Mehr als 124 Tote nach Wahlbetrug in Kenia

Kenya Kimbo 31.12.2007 16:36 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Nach dem offensichtlichen Wahlbetrug in Kenia ist es bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste zu mindestens 124 Toten gekommen. Laut Augenzeugenberichten wurde Slumbewohnern gedroht, sie zu erschießen, falls sie ihre Häuser verlassen. In Kibera in Nairobi wurde massiv gegen Demonstranten vorgegangen, die mit der Parole "No Raila No Peace" (Raila Odings ist der Spitzenkandidat der Opposition) gegen das angebliche Wahlergebnis protestierten.
Nachdem nach der jahrelangen Dikatur durch Präsident Arap Moi im Jahre 2002 ein friedlicher Machtwechsel durch Wahlen stattgefunden hatte, versucht sich der damals gewählte Präsident Mwai Kibaki im Jahr 2007 durch Wahlbetrug und Gewalt an der Macht an der Macht zu halten. Während internationale Wahlbeobachter erhebliche Unregelmäßigekeiten beklagen, wurde Mwai Kibaki von der offiziellen Wahlkommission zum Sieger mit einem hauchdünnen Vorsprung von 200.000 Stimmen vor seinem Herausforderer Rail Odinga erklärt. Die Anhänger Odingas behaupten wiederum Beweise dafür zu haben, daß mindestens 300.000 Stimmen zu Gunsten Kibakis gefälscht worden seinen. Odings fordert eine Neuauszählung der Stimmen.

Proteste gegen den Wahlbetrug werden von brutal unterdrückt, eine Protestdemonstration Odingas im Uhuru Park in Nairobi verboten.

Ein weiterer Bericht unter:

 http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/627/150257/
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Ergänzungen

Polizei richtet Blutbad an

Kenya Kimbo 31.12.2007 - 19:30

EU-Beobachter fordern Untersuchung

http://www.dw-world.de/ 01.01.2008 - 15:01
EU-Beobachter fordern Untersuchung der Wahl in Kenia

Nach neuen Ausschreitungen in der Nacht zum Dienstag (01.01.2007) in Kenia ist die Zahl der Toten laut Polizei auf mehr als 250 seit dem Urnengang am 27. Dezember angestiegen. Besonders viele Opfer gab es in der Oppositionshochburg Kisumu im Westen. Die Gewalt war nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses und Kibakis hastiger Vereidigung am Sonntag eskaliert. Der oppositionelle Herausforderer Raila Odinga und seine Anhänger werfen Kibaki Wahlbetrug vor. Odinga kündigte für Donnerstag eine Massenkundgebung in Nairobi an.

Wahllose Schüsse auf Bürger

In der Neujahrsnacht seien mindestens 66 Todesopfer gefunden worden, teilten die Polizei und die Verwaltung der Leichenhalle in Kisumu mit, der drittgrößten kenianischen Stadt. In der Nacht wurden auch getötete Kinder in die Leichenhalle gebracht, wie ein Angestellter sagte. Zahlreiche Opfer hätten "frische Einschusslöcher" aufgewiesen, mindestens vier Menschen seien mit Macheten getötet worden. Seit Montag seien mehr als hundert Leichname eingeliefert worden. Nach Angaben eines Anwohners schoss die Polizei in der Nacht im Armenviertel Kondele in Kisumu wahllos auf Menschen; mehrere Leichen lägen auf den Straßen. In der Stadt Eldoret wurden laut Polizei mindestens 18 weitere Menschen getötet. In den Armenvierteln hat die Odinga-Partei Orange Democratic Movement (ODM) zahlreiche Anhänger.

Die ODM erkennt das Wahlergebnis nicht an, dessen Auszählung mehrere Tage dauerte. Eine anfängliche Führung Odingas war im Verlauf der Stimmenzählung immer weiter zusammengeschmolzen, bis Kibaki schließlich mit einem hauchdünnen Vorsprung von 231.728 Stimmen zum Sieger erklärt wurde. Die Opposition geht davon aus, dass das Ergebnis gefälscht wurde.


Wundersame Stimmenvermehrung

International lösten die Vorgänge in Kenia Kritik und Besorgnis aus. Die EU-Wahlbeobachter in Kenia sprachen sich am Dienstag für eine unabhängige Untersuchung des Ergebnisses aus. Bei der Stimmenauszählung sei es zu "schweren Anomalien" gekommen, sagte Alexander Graf Lambsdorff, der deutsche Leiter der Beobachtermission, am Dienstag in Nairobi. Die EU stellt mit 150 Wahlbeobachtern eine der größten Gruppen internationaler Beobachter. Die Berichte der Beobachter riefen Zweifel an der Wahrheit der offiziellen Ergebnisse auf, sagte Lambsdorff. So hätten EU-Beobachter in einem Wahlbezirk 50.000 Stimmen für den offiziellen Wahlsieger Mwai Kibaki gezählt. Die Wahlkommission nannte aus diesem Bezirk jedoch 75.000 Stimmen für Kibaki. Den EU-Wahlbeobachtern sei mindestens ein weiterer Vorfall dieser Art bekannt.



UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Kenianer zur Ruhe auf. Kanada und Russland zeigten sich besorgt. Auch die US-Regierung, die Kibaki zunächst zum Wahlsieg gratuliert hatten, ruderte zurück. Außenamtssprecher Tom Casey sagte, Washington sei "ernsthaft beunruhigt" über "Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung". Er gratuliere daher niemandem.


Kundgebungen verboten

Präsident Kibaki zeigte sich in seiner Neujahrsansprache zur "Härte" entschlossen. Odinga kündigte am Montag "friedliche Massenproteste" an. Am Donnerstag werde es in Nairobis Uhuru-Park eine Kundgebung mit einer Million Menschen geben. Der 62-jährige Politiker hatte ursprünglich für Montag zu einer Kundgebung aufgerufen und angekündigt, sich dabei zum "Volkspräsidenten" zu erklären. Die Polizei verbot "aus Sicherheitsgründen" auch die für Donnerstag geplante Versammlung.



In Kenia leben rund 40 Volksgruppen und Stämme. Die größte Gruppe sind die im zentralen Hochland siedelnden Kikuyu, zu denen auch Kibaki gehört und die etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die zu den Bantu gehörenden Kikuyu, traditionell Bauern, spielten im Bemühen um die Unabhängigkeit eine wichtige Rolle. Die Luo, denen Oppositionskandidat Raila Odinga angehört, leben im Westen Kenias in der Region am Victoriasee. Sie sind mit einem Anteil von etwa 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung eine der größeren ethnischen Gruppen. Sie konkurrieren schon lange mit den Kikuyu um Machtpositionen in Staat und Gesellschaft und konnten dabei auf Unterstützung verwandter Volksgruppen rechnen.

Weiterhin Unruhen nach Kenias Präsidentenwahl

Info 01.01.2008 - 23:10
Kenia kommt nach der umstrittenen Präsidentenwahl nicht zur Ruhe. Die Gegner von Präsident Mwai Kibaki werfen ihm Wahlbetrug vor; er hatte nur mit geringem Vorsprung vor Raila Odinga gewonnen. Auch die Wahlbeobachter der EU zweifeln das Ergebnis an.

Erneut kam es zu Auseinandersetzungen, vor allem in den Elendsvierteln der Hauptstadt Nairobi und im Westen des Landes, wo Wahlverlierer Odinga viele Anhänger hat. Dort sorgt jetzt ein Massenmord für Entsetzen: In der Stadt Eldoret wurde eine Kirche angezündet, in die sich viele Menschen geflüchtet hatten. Dutzende von ihnen verbrannten wohl bei lebendigem Leibe, viele von ihnen Kinder. Wie Augenzeugen berichten, haben schon Tausende Menschen Zuflucht in Kirchen gesucht. In der Gegend seien gewalttätige Banden unterwegs; man könne nicht mehr hinausgehen.

Odinga zeigt sich erschüttert und fordert ein Ende dieser Morde. Er verweist aber darauf, dass ja Präsident Kibaki an der Macht sei, egal wie unrechtmäßig: Der habe nun auch die Pflicht, das Leben der Menschen in diesem Land zu schützen.

Allerdings sind die Opfer vor allem Kikuyu, gehören also zur Volksgruppe des Präsidenten. Nach dessen umstrittenem Wahlsieg sind andere Volksgruppen aufgebracht; viele Kikuyu sind auf der Flucht, sogar über die Grenze nach Uganda. Das kenianische Rote Kreuz schätzt die Zahl der Vertriebenen jetzt auf mindestens siebzigtausend. Getötet wurden bei den Unruhen seit der Wahl wohl zwischen zwei- und dreihundert Menschen.

Zehntausende aus ihren Häusern vertrieben

News 01.01.2008 - 23:14
In den Slums entlud sich vielerorts die Wut über die Manipulation, aber auch ethnischer Hass in Gewalt. Mit Macheten und Knüppeln gingen Männer der Volksgruppen der Luo und Kikuyu aufeinander los. Sollte sich auch die Gewalt zwischen den Stämmen ausbreiten, könnte die gesamte Region in Mitleidenschaft gezogen werden. Im ganzen Land wurden nach Polizeiangaben mehr als 33.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben. In dem Ort Eldoret im Westen des Landes steckte ein aufgebrachter Mob eine Kirche an. Nach der Schilderung eines Rotkreuzhelfers sind bis zu 50 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt.

Im Wahlkampf hatte es bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kibaki und Odinga gegeben. Der Präsident kann nach fünf Jahren an der Regierung eine deutlich bessere Bilanz vorweisen als seine beiden Vorgänger. Kenia erlebt eine Phase wirtschaftlicher Stabilität. Der neue Wohlstand nutzt aber nur wenigen. Zudem ging Kibaki gegen die verbreitete Korruption nicht entschlossen genug vor. Bei der über Tage andauernden Auszählung der Stimmen kam es dann nach dem Urteil in- und ausländischer Beobachter zu haarsträubenden Manipulationen.

Er selbst habe zahllose "korrigierte" Stimmzettel gesehen, teilte der Chef der EU-Beobachtergruppe, Alexander Graf Lambsdorff, mit. In einem einzigen Wahlkreis seien bis zu 25.000 Stimmen von den Unregelmäßigkeiten betroffen. Kibaki soll mit nur etwa 230.000 Stimmen Vorsprung gewonnen haben. Selbst der Präsident der kenianischen Wahlkommission, Samuel Kivuitu, räumte ein, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Vier der 21 Mitglieder der Kommission forderten eine juristische Untersuchung der Auszählung. "Wir können unter diesen Umständen nicht schweigen", erklärten sie.

Als Ausweg aus der Krise legten die Uno und Europa den Kontrahenten nahe, in einen Dialog zu treten, damit weitere Gewalt vermieden werden könne. Insbesondere die Stimmung unter den größten Stämmen, den Kikuyu und den Luo, ist explosiv. Kibakis Kikuyu dominieren seit Langem die Wirtschaft. Odingas Luo fühlten sich in der 43-jährigen Geschichte des Landes stets unfair von der Staatsgewalt ausgeschlossen.

Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien appellierte an die Afrikanische Union (AU) und das Commonwealth, zu vermitteln. Die EU rief alle Parteien dringend dazu auf, "mit Dialog und angemessenen rechtlichen Möglichkeiten fortzufahren, um eine glaubwürdige und transparente Lösung zu finden, die demokratischen Standards entspricht", hieß es in einer
Mitteilung.