Explosionsgefahr in Gorleben

Heinz Eckel 28.09.2010 00:27 Themen: Atom Soziale Kämpfe Ökologie
Im Gorlebener Salzstock lagern aller Wahrscheinlichkeit nach hochexplosive Gase, die das dort geplante Endlager zerstören können. Darauf wiesen die Abgeordnete der Linkspartei, Dorotheé Mezner, und der Geologe Professor Duphorn hin.
Mitarbeiter von Frau Mezner hatten aus DDR-Archiven eine Akte zutage gefördert, die Licht in die Einzelheiten eines seinerzeit geheimgehaltenen Unglücks im Salzbergwerk Lenzen bringt. Nur 5 Kilometer von Gorleben entfernt war es dort bei Bohrungen im Jahr 1969 zu einer Explosion gekommen, die einen Toten und 6 Schwerverletzte forderten. Ursache war das Anbohren eines Gas-Öl-Gemischs, welches sich dabei entzündete; der Bohrturm brannte anschließend noch zwei Tage lang. Der Salzstock in Lenzen ist mit dem Gorlebener Salzstock geologisch verbunden.

Auch im „Erkundungsberwerk“ Gorleben wurden schon vor längerer Zeit Gaseinschlüsse gefunden. Die BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), die bis zum Erkundungsstopp im Jahre 2000 den Gorlebener Salzstock erforschte, versucht die Bedeutung dieser Gaseinschlüsse jetzt jedoch herunterzuspielen. Die von ihr gefundenen Gaseinschlüsse seien sehr klein und und isoliert von größeren Gasreservoiren, die - wie in Lenzen - möglicherweise in 3000 Meter Tiefe im Gorlebener Salzstock vorhanden seien. Dem hält Professor Duphorn entgegen, dass auch in Gorleben Bohrungen bis in 1200 Meter Tiefe geplant seien; zudem befänden sich gleich zwei gashaltige Muttergesteine unter diesem Salzstock, wodurch mit der Zufuhr größerer Gasmengen in den Gorlebener Salzstock zu rechnen sei. Als Beleg dafür führt er auch die Absicht an, diese Gasvorkommen bei Wustrow im Landkrei Lüchow-Dannenberg sogar für die Förderung zu erschließen. Das Gas sei im übrigen hochexplosiv und entzünde sich bei Zutritt von Sauerstoff bereits bei 20 Grad Celsius. Salzstöcke wiesen außerdem oft Spalten und Klüfte auf, durch die das Gas auch aus größerer Tiefe nach oben vordringen könne; schon während seiner Studienzeit habe er solch eine Kluft - die es nach Lehrmeinung gar nicht geben dürfe - in einem Thüringer Bergwerk besichtigen können, in welchem zuvor bei einer Gasexplosion 12 Bergleute getötet worden seien. Auch in Gorleben habe man Gas (und Lauge) im Steinsalz in der Nähe des zerklüfteteten Hauptanhydrids festgestellt; der Hauptanhydrid selbst durchziehe den Salzstock von oben bis unten.

Gefahr für den Salzstock droht jedoch auch noch von anderer Seite. Bereits in seinem Gutachten von Anfang er 1980er Jahre hatte Professor Duphorn - damals einer der ersten vom Bund beauftragten Endlagergutachter - davor gewarnt, dass dem Gorlebener Salzstock eine wasserabweisende Deckschicht fehlt; er war daraufhin von der weiteren Begutachtung ausgeschlossen worden. Auch jetzt wies er noch einmal auf das Fehlen einer geschlossenen Tondecke in Gorleben sowie auf den Umstand hin, dass das über dem Steinsalz befindliche Kaliflöz in Gorleben eine besondere Mächtigkeit aufweist. Kali sei für ein Endlager denkbar ungeeignet, weil es Kristallwasser enthalte, welches bei der Erwärmung durch den heißen Atommüll freigesetzt werde. Dabei entstünden Laugen, die jeden Atommüllbehälter schnell zerstörten; außerdem könne der Salzstock infolge der Erwärmung innerhalb weniger hundert Jahre um mehrere Meter nach oben steigen, wodurch neue Risse und Klüfte entstünden, durch die Grundwasser eindringen könne (s.:  http://www.news.de/politik/855073426/gas-unter-salzstock-bedroht-endlagerprojekt/1/ )

Wie es um die Langzeitsicherheit von Salzstöcken steht, kann man übrigens ganz in der Nähe von Gorleben sehr anschaulich besichtigen. Der Arendsee, nur ca. 25 km von Gorleben entfernt, ist durch Süßwasserauslaugungen des unter ihm liegenden vergleichbaren Salzstocks enstanden. Er ist 514 ha groß und mit einer Wassertiefe von über 50 Metern eines der tiefsten Binnengewässer in Deutschland. Im Laufe der Jahrtausende hat er seine Größe ganz erheblich ausgedehnt. Historisch überliefert sind solchen Seevergrößerungen zugrundeliegende „Seefälle“ aus dem 9. und aus dem 17. Jahrhundert; Zeugnis davon geben auch unterwasserarchäologische Funde wie die Überreste einer 1685 versunkenen Mühle am Grund des Sees (s.:  http://de.wikipedia.org/wiki/Arendsee_(See),  http://www.lda-lsa.de/landesmuseum_fuer_vorgeschichte/fund_des_monats/2010/august/ und:  http://www.lda-lsa.de/fileadmin/pdf/2005_12_08_Arendsee.pdf)


Vorankündigung:

Am 21. Oktober in Lenzen und am 23. Oktober werden die Abgeordneten der LINKEN, Dorotheé Menzner, Johanna Voss und Kurt Herzog in Gartow über den Stand der Rambow-Geheimakten berichten.


Weitere Informationen:

 http://wendland-net.de/index.php/artikel/20100914/alte-akten-1969-bohrturmexplosion-bei-lenzen-40413

 http://www.3sat.de/page/?source=/nano/umwelt/147803/index.html

 http://www.gastip.de/rubrik2/19945/Geologe-warnt-vor-Gas-unter-Endager-Gorleben.html

 http://wendland-net.de/index.php/artikel/20090917/prof-duphorn-in-sachen-gorleben-wurden-wissenschaftliche-grundpr

 http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/1276455/

 http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,717368,00.html
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Ergänzungen

@name

tagmata 28.09.2010 - 15:39
vermutlich so was ähnliches wie lpg. (kein wunder, war ja inner zone... ;-P)

 http://de.wikipedia.org/wiki/Flüssiggas#Eigenschaften_von_LPG

Gase?

Mein Name 28.09.2010 - 21:56
Primärkomponente ist wohl, wie im Kali üblich, Methan. An sich als Einzelphase natürlich nicht explosiv. Expandiert aber mitunter schlagartig beim Auffahren wg. veränderter Spannungsverteilung. Die resultierende Wetterproblematik ist selbsterklärend.

Glück auf!

Zur Migartion von Kristallwasser

Mein Name 30.09.2010 - 08:33
Soweit ich mich erinnere war die Widerstandsfähigkeit der Gebinde für hochaktiven Nuklidmüll schon Ende der 80er Gegenstand von Fachdiskussionen.
Dazu wurden 2 Aspekte diskutiert:
1. Gebinde mit hochakivem Müll heizen die Umgebung so weit auf das sich um die einzelnen Behälter ein Phasengemisch aus Salzschmelze mit einem Fluid-Dampf Anteil bildet. Diese Kombination ist gegenüber dem Metall der Fässer recht korrosiv. Betonummantelungen wurden nach 14 -28 d im Versuch soweit zerstört das der Glas-Core exponiert wurde.

Auch die Einbindung in eine Glasmatrix ist für entsprechend hochaktive Nuklide nicht der Weisheit letzter Schluss. "Glas" ist nur eine unterkühlte Schmelze und die radioaktiven Effekte führen zum Auskristallisieren d.h. zur Zerstörung der amorphen Orginalmatrix.
Die zerstörte Struktur wiederum ist sehr anfällig für Lösungskorrosion durch das erhitze Gemisch aus Salzschmeze und Wasser.....

Als Alternative wurde damals u.a. "syn-rock" diskutiert um Nuklide in einer weit stabilere Oxid-Matix zu fixieren. Ob es dazu noch Versuche gab ist mir leider nicht bekannt.

2. Nach dem Herauslösen der Nuklide aus dem Core behalten diese Gemische eine hohe Temeratur bei und können so durch isotrope Schichtglieder weit schneller migrieren als bei "Bergtemperatur". Da Diapire aber sowieso inhomogen aufgebaut sind und praktisch um cm/a fließen ist die Ausbreitungsprognose nicht wirklich sicher darstellbar.

Glück auf!

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@ oppe — ...