1.zapatistisches frauentreffen in chiapas

djklasjd 04.01.2008 22:04 Themen: Gender Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Eine Selbstkritik der Zapatisten ist, dass Frauen noch nicht gleichberechtigt in die “gute Regierung” und in die damit verbundenen Aufgaben integriert sind und teilweise auch noch der Respekt ihnen gegenüber fehlt. Mit dem “1. Treffen der zapatistischen Frauen mit den Frauen der Welt”, das vom 29.12.-31.12.2007 in der Caracol La Garrucha stattfand, wurde ein Zeichen für die Wichtigkeit der gleichberechtigten Beteiligung von Frauen am Kampf für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit gesetzt.
Während die zapatistischen Frauen an allen drei Tagen an den Treffen teilnahmen, um ihre Situation und ihre Ziele den Menschen in der Welt zu präsentieren, offenbarte sich ausserhalb des Versammlungsraumes ein ungewohntes Bild: In den Essens- und Verkaufsständen arbeiten fast ausschliesslich Männer. Da es nur Frauen erlaubt ist, sich innerhalb des Versammlungsraumes aufzuhalten und aktiv an den Plenas teilzunehmen, mussten männliche Teilnehmer von draussen den Worten den Compañeras über Lautsprecher zuhören. Die zapatistischen Männer übernahmen derweil Tätigkeiten, die als “weiblich” angesehen werden, wie z.B. Kochen, Putzen, Verkaufen, Bedienen, um den Frauen zu ermöglichen, sich ganz auf die Treffen konzentrieren zu können. Es war festzustellen, dass diese Art von Aufgaben noch Neuland für die Männer ist, doch einigen konnte man den Spass, den diese Arbeit ihnen bereitet, förmlich ansehen.
Es ist zu hoffen, dass diese Erfahrung auch zu einer Veränderung im Alltag beiträgt und das Ziel, mehr Frauen in organisatorische Aufgaben zu integrieren, nachhaltig umgesetzt wird.

In den Plenas gaben die Comunidades der 5 Caracols Einblick in ihre Lebenssituation und –organisation. Themen waren unter anderem Gesundheit, Arbeit, Erziehung Umweltschutz, die alle in den Kampf für eine andere Welt eingebettet sind. Anzumerken ist, dass alle Sitzungen in Kastillanisch abgehalten wurden, obwohl dies nicht die Muttersprache der Sprecherinnen ist. Immer wieder wurden auch die Menschen erwähnt, die aus verschiedenen Gründen nicht am Treffen teilnehmen konnten, wie z.B. politisch Gefangene oder Kranke.

Kenntnisse von medizinischer Versorgung spielen in den zapatistischen Comunidades eine immer grössere Rolle: Denn “wer krank ist, kann nicht mit voller Kraft kämpfen”. So bilden Gesundheitsarbeiter möglichst viele Compañer@s aus, die ihr Wissen über Krankheiten, Impfungen und Familienplanung in den Gemeinden weitergeben. Auf diese Weise werden lange Wege in entfernte Krankenhäuser überflüssig und gleichzeitig wird ein Schritt in Richtung grössere Autonomie begangen.

Schon den Kindern werde beigebacht, Produkte für den Eigenbedarf herzustellen, um möglichst wenig Geld an die “schlechte Regierung” zu geben und die Umwelt zu schützen. Seit 1998 werde in den zapatistisch organisierten Comunidades die “andere Erziehung” durchgeführt. Das Ziel sei es, die Kinder davon abzuhalten, in die USA zu emigrieren, wo sie menschenunwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen erfahren. Statt dessen werden sie immer stärker in den Kampf integriert und ihnen wird dessen Wichtigkeit gelehrt. Ihnen werde Lesen und Schreiben beigebracht und die Pfeiler der zapatistischen Bewegung vermittelt. Die Kinder lernen, Mutter Erde zu respektieren, die alltäglichen Probleme zu bewältigen und als ein guter Kämpfer dem kapitalistischen System zu resistieren. Neben dem Bewusstsein über die derzeitigen Zustände in der Welt ist die Vermittlung von Organisation und Selbstbestimmung sehr wichtig und damit verbunden das Wissen über gesundheitliche Fragen. Schon früh wird ihnen die Gleichheit aller Menschen verdeutlicht und die Rechte von Frauen nahegelegt.
Die Frage, wie die Zapatisten zur “anderen Liebe”, d.h. zur Homosexualität, stehen, beantwortete eine Rednerin mit den Worten “sie können machen, was sie wollen, solange sie kämpfen”.

Im zapatistischen Frauentreffen spielte die Betonung der Gleichheit zwischen den Geschlechtern eine grosse Rolle. So verdeutlichten die Frauen ihre Situation unter dreifacher Unterdrückung als Frau, Indígena und in Armut und die Schwierigkeit, gleichzeitig Mutter, Hausfrau und Kämpferin zu sein. Als wichtigste Massnahme wurde die Bekämpfung des kapitalistischen Systems und die damit einhergehende Bekämpfung des Machismo genannt. Der Rollentausch, der während des Treffens vollzogen wurde, sollte jedoch nicht als diskriminierend angesehen werden, sondern eher als ein Versuch, für ein paar Tage die Geschlechterrollen, die wir verinnerlicht haben, in Frage zu stellen und die eher unvertrauten Aufgaben kennenzulernen.

Nach jedem Themenblock gab es die Möglichkeit, Fragen zu den vorgestellten Präsentationen zu stellen. So wurde die Frage, ob häusliche Gewalt ein Thema sei mit einem klaren Ja beantwortet, während andere Fragen, wie z.B. die zapatistische Einstellung zur Abtreibung nicht beantwortet wurden. Dabei ist allerdings auch zu sehen, dass ebensolche Fragen von einem westlichen Standpunkt aus von Interesse sind, jedoch die Situation in Mexiko nunmal eine andere ist. Die Abtreibung ist z.B. in Mexiko bisher nur in zwei Staaten erlaubt (und zwar nicht in Chiapas) und dies auch erst seit Mai 2007. Letztendlich stellten Frauen aus aller Welt in einer fünfminütigen Präsentation ihre Organisationen vor und wie diese in den zapatistischen Kampf integriert sind. Eine Transperson, die am ersten Tag wegen ihrem männlichen Körper aus dem Versammlungsraum geschickt wurde, wurde eine Entschuldigung angeboten und Raum gegeben, auch ihre Organisation vorzustellen.

Den Abschluss des Ersten zapatistischen Frauentreffens bildete die Feier des 14. Jahres des Aufstands, der sich am 1. Januar jährt. Alle, die bisher im Kampf gefallen sind, wurden namentlich genannt und deren Anwesenheit von den Zuhörern mit einem entschlossenen “Presente” (Anwesend) bestätigt. Commandante Rosalinda nahm die Feier zum Anlass, um das “Revolutionäre Gesetz der Frauen” zu erlassen. Sie betonte, dass die Frauen seit 1994 ein stärkeres Bewusstsein dafür haben, dass sie die gleichen Rechte wie Männer haben. Auch das Frauentreffen trägt nun hoffentlich verstärkend dazu bei, da auch bei den Zpatisten die Praxis noch von der Theorie der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern abweicht.

Zu Diskussionen dürfte wohl der Verkauf von Coca Cola geführt haben, die es an fast jedem Verkaufsstand gab. Die Zapatisten können in vielen Bereichen als ein gutes Vorbild im Kampf gegen die neoliberale Weltordnung dienen, nichtsdesotrotz tragen jedoch auch sie anscheinend dazu bei, dass Mexiko weiterhin weltweit den grössten Import der schwarzen Brause hat. Eine zufriedenstellende Erklärung, wie diese Tatsache mit ihren Idealen einhergehen kann, bleibt bisher noch aus.

Im Anschluss an das Treffen in La Garrucha wurde von einigen Teilnehmern die Möglichkeit genutzt, einige Tage in den Comunidades Bolom Ajwa, Huitepec oder Roberto Barrios zu verbringen. Die Präsenz von Menschenrechtsbeobachtern in eben diesen Gemeinden ist eine wichtige Massnahme, um die Paramilitärs und die Regierung davon abzuhalten, weiterhin willkürliche Gewalt gegenüber den Zapatistas auszuüben. Zur Zeit ist, die Situation vor allem in Huitepec brenzlig, da der neue Präsident von San Cristobal de las Casas (Chiapas) Mariano Díaz Ochoa (PRI) schon vor seinem Amstantritt angekündigt hatte, die Comunidad am 2.Januar 2008 zu räumen. Auch in Bolom Ajwa spitzt sich die Situation immer mehr zu, da die Gemeinde in einem Gebiet nahe der Wasserfälle Agua Azul liegt, dass wahrscheinlich für die Ausweitung des Tourismus geräumt werden soll.

Auch ebim Frauentreffen gave s viele Zapatouristen, so bleibt nur zu hoffen, dass sich die Solidarität mit der EZLN nicht nur auf die Teilnahme an zapatistischen Treffen äussert, sondern sich auch in der Praxis, wie z.B. der anhaltenden Anwesenheit im Konfliktgebiet zeigt.


Mehr Infos auf Spanisch:
 http://www.chiapas.indymedia.org/
 http://www.capise.org.mx/ (uber die Situation in den Comunidades)
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Ergänzungen

FrauenLesben Treffen in Freiburg

irgendeine 05.01.2008 - 13:09

parallell zum Treffen in Chiapas fand auch ein europaweites Treffen in Freiburg i.Br. statt, gerade weil es darum geht dass sich frau darum kümmert was hier passiert. Ein Bericht dazu folgt bestimmt bald.

Kontakt zu den Zapas?

määähhdräscher 06.01.2008 - 21:12
Kann jemensch mir sagen wie mensch die Zapatisten besuchen kann und ob gute Englischkenntnisse dafür reichen?

Alle Informationen oder Kontaktmöglichkeiten sind willkommen...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Wie viele Leutz waren denn so da? — Einheimische und Touris?