Libyen - für eine sachliche Debatte

unterer Dienstgrad 24.02.2011 15:31 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Deutsche Kriegsschiffe stehen vor der Küste Libyens(1), die EU erwägt einen Militäreinsatz(2), auch die NATO war bereits im Gespräch, um eine Flugverbotszone durchzusetzen(3). Auf Indymedia erschienen bislang mehrere Beiträge, welche zu einem schnellen "tut etwas" aufriefen, auch sachliche Darstellungen der Lage (4) wurden andererseits durch unsachliche Pro-Gaddafi-Kommentare diskreditiert. Was ist los in Libyen. Und wie kann sich die Linke dazu verhalten?
Die Bilder aus Libyen sind erschütternd. Sie führen dazu, dass auch in Linken Medien und von Linker Seite der Ruf nach einer Intervention laut wird. Viele Linke solidarisieren sich spontan mit den Aufständischen und auch in den bürgerlichen Medien werden auf den Konflikt in Libyen ähnliche Wahrnehmungsmuster angewandt, wie auf die demokratischen Proteste in Tunesien und Ägypten. Es bestehen jedoch gravierende Unterschiede:

- Anders als in den meisten anderen arabischen Ländern, in denen Aufstände und Proteste stattfinden, sind diese in Libyen (teilweise schwer) bewaffnet.

- In Libyen scheint es sich eher um einen (bewffneten) Konflikt zwischen verschiedenen Eliten zu handeln (der "politischen" Elite um Ghaddafi und einigen "Stammeseliten")

- Der vor dem Sturz stehende Diktator war kein enger Verbündeter des Westens, sondern stand dessen Politik oft entgegen

- Ggü. Libyen tritt die "Internationale Gemeinschaft" wesentlich schneller und entschlossener auf Seiten der Aufständischen ein, als in den anderen Ländern, hier werden auch militärische Optionen erwogen

Insbesondere die letzten beiden Punkte sollten skeptisch machen - ohne dabei der Logik "Der Feind meines Feindes (deutscher und westlicher Imperialismus) ist mein Freund (Ghaddafi)" zu verfallen.

Das zahlreiche in den Medien gezeigte und hier verlinkte Bildmaterial lässt wenige und eindeutige Rückschlüsse darauf zu, was in Libyen tatsächlich passiert. Dennoch wird einheitlich von "schwarzafrikanischen Scharfschützen" berichtet und davon, dass aus der Luft unbewaffnete Menschenmengen angegriffen worden seien. Dabei erstaunt dann doch, dass zwar vermehrt Aufständische mit Waffen gezeigt werden und auch die dahinter liegenden Stammeskonflikte (nachdem über diese erstmals auf Indymedia dargelegt wurden (4)) Eingang in die Berichterstattung gefunden haben, dennoch die Ghaddafi-treuen Militärs stets als "Täter" oder Angreifer, die Aufständischen hingegen als Opfer dargestellt werden. Das verhält sich bei anderen innerstaatlichen bewaffneten Konflikten, die dann meist als "Putsch" bezeichnet werden, andersherum. Meine Vermutung ist, dass auch der Konflikt in Libyen als "Putsch" bezeichnet würde, wenn er nicht im Kontext der friedlichen Revolutionen in den Nachbarstaaten gesehen würde. Diese Kontextualisierung sollte die Linke, auch unbewusst, unbedingt vermeiden. Sie droht auch die anderen Proteste im arabischen Raum, mit denen wir uns solidarisieren sollten, zu diskreditieren und zu militarisieren. Das wäre den herrschenden Eliten in Europa und USA gerade recht, versuchen sie doch gegenwärtig über die Militärdiktatur in Ägypten, die Opposition zu spalten und die radikalen Kräfte auszuschalten.

Zum Abschluss noch ein Beispiel, das mich letztlich veranlasst hat, diese Versachlichung einzufordern:
Von Anfang an fand ich die Darstellung über "schwarzafrikanischen Scharfschützen" irritierend. Jetzt kursieren Gerüchte, aus denen Nachrichten werden, wonach "tausende schwarzafrikanische Söldner" auf dem Weg nach Libyen seien, um Ghaddafi zu unterstützen. Das erinnert durchaus an rassistische europäische Einwanderungsdiskurse, wenn andere bedrohte Regime aus den Nachbarstaaten offiziell oder inoffiziell militärische Unterstützung (derselben Hautfarbe) erhalten, ist nicht in dieser Selbstverständlichkeit von "Söldnern" die Rede. Die deutschen Medien berichten erstaunlich verständnisvoll über die Inhaftierungen, Tötungen und Lynchmorde an diesen "Söldnern". Vor dem Hintergrund der Pogrome die bereits zuvor in Libyen stattfanden (5) ist jedoch davon auszugehen, dass im allgemeinen Chaos des Aufstandes hier auch der eine oder andere rassistische Mord stattfand und stattfinden wird - möglicherweise an Migranten auf dem Weg nach Europa, mit denen wir uns sonst solidarisieren. Einen Aufstand, der den Rassismus in sich trägt, sollte von der Linken ebensowenig abgefeiert werden, wie ein alternder Diktator, der diesen Rassismus zur Politik gemacht hat.

(1) http://www.welt.de/politik/ausland/article12631912/Deutsche-Marine-schickt-Kriegsschiffe-nach-Libyen.html
(2)ebd.
(3) http://imi-online.de/2011.php?id=2253
(4) http://de.indymedia.org/2011/02/301103.shtml
(5)www.migreurop.org/IMG/pdf/hamood-libya.pdf, S. 40
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Ergänzungen

zwei ergänzungen

geraeusch 24.02.2011 - 16:32
erstmal danke für den text. habe aber zwei ergänzungen:

1. das stammessystem wird selbstverständlich nicht erst seit meinem beitrag thematisiert. ich beziehe mich doch selbst auf einen anderen artikel. außerdem wurde das thema bereits seit sonntag von al jazeera aufgegriffen und wir sehen ja gerade, das ein großer teil der informationen in deutschen medien ebenfalls auf al jazeera zurückzuführen ist. ist halt, was journalistische arbeit angeht, ein verdammt guter sender. von "erstmals auf Indymedia" kann jedenfalls nicht die rede sein.

2. der rassismus innerhalb der libyschen gesellschaft existierte bereits vorher, siehe hier:  http://www.unwatch.org/site/apps/nlnet/content2.aspx?c=bdKKISNqEmG&b=1313923&ct=8411733
selbstverständlich muss das thematisiert werden, auch gerne schon, solange gaddafi noch nicht tot an der straßenlaterne hängt.
ich muss außerdem sagen, dass ich es sehr gut finde, dass die herkunftsländer der söldner genannt werden. schließlich handelt es sich um länder, die nicht nur ziemlich arm, sondern in allen möglichen belangen total am arsch sind und auch noch medial ignoriert werden. vielleicht verschiebt sich der fokus der berichterstattung in der nächsten zeit auch auf diese länder, denn was dort abgeht (und -ging) übertrifft die vorgänge in libyen doch bei weitem. ein guter bericht darüber findet sich seit gestern auf dem nahostinfos blog. dort werden die neueren geschehnisse in gabun, sudan, simbabwe, djibouti und kamerun beleuchtet.  http://nahostinfos.wordpress.com/2011/02/23/und-was-ist-eigentlich-mit-afrika/
die revolution scheint nicht nur in die arabische welt, sondern auch nach afrika zu strahlen.

söldner

tagmata 24.02.2011 - 16:39
die söldner sind wohl zum großen teil exmitglieder von gaddafis eigenem projekt für imperialistische out-of-area-einsätze, der "panafrikanischen legion" ( http://en.wikipedia.org/wiki/Islamic_Legion)

klar sind das "schwarzafrikaner". aber das stereotyp vom bösen schwarzen mann der uns alle fressen will, ist zu verlockend um keine angstpropaganda draus zu machen, und genau das ist auch geschehen.

aber die realität ist halt ein undefinierbares mischmasch. ohne viele worte zu verlieren, hier ein video:

 http://www.youtube.com/embed/LNMuKqqTjeE

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 24.02.2011 - 17:02
 http://www.sozialismus.net//content/view/1607/1/

BürgerInnenkrieg in Libyen
Geschrieben von Stefan Horvath (RSO Wien)
Mittwoch, 23 Februar 2011

Ausgehend von Tunesien, breiten sich die Massenproteste gegen autoritäre Regime in der arabischen Welt wie ein Flächenbrand aus. Das musste auch der islamische „Revolutionsführer“ Muammar al-Gaddafi, langjähriger Machthaber in Libyen und ehemaliger Liebling der mao-stalinistischen Linken, anerkennen.

Jahrhundertelang war Libyen unter der Herrschaft zuerst des Osmanischen Reichs und später Italiens. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land von der UNO verwaltet und 1951 unter einer konstitutionellen Monarchie in die formelle Unabhängigkeit entlassen. Unter dem Einfluss des Panarabismus, einer bürgerlich-nationalistischen Befreiungsbewegung, putschte 1969 ein Teil der Armeeführung unter Gaddafi gegen die Monarchie und rief die Arabische Republik Libyen aus.

Das neue Regime ließ britische und US-amerikanische Militärstützpunkte schließen und verstaatlichte ausländische Banken, Versicherungen und Erdölunternehmen. Gleichzeitig lehnte sich Libyen – ähnlich wie Syrien oder Ägypten zu dieser Zeit – an die stalinistische Sowjetunion an. Ab 1977 firmierte das Land unter dem Namen „Islamische Sozialistische Volksrepublik“. „Wir sind Sozialisten innerhalb der Grenzen des Koran“ wird Gaddafi zitiert. Mit Sozialismus hatte das allerdings recht wenig zu tun. Denn in einer wahrhaft sozialistischen Gesellschaft sind – neben der Vergesellschaftung der Produktionsmittel – alle Menschen nicht nur gleichberechtigt, sondern auch die Klassenunterschiede gehören der Vergangenheit an. Aber in Libyen ist die Klassengliederung weiter aufrecht, und da sich die Rechtsprechung an der Schari’a, dem islamischen Rechtssystem, orientiert, sind etwa Frauen eindeutig benachteiligt (z.B. im Scheidungsrecht, Erbrecht etc.). Ehebruch („Unzucht“) wird mit 100 Stockhieben bestraft...

Gaddafi: Liebling der stalinistischen Linken

Nichtsdestotrotz mutierte „Revolutionsführer“ Gaddafi in den 70er Jahren zum Liebling beträchtlicher Teile der radikalen (mao-stalinistisch dominierten) Linken sowie radikaler Intellektueller, die mal ein bisschen Poulantzas, mal ein bisschen Mao lasen. (Es sind zum Teil dieselben Strömungen, die heute Venezuelas Präsident Hugo Chavez abfeiern, der Gaddafi 2009 als seinen „Freund“ bezeichnet hat). Schließlich gab sich der polterndes Staatschef mit den fantasievollen Outfits „antiimperialistisch“ und vor allem US- und Israel-kritisch. Doch wie bei allen bürgerlich-nationalistischen wie etwa den islamistischen Kräften musste Gaddafis „Antiimperialismus“ inkonsequent bleiben, da keine über den Kapitalismus hinausweisende und internationalistische Ausrichtung dahinter stand.

In den 1980er und 1990er Jahren unterstützte Libyen immer wieder terroristische Organisationen. Nach einer Anschlagsserie, darunter auf eine von vielen US-SoldatInnen frequentierte Westberliner Disko, verhängten die USA ein wirtschaftliches Embargo und bombardierten libysche Städte. Heute empören sich die heuchlerischen VertreterInnen des US-Imperialismus über Luftangriffe des Regimes gegen die Massenproteste. Um die Jahrtausendwende erklärte sich Gaddafi zunehmend bereit, im „War on Terror“ zu kooperieren und so wurden die Sanktionen 2003 wieder vollständig aufgehoben. Multinational operierende Konzerne wie die österreichische Ölgesellschaft OMV machten in den letzten Jahren gute Geschäfte mit den libyschen „Antiimperialisten“.

Protestbewegung

Anders als in Tunesien und Ägypten stehen in Libyen kaum relevante (bürgerliche) oppositionelle Kräfte hinter den Massenprotesten. Wie Cengiz Günay vom Österreichischen Institut für Internationale Politik besorgt anmerkt, handelt es sich um eine „vollkommen unkontrollierte Bewegung, die aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen heraus entstanden und nicht rein politisch motiviert ist“. Nun, das gefällt den bürgerlichen KommentatorInnen natürlich gar nicht, denn eine „Revolution“ in ihrem Sinn beschränkt sich auf die Machtübernahme alternativer bürgerlicher und pro-“westlicher“ Kräfte, die wieder Ruhe und Ordnung in chaotische Massenproteste bringen sollen.

Tatsächlich scheint es in Libyen derzeit wenig organisierte Opposition zu geben. Auch über die soziale Zusammensetzung der Protestbewegung ist wenig bekannt, so wie es zur Zeit überhaupt wenig verlässliche Informationen aus dem Land gibt.

Wichtige politische Player sind die Führer der verschiedenen Volksgruppen (in Europa oft als „Stämme“ bezeichnet), die bedeutende Erdölgebiete kontrollieren und sich nun zunehmend vom Regime lossagen. Ähnlich wie in anderen revolutionären Situationen kommt es gegenwärtig offenbar auch zu einer Zersetzung der Armee. Allerdings handelt es sich dabei nicht immer um eine Polarisierung entlang von Klassenlinien. Denn hier muss unterschieden werden zwischen einfachen Soldaten, die ihren Offizieren den Gehorsam verweigern und Teilen der Führung, die dem Regime nicht mehr dienen wollen, um unter einer möglichen neuen Regierung ihre Stellung nicht zu verlieren.

Ähnliches gilt auch für die zahlreichen libyschen Diplomaten, die nun aus Protest gegen die staatlichen Gewaltexzesse zurückgetreten sind. Es ist ja schön und gut, wenn Ali Aujali, der Botschafter in den USA, nicht länger einem „einem diktatorischen Regime“ dienen will. Sein Einsicht kommt allerdings recht spät, schließlich ist dieses Regime seit 42 Jahren an der Macht. Auch er tut wohl das Notwendige, um auch unter einer neuen Führung Botschafter bleiben zu können.

EU profitiert

Sich mit möglichen neuen Machtverhältnissen arrangieren, das will auch der „westliche“ Imperialismus. Doch anders als im Fall von Ägypten bestehen hier doch gewisse Interessenunterschiede zwischen den einzelnen imperialistischen Machtblöcken. Während die USA in Libyen nur wenig wirtschaftliche wie geostrategische Interessen verfolgen, ist das nordafrikanische Land für die EU von elementarem Interesse. So ist Libyen nach Russland und Norwegen Europas wichtigster Öllieferant. Außerdem arbeitete das Regime bislang mit der EU bei der Bekämpfung afrikanischer Flüchtlinge zusammen und war somit ein wichtiger Außenposten der Festung Europa. Die gegenwärtigen Erhebungen werden übrigens mit Waffen bekämpft, die großteils aus Großbritannien geliefert wurden (so wie österreichische Rüstungskonzerne laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI Waffen um 80 Millionen Euro an das Mubarak-Regime verkauft haben).

Das vitalste Interesse in Libyen vertritt Italien, wohin 38% der Exporte des Landes gehen (zum allergrößten Teil handelt es sich um Erdöl). Weitere 10% gehen nach Deutschland und jeweils 8% nach Frankreich und Spanien. Auch für Österreich war Libyen bis jetzt nach Kasachstan der zweitwichtigste Öllieferant. Dementsprechend schwer tun sich nun die Vertreter des europäischen Imperialismus mit ihren pseudo-demokratischen Heucheleien. Insbesondere die italienische Regierung warnte, in Gestalt des Außenministers Franco Frattini, vor europäischer „Einmischung“, einem „islamischen Staat an der Grenze Europas“ und unzähligen Flüchtlingen. Und die EU-Kommission spricht sich, anstatt Gaddafi zum Rücktritt aufzufordern, für einen Dialog beider Seiten aus! Als handelte es sich hier um zwei gleichberechtigte Streitparteien, die aufeinander zugehen müssten.

„Bis zum letzten Blutstropfen“

In seiner letzten TV-Ansprache meinte Muammar al-Gaddafi, er werde in Libyen „bis zum letzten Blutstropfen“ kämpfen und „als Märtyrer sterben“. Es sei ihm vergönnt. Dass er und sein Regime von den Massen hinweggefegt werden, scheint durchaus realistisch. Doch noch weniger als Ägypten oder Tunesien gibt es hier selbstständige Organisationen der ArbeiterInnenklasse, geschweige denn revolutionäre ArbeiterInnenparteien. Und so wird es wohl kaum gelingen, die Revolution weiter in eine sozialistische Richtung zu treiben. Nichtsdestotrotz: Sollte es der Massenbewegung auch in Libyen gelingen, den verhassten Staatschef zu stürzen, so wird dies ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung des Bewusstseins der Unterdrückten im arabischen Raum sein. Und das ist nicht zu unterschätzen.

Sölder in Libyen

sandankoro 24.02.2011 - 17:22
Ghadafi hat schon in den 80ern und 90ern kaum einen Konflikt in Afrika ausgelassen um die eine oder andere Seite mit Geld, Waffen oder Ausbildung zu stützen.
Mitte der 90er strandeten z.B. mehrere Hundert junge Männer (Angehörige der RUF) aus Sierra Leone auf dem Hin- bzw. Rückweg von einer militärischen Ausbildung in Libyen in Mali. Die Regierung dort und Hilfsorganisationen waren alles andere als begeistert hunderte ausgebildete Rebellen im Land zu haben. Transitland damals war, wie auch bei anderen Konflikten Burkina Faso, wo Blaise Compaoré enge Beziehungen nach Libyen unterhält.
Es waren auch, und sind wohl auch heute noch, Rebellen aus Ländern wie der Cote D'Ivoire, aus dem Tchad, Niger und Mali in Libyen.
Da diese Jungs kaum eine Fluchtmöglichkeit haben, teils gut ausgebildet und bewaffnet sind, können die eine Art letztes Aufgebot für Ghadafi darstellen.

@tagmata

unterer Dienstgrad 24.02.2011 - 18:12
Naja, noch so eine Beispiel, Benghazi wurde "befreit". Das hört man so auch die ganze Zeit in den Nachrichten und wir benutzen das auch so. In Ägypten wurden keine Städte "befreit". Nichtmal in Afghanistan werden Städte "befreit".

Und das Video mit den mutmaßlichen Söldnern, das Du verlinkt hast, schade dass Du dazu keine Worte gefunden hast. Was wolltest Du uns damit sagen? Dass die Söldner aus allen möglichen Ländern kommen und gut behandelt werden? Oder dass hier irgendein Beamter ein paar der tausenden Inhaftierten (Transit-)Migranten als Statisten verwendet um die Söldnergeschichte zu beweisen und sich nebenher mal kurz als zukünftiger Kettenhund Europas bei der Migrationsabwehr anzudienen?
 http://www.youtube.com/embed/LNMuKqqTjeE

Mal ehrlich, genau so Sachen, wie dieses Video: Das sieht doch eher aus wie eine Einwanderungsbehörde, als wie im Bürgerkrieg festgenommene Södlner. Wie wurden die so schnell in zig verschiedenen Ländern zusammengesucht und dann mit dem Flugzeug nach Libyen gebracht - abenteuerliche Flugrout. Im Jogginganzug und mit Pass? Sehen die aus, als hätten die ein Gefecht hinter sich, sehen wir Waffen, Verletzte, Bewacher? Oder haben sie sich gleich ergeben - sinds dann vielleicht doch eher Flüchtlinge, die sich den Weg durch die Wüste sparen wollten und von den neuen Revolutionären festgenommen und vorgeführt wurden?

Da stimmt doch was nicht an dem Video. Hast Du das gemeint?

kein stammes- oder bürger_innenkrieg!

aus dem sessel 24.02.2011 - 18:17
ich möchte stark bezweifeln, dass es sich wie im artikel behauptet um einen konflikt verschiedener eliten oder stämme handelt. alles was ich bislang an interviews mit leuten aus lybien oder im exil gesehen oder gelesen habe, deutet darauf hin, dass es vor allem ein aufstand der jungen männlichen bevölkerung in den küstenstädten ist, die mit traditionellen stämmesdünkeln nicht mehr viel zu tun haben.

ansonsten beteilige ich mich nicht weiter an diesem reflexartigen positionierungszwang, dem manche leute immer wieder unterliegen, sobald irgendwo irgendwas passiert. als könnte ich gerade wirklich beurteilen, was da abgeht.

mehr zu den "Söldnern"

... 24.02.2011 - 18:31
"...In 1997, Libya also renounced its self-image as an Arab state, prioritising its African destiny instead, opening its borders to sub-Saharan Africa, despite the intense domestic tensions that the inflow of migrants generated, which resulted in riots and deaths in September 2000.

Now, apart from using African migrants as a tool to coerce European states such as Italy with the threat of uncontrolled migration, it has also recruited them into its elite forces around the "Deterrent Battalion" (the 32nd Brigade) which are used solely for internal repression.

They have no loyalty to Libyans who hate them and they are the forces on which Colonel Qaddafi relies to ensure that his regime ends in a bloodbath to punish Libyans for their disloyalty to his political vision..."

 http://english.aljazeera.net/indepth/opinion/2011/02/201122412934486492.html

ghaddafi führt krieg gegen die menschen in libyen und sehr wahrscheinlich wird es von deren seite auch lynchjustiz gegen "schwarzafrikanische söldner", die in wahrheit immigranten aus den südlichen staaten afrikas sind, geben...

übrigens gab anfangs durchaus nicht nur berichte über söldner aus südlichen afrikanischen staaten, sondern auch osteuropäischen, dazu gab es mindestens ein foto, von snipern mit "rosa" hautfarbe auf den dächern von tripoli... leider hab ich den link verbummelt, wers findet, kanns ja verlinken.

dass die stämme so einen großen einfluss in libyen haben, wird von den aufständischen aber auch exil-libyern, die die aufständischen dort unterstützen, abgestritten. ihre aussage dazu ist, dass auch die stämme sich in den letzten jahren geöffnet haben und auch in libyen die zeit nicht stehengeblieben ist.

Revos sind auch nicht mehr was ....

Unterster Dienstgrad 24.02.2011 - 20:40
....sie noch nie waren. Ham wir ein Problem? Womit? Das da unten keine roten Fahnen mit Hummer und Sichel ähm Hammer & Sichel geschwungen werden? Das sie in Lybien zu alten Symbolen greifen wie der alten Staatsflagge? Das in Ägypten nicht gleich die Verstaatlichung der Schwerindustrie (witzig wa?) auf dem Plan steht? Oder wenigstens der Suezkanal? (der ist längst staatlich) Das die Jugend im arabischen Raum vor allem so blödsinniges Zeug fordert, wie ungestört bloggen zu können, ohne dafür erschlagen zu werden. Meinungsfreiheit, ist doch Kinnerkram. Für die Menschen da unten eben nicht. Dafür gingen sie auf die Straße und jeder der links irgendwie ernst nimmt, sollte selbstverständlich auf ihrer Seite stehen, zumal es nicht einmal wie befürchtet um den Islam geht und vorerst die Gefahr eines Gottesstaats nicht besteht.
Genau das war vorher der Punkt. Man mußte die Diktatoren nicht mögen aber sagte sich, besser die als ein fundamentalistischer Gottesstaat. Den will die Jugend in in diesen Gebieten selbst nicht, nicht dafür gehen sie auf die Straße. Für Demokratie und Meinungsfreiheit ist schonmal besser als Fundamentalismus und da sollt mer mal nicht gleich zuviel verlangen. Oder sind wir erst auf deren Seite, wenn Anarchofahnen geschwungen werden? Nicht zuviel erwarten, Karthago wurde auch nicht über Nacht plattgemacht.

Gottesstaat? Nein danke!

Unterster Dienstgrad 24.02.2011 - 21:06
Lesenswerter Text bei SPON.

 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,747495,00.html

Ben Ali flieht, Mubarak stürzt, Gaddafi wankt, und al-Qaida schiebt Frust: Dschihadisten spielen beim großen Umsturz in Arabien keine Rolle. Immer wieder versuchen sie, die Revolten mit Propaganda zu vereinnahmen - aber sie finden kein Gehör.

Akute Gefahr für Flüchtlinge in Libyen

karawane 24.02.2011 - 21:35
Das untergehende Gaddafi-Regime verbreitet noch ein Maximum an Terror und Schrecken. Dabei gebührt den mutigen LibyerInnen, die sich trotz der Lebensgefahr erheben, die volle Solidarität. Besonders betroffen von der aktuellen Gewalteskalation sind derzeit jedoch die vielen in Libyen gestrandeten afrikanischen Flüchtlinge:

Berlusconis Intimfreund Gaddafi (  http://www.sueddeutsche.de/politik/berlusconis-spezielles-verhaeltnis-zu-libyen-der-oberst-und-der-cavaliere-1.1063793 ) hatte sich zuletzt dafür hergegeben, die Drecksarbeit für Europas Flüchtlingsabwehr zu übernehmen. Tausende von Flüchtlingen sind in dem Wüstenstaat gestrandet, ständiger Verfolgung durch Sicherheitskräfte ausgesetzt und viele in Gefangenenlagern interniert.

In der jetzigen Situation des Volksaufstandes, in der Große Teile des Militärs desertieren, klammert sich das Regime an Söldnertruppen - viele eiligst in subsaharischen Ländern rekrutiert. Die Wut auf diese billgen und willigen Mörder ist verständlich; nur wird gerade vielfach Jagt auf subsaharische Afrikaner gemacht, weil sie für Söldner gehalten werden, und infolge des, vom Regime beförderten und in der Bevölkerung stark verbreiteten, Rassismus gegen subsaharische AfrikanerInnen, schnell kurzer Prozess gemacht wird.

In einem deutlichen Statement hat der UNHCR (  http://www.unhcr.org/4d6393e06.html ) alle Nachbarstaaten Libyens dazu aufgefordert, die Grenzen zu öffnen, damit Flüchtlinge das Land verlassen können. Tunesien und Ägypten, die beiden Nachbarländer, in denen ebenfalls Volkserhebungen revolutionäre Umbrüche einleiten, haben die Grenzen geöffnet, und es entstehen spontane Zeltstädte hinter den Grenzübergängen.

Und die EU Nachbarstaaten Italien und Libyen? In Europa gilt die Sorge nicht dem Leben und dem Wohlempfinden der Aufständischen in Libyen und erst recht nicht der dort gestrandeten subsaharischen Flüchtlinge, sondern nur, wie man sich die Flüchtlinge fern halten kann! Während man fieberhaft überlegt, wie das europäische Personal der Ölmulties aus dem Land gebracht werden kann, machen Marineboote im Mittelmeer weiter Jagt auf Flüchtlinge.

Dabei wären es die lebensbedrohten subsaharischen Flüchtlinge, die dringend zu evakuieren und in Sicherheit zu bringen wären.

Aktuelle News zu Libyen:

 http://www.libyafeb17.com/
 http://blogs.aljazeera.net/middle-east/2011/02/17/live-blog-libya
 http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_in_Libyen_2011

Die Welt tut sich schwer mit Libyens Aufbruch
 http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/die_welt_tut_sich_sc...

Stürzt auch Gaddafi?
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34229/1.html

Am besten gefallen mir Revolutionen...

Revoluzifer 24.02.2011 - 21:36
... bei denen Ideologen und politische Dogmatiker aller Farbschattierungen - seien es nun stalinistische Kommunisten, Nazis oder die neoliberalen westlichen Machteliten - partout gar nicht so genau wissen, ob sie es nun toll oder Scheiße finden sollen, weil es einfach in ihrem beschränkten, längst von der nackten Wirklichkeit um Lichtjahre überholten schwarz/weiß-Weltbild nicht "einzuordnen" ist, und so eigentlich auch gar nicht vorgesehen war! Was erlauben die sich auch, ohne eine klare ideologische Marschrichtung einfach so eine Revolution zu machen - einfach nur, um mehr Freiheit, Lebensglück und Handlungsmöglichkeiten für sich zu erobern, und ihre Unterdrücker loszuwerden?

Da kann der verbohrte europäische Polit-Ideologe nur hilf- und ratlos mit dem Kopf schütteln, dazu vermag er sich nicht wirklich zu positionieren. Selbst wenn da gerade hunderte von Menschen durch einen irren nationalistischen Diktator abgeschlachtet werden - solange die nicht im Namen einer klar definierten Ideologie sterben, die möglichst noch bitteschön 1 : 1 deckungsgleich mit den Wahnideen in seinem eigenen Kopf sein sollte, wird er mit Verurteilungen oder Solidaritätsbekundungen höchst vorsichtig sein.

Und die Weltgeschichte zieht einmal mehr mit Vollgas an ihm vorbei, wird ganz ohne ihn gemacht - ja, sie fragt nicht einmal nach ihm und seinen gänzlich irrelevanten Befindlichkeiten. "Und das ist auch gut so!" (um hier mal einen bekannten Großstadt-Bürgermeister zu zitieren) :-)

Tunesien. Ägypten. Libyen.
Viva la revolution!

Inhaltliche Ergänzung

Ergänzer 24.02.2011 - 21:58
"Der vor dem Sturz stehende Diktator war kein enger Verbündeter
des Westens, sondern stand dessen Politik oft entgegen"

Das kann man ja wohl nicht sagen... mit Gaddafi wurden sehr gute Geschäfte gemacht, von Öl über Waffenlieferungen aus zahlreichen europäischen Staaten bis hin zur hinlänglich bekannten Migrationsabwehr. In der EU wurde Gaddafi bei Besuchen zuletzt regelrecht hofiert... Gaddafi war seit Jahren ein Verbündeter des Westens und wurde, ebenso wie Mubarak & Co., als "Stabilitätsfaktor" sehr geschätzt.


"Ggü. Libyen tritt die "Internationale Gemeinschaft" wesentlich
schneller und entschlossener auf Seiten der Aufständischen ein,
als in den anderen Ländern, hier werden auch militärische
Optionen erwogen".

Das beobachte ich völlig anders. Angesichts der Tatsache, dass mittlerweile schon mehrere tausend Tote befürchtet werden, hält sich die sogenannte "internationale Gemeinschaft" geradezu skandalös zurück! Kein Wunder: mit dem Mann, der da gerade Amok läuft und ein einziges Blutbad anrichtet, hat man eben noch am Kaviarbuffet gestanden und gute Geschäfte gemacht!

Aber selbst wenn es so wäre wie Du hier schreibst: es gäbe auch allen Anlass dazu! Denn anders als in Tunesien und Ägypten steht in den Straßen Libyens das Blut knöcheltief auf den Straßen. Was wäre also dagegen einzuwenden, dass hier jemand "schnell" und "entschlossen" eingreift? Schön wäre es! Viele Menschen könnten jetzt noch leben, wenn es so wäre. Gerade das passiert jedoch leider NICHT... stattdessen ist allen Staaten nur daran gelegen, "Ihre" Staatsbürger aus der Schusslinie zu bringen... welch ein Trauerspiel.

"Gaddafki Superstar"378

Iron3Mike3 25.02.2011 - 00:22
"Libyen ist wieder lieb - Muammar el Gaddafi, der sich einst mit der Vertreibung amerikanischer und britischer Truppen, einer selbstgestrickten Spezialform des Sozialismus und der Anordnung terroristischer Attentate als bad guy schlechthin qualifiziert hatte, macht derzeit eine erstaunliche Karriere."36
 http://de.indymedia.org/2003/08/60254.shtml?c=on#c196348

libyen ist schon ein gottesstaat

verpennt 25.02.2011 - 01:37
"Dafür gingen sie auf die Straße und jeder der links irgendwie ernst nimmt, sollte selbstverständlich auf ihrer Seite stehen, zumal es nicht einmal wie befürchtet um den Islam geht und vorerst die Gefahr eines Gottesstaats nicht besteht."

warum sollten die menschen dort auch für etwas auf die straße gehen, was sie schon längst haben???

in gadaffis "islamisch-sozialistischen volksrepublik" gilt das scharia"recht" (naja eine gadaffi-version davon, schließlich will er seine macht ja nich mit religiösen führern teilen), steht alles in seinem grünen buch (leute das is doch nich umsonst grün...)

libyens nationalhymne "allahu akbar":
 http://de.wikipedia.org/wiki/Allahu_Akbar_%28Nationalhymne_Libyens%29

frontex

teo 25.02.2011 - 07:43
Jetzt kommen die "Gutmenschen" und

fordern Sanktionen gegen Libyen.....


 http://www.ftd.de/politik/international/:aufstand-in-nordafrika-usa-fordern-sanktionen-gegen-libyen/60017233.html


Naja Libyen ist zufällig ölreichstes Land Nordafrikas.

 http://de.wikipedia.org/wiki/Libyen


Na klar Europa und Nordamerika enddecken ihren "Humanismus" wieder, aber wehe eine oder einer kommt bei uns vorbei.... dann Frontex

 http://www.google.com/search?q=frontex

weiterer Lesehinweis

Entdinglichung 25.02.2011 - 15:52
Bernhard Schmid: Der Irre mit dem Regenschirm (pdf)

Chavez distanziert sich von Freund Gaddafi

Dein Name 26.02.2011 - 19:28
+++ Chávez kritisiert Gaddafi +++

[17:05] Es wird zunehmend einsam um Muammar el-Gaddafi. Selbst sein langjähriger Verbündeter Hugo Chávez distanzierte sich jetzt vorsichtig vom taumelnden libyschen Diktator. "Ich kann nicht sagen, dass ich die Entscheidungen irgendeines meiner Freunde in irgendeinem Teil der Welt ausnahmslos unterstütze oder begrüße", sagte der venezolanische Präsident im Kabinett. "Aber wir unterstützen die libysche Regierung." Vor zwei Jahren hatte Chávez Gaddafi noch als "einen der größten Staatsmänner des Jahrhunderts" gepriesen.

Quelle: Spiegel

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

jein — tagmata

gadaffi — asd

@ asd — wer war es

@asd — ...