Euromayday Hamburg die sechste

m-ion 28.04.2010 00:00 Themen: Kultur Soziale Kämpfe Weltweit
Seit 2005 gehören die EuroMayDay Paraden der Prekären in vielen Städten zum Polit- Kampf- und Vergnügungs-Programm des 1. Mai. Sei's als Mini-Demo oder als machtvoll-lauter Umzug, jedenfalls als öffentliche Versammlungen von Leuten, die sich als Prekäre outen, treffen, zusammenrotten und bewegen, haben sie mittlerweile in über 40 Städten in Europa stattgefunden.
In Bremen geht EuroMayDay ins zweite Jahr, in Hanau und Tübingen ins vierte, nach Dortmund kommt die EuroMayDay Parade zum ersten Mal, und in Berlin macht sie dieses Jahr Pause, um der Erstarrung zum blossen Ritual vorzubeugen.
Auch in Hamburg wird der Verfestigung und Schliessung der Euromayday Parade entgegengeplant, -gesponnen und -kommuniziert. Im folgenden ein paar Links zur zur Euromayday Parade 010 und zur Geschichte des Euromayday in Hamburg.

EuroMayDay Hamburg Portal | Webseite | Facebook und ein paar Texte 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | . . .

EuroMayDay Paraden in Hamburg

Letztes Jahr hieß es in Hamburg "Euromayday krisenfest", schliesslich sei "krisenfest zu sein unser Alltag: keine Wertpapierverluste, keine Insolvenzen, Sparquote nach wie vor stabil bei Null, in der Arbeitswelt immer noch wahlweise prekär verdienend, erwerbslos oder Praktikantin." Mit Glamour precaire und Schuhwürfen auf die Elbphilharmonie ging es durch die Hafencity (video 1 | 2).
2008 war das Motto "Euromayday schwärmt aus". Eine mobile Parade sammelte Leute ein und bewegte sich Richtung Blockierung des Nazi-Aufmarschs (video). 2007 (trailer) konnte mensch bei mehreren Anlässen (1 | 2 | 3) per Sprechblase erklären, warum "ich ein Superheld bin" oder sich zu einem solchen pimpen lassen (video 1 | 2). Superhelden gabs auch schon 2006 (trailer | Prozess). Die Premiere der Hamburger Euromayday Parade 2005 betonte migrationspolitische Themen - es gab einen Schutzehewagen, und starke Beteiligung von nolager. Auch Praktiken der kollektiven Aneignunggesellschaftlichen Wohlstands kamen ins Bild (facebook-video).

Dieses Jahr geht's in Hamburg um die Wurst Stadt. Aktuell wehren sich dort die unterschiedlichsten Menschen an den unterschiedlichsten Stellen gegen städtische Umstrukturierung und Gentrifizierung. Entsprechend verknüpft die Euromayday Parade 2010 die Prekarisierung von Arbeit und Leben mit dem "Recht auf Stadt", wie sich die Vernetzung der stadtpolitischen Kämpfe nennt.

EuroMayDay Hamburg 010 - Stadt geht los

Der Hamburger EuroMayDay Aufruf präsentiert sich dieses Jahr im Stil eines Video Games. Hamburg wird Sim-City. Allerhand Informationen dazu gibt es auf der Webseite
Level 1 - Mayday Mayday startet mit vielen Fragen zum prekären Leben und Arbeiten. Aber: "Es geht nicht mehr allein um den Wunsch nach einem anderen Leben, sondern dieses tatsächlich möglich zu machen." Es geht weiter mit Stadt neustarten – Vom Recht auf Stadt für alle. Auch hier ist Die Bewegung für ein Recht auf Stadt ist stärker geworden: "Die lokalen Geschichten, die in den Werbeprospekten der Marke Hamburg keinen Platz fanden, haben sich zu einer urbanen Erzählung verdichtet." Doch die Konflikte weiten sich aus: "Längst geht es nicht mehr um Geld und Freiräume allein. Immer wieder taucht eine Frage auf: Wer bestimmt hier was?" Von da gehts zu Alice im Wunderland – Die Förderung, die ich fordere. Ein ganz persönliches Anliegen von Alice, nämlich nach einer Fortbildung an der freien Kunstschule, soll kollektiv durchgesetzt werden. Solidarität im Postfordismus. "Es geht darum, ein anderes Leben möglich zu machen."Das nächste Level ist eine Betriebsversammlung im Unternehmen Stadt: Eine Parade, "auf der die Zahl der Wünsche nur von der Zahl der Forderungen übertroffen wird."

Und zum Schluss noch eine Gebrauchsanweisung für das ganze Spiel: "Du entscheidest wie du spielen möchtest. Ob mit unbegrenzten finanziellen Mittel, völlig ohne Regeln oder im sozialen Bewegungsmodus. Für eine Inflation der Fragen, Wünsche und Rechte. Wir sehen uns. Wir sind unter euch. Euromayday 010 – Parade, 1. Mai, 14 Uhr, Park Fiction (Kinderwagen ist am Start)"

Zur Route heisst es: "Gestalte deine Route, sie verläuft so (oder so ähnlich): Start: 14h Park Fiction Bernhard-Nocht-Str. Landungsbrücken Dietmar-Köhl-Str. Michelwiese Venusberg Seewartenstr. Zirkusweg Millerntor Reeperbahn Detlev-Brehmer-Str. Annenstr. Wohlwillstr. Neuer Pferdemarkt Neuer Kamp Ende: Gegend Realmarkt (noch etwas unklar)"

Wer nächste Woche Zeit hat und in der Gegend ist, kann sich bei drei "Betriebsversammlungen im Unternehmen Stadt" einstimmen:

Die Stadt ist unsere Fabrik / Euromayday 2010
Mo, 26.4.2010, Centro Sociale, Sternstrasse 2, 20.00
So lautet das wunderschöne Bilderbuch von Christoph Schäfer mit seinen extravaganten Thesen. Das Schwabinggrad Ballett nimmt mit seinem Stück Business Punk City die verdichtete Unterschiedlichkeit und die Stadt der Leidenschaften aufs Korn. Im Euromayday stößt bei einigen das Bild von die Stadt ist unsere Fabrik auf Erschrecken und Abscheu. Andere favorisieren es. Lesekreisgeschulte Operaisten und Marxistinnen anderer Schulen runzeln die Stirn. Genügend Gründe für eine Betriebsversammlung.

Arbeit ist die halbe Miete / Euromayday 2010
Di, 27 April 2010, Jupi Bar (Gängeviertel), 20.00
Wer arbeitet von zu Hause? Und wer im Café? Wieso müsssen Ateliers billig sein? Für wen werden steigende Mieten zum Problem? Und was hat Gentrifizierung eigentlich mit Prekarität zu tun? Ausgehend von Interviews, die wir auf der Recht auf Stadt – Parade am 18.12. geführt haben, werden wir diesen Fragen nachgehen.

Filmpremiere Hamburg: „Schrei im Dezember“ by LAIKA-Verlag / Euromayday 2010
Mi, 28 April 2010, Buttclub St. Pauli-Hafenstr. 126, 20:00
Eine der „ersten Revolten der Prekären“ in Europa in Athen im Dezember 2008 dokumentiert der Film „Schrei im Dezember“ (OmU) von Kostas Kolimenos. Der Film zeichnet Verlauf und Hintergründe der Revolte mit bemerkenswerten Bildern und Tönen nach. Im Anschluß offene Worte. Euromayday empfiehlt mit dieser Veranstaltung eine Lesart, wie sich Prekäre mal die Stadt furchtlos aneignen. Eine Lesart jenseits des Alarmismus der Medien, die in den Riots nur chaotische Plünderungen wahrnehmen und in den metropolitanen Subjekten die alte Angst vor der Menge als gefährliche Klassen beschwört.

EuroMayday Parade 2010: Stadt geht los
Samstag, 1. Mai 2010, Park Fiction, St. Pauli, 14.00
+++ connections +++ connections +++ connections +++
die stadt ist unsere fabrik. ich will mit der ARGE nicht teilen. wenn du mir dumm kommst, komm ich dir anders.
Im Anschluss die Euromayday After Party im Hafenklang, Große Elbstr. 178, ab 22h
After the Euromayday - Afro Latin Dance Night
Tropen Institut: Basso Profundo & Diego
Bongo Disco - High-Tech Tropical: Oliver Silly Walks

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Ergänzungen

ODER

klassenkampf 25.04.2010 - 01:39
zur revolutionären 1. mai demo in hamburg.
los gehts 18.oo uhr bahnhof altona

 http://www.revo1mai.de.tt/

see also: euromayday ruhr

trejh 25.04.2010 - 12:55
auch einen euromayday, explizit gegen lohnarbeit gibt es in dortmund. der steht auch im zusammenhang zur umsganze-unterstützen demo am freitagabend in frankfurt:

 http://euromayday.noblogs.org/

 http://www.soziale-unruhen.net/

 http://krise.blogsport.de/

 http://www.umsganze.de

Keine Alternative

oder besser doch nicht 25.04.2010 - 14:26
Erklärung der Roten Flora zur Abenddemo:

 http://www.nadir.org/nadir/initiativ/roteflora/news/20100028.html

Plakate Hamburg

Clara 25.04.2010 - 15:32
Die Plakate aus Hamburg

Veranstaltungshinweis oder Artikel?

m-ion 25.04.2010 - 15:36
Hallo,
zur Erklärung, warum ich diesen Artikel auf Indymedia gepostet habe, obwohl er auch einen Veranstaltungshinweis enthält:

Ich war davon ausgegangen, dass die Materialsammlung zur Geschichte des Hamburger Euromayday den Artikel auch in den Augen der ModeratorInnen zu mehr macht als einen Veranstaltungshinweis. Tut mir leid, dass ich das falsch eingeschätzt habe.

Rund um die Euromayday Paraden wird jedes Jahr eine Menge anregendes Material produziert. Anregend, manchmal mitreissend, manchmal nachdenklich, manchmal kryptisch - Poster, Flyer, Trailer, Videoreportagen, Photos, Interviews, Texte. Vieles davon wird tatsächlich zur Mobilisierung produziert. Aber es ist mehr als das - es lässt sich aus diesen Materialien auch ein Kaleidoskop der Kämpfe über die Jahre zusammensetzen.

Wenn man sich durch die Links, die ich zu den Hamburger Euromaydays seit 2005 zusammengesammelt habe, durchklickt, bekommt man darüberhinaus einen Eindruck über die Methoden, die bei der Produktion der Euromayday Paraden entwickelt werden - und die sind nicht nur für Euromayday-Interne interessant. Wie machen wir Prekarisierung von Arbeit und Leben zu einem politischen Thema? Wie können wir uns gegen prekäre Arbeitsbedingungen kollektiv zur Wehr setzen, wenn aufgrund von individuellen, Kurzzeit und Zeitarbeitsverträgen, aufgrund der Verstreutheit prekärer Arbeit, die gewerkschaftlichen Methoden nur eingeschränkt funktionieren? Was haben prekäre Arbeitsbedingungen mit anderen Formen der Prekarisierung vom unsicheren Aufenthaltsstatus bis zu unbezahlbaren Mieten miteinander zu tun, wie lassen sich die Kämpfe in Verbindung bringen? Welche Werkzeuge können wir dazu einsetzen? Und wie können wir dazu die Medienkompetenz nutzen, die immer mehr Leute haben?

Ich finde, dass die Mobilisierungsmaterialien um Euromayday Anregungen geben, welche Fragen gestellt werden können, und wie so eine Verbindung aussehen kann. Statt in Worten zu erzählen, was mich an dieser "Produktion von Bewegung" fasziniert, habe ich Links gesammelt, damit diejenigen, die sich für Prekarisierung und Protestformen interessieren, sich selbst einen Einblick verschaffen können.

Denn auch wenn diese ganzen Materialien im Netz verstreut zugänglich sind, und auch wenn vieles davon auf der Hamburger Webseite nachgelesen werden kann - es ist mühsam, sich die einzelnen Dinge zusammenzusuchen.
Bis vor ein paar Jahren war klar - das meiste, was es an interessanten Bewegungssachen im Netz gibt, findet man über Indymedia. Es gab ja schliesslich kaum Alternativen. Heute ist das anders.
Videos werden heute oft nicht auf Indymedia, sondern auf youtube gepostet, Bilder auf Flickr, Bewegungen und Initiativen haben meistens ihren eigenen Blog, oft auf einer kommerziellen Plattform. Mir gefällt das nicht, aber es ist so. Ich gehe aber nicht auf youtube, wenn ich mich informieren will, was gerade politisch läuft, sondern auf Indymedia. Von da aus will ich navigieren. Ich gehe auch auf Indymedia, wenn ich mich an irgendwas erinnern will - eine bestimmte Demo, ein bestimmtes Ereignis, eine bestimmte Gruppe. Indymedia ist für mich nicht nur aktuelles Informationsmedium, sondern auch eine Art kollektives Bewegungsarchiv.

Deshalb hatte ich immer, wenn ich in den letzten 10 Jahren was für Indymedia geschrieben habe, das Gefühl, es geht nicht nur um jetzt und heute, sondern auch um Arbeit am kollektiven Gedächtnis - Materialien, die online sind, bündeln, für die Zeit, wenn die Gegenwart Vergangenheit geworden ist. Deshalb habe ich das aktuelle Datum, den 1. Mai, zum Anlass genommen, zumindest eine Auswahl der Hamburger Euromayday Materialien zusammenzustellen - das war die Hauptarbeit an diesem Artikel. Ich habe bewusst nicht einfach den Call in den Newswire gehauen, weil ich weiss, dass das Unsinn ist - erstens ist das nicht der Sinn des Projekts Indymedia, zweitens wird das kaum zusätzliche Leute mobilisieren, drittens sagt ein Call ohne Kontext wenig aus und viertens kann man ihn auch auf der Euromayday Webseite nachlesen.

Für mich ist die Frage - wie kann Indymedia ein radikaler und gleichzeitig offener Knotenpunkt im Netz bleiben, ohne sich im Stil einer social network plattform abzuschotten? Und wie kann sich Indymedia verbinden mit der Medienproduktion von AktivistInnen, die auf anderen, auch kommerziellen Plattformen hochgeladen wird? Oder braucht es eine ganz knallharte Trennung, ist das der Weg? Denn eins ist klar - das interkontinentale Netzwerk alternativer Kommunikation gegen Neoliberalismus und für Menschlichkeit, das Medium, über das unterschiedliche Kämpfe miteinander kommunizieren, das die Zapatisten in der 2. Erklärung von Realidad forderten, das brauchen wir heute genauso dringend wie 1997.









MAYDAY HAMBURG AUFRUF / SIMCITY

the sims 28.04.2010 - 15:01
Hier der Aufruf aus Hamburg!

Mayday Labor Berlin

transmitter 29.04.2010 - 07:45
Genaueres zum MayDay Labor Berlin:
 http://fels.nadir.org/de/erstermai

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Aufzug — Tommy Lustig

Kleine Ergänzung zu Berlin — Mayday-Mensch

@m-ion — auchnmod

1.Mai Bahnhof — jetzt erst recht...

1. Mai in Kiel... — antinational-sozialrevolutionär