No NATO und Beherrschung verlieren

Wolf Wetzel 04.04.2009 20:46 Themen: Blogwire Militarismus Repression
Eine Geisterstadt als Filmkulisse für Kriegsherren ...Demonstrationverbote, indem man sie bis zur Unkennlichkeit erlaubt ...Sicherheitszonen und Demonstrationsgehege und Ausbrüche aus der Anordnung...der Gipfel der NATO 2009.
Welt-Beherrschung und die Beherrschung verlieren –
60 Jahre NATO sind genug

Eine Geisterstadt als Filmkulisse für Kriegsherren

»Die Innenstadt Baden-Badens ist gegen Mittag leer. 5000 Polizisten sind für den Schutz der Staatsgäste in der Kurstadt stationiert worden … Die meisten sind zum ersten Mal in ihrem Leben in der Schwarzwaldstadt. Sie können deshalb die meisten Fragen der Bürger nicht beantworten… Die Zone IV, sie umfasst den ganzen Grüngürtel an der Lichtentaler Allee, dürfen nur ›erfasste Anwohner‹ betreten. Wer nicht registriert ist, braucht eine Polizeibegleitung. Die Stadt musste die Karte mit den Sicherheitszonen, die als Bürgerservice verteilt worden sind, mehrmals neu drucken lassen - die Polizei hat immer wieder nachgebessert und die Sicherheitszonen ausgeweitet. In die rote Sicherheitszone zwischen Trinkhalle im Norden und der südlich gelegenen Staatlichen Kunsthalle haben nur die Staatsgäste und das Sicherheitspersonal Zutritt… Etwa 150 handverlesene Bürger schauen auf dem Rathausplatz zu, als Bundeskanzlerin Angela Merkel den amerikanischen Präsidenten empfängt und die Ehrenformation der Bundeswehr auf den Platz marschiert. Anders als zunächst angekündigt, haben die Sicherheitsleute bei der Fahrt des Konvois vom Hubschrauberlandeplatz zum Kurhaus dann doch noch Zuschauer an einem kurzen Abschnitt der Protokollstrecke zugelassen. 500 Fähnchen mit Stars and Stripes verteilt die Stadtverwaltung am Mittag in der Caracalla-Therme. Die Cafés in der Innenstadt sind am Mittag menschenleer.«
So beschreibt die FAZ den Auftakt der NATO-Feierlichkeiten zum 60 jährigen Bestehen dieses Kriegsbündnisses. Kein Anflug von Unbehagen angesichts dieses Bekennerschreibens.
In Deutschland werden Demonstrationen verboten, indem man sie erlaubt – bis man es nicht mehr aushält …
Anlässlich dieses NATO-Jubiläums riefen zahlreiche Organisationen zu Gegendemonstrationen auf – gegen die Fortsetzung der ›Finanzkrise‹ mit allen Mitteln. Parallel zur Auftaktveranstaltung in Kurhaus von Baden-Baden sollte eine Demonstration stattfinden. Sie wurde – einer Demokratie würdig - nicht verboten, sondern bis zur Unkenntlichkeit erlaubt: Die genehmigte Demonstrationsroute hatte nichts, aber auch gar nichts mit dem Ereignis zu tun, gegen das sich die Demonstration eigentlich wendete. Sie hätte irgendwo stattfinden können, in einem Stadion, als Computeranimation. Die Auflagen für diese Scheindemonstration hätten grotesker nicht sein können: Clownschminke und Jongleurkugeln waren verboten, eine Informationsstelle wurde untersagt: »So forderte das Regierungspräsidium Karlsruhe unter anderem ein Verbot von Wasserspritzpistolen. Untersagt war das Tragen von Kapuzenpullovern, vorgegeben eine Lärmbegrenzung für den Lautsprecherwagen.« (FAZ vom 4.4.2009) Konsequent befolgte die Polizei vor Ort deren Umsetzung und verbot die Nutzung des Lautsprecherwagens. Schließlich deutete der Name in provokanter Weise auf eine eklatante und vorsätzliche Bereitschaft zur Missachtung der Auflagen hin.
Wie gesagt, Demonstrationen sind in Deutschland nach wie vor erlaubt … wenn man es schafft, dorthin zu kommen, was unmöglich war: Zahlreiche Kontrollstellen und Straßensperren verunmöglichten vielen aus Deutschland, an dieser Demonstration teilzunehmen, zumal die friedliche Bereitschaft zu Lebensvisitationen und polizeilichen Videodokumentationen Bedingung für eine Teilnahme waren. »Und den Demonstranten, die aus Frankreich ausreisen wollen, verweigert die Polizei die Einreise nach Deutschland …« (FAZ vom 4.4.2009)
Das Ergebnis dieses blinden Zusammenspiels aus Politik, Justiz und Polizei konnte sich sehen lassen: Gerade einmal 300 – 500 Menschen schafften es zu dieser Demonstration und die Polizei hatte neben der Stadt auch sonst alles im Griff: Auf jeden Demonstranten kamen 10 Polizeibeamte, ein robustes Mandat.
»Gegen 13.15 Uhr setzt sich der Miniaturdemonstrationszug endlich in Bewegung. Die Polizei wird ihn (…) nur eine kurze Strecke in Richtung Innenstadt marschieren lassen.«
Das reicht zu Demonstrations- und Vorführzwecken.
Auch nach Beendigung dieser rechtstaatlichen Miniaturisierungen ließ sich der Polizeisprecher Lothar Haak nichts anmerken, als er zusammenhangslos, frei von komplexen Gedankengängen resümierte: »Wir hatten eigentlich mit etwa 5.000 Teilnehmern, darunter mit vielen gewaltbereiten Autonomen gerechnet …«
Wo diese geblieben sein könnten, weiß möglicherweise der baden-württembergische Polizeipräsident Erwin Hetger: »Sollte sich bei uns ein schwarzer Block bilden, wird der hier verarbeitet.«
Ähnlich konstituiert, zog die FAZ eine äußerst zufriedene Bilanz: »Mehrere hundert Menschen haben am Freitag in Baden-Baden friedlich gegen den NATO-Gipfel demonstriert«, ohne den eigenen Wahnwitz dieser Aussage auch nur im Ansatz zu begreifen.

Am Samstag, den 4.4.2009, als sich die NATO-Kriegsherren in Strasbourg trafen, um sich neue Feinde zu machen, sollte sich nach dem Willen der Regierenden das Ganze wiederholen: Genehmigte Demonstrationen im virtuellen Raum, Behinderungen, wo es nur geht und grenzenlose Macht den eigenen Inszenierungen und Kriegszielen: Mehr Krieg (wie zum Beispiel in Pakistan), mehr Bereitschaft zum Krieg (Aufstockung der US-Truppenstärke in Afghanistan), nicht zu gewinnende Kriege auch abgeben können (an die irakische Armee), mehr Abstimmung, mehr Mitglieder, mehr leise Töne für dasselbe …
Nachdem die französische Polizei mit Gummigeschossen, Tränengas und Blendschockgranaten verhinderte, dass die Demonstration in Richtung Tagungsgelände zog, alle Grenzübergänge blockiert wurden, entlud sich die Wut: Ein altes Zollhaus, ein (unbewohntes) Hotel wurden angesteckt, die Polizei an verschiedenen Stellen angegriffen.
Was mit 25.000 Polizeibeamten im Keim erstickt werden sollte, ging nun in Rauch- und Tränengasschwaden über. Stundenlang berichtete der n-tv-Sender live von den verschiedenen Brennpunkten. Stundenlang suchten deren Reporter und Berufskollegen nach Erklärungen, nach Zusammenhängen … und konnten sie nicht finden.
Stattdessen brannte das leerstehende Zollhaus an der deutsch-französischen Grenze zum 100. Mal und der Militärjeep, der tags zuvor attackiert wurde, fuhr mindestens 150. Mal ins und aus dem Bild, mit einem Soldaten, der die Waffe gezogen hatte …
Mit den Worten »Der NATO-Gipfel liegt in den letzten Minuten« leitete die n-tv-Moderatorin kurz vor 16 Uhr, dem offiziellen Ende der NATO-Tagung, die x-te Wiederholung des Unerklärbaren ein. Ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastisches Ende der Sprachlosigkeit.

Wolf Wetzel
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Ergänzungen

Warschauer Pakt

Sabine 07.04.2009 - 09:05
Der Warschauer Pakt (auch Warschauer Vertragsorganisation oder Warschauer Vertrag genannt) war ein von 1955 bis 1991 bestehender militärischer Beistandspakt des Ostblocks unter der Führung der Sowjetunion. Das Militärbündnis sozialistisch-kommunistischer Staaten, die in dem jeweilig mit der Sowjetunion bilateral abgeschlossenen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (VFZ) weitgehend auf eine eigenständige Außenpolitik verzichteten, war als Militärbündnis der Gegenspieler der NATO im Kalten Krieg zwischen Ost und West.
Briefmarkenausgabe zum 20. Jahrestag des Warschauer Vertrages (DDR 1975)

Der dem Warschauer Pakt zugrundeliegende multilaterale Vertrag bestand aus einer Präambel und 11 Artikeln und wurde am 14. Mai 1955 in Warschau, Polen, durch acht Staaten unterzeichnet.

Am 26. April 1985 wurde der Vertrag letztmalig um 25 Jahre verlängert und hätte sich auch um jeweils weitere zehn Jahre automatisch verlängert. Der Vertrag wurde 1991 gekündigt und das Bündnis löste sich am 1. Juli 1991 auf.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Bärendienst — Perfekt

Videos zum Gipfel-Protest — graswurzel.tv