Straßenumbenennung: Agnes-Miegel-Weg in Bielefeldt

Aktionsbündnis „NS Verherrlichung stoppen“ 01.03.2008 00:30 Themen: Antifa Kultur
Am 28.02.2008 wurde der „Agnes Miegel Weg“ in Bielefeld-Sennestadt, in „Nelly Sachs Weg“ umbenannt.
Die Umbenennung erfolgte, da wir der Meinung sind, dass es endlich an der Zeit ist die Verherrlichung des Nationalsozialismus auf allen Ebenen und in jeder Form zu stoppen. Mit der Umbenennung beziehen wir uns außerdem solidarisch auf die am 01.03.2008 in Bad Nenndorf stattfindende Demonstration unter dem Motto "Mit dem Agnes-Miegel-Kult brechen! Gegen Opfermythen und Revisionismus" die sich gegen die „Agnes-Miegel-Tage“ der Agnes Miegel Gesellschaft richtet.

Zur Person Agnes Miegel
Agnes Miegel wurde 1879 in Königsberg geboren und arbeitete dort als Journalistin, Autorin und seit 1927 als freie Schriftstellerin.1945 floh sie vor der Roten Armee nach Dänemark und zog 1948 nach Bad Nenndorf und lebte dort bis zu ihrem Lebensende 1964.
Agnes Miegel war bekennende Verehrerin des nationalsozialistischen Gedankenguts und des „Führers“ Adolf Hitler.
Ihre Einstellung wird an glorifizierenden Hymnen auf Adolf Hitler (unter anderem in dem Gedicht: An den Führer, 1938) und einer Hinwendung zu Blut- und Boden-Themen deutlich. Als bekannte ostpreußische Heimatdichterin wurde sie zu einem literarischen Aushängeschild des NS-Regimes. In ihrer Heimatlyrik verarbeitete sie insbesondere ostpreußische Bezüge und wurde oft als „Mutter Ostpreußens“ bezeichnet. Auch Meyers Lexikon bescheinigt Miegels Werk ab 1933 eine "Tendenz zur Blut- und Bodenromantik".

Durch die Wiedergabe ihrer nationalsozialistischen Überzeugung wurde sie so auch Wegbereiterin des NS-Gedankengutes. Ihr Eintreten für den NS-Staat, ihre Bereitschaft zur kulturpolitischen Betätigung, Auftritte beim Arbeitsdienst, in der Reichsführerschule der HJ, das Unterzeichen von Briefen mit dem deutschen Gruß waren konsequent und reichten bis hin zu den drei Gedichten die Adolf Hitler gewidmet sind: Dem Führer! (1936), An den Führer (1938), Dem Schirmer des Volkes (1939).

Sie wurde bereits 1933 Mitglied in der nationalsozialistischen Deutschen Akademie der Dichtung und war seit 1937 Mitglied der NS-Frauenschaft und seit 1940 Mitglied der NSDAP. 1939 nahm sie das Ehrenzeichen der Hitlerjugend entgegen.

Auch nach dem Krieg hat Agnes Miegel sich nie von ihrer Vergangenheit distanziert.
Von den Alliierten bis 1949 mit Veröffentlichungsverbot belegt, sah sie sich selbst nicht als Teil des NS-Systems, sondern als Verfolgte und Heimatvertriebe. Während der Zeit des Kalten Krieges kam sie wieder zu Ehren, insbesondere die ostpreußischen Landsmannschaften betrieben in vielfacher Weise ihre Rehabilitierung. Sie verfasste „Exklusivbeiträge" für die Zeitschrift „Nation Europa", die von dem ehemaligen SS-Hauptsturmführer Arthur Ehrhardt 1951 gegründet wurde. Sie erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen und wird bis heute von Rechtsextremen gewürdigt. So veranstaltete z.B. das „Collegium Humanum" in Vlotho vor wenigen Jahren ein Wochenendseminar mit dem Thema: „Ostpreußens Beitrag zur Kultur Europas - Schwerpunkt Agnes Miegel und Ordensstaat."

In einigen Städten Deutschlands sind Straßen bzw. Schulen nach Agnes Miegel benannt. Bereits in den 1970er und 1990er Jahren gab es erste Anläufe diese Ehrungen der Nazidichterin rückgängig zu machen, meistens erfolglos.

Erst in letzter Zeit kommt es erfreulicherweise aufgrund von Öffentlichkeitsarbeit antifaschistischer Gruppen und Bündnissen zu Umbenennungsbestrebungen. So wurden mittlerweile einige Schulen und Straßen (z.B. in Erlangen) die den Namen Agnes Miegel trugen umbenannt, in anderen Städten (z.B. in Wilhelmshaven) ist die Diskussion im Gange.

Die Umbenennung des „Agnes Miegel Weg“ erfolgte beispielhaft in „Nelly Sachs Weg“, da wir damit aufzeigen wollen, dass es eine Vielzahl anderer Lyrikerinnen gibt - nach denen Straßen benannt werden könnten - die nicht an der Verherrlichung des Nationalsozialismus mitgewirkt haben, sondern sich gegen diesen aussprechen oder ausgesprochen haben und Opfer dieser menschenverachtenden Ideologie wurden.

Zur Person Nelly Sachs
Nelly Sachs wurde am 10. Dezember 1891 in Berlin geboren und war Schriftstellerin und Lyrikerin. Da sie von den Nazis dem jüdischen Glauben zugeordnet wurde, musste sie nach monatelangen bürokratischen Hemmnissen mit ihrer Mutter im Mai 1940 buchstäblich im letzten Moment – der Befehl für den Abtransport in ein Lager war bereits eingetroffen – mit einem Flugzeug Deutschland Richtung Stockholm verlassen.In der Nachkriegszeit schrieb Nelly Sachs über das Grauen des Holocaust. 1966 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur „für ihre hervorragenden lyrischen und dramatischen Werke, die das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren“ verliehen. Nelly Sachs starb am 12. Mai 1970 in Stockholm.

Mit dieser symbolischen Aktion wollen wir darauf aufmerksam machen, dass bis heute zahlreiche Straßen, Plätze, Schulen und andere Orte noch ungebrochen nach Wegbereiter/ Wegbereiterinnen und Tätern/ Täterinnen der nationalsozialistischen Ideologie benannt sind. Zahlreiche Nazis sind nach wie vor Ehrenbürger von Städten. Häufig wird sich entweder unkritisch oder bewusst im Sinne einer äußerst bedenklichen Traditionspflege auf Handelnde des Nationalsozialismus positiv bezogen oder sie werden nach wie vor gesellschaftlich geehrt. Dadurch wird die Rolle dieser Menschen und die Verantwortung, die auch sie für die nationalsozialistische Ideologie und die dazugehörigen Verbrechen tragen, relativiert und verwischt. Zugleich werden so genannte Entschädigungen auch heute noch nicht an die Opfer des Nationalsozialismus ausgezahlt, einige Opfergruppen werden nach wie vor nicht als solche anerkannt.

Dies alles ist Ausdruck dafür, dass es nach wie vor wenig Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung gibt, sich wirklich und ernsthaft mit den Verbrechen des Nationalsozialismus, aber auch mit den Ursachen und Mechanismen die dazu geführt haben auseinanderzusetzen.

Ein kleiner Schritt in dieser notwendigen Auseinandersetzung könnte die Umbenennung von Straßen, die nach Vertreterinnen und Vertretern des Nationalsozialismus benannt sind, sein.

01.03.2008 14:00 Uhr Demo in Bad Nenndorf unter dem Motto "Mit dem Agnes-Miegel-Kult brechen! Gegen Opfermythen und Revisionismus"
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Ergänzungen

miegel in w-torf

mein name 01.03.2008 - 08:18
Tja, der Miegelstein in Wunstorf hat schon seit über einem Jahr ständig veränderte Designs. "bunt statt braun"

Schluß mit dem Geschichtsrevisionismus - überall! Es gibt noch genügend Agnes Miegel -Straßen -Wege -Plätze und vor allem -Schulen die umzubenennen sind. Gute Aktion in Sennestadt!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Wunderbar — Einfacher Text oder HTML?

rrrz — jule

prob: nicht von dauer! — das is es

Wunstorf? — was is mit wu?

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