Bounty Killer Konzert in Berlin geplant

Cable Street Beat Berlin 24.07.2011 18:36 Themen: Gender Kultur Medien Weltweit
Für den 19.08.2011 ist von den Betreibern des Berliner Calabash Clubs ein Konzert des homophoben Dancehall Künstlers Bounty Killer angekündigt. (1) Schon im Jahr 2008 sorgte eine geplante Europatour in Deutschland für Schlagzeilen in der hiesigen Presselandschaft und durch Druck der Öffentlichkeit wurden drei der vier geplanten Konzerte von den Veranstaltern abgesagt. (2)
eindeutige Schwulenfeindlichkeit


“BULLET!!! Whappen to di transvestite
sodomite nah live anodda night
whappen to di bisexual, trisexual
dat bwoy weh fuck man, dog and gal”
Song: Bulletproof Skin (3)

grob übersetzt:

“ein Schuss! Was is mit den Transen los
Sodomiten/Homosexuelle werden keine weitere Nacht leben
was is mit den bi- und trisexuellen nich in Ordnung,
die Männer, Hunde und Frauen ficken”


“Gunshat pan a sissy & a faggoty
Bun dat without pitty nor appology”
Song: The Greatest (4)

grob übersetzt:

“Erschießt weibische Männer und Schwule,
verbrennt (nicht im wörtlichen Sinne – eher “löscht es aus”) es (die Homosexualität
insbesondere unter Männern) ohne Erbarmen und Entschuldigung”


Bounty Killer, der mit bürgerlichem Namen Rodney Price heißt, ist auf der Internetseite stopmurdermusic.ch, die unter anderem die Schwulenfeindlichkeit von jamaikanischen Dancehall Künstlern dokumentiert, mit 22 Liedern, in denen seine Schwulenfeindlichkeit sicht- und hörbar ist, vertreten. Die tatsächliche Anzahl an Liedern sollte jedoch noch viel höher liegen, da es eine Besonderheit der jamaikanischen Dancehallkultur ist, dass die Mehrheit der veröffentlichten Songs nicht auf CD oder LP als Album erscheint, sondern als Single auf 7inch. Die Landschaft der veröffentlichten Tracks ist daher - auch durch die Vielzahl unterschiedlicher Produzenten - sehr unübersichtlich und schwer zu dokumentieren. In den letzten Jahren hat sich allerdings der Trend auch in Jamaika dahingehend gewendet, dass normalerweise neue Tracks nur noch übers Internet als mp3 downloadbar sind – auch hier ist die tatsächliche Menge der Veröffentlichungen schwer zu erfassen.

Doch Bounty Killer (der immer auch als ein Teil einer in Jamaika vorherrschenden Kultur zu verstehen ist), macht nicht nur in seinen Texten gegen Homosexuelle mobil. Gerade auch auf Konzertansagen in Jamaika lassen sich durch die Mitteilung der Schwulenfeindlichkeit und dem Aufruf zum Mord an diesen leicht forwards (Begeisterungsbekundungen) aus dem Publikum ernten. In einem Interview in einer der größten jamaikanischen Zeitungen sagte er ebenfalls knapp 2 Monate nach den geplatzten Konzerten in Deutschland, dass er sich seine Tourneen nicht von Schwulen kaputt machen lassen werde und die Dancehall-Gemeinde zu mehr Entschlossenheit im Kampf gegen “Gays” aufrufe.(5)

Auch wenn die Zahl der Neuveröffentlichungen mit explizit schwulenfeindlichen Inhalten im Vergleich früherer Jahre stark zurück gegangen ist, heißt das nicht, dass ein Wechsel der Mentalität zu verzeichnen wäre. Nachwievor wird auf Konzerten in Jamaika gegen Schwule und Homosexuelle gewettert, es wird nur gemieden sich in neuen Produktionen zu diesem Thema zu äußern.


Schwulenfeindlichkeit in der deutschen Dancehall


Ein Großteil der deutschen Dancehallszene zeichnet sich vor allem durch unreflektiertes Kopieren jamaikanischer Trends aus. Das Spielen von Lieder mit Inhalten gegen Chi Chi Men, Battybwoys, Sodomites, Faggots oder Gays ist traurige Normalität und wird von der deutschen “Massive” gefeiert. Einiges Soundsystems und Selecter vermeiden es in letzter Zeit zwar Lieder, in denen Homosexuelle diskriminiert werden aufzulegen. Nichtsdestotrotz werden nach wie vor die Scheiben der Künstler, die jene Meinungen vertreten gespielt und gefeiert, auch wenn sie anderenorts keinen Hehl um ihre Schwulenfeindlichkeit machen.

Wie sehr auch deutsche Dancehallkünstler auf der Welle der Schwulenfeindlichkeit mitschwimmen zeigt folgendes Beispiel: beim Worldclash (der Weltmeisterschaft der Soundsystems) trat 2010 in Jamaika unter anderem Deutschlands erfolgreichster Clash-Sound “Sentinel-Sound” aus Stuttgart an und bat eine ältere Frau auf die Bühne, die die Mutter eines jamaikanischen Konkurrenten (Black Kat) Konkurrenten symbolisieren und seine Homosexualität (welche hier nur fiktiv angenommen wird, um den Gegner zu beleidigen) bestätigen sollte, um ihn zu dissen und sich so einen Vorteil zu verschaffen. Die Frau teilte dann mit, dass sie probiert habe ihm seine Homosexualität mit Schlägen seitdem er zwei Jahre alt ist auszutreiben, es aber nie geschafft habe. Das Publikum hat es gefeiert und war begeistert von der Kreativität des ausländischen Gegners. (6)

Außerdem finden nach wie vor Konzerte von eindeutig schwulenfeindlichen Dancehallkünstlern in Deutschland statt, wie zum Beispiel das von Mavado ebenfalls dieses Jahr in der Maria. (7)


Schwulenfeindlichen Künstlern Räume nehmen und Alternativen schaffen


Das es auch anders geht, zeigen unter anderem Tanya Stephens aus Jamaika, die sich ganz klar von Schwulenfeindlichkeit abgrenzt und verurteilt (8) oder Nosliw und Mono und Nikitaman aus Deutschland (9) und zahlreiche andere Künstler, die sich dafür einsetzen, dass Reggae und Dancehall nicht automatisch auf Bildzeitungsniveau zur “Hassmusik” diffamiert wird. Wichtig ebenfalls ist, dass die Schwulenfeindlichkeit nicht auf einzelne Musiker reduziert werden darf, sondern auch als kulturelles, politisches und gesellschaftliches Problem eines ganzen Landes verstanden werden muss, in dem der sexuelle Akt, unter Homosexuellen nach wie vor per Gesetz verboten ist und ein reiner Boykott der jamaikanischen Musik (in der auch Sexismus und Gewaltverherrlichungen einen hohen Anteil haben) wahrscheinlich nichts an den Umständen, unter denen diese entsteht ändern wird. Es bleibt daher wichtig Alternativen zu schaffen und auch zu unterstützen und sich dialogbereiten Künstlern wie Tanya Stephens oder TOK, die vielleicht früher mal problematische Tracks geschrieben und performt haben nicht zu verschließen.

Auftritten wie dem von Bounty Killer und der damit verbundenen Verbreitung von schwulenfeindlichen Inhalten darf allerdings auf keinen Fall Raum gegeben werden und gehört um jeden Preis verhindert. Auch dürfen Parties, Konzerte und Mixtapes keine Plattform für schwulenfeindliche Künstler und Inhalte bieten. Sollte dies doch einmal vorkommen ist konsequentes Einschreiten gefordert.


Bounty Killer Konzert am 19.08.2011 in Berlin in der Maria verhindern
Homophobie und Sexismus auf allen Ebenen bekämpfen!


Cable Street Beat Berlin
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Ergänzungen

...............

................ 25.07.2011 - 19:18
Naja man muss als Homosexueller/Transe ja nich auf das Konzert gehen!
Ich bin auch definitiv gegen Homophobie aber Leute wie Sizzla und Buju Banton haben halt auch geile Tracks die nich Homophob sind mit denen ich mit 15 Jahren aufgewachsen bin ohne mir Gedanken über die Texte zu machen, mir haben einfach Stimme und Beats getaugt und die hab ich gefeiert.
Wenn ich jeden Reggae Artist boykottiere der mal nen sexistischen oder homophoben tune gebracht hat, darf ich auch keinen Bob Marley, keinen Burning Spear und keinen Tosh mehr hören und ganz ehrlich bei aller liebe zu politisch korrekter Musik um auf diese Künstler zu verzichten die diese Musik hervorgebracht haben hör ich dann Mugge einfach zu gern durchs Ohr als nur durch den Kopf.
Versteht mich nich falsch ich bin auch dagegen, dass Leute wie Elephant Man und Bounty Killer mit diesem Backround auftreten. Aber jetz rein musikalisch gesehen machen die halt auch fette Mugge.
Und die Message von den Leuten die die Mugge hören ist sicherlich nich Yeah wir treffen uns heute im Yaam oder in der Maria und danach zünden wir das Tunten Haus an, die meisten leute machen sich kein Kopf um den Text sondern wollen nen chilligen Abend zu guten Beats verbringen.
Und zu den Soundsystems ein Reggae Dancehall ABend ohne Anthony B oder Sizzla ist wie ein Deutsch Punk abend im Az ohne Slime.

@antiberliner

berliner 27.07.2011 - 21:59
...garnicht?

sorry, aber aufruf zum mord und schwulenfeindlichkeit sind 2 paar schuhe.
ich kann es verstehen, wenn mobil gemacht wird gegen aufruf zum mord an schwulen auf deutschem boden. gehe da mit ikke konform. wenn jetzt aber ein künstler auftritt, der einfach nur schwulenfeindlich ist, wenn er vielleicht auch songs singt, die thematisieren dass er keine schwulen mag, dann ist das sein gutes recht und man sollte dann als schwuler (wenn man nicht grad noch gleichzeitig masochist ist) halt nicht hingehen.

ich persönlich bin keineswegs schwulenfeindlich, aber ein großer freund unserer meinungsfreiheit. und wenn da ein fleischesser auf der bühne steht und ein ganzes konzert singt, wie er vegetarier hasst, dann ist das sein gutes recht und alle anderen fleischesser gehen hin und feiern ihn. die vegetarier bleiben höchstwahrscheinlich zuhause.

genauso ist es bounty killers recht, ein ganzes konzert lang zu singen dass er schwule total scheiße findet, und wer es auch so sieht hat das recht da hinzugehen und ihm zuzuhören.

die grenze ist lediglich beim aufruf zum mord zu sehen, was hierzulande eine straftat darstellt.

meine nüchterne betrachtungsweise.

Stellungsnahme der Veranstalter

Dancehall Fan 01.08.2011 - 22:49

Bounty Killer 19.8 – Berlin

Aufgrund
der heftigen Diskussionen und negativen Politisierungsversuche zum
geplanten Konzert von Bounty Killer am 19.August 2011 in Berlin
möchten wir als Veranstalter wie folgt Stellung nehmen:


Zunächst
muss eindeutig festgestellt werden, dass wir absolut keine Form von
Gewaltverherrlichung, Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung
jeglicher Form teilen oder tolerieren.

Das Konzert von Bounty
Killer sollte im Berliner Club ADS (Ex Maria am Ostbahnhof)
stattfinden, hierfür gab es eine Zusage seitens des
Betreibers.
Aufgrund der Drucksituation wurde das Konzert von
Seiten des ADS Clubs im Einverständnis beider Parteien abgesagt.

Gewaltverherrlichung
in der Musik ist ein viel verbreitetes Phänomen, ob nun in Heavy
Metal, Rap, Dancehall. HipHop oder anderen Musikstilen. Hier wird zum
Teil mit einer Doppelmoral und Rhetorik agiert, die in den jeweiligen
geographischen, soziokulturell- wirtschaftlichen und moralischen
Zusammenhang zu kontextualisieren ist.

Hier
nennt U. Güldner, Redakteur der „Riddim“, z.B. Renitenz,
Rebellentum und rigorose Redefreiheit als «Werte» jamaikanischer
Pop-Musik. Auch er zeigt auf, dass Homophobie nicht einfach ein
Moment der jamaikanischen Pop-Musik ist, sondern der jamaikanischen
Gesellschaft überhaupt.


Wenn
es um die Motivation ginge, eventuell verwerflich
festgefahrene/dogmatische Identitätsmuster zu ändern, wäre dann
beispielsweise ein Einreiseverbot der richtige Weg?


Oder
bleibt es nur ein Kratzen an der Oberfläche einer fernen
gesellschaftlichen Denkstruktur, die sich nur weiter verhärtet, wenn
nicht der offene Diskurs, sondern die Tabuisierung als Methode zur
Zielerreichung gewählt wird?


Um
einer Verschärfung des problematischen Phänomens durch Bann und
Boykott entgegenzuwirken, sind Aufklärung, Kommunikation und Bildung
die Methoden, die ein lokales Umdenken ermöglichen würden.


Hierzu
werden wir 2€ des Erlöses aus jedem Ticketverkauf an das
Bildungsprojekt „HELP Jamaica e.V“ spenden um somit das Programm
„Education For a Chnage!“ vor Ort zu unterstützen.

Da
wir Bounty Killer als einen der weltweit besten Dancehall/Reggae
Artists in Berlin erleben wollen, werden wir mit allen Mitteln
versuchen, das Konzert stattfinden zu lassen.

Wir
möchten aber klar mitteilen, dass dem Interpreten keine Bühne für
menschenverachtenden Lieder in jeglicher Form geboten wird. Auch er
selbst hat sich von eigenen hassbehafteten Textinhalten distanziert.

Bounty
Killer 19.8 Calabash Club

max. 350
Tickets verfügbar
Eintritt: 35 €


Aftershow
– 2 Floors Ab 2.00 Uhr – 8 €
Start:
23 Uhr
Stagetime:
00.30 Uhr


Vvk:
Yardstore

Vorteil
bei Vvk: Wer drin ist ist drin!


Wir
zählen auf Eure Unterstützung und hoffen, dass Ihr mit uns im etwas
kleineren Rahmen am 19.8 den Club zur Dancehall macht!

Euer
Veranstalter Team

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

kritik an eurem vorgehen

ikke 25.07.2011 - 03:10
wäre es nicht möglicherweise ertragreicher statt einer absage des konzerts vom veranstalter und vom künstler die unterzeichnung einer charta zu fordern, die sich gegen homophobie und die verbreitung von homophoben gedankengut ausspricht und eine zusage enthält, auf dem Konzert keine Lieder zu spielen die sich gegen schwule, lesben, trans*menschen richten?

Dadurch wären vorteile gegenüber eurem jetzigen vorgehen gegeben, nämlich müssen sich bounty killer und der veranstalter positionieren, und sollten sie die unterzeichnung einer derartigen charta ablehnen auch dafür rechtfertigen. das konzert kann ohne homophobe inhalte stattfinden, wodurch auch sein publikum erreicht werden kann, z.B. durch flyer.

bounty killer hat auch lieder, die nicht homophob sind und mit denen sich ein konzert füllen ließe. außerdem stelle ich mir vor, das es ja auch menschen geben kann die seine anderen lieder gerne mögen, ihnen sein gesangsstil gefällt und es somit andere gründe geben kann ihn zu hören als homophobie. die gefahr das dieses konzert analog zu nazikonzerten als treffpunkt und vernetzung für dezidiert homophobe menschen dient sehe ich auch nicht.

Konkret habe ich mit der Absage des Konzertes folgendes Problem:
Bounty Killer und homophobe Elemente der Reggae/Dancehall Szene sind durch eine Absage / ein Verbot nicht aus der Welt, sondern nur nicht bei dieser Veranstaltung. Sie sind auch nicht weniger homophob dadurch das das konzert stattfindet, sondern bleiben einfach mal zu hause.

Sollte euer Ziel mehr Toleranz und weniger Hass sein, kann dies nur erreicht werden wenn sich die Gesellschaft ändert. Dazu müssen sich einzelne Menschen ändern und Menschen anders sozialisiert werden. Das Verbot einzelner Konzerte bringt da nicht viel. Für wichtiger halte ich Gegenkultur (Reggae gegen Homophobie), Denkanstöße, Aufklärung, verbale Auseinandersetzungen und Konfrontation mit trans-/homosexuellen. Konfrontation stelle ich mir so vor, das viele homophobe Menschen aus der Karibik und von sonst wo keine schwulestrans kennen, da sich dort wohl eher selten menschen zu einer sexualität jenseits der heteronormativen martrix bekennen. Somit wäre etwa ein Interview für eine Zeitung etc. in welchem über musik aber auch über homophobie gesprochen wird und in dessen verlauf sich der/die interviewer_in als schwullestrans bekennt eine möglichkeit ihm zu zeigen, das es ganz normale menschen sind, die er verachtet. wenn man das geschickt anstellt lässt sich da viel erreichen.

@ikke

Anti-Berliner 25.07.2011 - 05:43
Dein Vorschlag ist in etwa so wie einen Nazi-Liedermacher zu fragen, ob er seine rassistischeren Lieder einfach mal für einen Abend unausgepackt lässt um ihn dann öffentlich spielen zu lassen. Merkste was?
Diverse "Künstler", die sich einen Scheiß um die Rechte anderer Menschen kümmern haben einfach in der Öffentlichkeit nichts zu suchen - egal welches Genre! Das wird dadurch nicht besser, wenn man ihn lieb bittet, doch bitte das und das Lied lieber nicht zu spielen. Der Interpret ist das schon das Problem. Wie soll man ein Konzert als homo-, transsexueller Mensch genießen können, wenn man ganz genau weiß, dass die Person da oben einen für Abschaum hält?

demonstrieren nicht fernbleiben

AgAiNaT 01.08.2011 - 13:22
ne wo zum mord an menschen aufgerufen hört für mich toleranz auf, das hat nichts mehr mit meinungsfreiheit zu tun eher mit faschismus und den zu bekämpfen ist wichtig da sind wir uns doch einig?


solidarische grüße