Tag der Erinnerung und Mahnung in Berlin

Bernd Kudanek alias bjk 13.09.2010 18:42 Themen: Antifa Antirassismus Militarismus Repression
Wie jeden zweiten Sonntag im September findet in Berlin seit 20 Jahren traditionell der "Tag der Erinnerung und Mahnung" statt, so auch gestern, am 12. September. Im vorigen Jahr war der Veranstaltungsort noch der Bebelplatz (Tag der Mahnung 2009 unter  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/1/25016971.0.30115.html ) statt wie die letzten Jahre zuvor das Marx-Engels-Forum. Denn dort wird zur Zeit wegen der künftigen Streckenführung der U 5 vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz eifrig gebuddelt. In diesem Jahr fand der antifaschistische Gedenktag im Lustgarten bzw. auf dem Straßenabschnitt Am Lustgarten/Bodestraße gleich neben dem Alten Museum statt.
Die Erinnerung an die furchtbaren Untaten der Nazi-Diktatur sind nach 65 Jahren leider in großen Teilen der Bevölkerung weitgehend verblaßt. Und deshalb ist ständiges Mahnen an die unfaßbaren Greuel des Faschismus geradezu Pflicht (  http://www.wsg-hist.uni-linz.ac.at/Auschwitz/htmld/ILA.html ), weil rassistisches und faschistoides Gedankengut längst wieder in der sogenannten Mitte der Gesellschaft - und dort beileibe nicht nur bei den ohnehin schon immer erzreaktionären üblichen Verdächtigen - angekommen und salonfähig geworden ist. Frei nach Brecht: Der Schoß ist fruchtbar immer noch (  http://www.sopos.org/aufsaetze/429a200543a58/1.phtml ).

Anders als in 2009 hatten wir gestern herrliches Spätsommerwetter, wenn auch vielleicht mit 24° ein bißchen zu warm. Der Lustgarten vor dem Alten Museum war deshalb eine einzige große Liegewiese. Unsere Gedenk-Veranstaltung lud von 13 bis 18 Uhr mehrere Tausend BesucherInnen zum Informieren, zum Nachdenken und zum Gedankenaustauschen vor der Hauptbühne und im Zelt ein. An den vielen Ständen der verschiedendsten antifaschistischen Organisationen und Gruppen wurden außer sehr preiswerten teils antiquarischen Büchern auch diverse andere interessante Accessoires und Szeneartikel angeboten. Als sehr angenehm empfand nicht nur ich, daß die Imbißstände nicht wie in 2009 am Bebelplatz aufdringlich im Eingangsbereich plaziert waren sondern sich mittendrin eher unauffällig den Info-Ständen anpaßten. Sie waren trotzdem gut frequentiert, die Betreiber hatten mit Sicherheit keine Einnahme-Einbußen.

Neben der Haupttribüne fand unter schattigen Bäumen das Kinderfarbenfest statt, dort war auch die Kinderhüpfburg aufgebaut. Als ich gegen 17 Uhr das Zelt nahe dem Eingangsbereich betrat, wurde gerade von der Verfolgung und Ermordung der "Asozialen" in der Nazi-Diktatur berichtet und auch darüber, daß über die Greuel an dieser Gruppe der Ärmsten der Armen in der BRD und zuvor selbst in der DDR eher der Mantel des Schweigens gedeckt wurde, geschweige denn, daß die Überlebenden eine Entschädigung wie andere Opfergruppen erhielten!

Am VVN-Stand gleich neben dem Zelt war der 82jährige amerikanische Spanienkämpfer, Victor Grossman, fit wie ein Turnschuh zugange (Foto 37) und erzählte humorvoll von seiner Spanienzeit. Die Exemplare seines Buches "Madrid du Wunderbare" fanden wie von selbst reißenden Absatz, zumal Victor Grossman auf Wunsch eigenhändig signierte. Natürlich konnte auch ich nicht widerstehen und erstand ein Exemplar mit seiner persönlichen Widmung.

Weil ich schon zuvor am Stand des Freundeskreises Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e.V. Ziegenhals ( www.etg-ziegenhals.de ) drei zeitlos ausdrucksstarke Arbeiter-Kampfplakate aus den 20er Jahren - wenn auch sehr preiswert - gekauft hatte, war mein Budget erschöpft. Aber ich hatte ja einige gute Gespräche mit MitstreiterInnen geführt, in verschiedenen Antiquariaten gestöbert, dabei ein dreibändiges Geschichtswerk über die Sowjetunion für 1,50 € gefunden, und machte mich deshalb hochzufrieden auf den Heimweg.

Meine 39 Fotoimpressionen sind unter  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/22/26872355#26872355 eingestellt. Die Fotos dürfen bei namentlicher Nennung des Knipsers und Angabe der Quelle für nichtkommerzielle Zwecke gerne heruntergeladen, gespeichert und weiterverbreitet werden.

Bernd Kudanek alias bjk
 http://freies-politikforum.carookee.com


weiterführende Links:
Aktionstag gegen Rassismus, Neonazismus & Krieg  http://www.tag-der-mahnung.de/index.html
Die Broschüre "20 Jahre TdM"  http://www.tag-der-mahnung.de/TdM-Zeitung.pdf
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Ergänzungen

Victor Grossman

Klaus 14.09.2010 - 20:49
Victor Grossman war nicht Spanienkämpfer. Er ist (wie auch in dem von ihm zu erwerbenden Buch steht) Jahrgang 1928. Er war zu Beginn des Spanischen Bürgerkrieges also gerade mal 8 Jahre alt. Demzufolge konnte er nicht aus seiner Spanienzeit berichten, wohl aber über sein ansonsten nicht minder spannendes Leben. Er "flüchtete" aus den USA der "McCarthy-Ära" in die DDR.
Das von ihm geschriebene und am dortigen Stand zu erhaltende Buch stellt persönliche Erinnerungen, Briefe und Notizen vieler Spanienkämpfer zusammen und soll die Erinnerung an diese Freiwilligen wachhalten.

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Victor Grossmann?

Wetzel 14.09.2010 - 09:42
Victor Grossmann? Ist das nicht der US-amerikanische Spanienkämpfer, der bis heute ein vollkommen ungebrochenes Verhältnis zum stalinistischen Terror gegen alles Linke in der spanischen Revolution hat? Und der Vater eines sattsamm bekannten Berliner Kino-Besitzers, der in Herrenreiter-Mentalität mit der Belegschaft umspringt? Und dafür von seinem Papa auch noch argumentative Schützenhilfe bekommen hat? Man kann ihm vielleicht gerade noch zu Gute halten, dass er in Spanien Mitglied des Lincoln-Bataillons war, das im Gegensatz zur Brigade Lister nicht dadurch glänzte, dass seine „Heldentaten“ im Wesentlichem im Niederwalzen von Agrar-Kollektiven im eigenen Hinterland und in Stalins Auftrag bestanden, während andere an der Front die Faschisten bekämpften.

Greultaten

Reisswolf 14.09.2010 - 09:42
Der Text liest sich ein wenig wie "mein schönstes Ferienerlebnis". Sachliche Informationen sind Mangelware.
An welche konkreten Greueltaten wurde denn erinnert bzw. gemahnt?
Wieso taucht in dem Text nicht ein einziges Mal das Wort "Jude" auf?

Auswüchse der faschistoiden Gegenwart

Unzufrieden 14.09.2010 - 15:28
Der antifaschistische Gesinnungsgenosse kratz sich nicht einmal, wenn er von Greultaten der Naziverbrecher schwalontiert. Vergessen wir nicht, dass die Nazis in ihrer nationalsozialistischen Ideologie den Genozith von egal welcher "Rasse" fest mit eingeplanwirtschaftet hatten und dass der Tenor auf die industrielle Massenvernichtung der europäischen Juden am faschistischen Terror der Deutschen zwischen 1933-1945 nichts ändert.

Die Lösung für dieses Problem ist also nicht beim vernichtetem Volk der Juden zu suchen, sondern beim faschistischen System welches die Deutschen zu der Zeit bei aller Unverschämtheit auch noch Demokratie getauft hatten. Das ist in etwa so als würden Atomkraftwerke als besonders ökologische Form der Energiegewinnung bezeichnet oder ein Krieg geführt werden für den Frieden.

Nie wieder Krieg - nie wieder Faschismus, ist deshalb der Kampf gegen Nazis wo auch immer sie gesellschaftfähig oder tätig werden. Letztlich muss genau das liebste Kind der Nazis seinen Eltern entrissen werden, der "Germanenkult", denn auch das ist "Rassismus". Hitlers Herrenmenschenrassen sind ökonomischer Faschismus, wie sollten sie sich auch dagegen wehren, nur Stimmvieh zu sein.

Hitler war gebürtiger Bayer-Bayer-Bayer-Bayer-Bayer nicht Germane nie, die Römer hatten die Germanen nie besiegt, Adolf's jüngerer ebenbürtiger Bruder Edmud Hitler wurde unter Adolf nicht älter als fünf Jahre, Georg Elsers Bombe wurde verraten (Nebel auf dem münchner Flughafen, dass ich nicht lache) und die Berliner_Innen hätten Adolf Hitler ja töten können, aber wegen ihrem strengen christlichen Glauben namen sie Abstand von dem Gedanken.

Römer: "Das geht alles seinen Gang"

Ich: "falsch"

Germane: "Das geht alles den Bach lang!"

Ich: "Bye bye bayern. Landesvater, verpiss dich."

Herero: "Bravo."

Fremdenfeindlicher Übergriff

Ingo 14.09.2010 - 18:38
Fremdenfeindlicher Übergriff
Mitte

# 2811

Unbekannte Täter haben heute Vormittag in Mitte einen jungen Mann angegriffen. Der 22-Jährige war gegen 7 Uhr mit Freunden in der Friedrichstraße unterwegs und beabsichtigte ein Fast-Food-Restaurant im Bahnhof Friedrichstraße aufzusuchen. Vor dem Restaurant wurde der 22-Jährige von drei Männern aus einer größeren Personengruppe heraus fremdenfeindlich beleidigt. Kurz darauf schlug ihm einer der Täter mit der Faust ins Gesicht, ein zweiter schlug ihm gegen den Kopf.

Der 22-Jährige verlor daraufhin kurz das Bewusstsein und fiel zu Boden, wo ihm der dritte Angreifer gegen den Kopf trat. Die Schläger entfernten sich anschließend gemeinsam mit mindestens drei weiteren Personen in Richtung U-Bahnhof Friedrichstraße. Nachdem sie in die U-Bahn gestiegen waren, sprach der 22-Jährige, der den Tätern gefolgt war, den Zugführer an und bat ihn nicht loszufahren. Die Tätergruppe verließ den Zug kurz darauf wieder und flüchtete zu Fuß. Der 22-Jährige erlitt leichte Verletzungen, die in einer Klinik ambulant behandelt wurden.

@Klaus DANKE!

bjk 14.09.2010 - 21:24
Asche auf mein Haupt, hab's jetzt auch im Buch gelesen. Eigentlich hätte ich gleich von selber drauf kommen müssen, weil Victor Grossman 1928er und nicht 1918er Jahrgang ist. Nochmals sorry an die Leserschaft und Danke an Klaus.

Bernd Kudanek alias bjk