Demo gegen Schlepperklage

Tübinger LokaleR 24.12.2007 16:19 Themen: Antirassismus Weltweit
Am Donnerstag den 22.12. demonstrierten um 18-19 Uhr circa 50 Menschen in Tübingen für eine andere Flüchtlingspolitik. Anlass war der Prozess, der in Sizilien der Bootsbesatzung des Hilfsorganisation Cap Anamur gemacht wird. Die Besatzung hatte 2004 37 Flüchtlinge aus Seenot gerettet und an die Küste gebracht. Dafür sollen sie jetzt als Schlepper zu bis zu 12 Jahren Haft verurteilt werden. Die Folge dieses Prozesses ist bereits jetzt, dass schiffbrüchige Flüchtlinge von vorbeifahrenden Schiffen einfach ihrem Schicksaal überlassen werden, weil diese Angst vor Repressionen haben. Die Demo verlief friedlich, auch wenn eine wichtige Verkehrsstraße vorrübergehend blockiert und viele Autofahrer empört waren.
Das Motto "Das Retten von Flüchtlingen in Seenot ist eine Pflicht, keine Straftat!" lockte trotz der nur zwei Tage kurzen Mobilisierungszeit 50 Menschen, vor allem SchülerInnen, Studierende und Senioren auf die kalten Straßen Tübingens. Die Demonstration bestand sowohl aus Aktiven der Flüchtlingsarbeit, aus antifaschistisch motivierten TeilnehmerInnen und als auch aus spontan über den Menschrechtsskandal Entrüsteten. In einem Flyer und den Reden ging es um die Verstrickung des globalen Ausbeutungssystems mit der europäischen Ausgrenzungspolitik.
Ein Redebreitrag wurde gehalten, wärend die Demonstration auf der so blockierten Straße wartete. Er erklärte, wie wichtig ein breiter Widerstand gegen die globale Ungerechtigkeit und Ungleichheit von allen Seiten ist. Rund eine Stunde wurde demonstriert und dann in einer Endkundgebung von den Foltermethoden von europäischen Grenzpolizisten gegen Flüchtlinge berichtet. Die gesamte Demonstration und die Redebeiträge wurde ohne Gruppenzusammenhänge von Individuen organisiert, die drei Tage zuvor von einem Zeitungsartikel so empört waren, dass sie etwas tun wollten. Die örtliche Solid-Gruppe unterstützte die Demonstration mit einem weiteren Flyer.


Hintergründe:

Nach mehr als einjähriger Dauer ging der "Schlepper"-Prozess gegen die drei Angeklagten im Fall der humanitären Rettungsaktion der Cap Anamur am Montag den 19.12.'07 im sizilianischen Agrigento in die entscheidende Phase. Mit der ganztägigen Vernehmung von Kapitän Stefan Schmidt erhält erstmals einer der Angeklagten die Möglichkeit, die Vorgänge um die Rettung von 37 afrikanischen Schiffbrüchigen im Juni 2004 ausführlich darzulegen.
Das deutsche Schiff Cap Anamur rettete im Juni 2004 37 Menschen aus Seenot. Kapitän Stefan Schmidt und seine Crew taten das, was ihre Pflicht ist: Sie bargen die Schiffbrüchigen und wollten sie in einen sicheren Hafen bringen.
Der Kapitän, der damalige Cap Anamur-Chef Elias Bierdel und der erste Offizier der Cap Anamur, Vladimir Daschkewitsch, werden jedoch der bandenmäßigen Schlepperei beschuldigt. Ihnen drohen bis zu 12 Jahre Haft.

Humanitäre Hilfe für Menschen in Not ist keine Straftat. Die Anklage hätte deshalb nie erhoben werden dürfen. Ihren politischen Charakter hat der Oberstaatsanwalt von Agrigento am 26. November 2006 deutlich gemacht: Man sei "in rechtlicher und auch in politischer Hinsicht dazu gezwungen, die Wiederholung solcher Aktionen zu verhindern, auch wenn sie aus edler Absicht geschehen."
Vor demselben Gericht in Sizilien läuft ein weiteres Verfahren. Sieben tunesische Fischer werden des gleichen humanitären Verbrechens beschuldigt: Sie retteten Menschenleben.

Solche Anklagen haben hauptsächlich einen Effekt: Potentielle Retter fahren bereits jetzt an Schiffbrüchigen vorbei, weil sie die Anklagebank fürchten.

Erst am Wochenende ertranken allein vor der türkischen Küste vermutlich mehr als 80 Menschen: Palästinenser, Somalis und Iraker. Während die Asylantragstellerzahlen europaweit sinken - als fragwürdiger Erfolg rigider Abschottungspolitik - werden die Ägäis, der Kanal von Sizilien, die Meeresenge von Gibraltar und die See um die Kanarischen Inseln zum Grab für Tausende.
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Ergänzungen

ja mach ich

Berliner Hedonist 04.01.2008 - 20:48
die Flüchtlinge wurden vor Malta an Bord genommen etwa 95 km südlich von Sizilien, 290 km östlich von Tunesien und 360 km nördlich von Libyen. Danach fuhr der Kapitän aus den Maltesischen Gewässern raus nach Tunesien um Birdel mit Kameraleuten an Bord zu nehmen, welche eine dramatische Rettungsaktion filmten. Danach ging es richtung Italien. Die Abweisungen der Italienischen Häfen ging darauf zurück, das die Häfen die er anlaufen wollte zu klein waren für sein Schiff. Und warum ihm sein Kapitän das nicht gesagt hatt weiss ich auch nicht. Fakt ist rette ich jemanden, ist er bis zum nächstgelegenen Hafen, Ufer, Land oder meinem Zielhafen ein Schiffbrüchiger. Wenn ich aber jemanden in Sichtweite von Malta an Bord nehme, in Tunesien Leute an Bord nehme und gegenüber Italienischen Bullen behaupte ich hätte Schiffbrüchige an Bord, dann müsste ich schon ganz schön blöde oder zu lange beim Fernsehen gewesen sein um zu glauben das ich damit durchkomme.
Ich finde richtig und wichtig was die von Cap Anamur machen aber das war nix. Auch nicht im Sinne der Schiffbrüchigen bzw. Flüchtlinge.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

bei der Warheit bleiben — Berliner Hedonist

hedonist ist ein rassist — grenzen weg!

@ und — antifa 4-ever

@ grenzen weg — mensch

sehr witzig — idiot