Konsequenzen nach rassistischem Interview

Gabriel Pfeiffer 21.12.2007 04:02 Themen: Antirassismus Medien
Erste Zusammenfassung einer Diskussion zu einem rassistischen Interview, das im Deutschlandradio am 4. Dezember 2007 geführt wurde und derzeit für viel Empörung sorgt.
Im aktuellen Skandal um die Äußerungen des Entwicklungspsychologen Dr. habil. Heiner Rindermann zeichnen sich erste Konsequenzen ab. Rindermann hatte am 4. Dezember 2007 im Deutschlandradio in einem Interview mit dem Titel "Dumme Buschmänner, kluge Asiaten?" behauptet, "es gibt genetische Unterschiede zwischen den Rassen" hinsichtlich ihrer Intelligenz (siehe Hauptartikel mit Originalinterview, diversen Links zu Presse usw.:  http://de.indymedia.org/2007/12/202212.shtml).

Außerdem verbreitete Rindermann in dem Gespräch mit der Hörfunkjpurnalistin Katrin Heise andere wissenschaftlich völlig unhaltbare Ansichten. In den letzten Tagen hatten deshalb mehrere Forscher der Uni-Mainz sowie Initiativen die Thesen Rindermanns als rassistisch zurückgewiesen. Offenbar als Reaktion darauf wurde am heutigen Tag der Inhalt von Rindermanns Homepage an der Uni Magdeburg gelöscht, wo er als Entwicklungspsycholge bisher angestellt war (siehe:  http://www-e.uni-magdeburg.de/methpsy/hr/Webseite-Rindermann.htm).

Der für die Einladung Rindermanns bei Deutschlandradio verantwortliche Redakteur und der Pressesprecher des Senders hatten gestern gegenüber der Presse behauptet, Rindermann sei angeblich "nie von genetischen Unterschieden von Rassen" ausgegangen. Die Vorwürfe würden auf Unterstellungen basieren. Man sei sich jedoch bewusst gewesen, dass die Thesen Rindermanns streitbar seien. Rindermann wäre laut Deutschlandradio kein Mensch mit rechter Gesinnung, sondern ein hochkarätiger Wissenschaftler. Dass dies nicht sein kann, hätte bei Beachtung der einschlägigen Literatur auch einem Nicht-Fachmann erkennen können. In Widerspruch dazu stehen zudem die konkreten Untersuchungen Rindermanns. So wäre gerade aus einer Studie Rindermanns, die Grundlage für die Einladung zu Deutschlandradio war, erkennbar gewesen, dass er sich in seinen Untersuchungen nicht zuletzt auf rassistische Annahmen von konservativen und rechtsextremen "Rasse"-Forschern sowie antijüdische Klischees insbesondere von Volkmar Weiss - einem "Sachverständigen" der NPD - bezieht (siehe Dokumentation und Erläuterungen bei:  http://www.antifa.de // siehe Studie von H. Rindermann:  http://groups.uni-paderborn.de/rindermann/materialien/PublikationsPDFs/07EJP)

Nachdem Deutschlandradio mit nachträglichen Änderungen an der Online-Ausgabe des Interviews dieses am Anfang dieser Woche zu "entschärfen" versucht hatte, steht dieses nun wieder in voller Länge auf der Homepage des Senders zur Verfügung. Einziger Unterschied: Der Titel wurde geändert: (siehe:  http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/706040/). Den Vorwurf, Veränderungen an dem Gespräch quasi nachträglich vorgenommen zu haben, wollten sich die Redakteure dennoch nicht machen lassen. Das Faktum, wonach Rindermann seit geraumer Zeit ultra-konservative und rechtsextreme Wissenschaftler als Beleg für seine Studien heranzieht, wird vom Sender in Abrede gestellt. Zu einer öffentlichen Distanzierung ist der Sender nicht bereit, obwohl dessen Redaktion in den letzten Wochen von zahlreichen Hörern und Wissenschaftlern mit Protestmails dazu aufgefordert wurde. In den kommenden Tagen sollen die Proteste weitergeführt werden. Studenten der Uni Paderborn haben erklärt, es sei fragwürdig ob Rindermann weiter als Hochschullehrer tätig sein könne. Auch die Uni Magdeburg prüft offenbar Konsequenzen und hat die Internetseite Rindermanns abgestellt.

Einige Initiativen, Parteienvertreter und Wissenschaftler behalten sich zudem vor, zukünftig für Gespräche im Deutschlandradio zur Verfügung zu stehen, da bisher keine klare Distanzierung erfolgt sei. Es wird der Vorwurf gemacht, der Sender habe in dem Interview ein Forum zur Verbreitung kruder rassistischer Theorien geboten. Die Annahmen scheinen richtig, da Rindermanns Thesen vornehmlich in rechtsextremen Foren wie "altermedia" "rocknord" usw. diskutiert werden und als vermeintlich "wissenschaftliche" Theorien nach dem Motto "Was wir schon immer wussten!" herangezogen werden. Der darin zum Ausdruck kommende Rassismus und Antisemitismus ist in der Tat erschreckend.
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Ergänzungen

etwas genauer bitte?

Quellentext 21.12.2007 - 12:59
Kannst Du bitte mal ein Zitat posten, wo er einen genetisch bedingten Unterschied hinsichtlich der Intelligenz behauptet? An Stellen wie

"Heise: Wie kommen Sie zu der These, Intelligenz ist nach Ethnien genetisch unterschiedlich verteilt?

Rindermann: Ob sie genetisch unterschiedlich verteilt ist, wissen wir nicht so genau, also, was wir genau wissen, dass die Intelligenz sich über verschiedene Länder hinweg stark unterscheidet in ihrem Mittelwert, und wir wissen auch sehr genau, dass auf individueller Ebene hierbei neben Umweltfaktoren auch genetische Faktoren relevant sind."

und

"Vielleicht zunächst mal noch zur Genfrage, ob sich Völker genetisch in der Intelligenz unterscheiden - das wissen wir ja nicht so genau. Wir kennen ja noch nicht die Gene, die für Ausprägung in der Intelligenz verantwortlich sind."

etc. sagt er doch gerade, dass keine genetische Ursache für unterschiedliche durchschnittliche Intelligenz in verschiedenen Ländern festgestellt wurde und eine solche bisher lediglich auch nicht wissenschaftlich ausgeschlossen werden kann.

Die einzige Stelle, die ich als rassistisch verstehen würde ist "Es gibt auf jeden Fall genetische Unterschiede zwischen den Rassen, wenn man diesen Begriff wählt, also zwischen Weißen, zwischen Schwarzen und zwischen Asiaten als die drei Großgruppen.", weil er eben den unwissenschaftlichen Begriff der Rasse verwendet und dadurch größere Unterschiede zwischen den erwähnten Menschengruppen suggeriert als es sie tatsächlich gibt (meines Wissens nach - bin auf dem Gebiet nicht sonderlich bewandert) - wobei allerdings der Begriff "Rasse" von der Moderatorin eingeführt wurde.

Radiointerview mit Raija Kramer - Uni Mainz

Tagesaktuelle Redaktion Radio Corax 21.12.2007 - 14:00

@12:59

tagmata 21.12.2007 - 15:29
a) fallen diese unterschiede nicht mit der "rassen"-einteilung zusammen... die menschen im hochland von äthiopien wären demnach zb keine afrikaner, und wenn man deutsche und franzosen als europäer ansieht müßte man marokkaner direkt mal mit dazunehmen,

b) sind diese unterschiede zu ungefähr 100% unterschiede in *allelfrequenzen*, dh allele die bestimmte regional umreißbare menschenpopulationen kennzeichnen würden gibt es iirc praktisch keine (wenn überhaupt welche) und "gene" die das täten schon gar nicht,

c) ist "intelligenz" ein dermaßen schwammiger begriff, und wenn man sie als evolutionäre errungenschaft ansieht ist ein aborigine der sicher mühe hat in einem iq-test seine 85 punkte zu schaffen (auch wenn der test "kulturell neutral" ist; im outback ist die fähigkeit zahlenreihen logisch fortzuführen gelinde gesagt für'n arsch) intelligenzmäßig jedem iq-150-"asiatischen mathegenie" überlegen - setz sie für 2 wochen in der wildnis aus und schau welcher von beiden noch überlebt (und in der lage ist nachkommen zu zeugen und seine "gene" weiterzugeben)


btw jeder versuch eine unmittelbare genetische komponente des menschlichen intellekts aufzufinden ist bislang grandios gescheitert. und in anbetracht der tatsache daß seit 30 jahren wie bescheuert dran geforscht wird, kann man das streng wissenschaftlich als dezenten hinweis darauf sehen daß ein solcher zusammenhang nicht existiert.

negative resultate und empirische daten die trotz aller bemühungen einfach nicht zustande kommen wollen sind eben *auch* ergebnisse. popper hätte sogar gesagt: es sind die einzig brauchbaren.

das beste was man findet sind gene deren nichtfunktionieren dazu führt, daß das ein fötus anencephalisch wird und so. und das heißt rein biologisch gesehn: end of the line, vermehrt sich ncht weiter.


was wir wissen ist folgendes:

nimm einen menschen - einen *beliebigen* menschen - der auf iq 70 testet und gib seinen nachfahren 2 generationen lang ein intellektuell stimulierendes umfeld. fast immer werden sie dann einen durchschnittlichen iq von über 100 aufweisen. soviel zum thema "vererbung von intelligenz". es existiert ein massiver datencorpus von den iq-tests aus den usa in der 1. hälfte 20. jahrhundert, der zwingend belegt daß keiner der gebräuchlichen "intelligenztests" mehr als nur im hier und jetzt verwertbare daten liefert.

mensch muß sich den kram zusammenklauben (jstor hat viele der älteren publikationen); ihr glaubt ja nicht im ernst daß die eugenik-freaks (die diese daten produziert haben) allgemeinwissen sein lassen wollen, daß sie schlicht gesagt nicht in der lage sind 2 + 2 zusammenzuzählen...

Nochmal

georg 21.12.2007 - 15:43
ich muss hier nochmal die forschungsergebnisse posten, die schon bei einem früheren artikel zu herrn rindemann eingesetzt wurden:


"Nicht nur in der Stellungnahme der UNESCO (1996) wird betont, dass die molekularbiologischen Erkenntnisse über genetische Vielfalt der Menschen Rassenkonzepte ausschließen. Neuere biologische Erkenntnisse haben diese Aussage sogar noch unterstrichen. Dafür gibt es folgende Gründe:

* Mindestens 3/4 der menschlichen Gene variieren nicht, sie sind also bei allen Menschen gleich. Die Variabilität bezieht sich also auf die Allelverteilung des höchstens 25 % ausmachenden Teils variabler Gene
* alle molekularbiologischen Unterschiede betreffen lediglich statistische Verteilungen (Allelhäufigkeiten);
* trotz erheblich erscheinender morphologischer Unterschiede sind die genetischen Distanzen zwischen den geographischen Populationen des Menschen gering. Sichtbare Unterschiede zwischen Menschen täuschen uns über genetische Differenzen. Einige wenige Merkmale überbewerten wir - nur aus dem Grunde, weil sie besonders auffallen. Der »Typus« ist ein schlechter Wegweiser zu genetischen Distanzen: Zwischen (morphologisch fast nicht zu unterscheidenden) west- und zentralafrikanischen Unterarten des Schimpansen (Pan troglodytes) sind sie zum Beispiel etwa 10 mal so groß wie zwischen menschlichen Populationen (z. B. Afrikaner und Europäer).
* Der größte Anteil der genetischen Unterschiede zwischen Menschen befindet sich nicht zwischen, sondern innerhalb der geographischen Populationen. Mindestens 90 % der genetischen Unterschiede befinden sich innerhalb lokaler oder eng benachbarter Populationen, die Unterschiede zwischen den geographischen Gruppen umfassen höchstens 10 % der genetischen Verschiedenheit. Zur genetischen Vielfalt der Menschen trägt die geographische Variation also nur einen sehr kleinen Teil bei.
* Die Häufigkeit der Allele variiert überwiegend kontinuierlich. Zwischen den geographischen Populationen gibt es keine größeren Diskontinuitäten und keine durchgehenden scharfen Grenzen.

Angesichts dieser Ergebnisse muss der Versuch scheitern, die Menschen in mehr oder weniger voneinander unterschiedene Gruppen zu trennen.

!!!!!!Auch statistisch signifikante Unterschiede in Merkmals- oder Allelverteilungen sind deshalb nicht hinreichend, um Populationen als »Rassen« zu klassifizieren. Selbst die traditionelle Gliederung in drei geographische Großrassen (Europide, Negride, Mongolide) ist durch diese Befunde obsolet geworden (vgl. Cavalli-Sforza 1992; Cavalli-Sforza/ Cavalli-Sforza 1994; Cavalli-Sforza/ Menozzi/ Piazza 1994; Kattmann 1995; 2002).!!!!

Die Wissenschaft hat - abgesehen von einigen rechts-konservativen Anthropologen - eine ziemlich einhellige Meinung."

das heißt also das z.b. "huha" einem/einer nigerianerIn sehr viel ähnlicher sein kann als seiner/seinem nachbarIn!!!

bitte tiefer linken

googlhupf 22.12.2007 - 15:31
hier ist der antifa.de-Artikel, dort:
Auch Volkmar Weiss - ein "Sachverständiger" der NPD in Sachsen, der im rechtsextremen Stocker-Verlag publiziert - zieht er dann heran, wenn es darum geht, auf "mathematische Fähigkeiten" und "Besonderheiten" von "Juden" hinzuweisen. Dass "Juden" wie Israelis hier faktisch als gesonderte "Rasse" - die Weiss in Osteuropa "untersucht" haben will - begriffen werden, scheint Rindermann in Kauf zu nehmen.

Die Ansicht, dass Aschkenasim genetische Besonderheiten aufwiesen, wird von einigen Wissenschaftlern geteilt, die (so problematisch solche Thesen auch sind) bestimmt nicht alle Antisemiten sind, siehe z.B. hier und hier. Dies auf alle Juden auszuweiten ist allerdings vollends absurd.

Rindermann u. Co.

Kein Rassekundler 22.12.2007 - 18:52
In seiner Studie (der Link ist ja auch oben gepostet) trifft Rindermann u.a. so pauschalisiernde Aussagen wie z.B.:

"For example, in Israel, there were higher values in reading than in mathematics and science (PISA 2000: 452 vs. 433 and 434); the same verbal pattern is shown in intelligence tests for Jews of other countries by Herrnstein and Murray (1994, p. 275), Lynn (2004), and Weiss (2000)".

Israelis und "Juden anderer Länder" bilden für Rindermann eine Gruppe (er spricht von "cultural, educational, social and genetic characteristics of Jews" (S. 693), die er in Abgrenzung zu anderen Gruppen wie Ostasiaten hinsichtlich kognitiver Fähigkeiten betrachtet. Rindermann bezieht sich in seiner Studie neben anderen Rassisten auf Vollkmar Weiss und seine Schrift "Die IQ-Falle. Intelligenz, Sozialstruktur und Politik" (2000), die in dem rechtsextremen Grazer Leopold Stocker-Verlag erschienen ist. [Ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2005 hat festgestellt, dass dieser Verlag öffentlich als rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch bezeichnet werden kann] Volkmar Weiss - Biologe, Genetiker und ehemaliger Leiter der "Deutschen Zentralstelle für Genealogie" in Leipzig - ist mit rassistischen Positionen schon mehrfach aufgefallen. Er ist auch rürig, wenn es darum geht bei amazon.de mit konservativen und rassistischen Positionen durch Rezensionen Meinungsbildung zu betreiben. Für die NPD saß Weiss als externer Experte in einer Enquetekommission des Sächsischen Landtags. Weiss' neuestes Werk ist der Roman "Das Reich Artam: Die alternative Geschichte der Deutschen 1941 - 2099 im Tausendjährigen Reich in Ost und West". Kapitel lauten u.a. "Die Rassenseele, die Artgemeinschaft und die Rassenschichtenlehre", "Rassenschande" oder "Berlin nach dem Türkenaufstand". Wenn man die Untersuchungen von Weiss ('Die IQ-Falle' und die Homepage www.volkmar-weiss.de) vergleicht, wird deutlich, dass Rindermann, auch andere Annahmen von Weiss teils wörtlich übernimmt und weiter entwickelt.

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