Kassel: Keine Statisten für den Krieg

AG Antimilitarismus 15.10.2009 14:14 Themen: 3. Golfkrieg Militarismus Weltweit
Im nordhessischen Kassel hat der Protest gegen ein Casting der „Supply and Service Team GmbH“ – kurz SST - zum Abbruch der Veranstaltung geführt. Die Firma suchte arabische Statisten für die Ausbildung von US-Soldaten auf Militärübungsplätzen in Deutschland.
Damit hatten die rund ein Dutzend Friedensaktivisten nicht gerechnet: „Wir haben dem Veranstalter gekündigt“, so eine aufgeregte Mitarbeiterin des „Grand Hotel La Strada“ in Kassel. Scheinbar fürchtete das Hotel einen Imgae-Schaden. Drinnen führte nämlich die Firma SST ein Casting durch, bei dem sie arabisch aussehende Menschen die zudem arabische Sprachen beherrschen für die Ausbildung von US-Soldaten rekrutieren wollte. Hohenfels, ein Sitz von SST und Ort der angebotenen Arbeitsplätze, liegt direkt neben einem der größten Militärübungsplätze Deutschlands. Neben der deutschen Bundeswehr werden hier auch Soldaten der US-Army ausgebildet. Auf dem weiträumigen Gelände befinden sich mehrere kleine Siedlungen im arabischen Baustil, künstliche Tunnelsysteme und Autobahnteilstücke. Dort üben die US-Soldaten beispielsweise den Häuserkampf, die Erstürmung von Wohnungen, den Kampf in den Bergen oder die Durchführung von Konvoi-Fahrten. Um das Szenario so realistisch wie möglich zu machen, brauchen die Militärs auf ihren Übungsplätzen Statisten – auch US-Soldaten die im völkerrechtswidrigen Irak-Krieg zum Einsatz kommen werden mithilfe dieser Statisten ausgebildet.
„Wer für die SST GmbH und somit für die US-Army arbeitet, hilft bei der Führung eines klar völkerrechtswidrigen Kriegs mit“, so der Anmelder der Protestaktion. Gemeinsam mit anderen Demonstranten verteilte er am Donnerstag Flugblätter vor dem Hotel. Für besonderes Aufsehen sorgte eine Aktion, bei der ein als Soldat verkleideter mit einer Spielzeug-Pistole bewaffneter Aktivist zivil gekleidete Demonstranten jagte. Die Zivilisten brachen nach kurzem Sprint blutüberströmt zusammen – zum Glück nur Theaterblut. Mit der Aktion wollten die Friedensaktivisten auf den Hintergrund des Castings aufmerksam machen: „In Deutschland üben die Soldaten den Krieg, das Blut wird dann im Irak und in Afghanistan vergossen“. Über den Abbruch der Veranstaltung waren die Friedensaktivisten überrascht und erfreut. Organisiert hatten die Aktion Mitglieder der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) Kassel und der AG Antimilitarismus, einer studentischen Gruppe der Universität Kassel. Die Friedensaktivisten rufen zu weiteren Protestaktionen gegen die Kriegsgewinnler auf. Auch in anderen Städten wie Wolfsburg und Bochum rekrutierte SST schon Statisten.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

effektiv

karsten b 15.10.2009 - 14:46
erste meldung auf hr-online. da habt ihr ja echt ganz schön gewirbelt mit wenig aufwand. ob diese sst firma nun der teufel persönlich ist, sollte aber nochmal herausgefunden werden.


 http://www.hr-online.de/website/index.jsp

Auch in Berlin wird rekrutiert

Peter Lustig 15.10.2009 - 21:30
In der neuesten Ausgabe der  http://www.berliner-woche.de wird auch von der SST in Berlin am 19.10. im Victoria Residenz Hotel in Friedrichshain eine Rekrutierung angeboten.

krieg bleibt krieg

et 15.10.2009 - 22:29
ob dieses casting nun für einsatzvorbereitungen am hindukush oder im irak bestimmt war, halte ich für völlig irrelevant. ob die uno, nun einen krieg beschließt oder nicht hat ja nichts mit einer "gerechten", geschweige denn reifen entscheidung zu tun. wenn wir mal betrachten, wie viele staaten letztlich diese entscheidungen zu tatkräftig zu verantworten haben und wie viele bürgerinnen und bürger dieser staaten darauf eine tatsächliche einflussmöglichkeit hatten, dann gibt es nicht mal nach stumpfer demokratischer mehrheitlogik einen legitimierten krieg. ich kann mich nicht erinnern, dass in irgendeinem wahlprogramm einer partei mal konkret über kriegseinsätze gesprochen wurde und wenn dann kann ich darüber nur in verbindung mit anderen regierungsprioriäten wählen, die ich vielleicht nicht bevorzuge. es gab kein feld zum ankreuzen mit "ich bin dagegen" und auch kein bürgerbegehren. öffentliche gegenmeinungen und initiativen mussten sich regierungsentscheidungen beugen. was soll also diese polemik hier?

abgesehen davon, castet die firma sst auch für irak-vorbereitungen. was ihre private dienstleistungstätigkeit auch infrage stellt, wenn sie mal "nur" für den scheinlegitimierten afghanistan-krieg castet. und warum haben sie eigentlich die gleichen fehler wie die sowjets in den 70/80ern gemacht. sollte das nicht ein argument sein, dass soldaten diesen konflikt niemals lösen werden? und wer glaubt eigentlich daran, dass kriege mit ihrer emotionalität und irrationalität tatsächlich vorbereitet werden könnten?

eine weitere hirnrissigkeit ist, dass so getan wird, als ob diese form der kriegsdienstvorbereitung absolut notwenig sei. es wird dauernd von entwaffnung der taliban und sonst wem gesprochen, aber fleißig weiter rüstungsindustrie betrieben. es können nicht die gleichen verantwortlichen staaten nach "befriedungseinsätzen" schreien, wenn sie permanent neue waffen für die welt bereit stellen - das ist ein fass ohne boden. eine farce, dann auch noch allseitig profite darauszuschlagen. sst ist ein kleiner fisch, aber es gibt tausende in allen branchen. die leute müssen sensibilisiert werden, daher halte ich die protestpraxis hier für legitim. das mit den "entgangenen" arbeitsplätzen kann ja wohl nicht ernst gemeint sein. rüstung schafft arbeitsplätze, sollen wir jetzt aus solidarität gegenüber den hier angestellten öl ins feuer der übrigen welt gießen?

abgesehen davon, werden pashtu und dari auch im iran gesprochen. wer sagt, dass training auf diesen sprach- und kulturkreis hin, nicht auch für zukünftige gewaltsame interventionsmaßnahmen nutzbar ist? ich glaube nicht dass die firma sst dem us militär vergtragsbruch unterstellen würde, wenn irgendwann mal us-soldatInnen im iran eingesetzt würden. was ich ausdrücklich absolut nicht hoffen möchte, nur um diese möglichkeit nachzuprüfen.

... Demo war nicht erfolgreich!

th.ales 16.10.2009 - 21:22
Schade nur, dass die Kasseler Demo in keinster Weise tatsächlich erfolgreich war. Die Firma SST gewann laut der Regionalpresse 35 Afghanen und 79 Deutsche als potentielle Kriegs- und Friedens-Spieler/innen hinzu. Schade auch, dass sich die Demo am Nachmittag nicht wiederholte (es waren zwei Anwerbungstermine angekündigt) und so der Firma und dem Hotel Gelegenheit gegeben war, alle Interessierte hinreichend genug anzuwerben bzw. anwerben zu lassen. Ich schreibe das aus eigener Beobachtung, nicht aus Genugtuung.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

keine Ahnung — Maud lil-Usuliyun

Warum für en Krieg? — Kurde78

Nachdenke — Fallmänäger für Antideutsche