Erneuter faschistischer Angriff in Rom

Azzoncao, ein Polit-Cafè 27.05.2008 20:59 Themen: Antifa Antirassismus Weltweit
Heute morgen wurden Studenten der römischen Universität Sapienza von Faschisten der „Forza Nuova“ mit Knüppeln und Messern angegriffen.
Dies geschah während die Studenten plakatierten. Drei Studenten wurden verletzt, einer mit einem Messer.
Bei der Aktion handelte es sich um einen Racheakt von Faschisten, weil die Studenten am Vortag die Örtlichkeiten der Universität besetzt hatten. Hiermit verhinderten sie eine Veranstaltung von „Forza Nuova“ über die „Foibe“, auf der Roberto Fiore ( http://de.wikipedia.org/wiki/Roberto_Fiore) hatte sprechen sollen.
Indymedia Roma:  http://roma.indymedia.org/node/2993


Bei den Erinnerungen an „Foibe“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/Foibe-Massaker) handelt es sich um Kriegsverbrechen jugoslawischer kommunistischer Partisanen. Diese töteten bei diesen Massakern viele Faschisten und Italiener, die sie für die Grausamkeiten und den Rassismus bei der Besetzung Jugoslawiens verantwortlich machten. Dabei kam es zu vielen Übergriffen und Morden auch an unschuldigen Zivilpersonen. Diesen Umstand, der aus falsch verstandener Solidarität zu Titos Partisanen aber von der italienischen Linken nicht ausreichend verurteilt wurde, nutzten die italienischen Faschisten seit dem Kriegsende, um gegen den Kommunismus, die Partisanen an sich und für ihre Gebietsansprüche an Jugoslawien zu hetzen. Mittlerweile ist „Foibe“ zu dem „Hype“ der Rechten in Italien geworden und viele Politiker der „Mitte“ ziehen mit, können sie doch hiermit Italien von seiner Kriegsschuld reinwaschen.
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Ergänzungen

@wiki freunde

tito 27.05.2008 - 22:10
die "foiben" sind zuerst einmal so genannte gralshöhlen. die geschichte dieser als massengräber umfunktionierten erdschluchten im ex-jugoslawien ist wesentlich komplizierter, als es der wikipedia artikel nahe legen möchte. die ersten, die ihre opfer dort hinein warfen waren die italienischen faschisten, die die slawische bevölkerungsmehrheit in istrien, dalmatien und den anderen besetzten regionen unterdrückte. erst während der befreiung durch die tito partisanen wurden einige faschisten und italienische kolaborateure aus rache in die selben höhlen geworfen. sicher sind dabei auch unschuldige ums leben gekommen. das ist tragisch, entspricht aber dem alltäglichen kriegsgeschehen. seriöse forschungen gehen von etwas mehr als 500 getöteten faschisten und sonstigen italienern aus, während die berlusconi medien und rechtsradikale gruppen von zahlen bis zu 40.000 sprechen.

der in italien geführte diskurs um die foiben ist ein typisch geschichtsrevisionistischer opferdiskurs, in dessen folge die faschisten rehabilitiert und die antifaschisten denunziert werden. das ging im letzten jahr sogar soweit, dass der ex-kommunist und damalige staatspräsident napoletano faschistischen führungskräften, die dort umkamen post-mortem orden zusprach.

vielleicht sollte wikipedia in zukunft etwas kritischer betrachtet werden. im verlinkten artikel reproduziert er die position der italienischen post-faschisten.

autsch

für den ahja 28.05.2008 - 19:44
Deine Vorbehalte bezüglich der antiemanzipatorischen Antideutschen mal zu gute gehalten. Italien war einer der "Achsenmächte" im 2.Weltkrieg. You get it?

Schon vor dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten des 3.Reichs war der Feldzug der italienischen Armee unter Badoglio ein Experimentierfeld des Massenmordes:
 http://www.contextxxi.at/context/content/view/446/125/
 http://www.antifafestival.ch/ausstellung/ausstellungt/afrika.html
 http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/owl/partigiani/abriss.html
 http://de.wikipedia.org/wiki/Italienische_Kriegsverbrechen_in_Afrika

"Foibe" dient den italienischen Reaktionären der Relativierung der eigenen Schuld/Verantwortung, wie "Dresden" den deutschen Reaktionären.

kurzer Hinweis

Azzoncao, ein Polit-Cafè 28.05.2008 - 22:53
In Italien sieht die Situation für AntifaschistInnen sehr schlecht aus.
Leider kommen über die Alpen nur sehr wenig Informationen zu uns.
Wer sich ein (oberflächliches) Bild über die Faschistenszene Italiens machen möchte, kann einfach auf youtube suchen.
Hier zwei links:
"Area 19 e CasaPound: realtà non conformi". Gebt Ihr diesen Suchbegriff ein, seht ihr einen italienischen Fernseh(?)-Beitrag zu dem von Faschisten besetzten Haus "Casa Pound" und dem neuen Faschistenzentrum "Area 19" in Rom.
"100% Musica Alternativa - tutte le band di destra" gibt Euch einen Überblick über italienische Faschistenbands. Dies ist ein Video des mailänder Faschistenzentrum "cuore nero", das vor kurzem an anderer Stelle wieder eröffnet wurde, nachdem man es letztes Jahr abgefackelt hatte ( http://de.indymedia.org/2007/05/175264.shtml?c=on#c422768).
Die Rechtsrockszene Italiens ist die zweitgrößte in Europa. Nach Deutschland.

ein aktueller Artikel zu Italien

hier 29.05.2008 - 23:27
Besser geklaut, als wissenslos:

Wenn italiensche Linke beim Chianti ­zusammensitzen, stimmen sie gerne Partisanen-Lieder an. Doch wenn die Neo­faschisten wie zurzeit ernst machen, agiert die italienische Antifa planlos.

von Federica Matteoni

DruckenDie italienische Linke wird noch lange mit der Frage beschäftigt sein, warum sie die Wahlen ver­loren hat. Insbesondere die »Arbeiterparteien«, die nicht einmal den Einzug ins Parlament geschafft haben, bekamen deutlich zu spüren, welcher Wind in ihren traditionellen Hochburgen in Mittel- und Nord­ita­lien weht. Die »andere« Arbeiterpartei, die rechtspopulistische Lega Nord hat dort in den vergangenen Jahren ihre Macht ausgebaut, vor allem in den Verwaltungen der vielen Kleinstädte »Padaniens«, wie die Lega Nord die nordöstlichen Regionen Italiens getauft hat. Hier, in den Familienunternehmen, die rund um Verona, Vicenza und Treviso liegen, wird Italiens Reichtum produziert. Viele Arbeiter wählen rechts. In Mittelitalien sieht es für die Linke aber nicht besser aus, wie die Bürgermeisterwahl in Rom offenbart hat. Wenn man sich dann den Süden des Landes anschaut, wird alles nur noch schlim­mer, auch dort wo die Linksdemokraten wie Neapel immer noch regieren: In der südlichen Metro­pole, wo das Problem mit dem Müll derzeit wegen der Hitze wieder akut geworden ist, verübt die Bevölkerung Pogrome gegen Roma-Siedlungen.

Noch vor zwei Monaten hatten sich die bürger­lichen Medien darüber gefreut, Italien sei endlich auf dem Weg der »Normalisierung«, weil die »Extremisten« von rechts und links aus dem Parlament gefegt wurden. Nun aber breitet sich die ­faschistische und fremdenfeindliche Gewalt im ganzen Land aus. Angefangen hat es mit dem Mord an einem jungen Mann in Verona durch fünf rechte Skinheads in der Nacht zum 1. Mai, dann folgten die Pogrome in Neapel und die Gewalt gegen Ausländer in verschiedenen italienischen Städten. Das Ergebnis der Parlamentswahl war auch eine Folge der Legitimierung des Rassismus in der politischen Mitte, die bereits vor vielen Jahren angefangen hat.

Das Beispiel des italienischen Nordostens verdeutlicht viel, nicht nur hinsichtlich der Entwick­lung der neuen populistischen Rechten, sondern auch hinsichtlich der Entwicklungen im linksradikalen Spektrum. Denn auch, wenn die Lega Nord aus »Padanien« eine Art Volksgemeinschaft schmiedete, ist diese Gegend doch gleichzeitig der Geburtsort der Bewegung der linksradikalen Tute Bianche, die sich nach dem G8-Gipfel in Genua 2001 in Disobbedienti umbenannten. Es könnte also, sollte man meinen, eigentlich kaum eine bessere Gegend geben für die Entstehung eines militanten Antifaschismus.

Doch die Disobbedienti waren zwar die Hauptträger einer globalisierungskritischen Bewegung, eine Auseinandersetzung mit Inhalten und Formen des neuen Faschismus und dessen Akzeptanz in der Gesellschaft hielten sie aber offenbar für überflüssig. Der Neoliberalismus und die »kapita­listische Globalisierung« wurden zur universellen Erklärung für viele der Fragen, mit denen sich die radikale Linke beschäftigt, der Umgang mit Neofaschismus gehört dazu. Eine Auseinandersetzung mit der ideologischen Dimension dieses Phänomens, mit dem identitären und kommu­nitaristischen Denken, das durch Ideologen der »neuen Rechten« diskursiv legitimiert und durch rechtspopulistische Parteien, insbesondere in Norditalien, politisch kapitalisiert wurde, gibt es kaum. Antiglobalisierungsrhetorik und anti­ameri­kanischer Antiimperialismus sind die Schwer­punkte linker Argumentation, genau hieran lässt sich jedoch kaum eine Abgrenzung gegenüber Rechts herstellen, denn dort werden dieselben Sprüche geklopft.

An der ursprünglich linken Kampagne gegen die Erweiterung einer Basis des US-Militärs in Vicenza zeigte sich nicht nur die fehlende Abgren­zung, sondern auch, dass die Fronten zwischen Rechts und Links unscharf werden, wenn es um die USA, die »Gemeinschaft« und die »nationale Souveränität« geht. Dass sich an der Kampagne für die »Verteidigung des Territoriums« gegen die amerikanischen Erweiterungspläne für die Basis auch Rechtspopulisten bis Rechtsextremisten beteiligten, störte die linken Aktivisten nicht. Die Tendenz, sich bedenkenlos lokalen Bürgerini­tiativen anzuschließen – in der italienischen radikalen Linken Tradition –, hat sich jedoch mit dem Entstehen der so genannten No Globals verstärkt, die ständig die Notwendigkeit einer poli­tischen Intervention auf der lokalen Ebene propa­gieren, bei der die politische Kritik an der Rechten oft völlig aufgegeben wird.

Nicht nur in der Praxis, sondern auch wenn es darum geht, die eigenen Positionen auf der theoretischen Ebene zu begründen, wird dies deut­lich. Ein Beispiel bietet derzeit ein Papier des antifaschistischen Blatts InfoAntifa. Hier wird unter dem Titel »Antifaschismus: Fragen für eine politische Debatte« ein Beispiel dafür gegeben, wie das funktioniert. Ausgehend von dem Postulat, dass die italienische Linke »per se« antifaschistisch sei, weil der Widerstand gegen den Nazifaschismus ein Bestandteil ihrer »Identität« sei, wird versucht zu erklären, welche Aufgaben eine antifaschistische Politik heute zu erfüllen habe: »Antifaschismus heißt nicht nur, Nazischweine bekämpfen, zu seinen Werten gehören auch Anti­sexismus, Antirassismus, Antikapitalismus, Antiimperialismus.«

Dass Antisemitismus nicht dazu gehört, zeigte die – aus Sicht der Initiatoren – erfolgreiche Kam­pagne für den Boykott der Turiner Buchmes­se im vergangenen Monat, deren Gastland dieses Jahr Israel war. Der vom »Forum Free Pales­tine« organisierte Protest gegen die Buchmesse fand seinen Höhepunkt in einer Großdemons­tra­tion in Turin am 12. Mai, an der mehr als 5 000 Menschen teilnahmen. Zu dem Zeitpunkt, als der junge Nicola Tommasoli in Verona ermordet wurde, lief die antiisraelische Mobilisierung bereits auf Hochtouren. Deshalb wurde die antifaschistische Demonstration als Reaktion auf den Mord eine Woche nach der Buchmesse, also drei Wochen nach der Tat, angesetzt. Beide Demons­trationen waren gut besucht, doch die italienische radikale Linke hatte ihre Prioritäten gezeigt. Wichtiger war es ihr, gegen Israel zu protestieren. Dass diese Demonstration, wenn auch in der Linken heftig umstritten, von vielen als »anti­faschistisch« bezeichnet wurde, bietet tiefe Einblicke in das Antifaschismus-Verständnis der ita­lienischen Linken.

Der in der gesamten Nachkriegszeit von der KP verwaltete Mythos des Partisanenkampfs in der Resistenza funktionierte bis heute als Instrument der Identitätsfindung aller linken Bewegungen. Das hat dazu geführt, dass die Faschismusanalyse sich an der klassischen Formel orientiert und auf sie beschränkt hat, wonach der Faschismus als Hauptfeind der Arbeiterklasse »die offen terroristische Diktatur der reaktionärsten (...) Elemente des Finanzkapitals« sei (Georgi Dimitroff). Mit der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Rehabilitierung der Ex-Faschisten, insbe­sondere durch Gianfranco Finis Partei Alleanza Nazionale, die parallel mit der Zersplitterung der postkommunistischen Linke stattfand, begann in Italien eine ideologische Debatte über den Um­gang mit der Geschichte der Resistenza. Die »neue Rechte« startete einen Prozess der Relativierung im Umgang mit der Bedeutung des antifaschis­tischen Widerstands, der versucht, die Resistenza als kommunistischen Mythos darzustellen: Das einzige Ziel des Partisanenkriegs sei die kommunistische Machtergreifung gewesen und nicht die Befreiung von der faschistischen Herrschaft. An der Durchsetzung dieses revisionistischen Diskurses beteiligen sich jedoch immer häufiger auch linksliberale »post­ideologische« Intellektuelle. Die antifaschistische Natur des Befreiungs­kriegs, worauf sich die italienische Republik gründet, wird auch von ihnen nicht nur in Frage gestellt, sondern schlicht geleugnet.

Der radikalen Linken in Italien scheinen derzeit die Begriffe zu fehlen, um gegen diese neuen Tendenzen »Widerstand zu leisten«. Im neuen, »postideologischen« Faschismus wird immer noch der alte Feind gesehen, den die Partisanen zwischen 1943 und 1945 in den Bergen Nordita­liens bekämpften. Und es wird vermutlich so blei­ben, solange die Faschismusanalyse sich auf die ideologische und teilweise identitäre Verteidi­gung der »Werte« der Resistenza beschränkt, während Rassismus und Antisemitismus von der Linken nicht als Kern der faschistischen Ideo­logie und Herrschaftspraxis reflektiert werden.

aus: Jungle World Nr. 22, 29. Mai 2008

Kleine Ergänzung

Meier 01.06.2008 - 20:33
Der Zwischenfall ereignete sich vor der renommierten Universität La Sapienza. Die Anhänger einer radikalen Linksbewegung wollten unweit des Universitätseingangs einige Plakate an eine Mauer kleben, als sie von den Rechtsextremisten, Anhängern der Bewegung Forza Nuova, mit Stahlstangen und Messern angegriffen wurden.

Der Angriff wurde von den italienischen Linksparteien verurteilt. "Rechtsextremisten profitieren von dem Wahlsieg des rechten Bürgermeisters Gianni Alemanno in Rom", so Aktivisten der altkommunistischen Partei Rifondazione Comunista.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

Danke für die Ergänzung — Azzoncao, ein Polit-Cafè

@tito — pazifiste

@tito — vorschlag

Ahja! — so läuft der hase also