Uranmülltransport zu Nikolaus?

SOFA Münster 27.11.2008 16:02 Themen: Atom Globalisierung Ökologie
Die Urananreicherungsfirma Urenco kann es nicht lassen: Zwar ist der Widerstand gegen die Uranmülltransporte von der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage in Gronau zur Freiluft-Endlagerung in Russland in den letzten Jahren so stark geworden, dass die Anteilseigner EON und RWE im Frühjahr öffentlich einen Exportstopp für 2009 ankündigten, doch bis dahin kann man den Strahlenmüll ja noch ungeniert der russischen Bevölkerung vor die Tür kippen. Zur Zeit wird wieder ein Transport mit rund 1000 t abgereichertem Uranhexafluorid vorbereitet - Startpunkt könnte schon nächste Woche sein.
Offensichtlich drängt bei der Urenco die Zeit, um noch einige Tausend Tonnen Atommüll loszuwerden, bevor die bequeme (weil billige) Endlagerung in Russland der Vergangenheit angehört. Bis Mitte 2008 hatte die Urenco in gut 12 Jahren rund 27 000 t abgereichertes UF6 nach Russland gebracht.

AtomkraftgegnerInnen aus der Region konnten nun die Anlieferung und Beladung von Transportwaggons beobachten - die Zeichen stehen eindeutig auf baldigen Transport. Bringt der Nikolaus frischen Uranmüll mit?

Der Zeitpunkt ist für Urenco und Bundespolizei eigentlich denkbar ungünstig, denn in den vergangenen Tagen ereigneten sich auf der eingleisigen Bahnstrecke Gronau-Steinfurt-Münster zwei schwere Unfälle, einer davon tödlich, der andere, weil die Schranken nicht schlossen. Das erinnert fatal an den Vorfall vom 4. Oktober 2007. Damals schlossen bei Steinfurt die Schranken nicht, doch die Bundespolizei hatte es eilig und ließ den Lokführer nach einer kurzen Pause einfach weiterfahren. Eine Autofahrerin meldete sich später bei einer Lokalzeitung und beschwerte sich, dass vor ihr plötzlich ein dunkler "Geisterzug" aufgetaucht sei. Schon damals hätte es also zu einem schweren Unfall kommen können, doch Bundespolizei, Deutsche Bahn und Landkreis Steinfurt stellten sich bei Medienanfragen auf den Standpunkt alles sei "korrekt" abgelaufen. Aber das kennt man aus der klimafreundlichen, billigen, umweltschonenden, unfallfreien und sauberen Atomindustrie ja zur Genüge.

Es gibt noch einen zweiten Grund jetzt gegen die Urenco zu protestieren: Die erste Stufe der Erweiterungsanlage UAG II steht offensichtlich kurz vor der Inbetriebnahme. Damit ist der Ausbau von 1800 auf 4500 t Urantrennarbeit pro Jahr in die entscheidende Phase getreten. Urenco, EON und RWE setzen ungebremst auf den Ausbau der Atomenergie. EON will in Großbritannien und Finnland neue AKWs bauen, RWE in Bulgarien, Rumänien und im Baltikum. Da ist es sehr bequem, wenn man das angereicherte Uran für die Brennelemente gleich selbst liefern kann und somit doppelt verdient.

Ärgerlich ist nur, dass dabei massenhaft abgereichertes UF6 als radioaktiver und hochgiftiger Müll anfällt. Deshalb war der Uranmüllexport nach Russland so wichtig, um zuhause in Gronau und Almelo (35 westlich in den Niederlanden) eine grüne Wiese zu behalten. Damit soll nun Schluss sein - sorgen wir dafür, dass der letzte Nagel in den Sarg kommt.

2008 gab es schon viel Protest auf der Strecke. Gleich zweimal stoppte die Bundespolizei einen Uranmüllzug im Januar und Juni, weil die französische Kletteraktivistin Cécile sich über der Strecke abgeseilt hatte. Seither liegt ein "Höhenrettungsteam" (laut DB die "GSG 9") in Münster bei jedem Transport in Lauerstellung. Daneben gibt es immer wieder, Demos, Mahnwachen und viele andere Aktionen sowohl im Münsterland wie in den benachbarten Niederlanden und vor allem in Russland, wo der Müll ja hingekarrt wird. Ein Widerstandszentrum dort ist St. Petersburg, wo die Umweltorganisationen Ecodefense und Bellona trotz vieler Staatsschikanen immer wieder gelungene Aktionen hinlegen.

Auch beim nächsten Transport ist erfahrungsgemäß mit Protesten zu rechnen.

Aktuelle Infos zum nächsten Uranmülltransport u. a. bei www.sofa-ms.de und www.urantransport.de.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

BI Uelzen wird Proteste unterstützen

BI gegen Atomanlagen Uelzen 27.11.2008 - 19:29
Die BI gegen Atomanlagen Uelzen wird sich an den Protesten gegen die ungelöste Entsorgung der Urantransporte beteiligen. Ein Transport von A nach B, hier von Gronau in die russische Föderation sei keine Lösung. Wiedermal werde deutlich, dass es keine sichere Entsorgung für den Atommüll gebe, das sei ein Armutszeugnis der Atomindustrie. In Russland werde der Atommüll irgendwo oberirdisch abgestellt.

Es sei davon auszugehen, dass der Transport am Mittwoch, den 3. Dezember starten werde.

Castor-Strahlung beschäftigt Kommunalpolitik

http://www.aschaffenburg24.de 27.11.2008 - 20:01
Die möglicherweise erhöhte Strahlenbelastung durch den jüngsten Atomtransport in das Zwischenlager Gorleben hat ein politisches Nachspiel im Kreis Lüchow-Dannenberg. Der Ausschuss Atomanlagen und öffentliche Sicherheit des Kreistages behandelt das Thema an diesem Donnerstag, wie die Kreisverwaltung am Mittwoch mitteilte.

Auf Antrag der «Gruppe X» seien zu der Sitzung unter anderem der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU), Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP), Vertreter des Eisenbahnbundesamtes und des Gewerbeaufsichtsamtes sowie der Einsatzleiter der Polizei, Friedrich Niehörster, eingeladen worden. Die «Gruppe X» ist ein Zusammenschluss der atomkritischen Fraktionen, sie verfügt im Kreistag über die Stimmenmehrheit.

Ministerien und Behörden sollten in der Sitzung sämtliche Messergebnisse an den Transportbehältern offen legen, erklärte die «Gruppe X». Auch die verwendeten Messverfahren und die zugrunde gelegten Rechenmodelle sollten «transparent und allgemein verständlich» erläutert werden. Das Umweltministerium solle zudem darlegen, warum unabhängige Messungen an den Castor-Behältern nicht zugelassen worden seien, hieß es.

Die Umweltorganisation Greenpeace hatte nach eigenen Angaben eine um rund 40 Prozent erhöhte Strahlung an den Behältern festgestellt. Dem Ministerium zufolge haben die Werte bei Kontrollmessungen an drei Behältern die gesetzlichen Vorgaben aber nicht überschritten.

Greenpeace legt kompletten Messbericht vor

http://www.presseecho.de 27.11.2008 - 20:02
Greenpeace legt heute anlaesslich einer Fragestunde des Ausschusses "Atomanlagen und Oeffentliche Sicherheit" im Landkreis Luechow-Dannenberg den vollstaendigen Bericht ihrer Messungen der Neutronenstrahlung waehrend des diesjaehrigen Atommuelltransportes nach Gorleben vor. Zudem fordert Greenpeace in einem offenen Brief von dem fuer den Polizeieinsatz verantwortlichen Einsatzleiter, seiner Fuersorgepflicht fuer die eingesetzten Beamten nachzukommen und sie ebenso wie die betroffene Bevoelkerung vor einer erhoehten Strahlenbelastung zu schuetzen. "Die geltende Strahlenschutzverordnung schreibt eine groesstmoegliche Vermeidung gesundheitsfaehrdender Strahlung vor. Wenn gegenwaertige Atommuelltransporte jedoch noch mehr Strahlung abgeben als jene in der Vergangenheit, ist das eine grobe Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen", sagt Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer. "Bei fortschreitender technischer Entwicklung und allen Erkenntnissen ueber die Wirkung radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Koerper, darf man eine Abnahme der Strahlenbelastung erwarten, aber keine Zunahme."

Die Auswertung der Greenpeace-Messungen belegt im Detail die 500-fach erhoehte Neutronenstrahlung der Atommuellbehaelter in einem Abstand von 14 Metern verglichen mit der zuvor gemessenen natuerlichen Hintergrundstrahlung. Die diesjaehrigen Strahlungswerte uebersteigen die Messergebnisse des Castortransportes in 2005 zudem um 40 Prozent. In dem offenen Brmef an den verantwortlichen Polizeieinsatzleiter Friedrich Niehoerster heisst es: "Als obersten Einsatzleiter der Polizei fordern wir Sie auf, der Fuersorgepflicht gegenueber den Ihnen unterstellten Beamten nachzukommen, und bei den politischen Entscheidungstraegern darauf zu draengen, dass es zu keinen Verschlechterungen beim Strahlenschutz sowohl fuer die Polizei als auch fuer die betroffene Bevoelkerung kommt." Wenn die Betreiber von Atomkraftwerken nicht in der Lage seien, Transportbehaelter zur Verfuegung zu stellen, die den Strahlenschutz kontinuierlich verbesserten und gleichzeitig hoehere mechanische Anforderungen erfuellen, duerften zukuenftig keine weiteren Transporte stattfinden.

Die deutsche Transportfirma "Gesellschaft fuer Nuklearservice" (GNS) konnte die zur Genehmigung ihrer neu entwickelten CASTOR-HAW-28M-Behaelter erforderlichen Sicherheitsnachweise bisher nicht erbringen, so dass der Transport 2008 in dem franzoesischen Behaeltertyp TN 85 erfolgen musste. Greenpeace fordert die Sicherheitsbehoerden auf, das Gebot der Strahlenminimierung zu befolgen. Das bedeutet konkret, dass keine Atomtransporte rollen duerfen, so lange nicht sicher gestellt ist, dass die Strahlung so weit wie technisch moeglich reduziert wurde.

Trotz der ungeloesten Endlagerfrage wird weiter Atommuell produziert. So waechst der Atommuellberg jaehrlich um etwa 400 Tonnen allein in Deutschland. Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, die Atommuellmenge durch einen schnelleren Atomausstieg zu begrenzen und den Standort Gorleben als Atommuelllager aufzugeben.

contrAtom ruft zu Protesten auf!

contrAtom 30.11.2008 - 15:15
In der nächsten Woche soll ein nächster Transport von Uranmüll aus der Anreicherungsanlage Gronau nach Russland rollen. contrAtom ruft zu Protesten gegen diesen illegalen Atommüllexport auf.

Laut Aktivisten vor Ort seien am Mittwoch, den 03.12. mit dem nächsten Abtransport von Uranhexafluorid zu rechnen.

´Wir protestieren gegen den Export von deutschem Atommüll ins Ausland´, so ein Sprecher von contrAtom. ´Diese Transporte von atomarem Abfall aus der Urananreicherung sollen angeblich in Russland weiter verarbeitet werden. Tatsächlich lagern tausende Tonnen radioaktiven Atommülls dort unter freiem Himmel und verseuchen die Umwelt. Das ist eine faktisch illegale Entsorgung: Freiluft-Endlagerung.´

Das abgereicherte Uranhexafluorid (UF6) fällt bei der Herstellung von Uran für Brennelemente an, die in Atomkraftwerken zur Stromerzeugung verwendet werden. Das UF6 ist schwach radioaktiv und bildet in Verbindung mit Sauerstoff hochätzende Fluorsäure. Ein Unfall mit Freisetzung des Stoffes würde für die Anwohner eine Katastrophe bedeuten, auf die die Rettungskräfte in den angrenzenden Gemeinden nachweislich nicht vorbereitet sind.

Russland behauptet, in den landeseigenen Anlagen das Uranhexafluorid erneut anzureichern, was nach deutschem Standpunkt nicht wirtschaftlich ist. So wird das de facto Abfallprodukt zu einem Wertstoff - die Voraussetzung, damit es nach deutschem Gesetz überhaupt exportiert werden darf.

Der Urantransport führt auf der Schiene von Gronau über Münster nach Rotterdam, wo das UF6 auf ein Transportschiff umgeladen wird, um voraussichtlich übermorgen seine weitere Reise über die Nord- und Ostsee nach St. Petersburg anzutreten. Dort werden die etwa 1.000 Tonnen UF6, die sich in speziellen Behältern befinden, erneut auf die Schiene verladen, um über die letzte Etappe eine russische Urananreicherungsanlage in z.B. Novouralsk (Sibirien) zu erreichen.

In der Vergangenheit wurden diese Transport mit zum Teil massiven Protesten begleitet, was dazu führte, das die Verantwortlichen öffentlich ankündigten, diese Tramsport 2009 zu beenden. Bis Mitte 2008 soll die Urenco in gut 12 Jahren rund 27 000 t abgereichertes UF6 nach Russland gebracht haben.

contrAtom kündigt entschiedenen Widerstand gegen den angekündigten Transport an: ´Gorleben hat ein Zeichen gegen sinnlose Atomtransporte gesetzt. Jetzt ist das Münsterland an der Reihe!´.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an