Demo gegen Repression und Staatsgewalt in Lille

France-Soli 23.05.2009 20:07 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Am heutigen Samstag haben im nordfranzösischen Lille etwa 200 Menschen gegen Repression und Staatsgewalt demonstriert.
Hier der übersetzte Demo-Aufruf und ein kurzer Bericht.
Die Demo ist eine Reaktion auf die massiven Anti-Terrorermittlungen, die seit Monaten in Frankreich laufen. Sie richten sich gegen zig zum Teil sehr junge Leute, die in sozialen Bewegungen aktiv sind, manche wohnen in squats, andere fahren auf Demos gegen G8-Treffen, NATO-Gipfel, noborder-Camps etc., oder sind einfach in ihren Unis aktiv, unterstützen Illegalisierte usw. usw.
Für die Behörden stehen sie alle in Kontakt mit der sogenannten anarcho-autonomen Bewegung und/oder den Sabotageversuchen an TGV-Oberleitungen (Stichwort "Tarnac", vgl. Tarnac-Soli-Seite:  http://tarnac9.noblogs.org/
aktuelle Infos zu Antiterrorermittlungen in Frankreich:  http://de.indymedia.org/2009/05/250543.shtml)
Hier zunächst der übersetzte Aufruf zur Demo, weiter unten ein kurzer Bericht:

Aufruf für eine landesweite Demo gegen Staatsrepression am 23. Mai in Lille

Weil wir genug haben, genug von dieser reaktionären Gesellschaft, wo jedes kleine Etwas zum Gegenstand eines neuen ultra-repressiven Gesetzes wird, wo jedes Individuum, das gegen diese konservative und ultra-liberale Regierung ist, einE potentieller VerdächtigeR wird, wo das Sich-Einsetzen und Menschlich-Sein gegenüber anderen ein Verbrechen ist.
Wenn ein Staat mit Hilfe seiner Repressionskräfte in einem Jahr 600 000 Personen in Gewahrsam nimmt, was 1 % seiner Bevölkerung ist, oder wenn er diejenigen des «Delikts der Solidarität» beschuldigt, die Illegalisierten helfen, dann bekommt dieser Staat gefährlicherweise eine faschistische Attitüde.
Auf jeder Demonstration können wir zahlreiche Beweise für das versteckte Antlitz des Staates finden, z.B. die Gewalt der Hunde der republikanischen Garden, die mit immer gefährlicheren Waffen ausgestattet sind. Jeden Tag gibt es Gesichts-Kontrollen [die sich nach dem Äußeren der kontrollierten Personen richten], Schlagstockeinsätze, Gehirnerschütterungen, Einschränkungen oder Verlust des Seh- oder Hörvermögens... so viele Verletzungen die ein Leben lang eine Erinnerung daran erhalten, dass man gegen die Regierung war.
Diese Beispiele sind keine unbedeutende Minderheit repressiver Formen und Perversitäten, die der Staat gegen einfache Individuen und gegen seine politischen GegnerInnen einsetzt. Sei es auf der sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Ebene; jedeR muss sich im klaren darüber sein, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Zelle auf ihn oder sie wartet.
Wir haben die Schnauze voll von all diesen Verboten, von dieser überbordenden polizeilichen Überwachung, von dieser Macht, die uns jeden Tag moralisch und physisch ermordet! Dagegen richtet sich unser lauter Aufschrei und unsere Wut auf den Straßen am 23 Mai!

Kommt, um Eure Wut auf die Straße zu tragen
In Solidaritä mit den Aufständischen von Strasbourg, Tarnac und all den anderen
Gegen die ständige Gewalt, die Demütigungen und den Rassismus der Polizei
Gegen die Razzien nach Illegalisierten und rassistischen (Gesichts-)Kontrollen
Gegen die Kriminalisierung des Antifaschismus
Gegen die soziale Repression gegenüber den Beschäftigten, die im Streik sind
Gegen die Registrierung, Ablichtung und die DNA-Datnbanken von Demonstrierenden, Angestellten, GewerkschafterInnen und Individuen
Gegen das Verbot, sich zu vermummen und in Demos seine Anonymität zu wahren

SAMSTAG, 23. MAI 2009, 14 h 30 PORTE DE PARIS IN LILLE
GEGEN ALLE REPRESSION, IN ATHEN, STRASBOURG, LONODON, VILLIERS-LE-BEL UND ÜBERALL DORT, WO ES DER AUFSTAND IST, DER KOMMT [L'insurrection qui vient..., Buchtitel, der im Tarnac-Zusammenhang eine Rolle spielt]

einige Individuen

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siehe auch  http://lille.indymedia.org/

zur Demo:

Etwa 200 Menschen nahmen an der Demo in Lille teil - mehrere davon waren vermummt, was angesichts der in Frankreich grade aktuellen Diskussion um ein mögliches Vermummungsverbot nach den militanten Demos in Strasbourg ein deutliches Zeichen ist.
Die Polizeipräsenz war sehr massiv, davon unbeeindruckt flogen Feuerwerkskörper und Knallfrösche.
Die Demo hielt sich nicht an eine vorgeschrieben Route, sondern zog selbstbestimmt durch die Stadt, auch die Innenstadt, nahm dann die Metro, um woanders wieder aufzutauchen.
Leute zogen zu einem Haus, was als Zentrum der rechtsextremen Szene gilt, woraufhin die Polizei später feststellen musste, dass der Eingang zerstört worden war.
Sie versuchten daraufhin, Leute zu kriegen und nahmen um die 15 Menschen kurzzeitig in Gewahrsam, einem Mann warfen sie vor, eine Schleuder dabei gehabt zu haben und nahmen in in Garde-à-vue, die in Frankreich inzwischen bis zu 96 Stunden dauern kann.
Mehrere Menschen warteten beim Polizeikommissariat, um ihre GenossInnen dort abzuholen.
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Ergänzungen

Neue Antiterrorermittlungen in Frankreich...

ABC Berlin 24.05.2009 - 09:58

subjektive einschätzung

hallo 24.05.2009 - 12:40
der radikale kern...

er mag in frankreich härter sein oder auch nicht. aber das vorgehen der polizei ist meiner meinung nach auch entscheidend. in frankreich werden demonstrationen von der staatsmacht anders als in deutschland behandelt.

während in frankreich die bullen mit schildern und tränengas ausgerüstet sind, gehen sie hier mit schlagstöcken, pfefferspray und fäusten vor. schilder und tränengas lassen auf ein eher defensives vorgehen schliessen, während fausthiebe und tränengas wirklich aus nächster nähe auf ihre opfer niedergehen. ebenso, so scheint es mir, gibt es in frankreich für kleinkram eine höhere tolleranz-schwelle, sodass eine vorgegebene demoroute zu verlassen, keinen wasserwerfereinsatz und festnahmen bedeutet, sondern vielleicht einige tränengaskartuschen nach sich zieht.

ich persönlich hatte beim nato-gipfel das gefühl, dass die bullen (als persönlichkeiten) schlichtweg angst hatten, und sich niemals einzelne leute wie die bfe's hier getraut hätten in eine demo reinzulaufen. wahrscheinlich auch, weil die versammlungsfreiheit dort einen ganz anderen gesellschaftlichen "wert" hat, bzw. auch die bullen vor einer demo respekt haben! so wurden wir nach der demo (schwarz gekleidet) von einem polizisten freundlich lächelnd gegrüßt, und auch rucksackkontrollen waren total "durchlässig", mit der ansage "wir würden gerne ihren rucksack öffnen" durchgeführt worden.

Ausschreitungen

warum 25.05.2009 - 11:48
Ausschreitungen nachdem französische Polizei erneut Jugendlichen tötet,
 http://www.sueddeutsche.de/politik/870/469428/text/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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