Athen, Flüchtlinge im Hungerstreik

Dieter Krauses, Athen 24.01.2011 17:11 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe Weltweit
95 Afghanen, neun davon seit 27 Tagen im Hungerstreik, halten seit über zwei Monaten zentralen Platz in der griechischen Hauptstadt Athen besetzt, um für ihr Recht auf Asyl zu demonstrieren.
Der Propilia-Platz befindet sich im Zentrum Athens, zwischen den zentralen Plätzen "Omonia" und dem Syntagma-Platz. Das griechische Parlament ist nur wenige hundert Meter entfernt. Seit zwei Monaten kampieren auf dem Propilia 95 Afghanische Flüchtlinge, unter ihnen auch Familien mit kleinen Kindern, um für ihre Anerkennung als Asylsuchende zu demonstrieren. Nachdem jegliche Reaktion seitens der griechischen Behörden bisher ausblieb nähten sich acht Männer am 29.Dezember den Mund zu und begannen einen Hungerstreik. Genützt hat dies allerdings bisher nichts. Zweimal zogen die Afghanen vor das Ministerium für Zivilschutz, welches für die Anerkennung von Flüchtlingen zuständig ist, beide male mussten sie ohne Ergebnis wieder gehen. Mittlerweile ist die gesundheitliche Situation der Hungerstreikenden kritisch. Immer öfter muss ein Krankenwagen gerufen werden, der oft verspätet oder gar nicht kommt. Als vor ein paar Tagen ein Mann bewusstlos wurde dauerte es über zwei Stunden bis Hilfe kam.

Der Hungerstreik ist laut eines Sprechers der Afghanischen Flüchtlinge das einzig Mittel was ihnen bleibt um friedlich gegen die unmenschlichen Bedingungen von Migranten in Griechenland zu protestieren. Der zugenähte Mund sei ein Zeichen dafür das sie Opfer sowohl eines Krieges von NATO und Taliban als auch Opfer der Europäischen und griechischen Flüchtlingspolitkik seien. In Athen sind die Folgen einer praktisch nicht vorhandenen Flüchtlingspolitik an nahezu jeder Strassenecke zu sehen. Tausende Flüchtlinge leben auf der Strasse, haben kein Geld und keine Arbeit und werden sogar teilweise von Polizei oder rassistischen Gruppen terrorisiert. Unzählige fliegende Händler, und Autoscheibenwischer die versuchen ein paar Euro zum überleben zu verdienen prägen das alltägliche Bild auf den Strassen der griechischen Hauptstadt. Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) hat die Asylpraxis der griechischen Regierung bereits 2008 kritisiert, es vertrat die Ansicht dass Griechenland Flüchtlingen das Recht auf Asyl schlicht verweigere. Laut Zahlen von 2007 lag die Annerkennungsrate von Asylsuchenden erstinstanzlich bei lediglich 0,04%, das waren acht von 25.113 Personen!

Die Afghanen auf der Propilia kennen die Situation nur zu gut. Manche von ihnen sind bereits über 10 Jahre in Griechenland, alle warten bis heute auf eine Bearbeitung ihres Asylantrags. Solange dieser nicht bearbeitet ist dürfen sie, wie alle Asylsuchenden, Griechenland nicht verlassen. So sind sie de facto in einem Land eingesperrt was sich entweder ausserstande sieht, oder nicht Willens ist den Flüchtlingen zu ihrem Recht auf Asyl und einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen. Trotz aller Widrigkeiten haben die Menschen auf dem Propilia ihren Stolz nicht verloren. Die gesamte Kampagne ist aus eigener Tasche bezahlt. Spenden nehmen sie nicht an,sagt einer, sonst würde es so aussehen als seien wir nur wegen des Geldes auf dem Propilia. Man könne sie aber unterstützen indem man bei den griechischen Botschaften protestiere.

Den Afghanen in Athen bleibt unterdessen keine andere Wahl als ihren Hungerstreik fortzusetzen, und sie scheinen immer entschlossener und kampfbereiter zu sein. Seit einer Woche ist die erste Frau im Hungerstreik. Auch sie lebt seit zwei Monaten auf dem Platz, zusammen mit ihren drei kleinen Kindern.


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Ergänzungen

Neuer Hungerstreik ab morgen

exegersi 24.01.2011 - 19:00
Ab morgen wird außerdem für einen landesweiten Hungerstreik mobilisiert:

 http://de.contrainfo.espiv.net/2011/01/17/landesweiter-hungerstreik-von-immigratinnen-ab-dem-25-januar/

Flüchtlinge und MigrantInnen besetzten zu diesem Zweck die Law School.

Solidarity's Initiative Press Release

- The hunger strike 25.01.2011 - 00:08
will start tomorrow

The mass hunger strike of the 300 migrant workers begins tomorrow. It's a struggle of our fellow migrants citizens, who outstretch a hand of friendship and solidarity to the greek society. It's on everyone's common interest (natives' and migrants') to get out of the grey zone. It's the only way to fight against undeclared employment ("black work"), exclusion and every form of exploitation. Ιt's time to answer to all these dangerously increasing racist voices.

Nevertheless, just a day before the beginning of the hunger strike, there 've been some "infos" on the mass media and some reportages, attempting to slander the struggle and the hunger strikers themselves. We, the solidarity assembly, as well as the hunger strikers' assembly, bluntly declare that the above mentioned reportages, as well as the equivalent political parties and students' wings statements, not only are false but serve obvious purposes.

We clarify that the place chosen to stay for the hunger strikers, it's on an under restoration and not in use over the past few months Law School building. It's isolated from the one in use and by no means hampers the educative procedures. Ιt's not and will not be subjected to any detriment as we foremost honor the history of the Law School's building.

As far as it concerns the scaremongering on " health issues" due to the presence of the migrants, we cannot but simply say that all migrants for the needs of the hunger strike itself, are under medical observation. In any case, these flimsy racist arguments have been already answered by the committee of doctors, who visited the space on behalf and under the authority of the Rectorate Authorities.

The above mentioned is also confirmed by the decision taken by the Board of Students' Union.

WE INVITE YOU TOMORROW 25/1 AT THE PRESS CONFERENCE

12 AM AT THE PEDESTRIAN AREA OF MASSALIAS' STR

LAW SCHOOL

Solidarity Initiative



 http://hungerstrike300.espivblogs.net/

 hungerstrike300@espiv.net


NOTE: Letters/resolutions of solidarity from anti-racist groups, academics etc from abroad are most welcomed!


Uni-Asyl bedroht

,,,xxx... 25.01.2011 - 20:32
Der Hungerstreik der 300 Erntehelfer auf ungenutztem Unigelände wird jetzt in Folge von Presse- und Parteihetze von den Bullen bedroht, die das Uniasyl brechen wollen.
 http://en.contrainfo.espiv.net/2011/01/25/nationwide-mass-hunger-strike-of-immigrants-the-greek-state-threatens-to-violate-the-academic-asylum/
Die Aktion began in Chania auf Kreta, wo die meisten der Kämpfenden "schwarz" arbeiten, mit der kollektiven Einschiffung nach Athen...
VIDEOS:  http://www.youtube.com/watch?v=8-E4tZhtXJc&feature=player_embedded  http://www.youtube.com/watch?v=OVM1vMfgM5o&feature=player_embedded

Aufruf der Vollversammlung der Hungerstreiken

Ingo 26.01.2011 - 22:43
„Wir sind Migrantinnen und Migranten aus ganz Griechenland. Wir kamen hierher, vertrieben von Armut, Arbeitslosigkeit, Kriegen, Diktaturen. Die multinationalen Konzerne des Westens und ihre politischen Handlanger in unseren Heimatländern haben uns keine andere Wahl gelassen, als -zig mal...(tharr be more) unser Leben zu riskieren, um an Europas Pforte zu gelangen. Der Westen, der unsere Länder ausplündert, mit seinem unvergleichlich höheren Lebensstandard ist für uns die einzige Hoffnung, wie Menschen zu leben.

 http://www.trueten.de/archives/6736-Griechenland-Aufruf-der-Vollversammlung-der-Hungerstreikenden.html

Soli-Aktion vor Botschaft in Berlin

Nichtarbeit 09.02.2011 - 13:12
Solidarität mit hungerstreikenden Migrant_innen in Athen
8.2.2011 vor der Botschaft Griechenlands in Berlin.
 http://bglbb.blogsport.de/
ca. 70 Demonstranten fanden sich vor der Botschaft Griechenlands ein, um mit den hungerstreikenden Mirant_innen in Athen zu sympathisieren. Sie überreichten den Botschaftern Griechenlands eine Liste mit Forderungen. Darin enthalten: Sie sollen Menschenleben retten und nicht mit Waffengewalt vertreiben.
Video:  http://www.youtube.com/watch?v=jgcIjDwNh4U