Kein Tag ohne - AZ-Woche in Heidelberg

Autonomes Medienkollektiv Rhein-Neckar 18.10.2008 23:40 Themen: Freiräume Repression
Heidelberg (AMK-rn). Vom 28. September bis zum 4. Oktober fand in Heidelberg unter dem Motto "Kein Tag ohne Autonomes Zentrum" eine Aktionswoche für ein selbstverwaltetes Kulturzentrum statt. Den Abschluss der Aktionswoche markierte eine ausgelassene Nachttanzdemo an der über 500 Menschen in Begleitung vonfünf Wägen teilnahmen.
Die Aktionstage mussten nach Eingreifen der Kripo Heidelberg (Abteilung Staatsschutz) von ihrem ursprünglich geplanten Veranstaltungsort, dem Vorplatz des Bahnbetriebswerks, verlegt werden. Dass sie trotz Geldmangel und Zeitnot stattfinden konnte, war einer kleinen Gruppe von Organisatoren zu verdanken.
Die Forderung nach einem neuen Autonomen Zentrum (AZ) steht seit der Räumung im Jahre 1999 im Raum.

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Solidarität aus Karlsruhe und Darmstadt auf der Nachttanzdemo.


...unsere Häuser könnt ihr stehlen doch die Ideen bleiben frei, da hilft auch keine Staatsgewalt und keine Polizei...
- die AZ-Woche und ihr staatsschützlerisches Vorgeplänkel

Das Heidelberger AZ, das von 1991-´99 in der Alten Bergheimer Straße existierte, sollte damals eigentlich nur in ein anderes Haus verlegt werden. Doch als die Umzugspläne ins Bahnbetriebswerk konkret wurden, schob die damalige Oberbürgermeisterin Beate Weber einen Riegel vor. Das Ergebnis war dann: nach der Räumung gab es keinen vergleichbar großen Ort mehr, an dem unkommerzielle Veranstaltungen und linke Politik stattfinden konnten (Nähere Infos hier). Daraufhin wurde 2002 das Café Gegendruck in der Fischergasse gegründet, das auch heute noch mit seinem Info- und Bücherladen etabliert ist. Dort sind die Räumlichkeiten allerdings beschränkt – lediglich ein Raum in Wohnzimmergröße, eine Küche und der besagte Infoladen können gleichzeitig für gemeinsame Essen, Vorträge, Infoveranstaltungen, Plena, Materialsammlungen und Büro genutzt werden. Bei größeren Veranstaltungen wie Konzerten oder Theateraufführungen stößt man da schnell an die Grenzen seiner Kapazitäten. „Mit dieser Alternative – die keine ist – lassen wir uns nicht länger abspeisen“ verkündete eine Freiraumaktivistin bei der Abschlussdemonstration der Veranstaltungswoche und formulierte die konkrete Forderung an die Stadt – nämlich eine passende Alternative für das AZ von damals zu unterstützen. Oder besser noch: Ein geeignetes Objekt zur Verfügung zu stellen. Dass diese Hoffnung allerdings utopisch zu sein scheint, machen einige Vorgänge im Vorfeld der Woche klar.

Der Ausgangspunkt für die Aktionswoche war, dass das Bahnbetriebswerk, das schon vor Jahren als mögliches AZ in Betracht gezogen wurde, nach Meinung der Aktivisten wieder in den Fokus der Bemühungen rücken sollte. Passenderweise hatte der Jugendgemeinderat der Stadt im August zu einem „runden Tisch“ geladen, um dort zu diskutieren, welche Projekte im Bahnbetriebswerk ermöglicht werden könnten. Die Freiraumaktivisten setzten große Hoffnungen in den Ausgang dieser Gespräche, die im Idealfall dazu führen könnten, dass der Stadtrat das Gebäude kauft und für ein neues selbstverwaltetes politisches Kulturzentrum freigibt. Um dieses Thema der Bevölkerung zugänglich zu machen, wurde daraufhin eine Veranstaltungswoche geplant, die auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks stattfinden sollte. Dort hätten sich die Besucher bei Workshops, Vorträgen, Konzerten und Performances vor Ort ein Bild vom zukünftigen Kulturzentrum machen, und ihre Vorstellung zu seiner Nutzung direkt einbringen können. Die gemeinnützige Werkstatt e.G., die auf dem Gelände ihre Räumlichkeiten hat, wollte als Mitveranstalterin auftreten, und nebenbei zusammen mit dem Fonds Soziokulur eine nicht zu verachtende finanzielle Unterstützung bereitstellen. Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen und Flyer und Plakate bereits gedruckt waren, ereilte den Rest der Organisatoren - AKUZA, AZ im Exil, Kritische Initiative und Kulturwerkstatt - die Nachricht, dass die Woche doch nicht wie geplant stattfinden könne. Auf deren Nachfrage stellte sich heraus, dass der Staatsschutz an Werkstatt e.G. herangetreten war und diese anscheinend so sehr unter Druck gesetzt hatte, dass sie nach eigenen Angaben „kalte Füße“ bekam. Näheres zu den Gründen ist nicht bekannt, Werkstatt e.G. hat sich zu den Vorfällen bisher nicht geäußert.

Ein einziger ominöser Anruf hatte also zur Folge, dass der eingeplante Veranstaltungsort nicht mehr zur Verfügung stand, der Geldhahn zugedreht wurde und die organisatorische Unterstützung von Werkstatt und vom Fonds Soziokultur wegfiel. Nach einigen Tagen zog sich auch der Jugendgemeinderat aus der Organisation zurück, nach eigenen Angaben aus personeller und zeitlicher Knappheit. Die übrigen Gruppierungen waren damit auf ihre eigenen Strukturen angewiesen.

Trotz der aufgekommenen Schwierigkeiten entschied man sich dafür die Aktionswoche trotzdem stattfinden zu lassen. Als Veranstaltungsort stand schnell das Café Gegendruck und das Zentrale Fachschaftsbüro (ZFB) der Uni Heidelberg fest. Doch wenige Tage später, zwei Tage vor Beginn des ersten Vortrags, landeten bei der Univerwaltung sowie dem ZFB jeweils ein Fax, in denen die Bitte formuliert war, zu den Veranstaltungen in den Uniräumlichkeiten Auskunft zu geben. Absender war die Kripo Heidelberg. Es kam daraufhin zwar nicht zu einem Dialog zwischen Staatsschutz und Universität, allerdings interessierte sich nun die Univerwaltung intensiver für die Vorgänge im ZFB. Die Raummarktbeauftragte Daniela Fabian ließ nicht locker, bis sie einen Namen des Verantwortlichen für die gesamte Woche erhalten hatte.




"Die Forderung nach einem neuen AZ ist nicht totzukriegen!" Zombies schocken in der Heidelberger Hauptstraße.

Vom 28. September bis 4. Oktober fand in Heidelberg die Aktionswoche für ein neues selbstverwaltetes Zentrum statt. Nicht wie ursprünglich geplant auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks, aber mit Unterstützung des Zentralen Fachschaftsbüros der Universität Heidelberg und des Café Gegendrucks konnte dennoch in kurzer Vorbereitungszeit ein Großteil des alten Programms auf die Beine gestellt werden.

Die gesamte Woche stand unter dem Motto „Kein Tag ohne Autonomes Zentrum“, das Programm konzentrierte sich in erster Linie also nicht auf die Frage, wie man ein neues autonomes Zentrum schaffen könnte, sondern hätte in einer potenziell geeigneten Räumlichkeit die Möglichkeiten eines solchen Zentrums aufzeigen können. Jeden Tag konnten verschiedene Vorträge und Workshops besucht werden, die sich mit politischen und aktivistischen Themen wie beispielsweise Anarchismus, Baumbesetzungen, politischer Bildung und Computersicherheit beschäftigten.

Die Teilnahme war von Tag zu Tag unterschiedlich. Während manche Vorträge aufgrund fehlender Teilnahme nicht stattfanden, war das Café Gegendruck bei einem Vortrag über Anarchosyndikalismus und dem Liedermacherabend mit Geigerzähler, Leonard Flieger und Eren brechend voll. Mitwirkende waren neben verschiedenen linken Gruppen aus der Region (ag_UFO, AKUZA, Kritische Initiative, Sambartistas) Gruppen und Einzelpersonen aus ganz Deutschland, wie zum Beispiel die Skills for Aktion-Initiative aus Mainz oder Geigerzähler aus Berlin.

Positiv kann festgestellt werden, dass sich auch Personen an den Veranstaltungen beteiligten, die sich bisher nicht in den entsprechenden Kreisen bewegten. Auch schon aktive Personen banden sich stärker als gewohnt in die Organisation ein. Der Grossteil der Organisation wurde jedoch von Altbekannten übernommen.

Die ganze Woche verlief friedlich, einzige unangemeldete Aktion war der Zombiewalk am Dienstag, den 30. September: Ca. zwölf als Zombies verkleidete Aktivisten liefen durch die Heidelberger Hauptstraße und demonstrierten so, dass „die Forderung nach einem neuen Autonomen Zentrum nicht totzukriegen ist“.

Komplikationen mit der Polizei gab es im Verlauf der Woche nicht, abgesehen von allzu rigiden Auflagen im Bezug auf die Nachttanzdemonstration am 4. Oktober, die sowohl Höhepunkt als auch den Abschluss der Aktionswoche bildete.


...neun Jahre ist es her da gab's in Heidelberg kein AZ, doch bei der Räumung '99 verspracht ihr uns Ersatz... - die Nachttanzdemo

Samstagabends bei Dämmerung fanden sich langsam erste Aktivisten auf dem Vorplatz des Heidelberger Hauptbahnhofs ein um sich für die Nachttanzdemo zu formieren. Diese bildete den Abschluss der Aktionswoche für selbstverwaltete Räume in Heidelberg. Einige von ihnen bauten die ersten Wägen am Straßenrand auf, montierten klotzige Bassboxen und zurrten Turntables mit Retschengurten an ein Hängebrett.

Vor Beginn hielten Aktivisten der AKUZA wie der Kritischen Initiative Redebeiträge, welche auf das Anliegen der Demonstration aufmerksam machten und das anhaltende repressive Vorgehen der Stadt Heidelberg und der Polizei kritisierten. Im Anschluss an die Redebeiträge stellten sich die einzelnen Wägen vor und stimmten die Menge mit ersten Tracks ein.

Zu Beginn der Demo ist die Teilnehmer_innenanzahl auf einige Hundert angewachsen. Fünf Wägen stellte die Demo insgesamt. Live Drum and Bass und Jungle des Rebelvoice Soundsystems schallte von dem Freiraummobil der AKUZA durch die Straßen, während Elektro und Soundplash vom KI-Bär der Kritischen Initiative wie Hip Hop vom Wagen der ag_UFO die Menge zum tanzen bewegte. Sowohl queere Pop- und Elektrobeats der Unheilbar Djs als auch das Party and Activism DJ-Kollektiv forderten zum Rave auf.

Über 350 überwiegend junge Menschen nahmen anfangs an der Demo teil, jedoch wuchs die Anzahl auf etwa 500 an, da sich im Laufe der Demoroute immer mehr Passanten anschlossen. Während der gesamten Route vom Hauptbahnhof zum Uniplatz war die Stimmung ausgelassen. Die Sounds der Wägen wurden von Parolen hinter dem Fronttransparent und tanzenden Demonstranten, die neben den Wägen liefen, begleitet. Lediglich in der Hauptstraße kreuzte am Rande der Demo eine Thor Steinartragende Person auf und sorgte kurzzeitig für Aufregung und Empörung unter den Demoteilnehmer.

Die Polizei übte sich über die gesamte Dauer in Zurückhaltung, wenngleich ein breites Aufgebot sich im Hintergrund in Bereitschaft hielt. Provokationen blieben seitens der Polizei aus, so dass es weder zu Ausschreitungen noch Festnahmen kam. Vereinzelt lief die Einsatzleitung am Rande der Demo mit, zwei Einsatzwägen begleiteten die Freiraumaktivisten.

An dem Bismarckplatz angekommen folgte eine Zwischenkundgebung mit mehreren Redebeiträgen. Gegen 21.40 Uhr erreichte die Demo den Uniplatz wo sie sich schnell ausbreitete. Die Demonstranten verteilten sich um die Wägen und feierten bis zum Ende der Demo, die bis 22 Uhr angemeldet war. An diesem Zeitpunkt schritt die Polizei ein und forderte den Versammlungsleiter bestimmend auf, die Veranstaltung zu beenden und die Musik abzudrehen. Dies geschah umgehend. Woraufhin die Teilnehmer sich zügig zerstreuten. Sehr zum Verwundern der Aktivisten wurde noch eine Danksagung an das Verhalten der Polizei ausgerufen. Dies ist insofern paradox, da die Polizei keine Mühen scheute die gesamte Aktionswoche im Vorfeld zu kriminalisieren und die Demonstration mit rigiden Auflagen belegte.

Die Tatsache, dass dem Aufruf mehr als 500 Menschen, also etwa 200 mehr als erwartet, folgten, kann als Erfolg gewertet werden. Der starke Zuwachs an Teilnehmer während der Demo lässt zwar nur bedingt auf ein Interesse an einem neuen selbstverwalteten Zentrum schließen, allerdings bietet sich die Möglichkeit neue Menschen über solche Aktionsformen zu sensibilisieren. Der gute Eindruck den die Demo bei Vielen hinterlassen hat lässt sich ebenfalls positiv hervorheben. Zu kritisieren bleibt das fehlende Einrichten eines Ermittlungsausschusses (EA) sowie das unausgewogene Verhältnis der Formen inhaltlicher Vermittlung. Neben den Redebeiträgen an den Kundgebungsorten und dem Verteilen von Flyern kam die direkte Vermittlung von Inhalten zu kurz. So ging das Abspielen des Demojingles nur von einem der fünf Wägen aus. Das politische Anliegen rückte durch die Fokussierung auf Beats und Raves in den Hintergrund, was insofern zu kritisieren ist, als dass die Aktionsform gerade dazu geeignet ist, Menschen zur Teilnahme zu bewegen, die mit der Thematik und den Inhalten nicht vertraut sind. Ohne eine breitere Vermittlung von Inhalten muss jedoch die Zweckmässigkeit der Aktionsform hinterfragt werden.


Die Nachttanzdemo zieht ausgelassen und lautstark durch die Straßen Heidelbergs.


...während ihr weiter antiquiert agiert haben wir den Geist der Zeit erkannt und in Immobilien investiert... - dasResümee

Rückblickend kann festgehalten werden, dass trotz staatlicher Bemühungen die Aktionswoche zu verhindern, fast alle geplanten Veranstaltungen stattfinden konnten. Der kurzfristig durch das Einschreiten des Staatschutzes erhöhte organisatorische Aufwand konnte die Aktivisten nicht daran hindern, ihrer Forderung nach einem neuen AZ Ausdruck zu verleihen.

Die ursprüngliche Zielsetzung der Woche, auf eine Übernahme des Bahnbetriebswerks hinzuarbeiten, kann durch den Entzug der eigentlichen Räumlichkeiten als gescheitert betrachtet werden. Die Einschüchterungsversuche des Staatsschutzdezernates gegenüber beteiligter Gruppen und Einzelpersonen zeigen den ungebrochen feindlichen Kurs der Stadt Heidelberg gegenüber linkspolitischen Zentren deutlich auf. Die an die Stadt gestellte Forderung nach einem neuen AZ entbehrt sich insofern jedweder Perspektive, als dass sich auch zukünftig weder ein Abrücken von diesem repressiven Kurs noch ein Einlenken seitens der städtischen Institutionen abzeichnen lässt. Es gilt zu fragen ob das Aushandeln mit dem Jugendgemeinderat um die Perspektiven einer etwaigen Nutzung des Bahnbetriebswerks nicht als gescheitert zu betrachten ist.

Die Option ein autonomes Zentrum in absehbarer Zeit über Verhandlungen zu erlangen ist folglich nicht gegeben. Ebenso muss die Möglichkeit des Erkämpfens einesneuen Freiraumes nüchtern betrachtet werden. Das seit neun Jahren unverwirklicht gebliebene Entstehen eines neuen AZs lässt aktuell kaum Hoffnung aufkommen, dass sich dies in Zukunft auch ändern wird. Weiterhin erstickte die Zero-Tolerance Strategie der Polizei bisher jegliche Versuche ein Haus zu besetzen und zu halten im Keim. Eine angemessene Mobilisierung kann nicht ausgeschlossen muss aber zumindest in Frage gestellt werden.

Öffentlichkeitswirksame Aktionen können die Thematik einem breiteren Spektrum an Menschen zugänglich machen, was einem wie auch immer erlangtem Autonomen Zentrum eine festere Basis verschaffen würde. Dass sich Optionen als unrealisierbar entpuppt haben bedeutet ferner bei weitem nicht, dass alle Wege ausgeschöpft sind. Was bleibt ist die Realisierbarkeit weiterer Wege zur Erlangung eines neuen Freiraumes in Heidelberg zu prüfen.


MCs, Elektrobeats der Unheilbar und das KI-Känguruh rocken die Nacht.


Presse

Artikel in der Rhein-Neckar Zeitung vom 6. Oktober 2008


Dokumentation der Pressemitteilungen

AKUZA
Heidelberg, den 5. Oktober

500 Menschen demonstrieren gegen das Vorgehen der Kripo und für ein selbstverwaltetes Zentrum.

Gestern am 4. Oktober endete die "Aktionswoche für ein selbstverwaltetes Kulturzentrum" mit der Nachttanzdemo. Auch fast zehn Jahre nach dem Ende des "autonomen Zentrums" sind alle Forderungen nach unkommerziellem Freiraum, in dem selbstbestimmt politisch, sozial und kulturell gearbeitet werden kann, unerfüllt.

Aufgrund der derzeitigen Verhandlungen mit der Stadt Heidelberg über das ehemalige Bahnbetriebswerk im Pfaffengrund sollte vom 27. September bis zum 4. Oktober gemeinsam mit dem Jugendgemeinderat und verschiedenen Gruppen eine Aktionswoche mit Vorträgen, Workshops, Theateraufführungen und Konzerten auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks stattfinden. Nach massiven Einschüchterungen der Heidelberger Kriminalpolizei konnte diese leider nicht wie geplant stattfinden und nur teilweise verlegtwerden. Dennoch fanden die ganze Woche lang Veranstaltungen statt.

Um für ein neues selbstverwaltetes Zentrum und um gegen eben jene Interventionen der Heidelberger Kriminalpolizei zu demonstrieren, versammelten sich gestern um 19 Uhr am Heidelberger Hauptbahnhof rund 350 Teilnehmer, die, begleitet von fünf Soundwägen, auf der Route über Bismarckplatz und Hauptstraße zum Universitätsplatz schnell auf fast 500 Teilnehmer anwuchsen. Das deutlich mehr als die erwarteten 300 Demonstranten kamen, zeigt eine große Unterstützung unserer Forderungen auf.

Im Sinne dieser Demonstration fordern wir eine Erklärung der Stadt und der Heidelberger Kriminalpolizei zu den repressiven Einschüchterungsversuchen, wir fordern diestädtischen Gremien auf, sich für ein autonomes politisches und soziales Kulturzentrum einzusetzen, wir fordern das Bahnbetriebswerk!

AKUZA
Autonome KUlturZentren Aktion
www.akuza.de.vu


AI / AZ im Exil
Heidelberg, den 5. Oktober 2008

500 Teilnehmer bei Nachttanzdemo für ein neues Autonomes Zentrum

Fast 500 überwiegend junge Menschen haben am Samstagabend mit einer "Nachttanzdemo" für ein neues Autonomes Zentrum in Heidelberg demonstriert. Begleitet von fünf Wägen, welche die Demonstration mit DJ's und Live-Acts begleiteten, tanzten sie vom Hauptbahnhof durch die Hauptstraße bis zum Universitätsplatz, wo die Parade am späten Abend mit einer Abschlusskundgebung beendet wurde. Die "Nachttanzdemo" bildete den fulminanten Abschluss der "Aktionswoche für ein neues selbstverwaltetes Zentrum in Heidelberg".

Zu der Demonstration hatte eine ganze Reihe unterschiedlicher linker Gruppen aufgerufen. Nach massiven Interventionen und Einschüchterungen durch das Dezernat Staatsschutz der Heidelberger Kriminalpolizei hatte der Jugendgemeinderat, der das Projekt ursprünglich unterstützt hatte, seine Beteiligung abgesagt (vgl. unsere Presseerklärung vom 29.08.2008). Ungeachtet dieser staatlichen Drohgebärden tanzten und demonstrierten an die 500 Menschen in ebenso entschlossener wie ausgelassener Stimmung. Von Resignation oder der vielbeschworenen "Politikverdrossenheit" war an diesem Samstag jedenfalls nichts zu spüren. Die Polizei, die ein völlig überdimensioniertes Aufgebot von mehreren Hundertschaften zusammengezogen hatte, hielt sich im Hintergrund, so dass die Demonstration ohne Zwischenfälle durchgeführt werden konnte. Auch neun Jahre nach der Räumung des AZ in der Alten Bergheimer Straße war die Demonstration bestimmt durch dasAnliegen, endlich ein Ersatzprojekt zu schaffen, in dem linke Politik und Kultur wieder einen Raum finden können - ein Versprechen der Stadtverwaltung, das bis heute nicht eingelöst ist.

Wir werten die große Beteiligung an der Nachttanzdemo als ein Zeichen dafür, dass die Forderung nach einem neuen selbstverwalteten Zentrum nicht nur notwendig und berechtigt ist, sondern auch heute noch große Unterstützung vor allem unter Jugendlichen hat.

Die Strategie der Stadtverwaltung, das Thema durch beharrliches jahrelanges Totschweigen von der Tagesordnung zu streichen, wird - das hat die gestrige Nachttanzdemo gezeigt - jedenfalls nicht aufgehen. Selbstverwaltung und widerständische Kultur sind nicht ersetzbar durch Sozialarbeiter oder pädagogische Betreuungsangebote, sie erfordern wirkliche Freiräume abseits von Konsum, Kommerz und städtischer Kontrolle.

Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass die Parole "Kein Tag ohne Autonomes Zentrum" allen staatlichen Einschüchterungsversuchen zum Trotz in der Stadtpräsent bleibt und zu einem Faktor wird, mit dem die Stadtoberen zu rechnen haben.

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD)
Autonomes Zentrum (im Exil) Heidelberg


Weitere Artikel des Autonomen Medienkollektivs Rhein-Neckar:

6. September 2008 - Communiqué: Indymedia linksunten launched

16. Juni 2008 - Partybesetzung gegen Heidelberger Zustände

19. Mai 2008 - Weinheim: von "Pimmeln" und Fackeln - der WSC marschiert auf

19. April 2008 - Rhein-Neckar: Ob Sonne oder Regen - Freiräume überall!

27. Februar 2008 - Pforzheim: Zwischen Repression und Opfermythos

13. Februar 2008 - Freiraumtage 2008: Vernetzung in Mannheim
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Ergänzungen

wo auch immer!

oneoften 19.10.2008 - 00:03
ob in heidelberg oder in erfurt!
autonome freiräume erkämpfen und verteidigen.

demo am 22. november in erfurt: "HÄNDE WEG vom Besetzten Haus in Erfurt!"
13 Uhr, Hauptbahnhof

Frage

xxy 19.10.2008 - 17:16
"Näheres zu den Gründen ist nicht bekannt, Werkstatt e.G. hat sich zu den Vorfällen bisher nicht geäußert."
Dazu: in einem RNZ-Artikel der die Verschiebung der Aktionswoche behandelt wird äußert sich ein Herr Gaallfuß.... ich zitiere:
"Wolfgang Gallfuß vom Vorstand der Jugendargentur, der bei den Vorarbeiten zur Aktionswoche eng mit der "Werkstatt" in Verbindung stand, ist überrascht, als er von diesen Vorwürfen hört. "Die Polizei hat angerufen, aber die wollten nur wissen, um welche Veranstaltung es sich da handelte. Von Einschüchterungen seitens der Beamten, wie sie von der "Kritischen Initiative" behauptet werden, hat er nichts bemerkt. Die Aktionswoche sei ausschließlich wegen Personalmangel verschoben worden.""
Jetzt wird die Jugendgemeinderatsvorsitzende Eberle zitiert:
"Die Nachfrage der Polizei hatte mit der Verschiebung nichts zu tun"

Wird hier systematisch gelogen (von der RNZ oder aber den zitierten Personen) oder behaupten die linken Gruppen etwas, was so nicht passiert ist??

Vielleicht ist der gesamte Artikel noch auf der Homepage der RNZ nachzulesen...

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 19.10.2008 - 17:25
Dieser RNZ-Artikel erschiehn am 17.10.:

Neuer Anlauf gegen die Raumnot

Es ist das alte Lied, das der Jugendgemeinderat immer wieder anstimmt – anstimmen muss: Es gibt zu wenig Räume für Jugendliche in Heidelberg. Für Konzerte, für junge Bands und Künstler, für Partys. Jetzt hat das Gremium einen neuen Versuch gestartet. Im alten Bahnbetriebswerk am Ochsenkopf könnte ein Jugendkulturzentrum entstehen. Und zur Überraschung der meisten Beobachter scheint der "große" Gemeinderat keine grundsätzlichen Bedenken bei dem Projekt zu haben.

Das wurde bei der gemeinsamen Sitzung der beiden Gremien gestern Abend deutlich. Denn alle Fraktionen begrüßten im Großen und Ganzen das Konzept, das der Jugendgemeinderat in seinen Grundzügen vorstellte. Die Jugendlichen wollen einen Raum schaffen, in dem "eigenständige kulturelle und politische Jugendarbeit" möglich ist. Das soll ohne die Oberaufsicht der Stadtverwaltung oder des Stadtjugendrings geschehen. Ein Trägerverein, in dem sich interessierte Gruppen zusammenschließen, soll die Verwaltung und Organisation des Bahnbetriebswerks übernehmen. Professionelle Beratung in Steuer- und Finanzfragen soll die Ausgaben gering halten und die Unabhängigkeit vom kommerziellen Kulturbetrieb in der Stadt sichern.

Der politische Wille, das Gebäude neu zu nutzen, ist vorhanden, auch wenn in Sachen Selbstverwaltung nicht alle einer Meinung waren. Die meisten Stadträte aber stimmten zu, dass das Bahnbetriebswerk sehr gut für ein Jugendkulturzentrum geeignet ist. Billig wird das allerdings nicht, denn der zum Teil marode Bau müsste erst einmal über mehrere Jahre saniert werden. Einigkeit bestand darin, die Jugendlichen selbst einzubinden. Wenn die bei der Sanierung selbst mit anpackten, würde das einerseits Geld sparen und andererseits die Bindung zu der neuen Einrichtung verstärken.

"Wir glauben an junge Talente und wollen ihnen Freiraum geben. Wie groß der sein wird, müssen wir sehen", sagte Oberbürgermeister Eckart Würzner. Er schlug vor, eine Arbeitsgruppe mit Stadtverwaltung und Jugendgemeinderat einzurichten, die ein Gesamtkonzept erarbeiten soll. Und schließlich müsse man sich auch mit dem Besitzer einigen, der Entwicklungsgesellschaft Heidelberg, die auch die Bahnstadt auf den Weg bringen soll. In der Konzeption müsse man auch die Notwohnungen berücksichtigen, die sich in dem Gebäude befinden, sowie die Halle 02 und die Villa Nachttanz, die früher oder später aus ihren derzeitigen Räumen ausziehen müssen, so Würzner.

Antwort

Sarah aus dem AMK-rn 20.10.2008 - 03:31
Wird hier systematisch gelogen (von der RNZ oder aber den zitierten Personen) oder behaupten die linken Gruppen etwas, was so nicht passiert ist??

Hey xxy,
Unsere Recherchen ergaben, dass Werkstatt eG und Jugendagentur eG nach dem Anruf des Staatsschutzes der Kulturwerkstatt, die mit diesen beiden Genossenschaften die ursprüngliche Woche plante, zuerst zusicherte dass sich darüber keine Sorgen gemacht werden brauche, und die Woche wie geplant stattfinden würde. Dies geschah etwa zwei Wochen vor Veranstaltungsbeginn. Ein paar Tage später sah dies allerdings anders aus: über die JGR Vorsitzende Eberle war zu erfahren, dass sich Jugendagentur und Werkstatt komplett aus der Organisation herauszogen.
Bei weiterer Recherche offenbarte sich, dass der Staatsschutz der Werkstatt drohte ihren gemeinnützigen Status als Genossenschaft versucht aberkennen zu lassen, da sie mit Linksradikalen wie dem AZ im Exil zusammenarbeitet. Wodurch die Werkstatt "kalte Füße bekam". Dass nun Eberle und Gallfuß sich die Informationen herdichten die Polizei hätte mit alledem nichts zu tun entbehrt sich insofern jeglicher Grundlage, da Werkstatt und Jugendagentur in keinster Weise es fü nötig befand sich bei der, als Hauptveranstalterin wirkende Kulturwerkstatt zu melden um die Woche "wegen Personalmangel" abzublasen. Seltsam. So wurde, nach Angaben der Kulturwerkstatt, bisher weder emails noch Anrufe getätigt um sich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Auf Anfragen der Kulturwerkstatt und anderer Gruppen wie der Kritischen Initiative an Jugendagentur und Werkstatt zu den Vorfällen Stellung zu beziehen wurde weiterhin auch nicht reagiert. Es herrscht also unseres Wissens Funkstille zwischen denen.
Warum sich diese beiden Veranstalterinnen also gänzlich weigern mit den anderweitig Mitwirkenden Kontakt aufzunehmen lässt sich folglich nur über die erfolgreichen Einschüchterungsversuche der politischen Polizei erklären. Die gezielte Desinformation der drei Organisationen - Werkstatt, Jugendagentur und JGR - will somit eine öffentliche Aufarbeitung des Vorfalles verhindern wenn nicht verunmöglichen. Dass die RNZ im Übrigen lügt glaube ich indes nicht; die hat wahrscheinlich einfach die Informationen geschluckt die ihr zugefüttert wurden.
Hoffe, das trägt zur Beantwortung deiner Frage bei.

Jugendtreff Alteglofsheim abgebrannt

http://www.mittelbayerische.de 25.10.2008 - 12:05
Jugendtreff Alteglofsheim im dritten Versuch abgefackelt

Das Feuer, bei dem der Jugendtreff Alteglofsheim am Samstag ein Raub der Flammen wurde, ist offenbar vorsätzlich gelegt worden. „Die bisher gewonnenen Erkenntnisse zum aktuellen Geschehen deuten auf Brandstiftung hin“, berichtete gestern Polizei-Sprecher Michael Rebele von der Arbeit der Brandfahnder. Bei dem Anschlag dürfte nach Schätzung von Bürgermeister Helmut Stiegler Schaden von 10000 Euro entstanden sein. Die Summe ist nach Auskunft des Bürgermeisters nicht versichert.

Ehe das Gebäude jetzt komplett abbrannte, hat es dem Vernehmen nach bereits zwei weitere Versuche der Brandstiftung gegeben. Bürgermeister Stiegler informierte noch am vergangenen Donnerstag in der Gemeinderatssitzung, dass bei zwei Anschlägen in den zwei Wochen zuvor jeweils das Sofa in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Weil beim zweiten Mal offenbar giftige Dämpfe frei wurden, durfte das Gebäude am Wertstoffhof nicht mehr betreten werden.

Der Jugendtreff war in den vergangenen Jahren Chefsache der Bürgermeister. Er stand nicht unter Betreuung durch Fachkräfte, hatte keine festen Öffnungszeiten und war selbstverwaltet. Ob es zu einem Neubau kommt, wird demnächst der Gemeinderat entscheiden.

Freiräume autonom nehmen!

Dichter 03.11.2008 - 00:23
Aktuell werden autonome Jugendzentren nicht gegründet oder gefördert, sie werden vielmehr bekämpft und geschlossen!

Aus diesem Grund plädiere ich für eine nach dem Wortstamm "autonome" Nahme von Freiraum zur Verwendung als autonomes Jugendzentrum.

Die Vorteile und der kulturelle Wert eines autonomen Jugenzentrums wird auf Wikipedia wie ich meine treffend beschrieben: wiki: Autonomes Jugendzentrum

Pädagogisiert würde ein autonomes Jugendzentrum den Annahmen eines Normalisierungsprinzipes folgen, welches der Behindertenhilfe entspringt und in den 1950er Jahren maßgeblich dazu beitrug die Zustände und Gepflogenheiten in stationären Einrichtungen zu verändern. Dem "Anderen" der Normalität wurde nach der Zeit des Nationalsozialismus wieder ein Lebensrecht gebilligt. Der Klient wurde zum Expersten in eigener Sache.

Auch erlebnispädagogisch muss ein autonomes Jugendzentrum als anspruchsvollstes Bildungsgut verstanden werden, welches den jungen Menschen durch direkte, unmittelbare Erfahrung in der Entwicklung zum Er-/gewachsenen maßgeblich unterstüzt.

Doch welche Angst herrscht im Heidelberger Gemeinderat eigentlich gegenüber einem autonomen Jugendzentrum? Trotz pädagogisch fundierter Erkenntnisse über die Chancen eines selbstorganisierten Jugendzentrums liegt dieser Bereich der jugendlichen Förderung seit 9 Jahren brach. Vorschläge werden vom Tisch gefegt, Versuche eines Aufbaus verhindert. Braucht es doch die explizite Zustimmung, ja Unterstützung dieses Vorhabens durch die Mitglieder des Gemeinderates, ja die Stadtväter!

Fest steht, eine Lokation wie die des Bahnbetriebswerkes würde dem Stadtbild nicht schaden. Eine zunächste Tolerierung und Evaluierung würde Aufschluss über den Entwicklungsverlauf geben können. Und falls die paranoiden Vorstellungen der Aufsichtsbehörden wahrhaftig eintreten sollten, könnte der Polizeiapparat immernoch einen Strich durch die Rechnung machen.

Jene ver-rückten Vorstellungen des Staats- und Verfassungsschutzes jedenfalls, brächten sowieso Aufschluss über die Vorgänge innerhalb des Zentrums. Vielleicht können durch die Etablierung eines autonomen Jugendzentrums in Heidelberg sogar psychische Krankheiten von Angehörigen des Innenministeriums und dessen Ausläufer geheilt werden.

Gentlemens agreement oder shake hands würde ich sagen!

Für die Gesundheit!