Solidarität dem Hungerstreik im Iran

Berxwedan Jiyane 07.10.2008 08:02 Themen: Globalisierung Repression Weltweit
In mehreren europäischen Städten haben am Wochenende Solidaritätsaktionen für die politischen Gefangenen im Iran stattgefunden, die sich seit dem 25. August im Hungerstreik befinden.
In Hamburg fand auf der Mönckeberstraße eine Kundgebung statt, bei der zwei symbolische Galgen aufgestellt wurden. Die Polizei beschlagnahmte nach der Aktion KCK-Fahnen und Öcalan-Bilder. In London fand am Sonntag eine Kundgebung statt. In Bremen, Hannover, Köln und Paris fanden zweitägige Solidaritätshungerstreiks statt. In Anvers ist ein achttägiger Hungerstreik begonnen worden. In Leipzig ist ab dem 9. Oktober ein dreitägiger Hungerstreik geplant, der am 11. Oktober mit einer Kundgebung beendet werden soll. In Berlin nahmen etwa 200 Menschen an einer Demonstration am Sonntag zur Gedächtniskirche teil.
Der Solidaritätshungerstreik im Kurdistan Volkshaus in Hannover wird bis kommenden Donnerstag verlängert.
Seit dem 25. August 2008 befinden sich mehrere hundert kurdische politische Gefangene, zumeist Mitglieder der "Partei für ein freies Leben in Kurdistan" (PJAK) und der PKK, im Iran im unbefristeten Hungerstreik. Angeschlossen haben sich ebenfalls zum Tode verurteilte kurdische Journalisten und Frauenrechtlerinnen. Mit der Aktion, die unter dem Motto "Berxwedan Jiyane - Widerstand heißt Leben" steht, protestieren die Gefangenen gegen die Todesstrafe gegen fünf kurdische Lehrer, zwei Journalisten und eine Studentin. Weiterhin geht es bei dem Hungerstreik in den Gefängnissen von Urmiye, Sine, Kirmanshan, Teheran u.a. um die Menschenrechtsverletzungen in und außerhalb der Gefängnisse. Sie protestieren gegen die unmenschlichen Verhältnisse in den Gefängnissen, gegen tägliche Folter und Misshandlungen. Die Hungerstreikenden fordern die Einhaltung der Menschenrechte der Gefangenen, das Ende der Hinrichtungen, die Beendigung der Folter und der Misshandlungen sowie die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse in den Haftanstalten des Iran.

Von den kurdischen Gefangenen, die sich im Hungerstreik befinden, sind zum Tode verurteilt und warten auf ihre Hinrichtung: Adnan Hassanpur (Journalist), Hiwa Bwtimar (Journalist), Farzad Kamangar (Journalist), Anwer Hussein Panahy (Lehrer), Farhad Wakily (Menschenrechtsaktivist), Ali Haidrian (Menschenrechtsaktivist), Arsalan Awliaiy (Menschenrechtsaktivist), Habibulla Latify (Menschenrechtsaktivist). Folgende Gefangene wurden zu mehren Jahren Haft verurteilt: Muhamad Sadiq Kabudwand (Menschenrechtsaktivist, zu 11 Jahren verurteilt), Hana Abi (Menschenrechtsaktivist, zu 5 Jahren verurteilt), Zainab Baiazidy (Menschenrechtsaktivistin, zu 4 Jahren verurteilt), Fatima Gwftary (Menschenrechtsaktivistin, zu 18 Monaten verurteilt), Amir Raza Ardalan (Student, zu 2,5 Jahren verurteilt), Ali Shakry (Student, zu 2,5 Jahren verurteilt) und Suhrab Jalaly (verurteilt zu 3 Jahren Haft).

Aktuelle Situation:

Der Gesundheitszustand der seit dem 25. August hungerstreikenden kurdischen politischen Gefangenen im Iran verschlechtert sich zunehmend. Aus dem Gefängnis in Seqiz wurden mindestens drei Aktivisten ins Krankenhaus überstellt. Dabei handelt es sich um Ebdullah Huseyni, Xelil Mistefa Receb und Arif Ebdullazade.
Für Menschenrechtsorganisationen ist es schwer, Informationen über die Situation in den Gefängnissen zu bekommen. Vielen Gefangenen ist der Kontakt zu Angehörigen untersagt. Bekannt ist lediglich, dass der Hungerstreik in mindestens zwölf Gefängnissen durchgeführt wird und eine Erfüllung der Forderungen der Gefangenen durch das iranische Regime ausbleibt. Von Angehörigen war zu erfahren, dass sich einige der Gefangenen die Lippen zugenäht haben.

Hintergründe:

Es ist bekannt, dass der Iran kein demokratisches Land ist. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2008 wurden im Iran 220 Menschen hingerichtet, zumeist in öffentlichen Schauveranstaltungen. Werte wie Menschenrechte, Demokratie, Frauenrechte und Meinungsfreiheit bleiben ungeachtet. Vielmehr gelten in diesem Land die Scharia-Gesetze mit denen jede Opposition mit rechtswidrigen Mitteln und Methoden zerschlagen wird.

In den letzten Jahren ist die Repression auch gegen Frauenrechtlerinnen im Iran ersichtlich gestiegen. Die islamische Republik Iran hat ihre Angriffe gegen ethnische und religiöse Minderheiten, insbesondere aber gegen Kurdinnen und Kurden im Iran und andere Oppositionelle wie Intellektuelle, Studierende, Frauenrechtlerinnen sowie Homosexuelle massiv ausgeweitet und praktiziert mit grausamen Methoden vor den Augen der Weltöffentlichkeit massive Menschenrechtsverletzungen.

Journalisten werden willkürlich verhaftet und gefoltert, kritische Zeitungen werden geschlossen, Besitzer von Satellitenempfänger werden gefoltert und bedroht und die Satelliten beschlagnahmt, Oppositionelle und Homosexuelle werden zum Tode verurteilt und friedliche Demonstranten insbesondere in den kurdischen Regionen von iranischen Sicherheitskräften beschossen.

Seit Jahrzehnten versucht die kurdische Volksgruppe mit demokratischen Mitteln für die Erhaltung ihrer Minderheitsrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie im Iran - wie auch in der Türkei, Syrien und dem Irak - zu kämpfen. In den letzten zwei Jahren haben sie mit friedlichen Mitteln demonstriert, wurden dabei aber regelmäßig von iranischen Sicherheitskräften angegriffen und mehrere kurdische Demonstranten wurden dabei getötet.
Der Druck auf die Kurdinnen und Kurden wurde so stark erhöht, dass die kurdischen Ortschaften unter militärischer Kontrolle stehen und politische kurdische Aktivisten und Menschenrechtler entweder festgenommen oder vom iranischen Geheimdienst getötet werden.
Die Einschüchterungspolitik und die Repression gegen die kurdische Volksgruppe, die demokratische Zivilgesellschaft und die oppositionellen Kräfte sind verbrecherisch und willkürlich.

Solidarität!

Menschenrechtsorganisationen, Amnesty International und kurdische Vereine fordern ein Ende von Folter, Exekutionen und anderen Menschenrechtsverletzungen im Iran.
Es sollte für jeden Menschen selbstverständlich sein, sich gegen die Todesstrafe und die Hinrichtungen einzusetzen und die Forderungen der streikenden Gefangenen zu unterstützen. Angesichts der bedrohlichen Situation der Hungerstreikenden im Iran, dürfen wir die Gefangenen im Iran nicht alleine lassen. Sie brauchen unsere Solidarität.

Beteiligt euch an den Protestaktionen. Kontakt und Informationen gibt es in den verschiedenen kurdischen Vereinen:
 http://www.yekkom.com/html/modules.php?name=Vereine
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Ergänzungen

kleine Ergänzung

Entdinglichung 07.10.2008 - 11:54
eine ähnlich harte Repressionswelle wie in Iranisch-Kurdistan läuft derzeit im Südosten des Landes gegen Baluchi-sprachige Oppositionelle ab, die Hinrichtung (Ermordung) des NGO-Aktivisten Yaghoub Mehrnahad am 4. August stellt dabei nur die Spitze des Eisbergs dar ... ansonsten hier noch der Hinweis auf ein aktuelles Interview mit Parvaneh Osanloo, der Ehefrau des inhaftierten Vorsitzenden der unabhängigen Gewerkschaft der Tehraner BusfahrerInnen Mansoor Osanloo und auf die drohenden Abschiebungen von Rana Karimizadeh und Majid Tawakoli aus Schweden bzw. der Schweiz

Der Irak liegt übrigens direkt neben dem Iran

geht mal nach saudiarabien 07.10.2008 - 15:30
Und er ist seit vielen Jahren ein Kriegsgebiet. Der Westen hat den Schiiten dort gezeigt, welches seine Menschenrechts-Standards sind. Selbstverständlich kam dies dem iranischen Regime nicht ungelegen. Auf allen möglichen Mauern im Iran sind die Folterbilder aus Abu Ghraib abgebildet, man sieht auch die Toten nach dem Massaker der US-Truppen in Nadschaf. Das ist der Massstab der Menschlichkeit, an dem sich die schiitischen Islamisten heute orientieren. Wobei die Strafen im Iran zur Zeit der Revolution 1979 noch wesentlich drakonischer waren als heute.

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Der Westen giesst Öl ins Feuer — indymedia? wegzappen!

Sahad hat recht — Carlos Musterhombre