Reaktionen auf den rassistischen Mord in DD

addn.me 10.07.2009 22:04 Themen: Antirassismus Medien Weltweit
In diesem kurzen Beitrag soll es um die nationalen und internationalen Reaktionen auf den rassistischen Mord im Dresdner Landgericht vom 1. Juli gehen. Am besagten Tag war die im dritten Monat schwangere 32jährige Ägypterin Marwa El-Sherbini vor den Augen ihres 3jährigen Sohnes mit 18 Messerstichen im Gerichtssaal regelrecht hingerichtet worden. Dem Ehemann der Ermordeten wurde im Handgemenge mit dem Täter von einem herbeieilenden Bundespolizisten ins Bein geschossen worden.
Nach dem brutalen Mord an der schwangeren Marwa El-Sherbini am Dresdner Landgericht reißen die Proteste in der arabischen Welt nicht ab. Den deutschen Medien werfen arabischen Zeitungen und Blogs eine ungenügende Auseinandersetzung mit dem antimuslimischen Aspekt der Tat vor und versuchen Parallelen zum Mord an Neda während der Proteste im Anschluss an die Wahlen im Iran herzustellen.

Bereits am Dienstag hatte sich der Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland und der Zentralrat der Muslime in einer gemeinsamen Stellungnahme besorgt über ein zunehmendes Klima aus "Demütigungen, Verdächtigungen und Diskriminierungen" seit dem so genannten Kopftuchurteil geäußert. Auch der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, warnte gemeinsam mit seinem muslimischen Amtskollegen Aiman Mazyek am Rande eines Kondolenzbesuches am Krankenbett des Ehemanns von Marwa davor, "Islamophobie" zu unterschätzen und zu verharmlosen. Gleichzeitig kritisierten sie die spärlichen Reaktionen in den deutschen Medien und der Politik.

In einem Brief an seinen ägyptischen Amtskollegen Ahmed Abul Gheit verurteilte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier wie auch schon der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag die Tat. Der Tod habe in seinen Augen "die Menschen in Deutschland und ihn persönlich tief bestürzt".

Der 28jährige Täter Alex W. hatte Medienberichten zufolge wenige Minuten vor der Tat am 1. Juli damit gedroht, dass, "wenn die NPD an die Macht kommt, [...] damit Schluss [ist]" und die Frau gefragt, ob "sie überhaupt ein Recht [habe], in Deutschland zu sein?".

Wie es um das Engagement in Dresden bestellt ist, lässt sich vor Ort nur sehr schwer einschätzen. Bis auf die ausführliche Berichterstattung in der Sächsischen Zeitung und einer Pressemitteilung des RAA Sachsen e.V. sind die öffentlich wahrnehmbaren Reaktionen auf den Mord gerade aus der Zivilgesellschaft überschaubar geblieben.

Während vor allem von Seiten der sächsischen und bundesdeutschen Politik mit Entsetzen und Unverständnis auf die rassistische Tat reagiert wurde, zeigen aktuelle Beispiele wie der unmenschliche Umgang mit den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in der sächsischen Kleinstadt Grimma deutlich, was von solchen Beileidsbekundungen zu halten ist. Vielleicht bietet der Fall aber auch die Chance für den Freistaat, den Worten Taten folgen zu lassen und die Situation für die vier betroffenen Familien mit ihren Kindern zu verbessern.

Für den 11. Juli ruft inzwischen der Ausländerrat Dresden e.V. zu einer Trauerkundgebung um 15 Uhr am Rathaus an der Goldenen Pforte auf.
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Ergänzungen

Mehr Provinz ...

... geht nicht. 10.07.2009 - 23:58
Eine kleine Chronik von Ereignissen der letzten Wochen in der sächsischen Landeshauptstadt:

Eine Affe namens Obama

Mit einer skurillen Geschichte hat der Dresdner Zoo sogar in Übersee Schlagzeilen gemacht. Einem neu geborenen Mandrill-Äffchen verpassten die Verantwortlichen des Zoos anlässlich seines Dresden Besuchs den Namen des amtierenden amerikanischen Präsidenten. Ihnen sei nicht klar gewesen, dass das Affenmotiv immer wieder als Karikatur und ethnisches Stereotyp für schwarze Menschen benutzt worden sei, merkten sie an. Nach Kritik von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) gaben sie dem in Dresden geborenen Äffchen den ihrer Meinung nach passenderen Namen Okeke. Na dann!

Quelle: http://www.addn.me/news/eine-affe-namens-obama/

Duo nach fremdenfeindlichen Parolen gestellt
Zeit: 07.07.2009, 17.45 Uhr
Ort: Dresden-Blasewitz

Zwei junge Männer müssen sich seit gestern Abend wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten.

Das Duo hatte am Schillerplatz fremdenfeindliche Parolen gerufen. Mehrere Passanten informierten daraufhin die Dresdner Polizei. Alarmierte Beamte stellten die Beiden noch an der Loschwitzer Straße fest.

Sowohl der 17-Jährige als auch der 20-Jährige waren alkoholisiert. Atemalkoholtests ergaben bei Beiden Werte von rund 1,3 Promille.

Nachdem sie von der Polizei entlassen wurden, fiel der 17-Jährige abermals auf. An der Karasstraße trat er gegen den Außenspiegel eines Lkw Mercedes und verursachte dadurch eine Delle in der Tür des Fahrzeuges. Angaben zur Schadenshöhe liegen noch nicht vor. Der Dresdner muss sich nun auch noch wegen Sachbeschädigung verantworten.

Quelle: Pressemitteilung der Polizeidirektion Dresden (08.07.09)

Neonazis gestört, Grünen-Stadtrat muss Bußgeld zahlen

Grünen-Sprecher und Stadtrat Stephan Kühn muss jetzt 150 Euro Bußgeld zahlen, weil er am 13.Februar beim Aufmarsch der Neonazis aus den Fraktionsräumen im Rathaus Klezmer Musik spielte. Er störte damit die Versammlung „Junger Landsmannschaften Ostdeutschland“. Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass aus dem Fenster der Stadtratsfraktion „laute, jüdische Musik“ (Originalton Anklageschrift) gespielt wurde, die eine „zu dieser Zeit gehaltene Rede störte.“ Diese Handlung sei, so die Staatsanwaltschaft, „strafbar als Störung von Versammlungen und Aufzügen“.

„Wenn es mir gelungen ist, die Verbreitung der braunen Verbalsoße zu stören, nehme ich die Zahlung der Strafe gerne in Kauf“, sagt Stephan Kühn. (SZ)

Quelle: Sächsische Zeitung (02.07.09)

Freispruch für Heß-Marschierer

Von Jürgen Müller

Den fünf Angeklagten kann eine Störung des öffentlichen Friedens nicht nachgewiesen werden.

Die fünf wegen Volksverhetzung Angeklagten, die an einem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 18. August 2006 in Meißen teilgenommen haben sollen, wurden gestern vom Amtsgericht Meißen freigesprochen. Der Staatsanwalt hatte Geldstrafen gefordert.

Der Freispruch erfolge nicht aus tatsächlichen, sondern aus juristischen Gründen, betonte der Vorsitzende Richter. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die fünf Angeklagten zu irgendeinem Zeitpunkt an der Demonstration teilgenommen haben. Diese verlief friedlich, bis die Polizei eintraf. „Dieser Moment war eine Art Zäsur. Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob die Angeklagten danach, als die Situation eskalierte, noch dabei waren“, so der Richter. Festgenommen wurden sie erst lange nach Ende der Demo.

Keine einzige Anzeige

Das Problem sei, das die Störung des öffentlichen Friedens nicht nachzuweisen sei. Dazu müssten Unruhezustände unter großen Teilen der Bevölkerung geherrscht haben und ein Zustand der Klimavergiftung herbeigeführt werden. Tatsächlich traf im Ordnungsamt der Stadt Meißen keine einzige Anzeige ein. Auch von 64 vom Landeskriminalamt angeschriebenen Behörden, Parteien, Organisationen, Einrichtungen und Kirchen sei keine einzige Rückmeldung gekommen, dass das Marsch wahrgenommen und Anlass für weitere Besprechungen gewesen sei. Die Demonstration sei nicht angemeldet, also nicht genehmigt, aber nicht verboten gewesen. Eine Verbotsverfügung hatte der Landkreis Meißen nicht erlassen. Die Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration sei eine Ordnungswidrigkeit.

Mit dem Verfahren beschäftigte sich erstmals ein Strafgericht mit dem 2005 neu eingeführten Tatbestand der Rechtfertigung der NS-Gewaltherrschaft. Ein Anwalt bezeichnete diesen Paragrafen als „gesetzgeberische Missgeburt“ und bezweifelte dessen Verfassungsmäßigkeit.

Quelle: Sächsische Zeitung (01.07.09)

Döner-Überfälle: Drahtzieher aus U-Haft entlassen

Willy K., Drahtzieher der Anschläge auf türkische Dönerläden in der Neustadt in der Nacht nach dem EM-Halbfinale im Juni 2008, wurde bereits vergangene Woche überraschend aus der Untersuchungshaft entlassen. Grund sei die nicht erkennbare Wiederholungsgefahr, urteilten die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) bei ihrer Haftprüfung am vergangenen Mittwoch.

K. saß seit Juli 2008 in U-Haft. Im März wurde er wegen Landfriedenbruchs am Landgericht Dresden zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte gestanden, in jener Nacht Leute mobilisiert zu haben. Ziel sei es gewesen, nicht die Läden anzugreifen, sondern türkische Jugendliche zur Rede zu stellen. Das Urteil gegen K. ist noch nicht rechtskräftig, sein Verteidiger hatte Revision beantragt. Die Anforderungen an eine U-Haft sind laut OLG jedoch streng, weshalb hier kein Haftgrund ersichtlich war. (lex)

Quelle: Sächsische Zeitung (30.06.09)

Rechte johlen und schießen in Sebnitz

Mehrere Schüsse aus Schreckschusspistolen sowie laute rechte Parolen ließen Anwohner des Albert-Kunze-Weges in der Nacht zum Montag aus dem Schlaf aufschrecken und Hilfe rufen. Die Polizei fand auf dem Gartengrundstück zwar keine Pistolen, dafür aber entsprechende Hülsen und Patronen.

Vier Männer zwischen 20 und 45 Jahren, darunter der Grundstückseigentümer, wurden vernommen. Sie gaben an, den Wahlsieg der NPD gefeiert zu haben, sagt Polizeisprecher Wolfgang Kießling.

Der Garten ist bei der Polizei bereits als Ort rechter Veranstaltungen bekannt. Der Staatsschutz ermittelt jetzt unter anderem wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole. (SZ)

Quelle: Sächsische Zeitung (10.06.09)

Dresden: Beleidigung

Zeit: 09.06.2009, gegen 09.30 Uhr
Ort: Dresden-Blasewitz

Heute Vormittag ist eine 30-jährige Frau von einem 29-Jährigen beleidigt worden.

Die 30-jährige bulgarische Staatsangehörige befand sich an einer Haltestelle an der Hüblerstraße. Dort bat sie den jungen Mann um eine Auskunft. Daraufhin beleidigte er sie wegen ihrer Herkunft.

Alarmierte Polizeibeamte stellten den 29-jährigen Dresdner noch am Ort fest. Gegen ihn wurde eine Anzeige wegen Beleidigung erstattet.

Quelle: Pressemitteilung der Polizeidirektion Dresden (09.06.09)

15 Rechtsextreme grölten und demolierten Autos

Etwa 15 Jugendliche haben in der Nacht zum Sonntag in Gorbitz randaliert. Im Bereich Amalie-Dietrich-Platz/Tanneberger Weg grölten sie rechte Parolen, warfen mit Bierflaschen um sich und demolierten Autos. In kurzer Zeit meldeten sich fünf Anwohner bei der Polizei. Als wenig später zehn Streifenwagen anrückten, flüchteten die Störenfriede. Es gelang der Polizei lediglich drei Verdächtige im Alter von 14, 18 und 20 Jahren zu stellen. Nach bisherigen Ermittlungen hatten die Täter zweimal die Außenspiegel von Autos abgetreten, ein Moped umgestoßen, eine Türsprechanlage sowie Fassadenteile beschädigt. Die Polizei ermittelt wegen Landfriedensbruchs. (lex)

Quelle: Sächsische Zeitung (29.05.09)

Demos Dazu heute

a 11.07.2009 - 12:23
In Düsseldorf und Möchengladbach wird dazu aufgerufen wegen des mordes auf die Straße zu gehen.

wirklich "im Handgemenge mit dem Täter"?

. 11.07.2009 - 17:05
Prüft eure Quellen. Vielleicht war es auch so:
Während der verhängnisvollen Verhandlung im Landgericht war Elwi Ali Okaz vom Täter lebensgefährlich verletzt und dann auch noch von Sicherheitsleuten ins Bein geschossen worden. "Die haben gedacht, dass er der Angreifer sein muss, weil er nicht blond ist und dann haben sie auf ihn geschossen", erklärte der Bruder Tarek wütend im ägyptischen Fernsehen.
(Spiegel)
German prosecutors said that as El-Sherbini's husband came to her aid, he was also stabbed by the neighbor and then shot in the leg by a security guard who initially mistook him for the attacker.
(menassat)

Weiße Rosen für Marwa

coloRadio, Dresden 98,4 / 99,3 MHz 12.07.2009 - 22:53
Mitschnitt der Trauerfeier am 11. Juli auf dem Dresdner Rathausplatz für das Opfer des rassistischen Mordes, Frau Marwa el Sherbiny, die im Dresdner Landgericht am 1. Juli 2009 erstochen wurde.

Klick auf:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=28986

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zu spät — jesus mohamed

egal — egal

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Wo ist die Antifa? — B. Setzer