Bad Nenndorf: Demo gegen Agnes-Miegel-Kult

Antifa Infoportal Weser/Deister/Leine 01.03.2008 21:34 Themen: Antifa
Am 01.03.08 demonstrierten in Bad Nenndorf 150 Menschen gegen die Verherrlichung der Nazi-Dichterin Agnes Miegel und gegen Geschichtsrevisionismus. Anlass dafür war das Treffen der "Agnes-Miegel-Gesellschaft". Nach anfänglichen Verzögerungen aufgrund des schlechten Wetters, entwickelte sich die Demo zu einem kraftvollen Zeichen gegen den seit Jahren in Bad Nenndorf begangenen Kults um die "Mutter Ostpreußens".
Agnes Miegel (1879-1964) war eine Anhängerin des Nationalsozialismus, was sie durch ihre Mitgliedschaft in mehreren nazistischen Organisationen und in der NSDAP ebenso verdeutlichte, wie mit ihren Lobeshymen auf Adolf Hitler. Auch in vielen anderen Werken der "Heimatdichterin" lässt sich ein positiver Bezug auf die faschistische Blut- und Boden-Ideologie und das Konstrukt der Volksgemeinschaft finden. Nach ihrer Flucht aus dem ehemaligen Ostpreußen zog Miegel nach Bad Nenndorf, wo sie noch zu Lebzeiten verehrt wurde. Insbesondere im den Kreisen von "Heimatvertriebenen" erlangte sie große Beliebtheit. Nach ihrem Tod gründete sich in der Kurstadt die "Agnes-Miegel-Gesellschaft", die mit Veranstaltungen wie den alljährlich stattfindenden "Agnes-Miegel-Tagen" das Andenken an die fragwürdige Dichterin bewahren will.

Nicht länger zusehen wollte diesem Treiben das aus verschiedenen regionalen Antifa-Gruppen bestehende "Bündnis gegen Agnes-Miegel-Verherrlichung" und organisierte daher die heutige Demonstration unter dem Motto "Mit dem Agnes-Miegel-Kult-Brechen! Gegen Opfermythen und Revisionismus!"

Der Aufruf dazu führte im Vorfeld bereits zu zwei Aktionen: Am 22.02. wurde das Agnes-Miegel-Denkmal in Bad Nenndorf verhüllt (siehe  http://de.indymedia.org/2008/02/208685.shtml); in Bielfeld erhielt der Agnes-Miegel-Weg am 29.02. durch die Umbenennung in "Nelly-Sachs-Weg" kurzzeitig den Namen einer Antifaschistin (siehe  http://de.indymedia.org/2008/02/209257.shtml).

Die Ausgangslage für die Demonstration in Bad Nenndorf war alles andere als günstig: Zum einen sagte der Wetterdienst ein Unwetter mit viel Regen und Orkanböen voraus. Zum anderen wurde als Reaktion auf aktuelle Ereignisse kurzfristig eine antifaschistische Demonstration im nur wenige Kilometer entfernten Lemgo angemeldet.

Dass trotzdem 150 Menschen den Weg zur Demonstration nach Bad Nenndorf fanden ist aufgrund dieser schwierigen Umstände ein umso größerer Erfolg.

Der Orkan hatte jedoch einen merklichen Einfluss auf den Verlauf des Tages. Da Sturmschäden an der Bahnstrecke nach Bad Nenndorf zu Zugausfällen- und Verspätungen führte, konnte die Demo nur mit einstündiger Verzögerung beginnen. Es wurde entschieden, auf die Zwischenkundgebung vor dem "Agnes-Miegel-Haus" zu verzichten und stattdessen auf direktem Wege zur Kundgebung vor dem "Hotel Hannover" in der Haupstraße zu ziehen. Dort veranstaltete die Agnes-Miegel-Gesellschaft, abgeschirmt von einem Polizeiaufgebot, ihre "Agnes-Miegel-Tage". Die überwiegend älteren Miegel-Fans ließen sich jedoch nicht blicken. Die Redebeiträge, in denen Miegels Rolle im Faschismus sowie Geschichtsrevisionismus und die "deutschen Zustände" insgesamt thematisiert wurden, dürften in ihnen trotzdem nicht entgangen sein.

An den Spekulationen über mögliche Gegenaktionen der lokalen Neonazi-Szene beteiligte sich einige Tage vor der Demo sogar die lokale Presse. Dass es sich dabei in erster Linie um viel "heiße Luft" handelte, machte der heutige Tag deutlich. Den "Nationalen Sozialisten SHG/OWL" (ehemals "Nationale Offensive Schaumburg") ist es nicht gelungen, die antifaschistische Demonstration zu stören. Eine Gruppe von ca. 15 Neonazis wurde am Bahnhof in Haste von der Polizei festgesetzt. Drei weitere "Kameraden", die sich in Bad Nenndorf der Demo nähren wollten, wurden vertrieben. So wird der heutige Abend für die Neonazis höchstwahrscheinlich so verlaufen, wie der der vergangene: Mit einem Besäufnis in der WG in Lindhorst - dieses Mal aber aus Frust.

Die Polizei trat im Vergleich zur Demo gegen den Naziaufmarsch im letzten Jahr (siehe:  http://de.indymedia.org/2007/07/189373.shtml) eher zurückhaltend auf. Die sehr repressiven Auflagen ließen erst anderes vermuten. Der absolut friedliche Verlauf der Demo bot den Berufsschlägern dieses Mal aber keinerlei Möglichkeit für ein brutales Eingreifen.

Das erklärte Ziel der Demonstration war es, eine Diskussion über den Umgang mit Agnes Miegel in Bad Nenndorf anzustoßen. In anderen Städten ist es bereits gelungen, die Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen und Schulen durchzusetzen. Bis es in Bad Nenndorf so weit ist, wird es wahrscheinlich noch etwas dauern. Mit der heutigen Demonstration wurde der Anfangspunkt auf diesem Weg markiert.
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Ergänzungen

am 15.03.2008

nach Ganderkesee 01.03.2008 - 22:30
Infos unter www.fahrtinsgruene.tk

einen bericht

mit bildern 01.03.2008 - 23:07

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Polizei Presse? — ...

Arthur hält das Maul — Zweifler

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