Gera: 4000 Neonazis auf NPD-Fest

Antifa Aktion Gera 12.07.2009 17:00 Themen: Antifa
Größte Neonaziveranstaltung nach 1945 in Thüringen
Polizei prügelt in Antifa-Block – Bürgerbündnis boykottiert Sitzblockade

Der gestrige Tag sprengte alle Befürchtungen. Vorherige Zahlen von bis zu 1000 und später 2500 Neonazis wurden weit übertroffen. Auf dem NPD-Fest "Rock für Deutschland" versammelten sich am Ende 4000 Neonazis aus Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande, Österreich, Schweiz und anderen Ländern. Es war damit die größte Neonaziveranstaltung nach dem zweiten Weltkrieg in Thüringen und das bundesweit größte Neonazifest nach dem Deutsche Stimme Pressefest 2006.
Der Stadtteil Debschwitz glich den gesamten Tag über einer National Befreiten Zone. Ganze Straßenzüge waren voller Neonazis. Teilweise wurden diese in Hundertergruppen von der Polizei durch die Stadt zur Spielwiese eskortiert, auf der sich die NPD versammelte. Die Polizei war sichtlich überfordert, was bei der Abreise erneut deutlich wurde. Umliegende Straßen und beide Bahnhöfe waren mit Neonazis überfüllt. Kleinere Gruppen konnten bis in die Nacht hinein umherziehen und unter anderem in der Kneipe "Toto’s Treff" feiern.

Weniger zurückhaltend verhielt sich die Polizei gegenüber dem Antifa-Block auf der Demonstration des Bürgerbündnisses. Von Beginn an war dieser von einem Spalier umgeben und abgeschirmt. Später ankommende Teilnehmer(innen) wurden nicht mehr hineingelassen. Als die Demonstration auf dem Rückweg in die Stadt die Heinrichsbrücke überquerte kam es zu ersten Auseinandersetzungen. Die Aufstandsbekämpfungseinheit USK aus Bayern prügelte in den hinteren Teil des Blocks und verletzte mehrere Demonstrant(innen). Dieser Angriff zeigt, dass die Polizei alles daran setzte die Demonstration auf schnellstem Wege wieder in die Innenstadt zu treiben, um für einen störungsfreien Ablauf des Neonazifests zu sorgen. Nur entschlossene Gegenwehr konnte diese willkürliche Polizeigewalt eindämmen. Für ihre Strategie fand die Polizei willige Helfer bei den Geraer Verkehrsbetrieben (GVB). Mit aufgestellten Straßenbahnen wurde jeder Protest in Sichtweite unmöglich gemacht. Weitere Angriffe der Polizei erfolgten bis zum Ende der Demonstration. Dabei wurden mindestens 11 Personen teilweise brutal in Gewahrsam genommen. Der Polizeieinsatz war wie so oft unverhältnismäßig und martialisch.

Auf der Kreuzung zwischen Heinrichsbrücke und Südbahnhof initiierten das Aktionsbündnis Kabelbruch und das Aktionsnetzwerk Jena eine Sitzblockade, um die Anreise weiterer Neonazis zu behindern. Diese konnte jedoch durch die Unentschlossenheit des Bürgerbündnisses Gera nicht aufrecht erhalten werden. Schon bei Beginn der Sitzblockade wurden daran Teilnehmende zum Aufstehen aufgefordert und als unfriedlich bezeichnet. Noch bevor von der Polizei auch nur eine Aufforderung kam die Blockade zu räumen, riefen Verantwortliche des Bürgerbündnisses selbst dazu auf. Später entsolidarisierten sie sich erneut. Als die Polizei willkürlich Personen aus dem Antifa-Block herauszog, rieten sie sich nicht provozieren zu lassen und weiter zu laufen.

Auf der Abschlusskundgebung sprach das Bürgerbündnis von einer erfolgreichen und friedlichen Demonstration mit 700 Teilnehmer(innen). Diese hätte gezeigt, dass Gera bunt, tolerant und weltoffen sei. Auch sei es erfreulich, dass die Polizei sich auf dem Abschlusskundgebungsplatz unter die Teilnehmer(innen) mische.

Wer von bunt, tolerant und weltoffen spricht, während in Debschwitz 4000 Neonazis feiern, verkennt entweder vollkommen die Realität oder versucht sich die Situation bewusst schönzureden. Das Fest ist mittlerweile zur Pilgerstätte der Neonazis geworden, die NPD sitzt im Stadtrat und alltägliche Angriffe nehmen zu. Hätten antifaschistische und linke Gruppen aus Gera und anderen Städten nicht an der Demonstration teilgenommen, wäre diese zur reinen Makulatur geworden. Statt sich mit der Sitzblockade zu solidarisieren, wurde diese vom Bürgerbündnis boykottiert. Der gestrige Tag war wie Christian Dornbusch zuvor ankündigte ein Armutszeugnis für die Stadt.

Trotzdem Danke an alle Leute und Gruppen, die nach Gera gekommen sind, den Antifa-Block und die Blockade unterstützt haben!

Antifa Aktion Gera [AAG]

Weitere Informationen:  http://kabelbruch.blogsport.de und  http://aag.antifa.net
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Ergänzungen

Links

click 12.07.2009 - 17:19
Weitere Artikel:

Nazifotos:  http://de.indymedia.org/2009/07/255908.shtml
Interview mit Christian Dornbusch in der OTZ (siehe Ergänzungen):  http://de.indymedia.org/2009/07/255855.shtml
SPD diffamiert Linke:  http://de.indymedia.org/2009/07/255585.shtml
Gera bundesweit zweitgrößtes Neonazifest:  http://de.indymedia.org/2009/06/255005.shtml

kleiner inhaltlicher fehler

p. 12.07.2009 - 19:20
Es war nicht das USK was auf der Heinrichsbrücke brutal in die Menge stürmte, sondern die BFE. Okay viel nimmt sich das allerdings nicht. Auch ich wurde von einem Beamten der BFE ohne Grund angegriffen, indem er mich am Hals packte und mich dann fragte, was ich denn jetzt machen wolle!! Naja nach den ersten Rangeleien haben diese auch mehrmals auf Leute in der Menge eingeschlagen.

enttäuscht...

Demonstrant 12.07.2009 - 20:23
Der 11.07.2009 war leider ein schwarzer Tag für den antifaschistischen Widerstand, zumindest in Gera.
Niemand hätte mit so einer Dimension der Anzahl der Teilnehmer des Nazi-Festes "Rock für Deutschland" gerechnet.
Der Antifa-Block war unterbesetzt und die Initiatoren des Bürgerbündnisses vereitelten jede Aktion von einzelnen Gruppen, wie beispielsweise die Sitzblockade auf der Brücke. Diese Behinderung des Zugangs wäre nicht nur symbolisch, sondern auch praktisch effektiv gewesen.
Das Abschlusskonzert war ernüchternd mit dem Hintergedanken, dass in der gleichen Stadt momentan 4000 Neonazis ihre widerwertige Hetze zelebrierten. Von dem Bündnis "Kabelbruch" angekündigte, dezentrale Aktionen, wie der berüchtigte Kabelbruch oder ein Bootsrennen mit den brennenden NPD-Flyern blieb ebenfalls aus. Ich stand mit meiner 3-Mann starken Bezugsgruppe auf der anderen Seite des Ufers mit direkten Blick auf das Nasenspektakel...und trotz eines Anrufs beim Infotelefon kam keine Verstärkung für eine spontane Aktion. Durch unser langes Zögern und Hoffen auf eine kleine Aktion mussten wir letztendlich vorbei an Nazi-Mobs, die den ganzen Stadtteil überschwemmten. Die Heimreise war für links aussehende Menschen unmöglich, da die Züge ab 19.00 Uhr komplett braun waren...
Bis auf die starke, hartnäckige Solidariät des Antifa-Blocks mit den rausgegriffenen und festgenommenen Leuten ließ der Erfolg von antifaschistischer Präsenz in Gera zu wünschen übrig. Das nächste Jahr braucht Gera mehr Beachtung, sowie Organisation!!! Das nächste braune Fest ungenießbar machen!!!

MDR berichtet:

Mediastar 12.07.2009 - 20:45

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