Containerprozess "gewonnen"
Zwei Studierende wurden, weil sie beim Containern beim Kaufland von der Polizei gesehen worden sind, wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs angeklagt worden. Die kurzfristigen Öffentlichkeitsaktionen zu diesem Fall konnten zwar den Filialleiter des Kauflands nicht dazu bewegen, die Anzeige zurückzunehmen, sorgten aber zumindest für einen überfüllten Gerichtszahl. Das Ergebniss der Verhandlung war die Einstellung des Verfahrens.
Vorspiel zum Prozess
Die Öffentlichkeitsarbeit hatte solche Kreise gezogen, dass AktivistInnen von Magdeburg bis Berlin von diesem Fall Wind bekamen. Aber auch in Tübingen selbst erregte der Fall bei einer breiten Öffentlichkeit die Gemüter. Das Tagblatt berichtete in einem Artikel über den Fall und das Containern an sich, das Frühstücksradio von Wüste Welle ging noch etwas genauer auf den Fall ein. Flyeraktionen vor dem Kaufland, die mit großen Mülltonnen auffielen, sollten die Kunden informieren. Es wurden auch über 400 Unterschriften gesammelt, deren Wirkung bei der Übergabe an den Filialleiter des Kauflands, den zu diesem Zeitpunkt nervlich gereizten Herr Schlotter, offensichtlich wurde.
Entscheidend aber für den Prozess, war dass die Angeklagten und ein Kreis von AktivistInnen sich am Abend zuvor mit der Strategie des offensiven Prozessführung und der kreativen Antirepression beschäftigten. Diese versucht Autorität des Gerichts zu dekonstruieren, indem die Zuschauer im Gerichtssaal mit kreativen Aktionen die Unsinnigkeit des Strafprozesses deutlich macht. Die Angeklagten versuch in diesem Ansatz allen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen um den Prozess zu gewinnen oder ad absurdum zu führen. Diese Ansätze, die z.B. von der Projektwerkstatt Saasen (www.projektwerkstatt.de) propagiert werden, werden von vielen Linken, wie in diesem Fall auch dem verteidigenden Anwalt, kritisch gesehen. In diesem Fall jedoch, wurde dir Wirkung deutlich.
Die Verhandlung
Die Verhandlung begann mit einem überfüllten Gerichtssaal, welcher trotz Antrag nicht gewechselt wurde. Als der Richter gerade die Verhandlung eröffnet hatte, kam ein verkleideter Nikolaus herein und überreichte Richter, Staatsanwältin, Gerichtsschreiberin und Angeklagten containerte Schokoladengeschenke. Dann besuchten zwei Kletterer von außen an den Fenstern die Verhandlung. Als alle endlich zur Ordnung zurückgerufen waren, war die Stimmung bereits sehr gelockert. Als bei der Verlesung der Anklageschrift dann der ganze Gerichtssaal ins Lachen ausgebrochen ist, stand schon an eine wirklich ernsthafte Verhandlung weniger zur aussicht. Die ausführliche Befragung der als Zeugen geladenen Polizeibeamten durch die Angeklagten, lehrte den Polizisten, dass auch Angeklagte mal legal unbequem werden können. Schließlich dürfen sie sich als Zeugen zu keiner "Falschaussage" oder Ungenauigkeit hinreißen lassen, weshalb sie ihre Behauptungen, auf denen die Anklage basierte, natürlich nicht mit aller Sicherheit belegen konnten. Um das Spektakel, welches schon zu diesem Zeitpunkt über die veranschlagte Zeit hinüber reichte abzukürzen, gab der Richter zu, dass sie nicht beweisen konnten, dass das in das Gitter, in denen die Mülleimer waren, wirklich verschlossen war.
Die ständigen Hinauszögerungen, die für den Richter nervigen kreativen Aktionen und Zwischenrufe, der Bagatellcharakter des Falles und schließlich noch die vorgelegten Beweisanträge, die eine Vertagung des Prozesses zur weiteren Aufnahme von Beweisen erzwungen hätten, bewegten wohl den Richter und die Staatsanwältin dazu, das Verfahren einzustellen, wenn einer der Angeklagten eine 100 Euro Spende an "Brot für die Welt" machen würde. Eine Einigung, mit der die Angeklagten nicht gerechnet hatten und deshalb zusagten. Schließlich war das Ziel für sie, dass es keine Verurteilung geben sollte, auch um zukünftige Containeris zu schützen, erreicht.
Richter: "Für mich war es eindeutig ein Diebstahl und ein Hausfriedensbruch."
Eine "normale" Gerichtsverhandlung hätte, vor allem wegen den Vorstrafen eines der Angeklagten, wohl zu mittelhohen Geldstrafen oder geringen Gefängnisstrafen wahrscheinlich auf Bewährung geführt. Das verdeutlichte der Richter auch, als er in seinen Schlussworten noch feststellte, dass es sich seiner Meinung nach definitiv um einen Hausfriedensbruch und einem Diebstahl gehandelt hatten! Nur, das gab er zu, fand er es der Sache nicht gerecht, einen zweiten Prozesstag dafür anzulegen, was die Beweisanträge aber gefordert hätten.
Den Erfahrungen von Leuten aus dem Umfeld der Projektwerkstatt sind offensiv geführte Prozesse, solange die Angeklagten hartnäckig bleiben, auch in sehr viel schwereren Fällen eine erfolgreiche Strategie. Die Ablehnung dieser Taktik bei einem Teil der Linken resultiert vielleicht daraus, dass sie diese als weniger effektiv bewerten, keine Energie übrig haben oder dass sie aus ihrer Position generell den Stil des kreativen Widerstands ablehnen.
Ein kleines Nachspiel hat die ganze Aktion immer noch: Im Tagblatt, der lokalen bürgerlichen Presse, als auch auf deren Internetforum, häufen sich die Leserbriefe die ihre Wut über das Kaufland, die Polizei und die Staatsanwaltschaft loswerden. Die Kaufland-Zentrale in Neckarsulm schickte an Studierendengruppen, die ihnen Protestbriefen schrieben, einen Antwortbrief, der behauptet, die Anzeige wäre zurückgezogen worden und eine Verzichtserklärung unterschrieben. Dieser Brief hat einen Schönheitsfehler: er wurde erst ein Tag nach dem Prozess verfasst, wo jegliches Anzeigen-Zurückziehen schon hinfällig geworden ist! Wohl nicht mehr als eine leere Imagepflege.
Übrigens wirbt das Landratsamt Tübingen unter dem Titel "Initatüve für weniger Müll" auf Briefen, die beispielsweise einer Angeklagten von der Jugendgerichtshilfe zugeschickt wurden, für Müllverwertung. Das hier gezeigte Cartoonbild prangt ebenfalls auf den Briefumschlägen.
Die Öffentlichkeitsarbeit hatte solche Kreise gezogen, dass AktivistInnen von Magdeburg bis Berlin von diesem Fall Wind bekamen. Aber auch in Tübingen selbst erregte der Fall bei einer breiten Öffentlichkeit die Gemüter. Das Tagblatt berichtete in einem Artikel über den Fall und das Containern an sich, das Frühstücksradio von Wüste Welle ging noch etwas genauer auf den Fall ein. Flyeraktionen vor dem Kaufland, die mit großen Mülltonnen auffielen, sollten die Kunden informieren. Es wurden auch über 400 Unterschriften gesammelt, deren Wirkung bei der Übergabe an den Filialleiter des Kauflands, den zu diesem Zeitpunkt nervlich gereizten Herr Schlotter, offensichtlich wurde.
Entscheidend aber für den Prozess, war dass die Angeklagten und ein Kreis von AktivistInnen sich am Abend zuvor mit der Strategie des offensiven Prozessführung und der kreativen Antirepression beschäftigten. Diese versucht Autorität des Gerichts zu dekonstruieren, indem die Zuschauer im Gerichtssaal mit kreativen Aktionen die Unsinnigkeit des Strafprozesses deutlich macht. Die Angeklagten versuch in diesem Ansatz allen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen um den Prozess zu gewinnen oder ad absurdum zu führen. Diese Ansätze, die z.B. von der Projektwerkstatt Saasen (www.projektwerkstatt.de) propagiert werden, werden von vielen Linken, wie in diesem Fall auch dem verteidigenden Anwalt, kritisch gesehen. In diesem Fall jedoch, wurde dir Wirkung deutlich.
Die Verhandlung
Die Verhandlung begann mit einem überfüllten Gerichtssaal, welcher trotz Antrag nicht gewechselt wurde. Als der Richter gerade die Verhandlung eröffnet hatte, kam ein verkleideter Nikolaus herein und überreichte Richter, Staatsanwältin, Gerichtsschreiberin und Angeklagten containerte Schokoladengeschenke. Dann besuchten zwei Kletterer von außen an den Fenstern die Verhandlung. Als alle endlich zur Ordnung zurückgerufen waren, war die Stimmung bereits sehr gelockert. Als bei der Verlesung der Anklageschrift dann der ganze Gerichtssaal ins Lachen ausgebrochen ist, stand schon an eine wirklich ernsthafte Verhandlung weniger zur aussicht. Die ausführliche Befragung der als Zeugen geladenen Polizeibeamten durch die Angeklagten, lehrte den Polizisten, dass auch Angeklagte mal legal unbequem werden können. Schließlich dürfen sie sich als Zeugen zu keiner "Falschaussage" oder Ungenauigkeit hinreißen lassen, weshalb sie ihre Behauptungen, auf denen die Anklage basierte, natürlich nicht mit aller Sicherheit belegen konnten. Um das Spektakel, welches schon zu diesem Zeitpunkt über die veranschlagte Zeit hinüber reichte abzukürzen, gab der Richter zu, dass sie nicht beweisen konnten, dass das in das Gitter, in denen die Mülleimer waren, wirklich verschlossen war.
Die ständigen Hinauszögerungen, die für den Richter nervigen kreativen Aktionen und Zwischenrufe, der Bagatellcharakter des Falles und schließlich noch die vorgelegten Beweisanträge, die eine Vertagung des Prozesses zur weiteren Aufnahme von Beweisen erzwungen hätten, bewegten wohl den Richter und die Staatsanwältin dazu, das Verfahren einzustellen, wenn einer der Angeklagten eine 100 Euro Spende an "Brot für die Welt" machen würde. Eine Einigung, mit der die Angeklagten nicht gerechnet hatten und deshalb zusagten. Schließlich war das Ziel für sie, dass es keine Verurteilung geben sollte, auch um zukünftige Containeris zu schützen, erreicht.
Richter: "Für mich war es eindeutig ein Diebstahl und ein Hausfriedensbruch."
Eine "normale" Gerichtsverhandlung hätte, vor allem wegen den Vorstrafen eines der Angeklagten, wohl zu mittelhohen Geldstrafen oder geringen Gefängnisstrafen wahrscheinlich auf Bewährung geführt. Das verdeutlichte der Richter auch, als er in seinen Schlussworten noch feststellte, dass es sich seiner Meinung nach definitiv um einen Hausfriedensbruch und einem Diebstahl gehandelt hatten! Nur, das gab er zu, fand er es der Sache nicht gerecht, einen zweiten Prozesstag dafür anzulegen, was die Beweisanträge aber gefordert hätten.
Den Erfahrungen von Leuten aus dem Umfeld der Projektwerkstatt sind offensiv geführte Prozesse, solange die Angeklagten hartnäckig bleiben, auch in sehr viel schwereren Fällen eine erfolgreiche Strategie. Die Ablehnung dieser Taktik bei einem Teil der Linken resultiert vielleicht daraus, dass sie diese als weniger effektiv bewerten, keine Energie übrig haben oder dass sie aus ihrer Position generell den Stil des kreativen Widerstands ablehnen.
Ein kleines Nachspiel hat die ganze Aktion immer noch: Im Tagblatt, der lokalen bürgerlichen Presse, als auch auf deren Internetforum, häufen sich die Leserbriefe die ihre Wut über das Kaufland, die Polizei und die Staatsanwaltschaft loswerden. Die Kaufland-Zentrale in Neckarsulm schickte an Studierendengruppen, die ihnen Protestbriefen schrieben, einen Antwortbrief, der behauptet, die Anzeige wäre zurückgezogen worden und eine Verzichtserklärung unterschrieben. Dieser Brief hat einen Schönheitsfehler: er wurde erst ein Tag nach dem Prozess verfasst, wo jegliches Anzeigen-Zurückziehen schon hinfällig geworden ist! Wohl nicht mehr als eine leere Imagepflege.
Übrigens wirbt das Landratsamt Tübingen unter dem Titel "Initatüve für weniger Müll" auf Briefen, die beispielsweise einer Angeklagten von der Jugendgerichtshilfe zugeschickt wurden, für Müllverwertung. Das hier gezeigte Cartoonbild prangt ebenfalls auf den Briefumschlägen.
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Ergänzungen
Gö: Freispruch für den Weihnachtsmann
Sehr gut !
war doch kein freispruch!!
Worum geht es überhaupt?
Containern Info auf Wikipedia
Dies kann meist bei Containern von Supermärkten, aber auch bei Fabriken, beobachtet werden. Das oft noch genießbare Essen wird meist wegen abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum, Druck- und Gammelstellen oder als Überschuss weggeworfen.
Da das Mindesthaltbarkeitsdatum nur angibt, bis wann Lebensmittel auf jeden Fall ohne wesentliche Geschmacks- und Qualitätseinbußen sowie gesundheitliches Risiko verzehrt werden können, ist nicht auszuschließen dass die Ware noch nach Ablauf des Datums genießbar ist.
weiterlesen auf...
http://de.wikipedia.org/wiki/Containern
Das ist containern:
Zur Strategie der kreativen Antirepression
Der Prozess in Tübingen ist wahrscheinlich vor allem deswegen eingestellt worden: Es hätte sonst noch ein bisschen gedauert. Beweisanträge waren angekündigt worden, u.a. die Kauflandmanager selbst laden. Zweite Instanz ...
Insofern: Offensive Prozessführung hat Auswirkungen auf den Verlauf und kann vieles verhindern. Defensive Strategien (z.B. demütig dasitzen und schweigen) verkürzen und entpolisieren Prozesse. Das hilft den RichterInnen.
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
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