklärung, demokratische Bildung und Stärkung der Toleranz extremistischem Gedankengut den Nährboden zu entziehen", erklärt das Ministerium. "Ein Erfolg dieser Förderung ist die Entwicklung einer breiten und bunten Trägerlandschaft, die sich diese Ziele zu eigen gemacht hat."

Eine Million Euro soll es 2012 mehr dafür geben, insgesamt also drei Millionen Euro.

Nie wieder Zwickau!

# 23.11.2011 - 00:33
Am 25. November findet um 18:00 Uhr der sogenannte »Marsch der Anständigen« in Zwickau statt. Diesem widerwärtigem Lehrbeispiel deutscher Schuldabwehr muss von Seiten emanzipatorischer Überbleibsel deutlich widersprochen werden! Wir rufen zu einer kritischen Teilnahme auf und treten für ein würdiges Gedenken an die Opfer der »Zwickauer Zelle« ein. Wir fordern eine öffentliche Auseinandersetzung mit alltäglicher Diskriminierung und nationalsozialistischer Ideologie! Nazistrukturen offenlegen und bekämpfen!
Am 11. November 2011 wurden zwei Nazis nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach tot in ihrem Wohnmobil gefunden. Kurz darauf explodierte im Zwickauer Stadtteil Weißenborn eine Wohnung. Wie sich bald herausstellen sollte, war diese Wohnung jahrelang zentraler Knotenpunkt und Unterschlupf einer Nazi-Terrorzelle, die sich selbst als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bezeichnet. Die weiteren Untersuchungen ergaben, dass die Gruppierung in den vergangenen elf Jahren mutmaßlich zehn Morde und mehrere Anschläge verübt hatte.

Der Staat soll's richten

Die mediale Empörung über diese Verbrechen kennt keine Grenzen. Wie konnte das passieren? Wer trägt die Schuld? Die Mehrzahl der Medien sieht im Versagen des Verfassungsschutzes die zentrale Ursache. In deutscher Tradition richtet sich die Anklage an die staatliche Autorität, schließlich haben der Staat und seine Organe für Ordnung in diesem Land zu sorgen. Sofern ihm dies nicht gelingt, ist er zu schwach und muss mit weiteren Kompetenzen ausgestattet werden. Mit dieser Erklärung können sich die Deutschen entspannt zurücklehnen. Nur in Zwickau ist es in den vergangenen beiden Wochen nicht mehr ganz so gemütlich. Die bundesweiten Medien haben die Nazi-Terroristen zur »Zwickauer Zelle« getauft und das passt den Würdenträgern in dieser Stadt nun überhaupt nicht.

"Mit Zwickau hat das Ganze nichts zu tun!"

So erklärt die Bundestagsabgeordnete aus Zwickau Sabine Zimmermann in der »Freien Presse« vom 21. November: "Mit Zwickau hat das Ganze nichts zu tun!" Diese Aussage bildet den Auftakt für eine umfassende Schuldabwehr, wie sie nur aus dem Land der Aufarbeitungsweltmeister kommen kann. In gleichem Artikel wird sich darüber beschwert, dass sich Zwickauer in der ganzen Welt nun für die Taten der zufällig in die Stadt gekommenen Nazis rechtfertigen müssen. Von verheerenden wirtschaftlichen Folgen ist die Rede. Doch die Stadtoberen wollen sich nun gegen den drohenden Imageschaden zur Wehr setzen. Auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau Pia Findeiß ist nun krampfhaft bemüht das Image ihrer Stadt wieder aufzupolieren.

Betroffenheit soll Image retten

Dabei kam den beiden eine an ekelerregender Raffinesse kaum zu überbietende Idee. Knapp zwei Wochen nach Bekanntwerden der »Zwickauer Zelle« wurde den Medien ein »Appell für Demokratie und Toleranz« zugespielt. Dieser Betroffenheitsappell - bestehend aus sieben Sätzen - will der Öffentlichkeit nun eine glatte Lüge auftischen, nämlich "dass Zwickau keine Heimstätte rechtsextremen Terrors ist und dem braunen Gedankengut eine klare Absage erteilt". Das Gegenteil ist der Fall! Als wäre das nicht schon genug der heuchlerischen Anteilnahme, werden die Morde der »Zwickauer Zelle« noch relativiert, indem darin auf die im vereinigten Deutschland "über 130 durch rechte Gewalt zu Tode gekommenen Menschen" verwiesen wird.

Zwickau is in Germany

Um es kurz zu machen: Zwickau ist für Nazis seit vielen Jahren eine ausgezeichnete Adresse. Es existiert eine umfangreiche nazistische Erlebniswelt aus Klamotten- und Tatooläden, aus Kampfsportveranstaltungen und Konzerten mit einschlägigen Nazi-Bands. Eine ehemalige Beraterin von Helmut Kohl hat der NPD ein Bürgerbüro vermietet und auf dem diesjährigen Stadtfest durften organisierte Nazis mehrere Punker verprügeln, ohne dass es der Lokalzeitung auch nur eine Randbemerkung wert war. Die Stadt hat sich einen Papiertiger namens »Bündnis für Demokratie und Toleranz« geschaffen, der zwar eine kommunale Einrichtung vor dem finanziellen Kollaps bewahrt, aber anlässlich einer Demonstration von Nazis zum Wegsehen aufruft. Kein Mensch in dieser Stadt widerspricht diesen Zuständen! Wer sich dennoch gegen Nazis stellt, gilt als bedauernswerter, paranoider Spinner oder linksextremistischer Nestbeschmutzer. Folgerichtig wird eine Gruppe Jugendlicher, die der ignoranten Alltagskultur ein »Alternatives Jugendzentrum« entgegensetzen möchte, von der Oberbürgermeisterin zur kriminellen Vereinigung erklärt. Diese Aufzählung ließe sich problemlos fortführen. So steht es also um die Stadt, die mit der »Zwickauer Zelle« angeblich nichts zu tun hat.

Nie wieder Zwickau!

Nicht zuletzt mit dem »Zwickauer Appell« wird exemplarisch vorgeführt, dass Teile Deutschlands von demokratischen Mindeststandards abgekoppelt sind! Diesem widerwärtigem Lehrbeispiel deutscher Schuldabwehr muss von Seiten emanzipatorischer Überbleibsel deutlich widersprochen werden!Am 25. November findet um 18:00 Uhr der sogenannte »Marsch der Anständigen« in Zwickau statt. Wir rufen zu einer kritischen Teilnahme auf und treten für ein würdiges Gedenken an die Opfer der »Zwickauer Zelle« ein. Wir fordern eine öffentliche Auseinandersetzung mit alltäglicher Diskriminierung und nationalsozialistischer Ideologie! Nazistrukturen offenlegen und bekämpfen! Nie wieder Deutschland!


Infos zur Situation in Zwickau unter:
 http://aaz.blogsport.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

hmhmhmhm — Dresdner

@# 23.11.2011 - 00:33 — wars schon

Alles wird gut — Akshintov Anufesh

Zitat — KV