Da hat es schon den Richtigen getroffen...

nachdenker 13.11.2007 00:02 Themen: Medien Repression Weltweit
Eine Meinung zum Tod an Gabriele Sandri und zu den folgenden Reaktionen
Am Sonntag den 11. November 2007 erschoss ein Streifenpolizist aus -
laut etablierten Medien - bisher ungeklärten Gründen einen italienischen Fußballfan
im Kontext einer Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Fangruppen.

Nachdem sich die Nachricht vom Tod des Lazio Rom Anhängers wie ein Lauffeuer verbreitete
verbrüderten sich italienweit Hooligans und Ultras und griffen gemeinsam Polizeibeamte, Polizeifahrzeuge und schließlich mehrere Polizeistationen sowie den Sitz des Nationalen Olympischen Komitees Italiens an.

Die Stellungnahme des Todesschützen ließ nicht lange auf sich warten, dieser bedauere den Vorfall zutiefst, denn er habe damit 2 Familien zerstört (seine und die des Opfers). Die windige Theorie zum Tathergang, nach welcher der Schütze zuerst nur einen Warnschuss in die Luft abgab, um die Schlägerei aufzulösen und danach, um wenigstens ein Kfz-Kennzeichen zu haben, einen kurzen Sprint hinlegte bei dem sich zufällig ein Schuss löste, der genau in die Heckscheibe des Wagens und in den Nacken von Gabriele Sandri traf, möchte ich hier nicht weiter auseinandernehmen. Bereits im Laufe des Montags ging eine Zeugenaussage durch die Medien, die von einem gezielten Schuß spricht.

In der ach so kritischen alternativen Szene meldeten sich sofort mediengeschulte Kenner der Materie zu Wort und erkannten schnell, dass es sich bei einem Lazio-Anhänger wohl um einen Nazi handeln muss. Thema abgeschlossen: Nazi erschossen - wen interessierts. Keine Solidarität mit Faschisten, die Riots sind für'n Arsch und sowieso.

Nachdem kurz Stimmen laut wurden, es gäbe nicht nur Faschisten im Fanblock und bei den sich solidarisierenden Ultras wären wohl auch etliche Antifaschisten am Ausrasten kam flux der Beweis von der Myspace-Seite von Gabriele: ein Foto aus dem Album mit irgendeinem Typen der einen Hitlergruß in die Kamera zeigt. Fazit für viele: doch Nazi, doch den richtigen getroffen.

Ich möchte das hier nochmal kurz auf den Punkt bringen: über ein Foto auf einer Myspace-Seite wird über das Recht eines Menschen zu leben entschieden. Auf parallele Denkweisen brauche ich hier sicher nicht extra zu verweisen, aber erstmal herzlichen Glückwunsch dazu.

Mir jedenfalls wird bei den Vorkommnissen und deren Bewertung in großen Teilen der linken Szene schlecht.

Ein Konstrukt:

Seit Jahren werden Terrorgesetze, auch in Italien, verschärft. Ausschließlich zur Abwehr
von Terroristen. Eine ziemlich unbeliebte Randgruppe der Gesellschaft: Neonazis, Neofaschisten, Straßenschläger und Randalierer in einem Topf ist seit Monaten in den Schlagzeilen und ständig wird die Frage nach Lösungen gestellt.

Plötzlich eine absolute Provokation: irgendein Idiot von Streifenpolizist feuert einen tödlichen Schuß auf einen der Unbeliebten ab. Tragischer Zwischenfall, Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung. Ein Bauernopfer.

Viel besser aber: die Szene der gehassten Randalierer reagiert. Wie erwartet. Geschlossen gegen die Staatsmacht. Ein mächtiger Schlag mit gewaltigem internationalem Medienecho.

Festgenommene werden des Terrorismus angeklagt. Auf einmal hat man als Gewalttäter Sport nicht mehr mit Verfahren wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu rechnen, nein, man geht vielleicht als Terrorist für 20 und mehr Jahre in den Bau.

Welch Glücksfall für das verendete Latein des Sicherheitsapparates.

Und wie gut dass keiner Lust hat sich mit randalierendem Naziabschaum zu solidarisieren.

Bis zum nächsten mal, wenn wir dran sind.

Gabriele Sandri wurde nicht erschossen, weil er vielleicht ein Faschist war.
Gabriele Sandri hätte jeder von uns sein können.

Die sich solidarisierenden Ultras werden nicht als Terroristen bezeichnet und womöglich verurteilt, weil sie Faschisten sind. Es hätte jeden von uns treffen können.
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Ergänzungen

Entpolitisiert

AntifaHool 13.11.2007 - 05:48
Nadenker hat Recht, wir sind alle gemeint. Leider gibt es auch in unserer Szene Leute, die sich nicht über die politische Dimension dieses Mordes bewußt sind, aber zum Glück sind Reaktionen in den Kommentaren auf Indy nicht representativ für "die" Linke!!

Berichterstattung

kb 13.11.2007 - 22:27
Manchmal möchten wir...

... uns einfach nur angewidert abwenden. Und es ist wieder einmal so weit. Am Sonntag wurde ein Tifoso des italienischen Fußballclubs Lazio Rom von einem Polizisten erschossen. Ob versehentlich durch einen "Schuss, der sich zufällig gelöst hat" oder nicht sei dahingestellt, die Ermittlungen laufen noch, ein Urteil wollen und können wir uns nicht erlauben. Gabriele Sandri ist tot, unnötig tot. Wir sollten ihm gedenken, der irgendwo einer von uns war, denn er begeisterte sich für den selben Sport wie wir, den Fußball.

Doch unsere Anteilnahme, unsere Trauer, unser Schockzustand wird wieder einmal gestört von boulevardesken Auswüchsen der Medienberichterstattung. Denn weil Ultras in Italien auf die überzogene Aktion des italienischen Polizisten mit wütenden Protesten und Gewalt reagieren, weil sie - in zugegebenermaßen extremer Art und Weise - ihrer Wut und Trauer Ausdruck verleihen, steht der Boulevard Kopf. Und so schreibt zum Beispiel auch die Hamburger Morgenpost einen dermaßen zusammenkonstruierten Müll, dass man am liebsten dem verantwortlichen Redakteur vor die Füße kotzen möchte und dem Chefredakteur, der diese Hirnwichse auch noch abdrucken lässt, erst recht! Anstatt den gesunden Menschenverstand einzusetzen plappert man die Terrorismustheorien der italienischen Justiz nach, die vom eigentlichen Skandal, der Tötung des Tifoso abzulenken versucht und in dümmlich aktionistischer Weise hunderttausende an den Krawallen nicht beteiligte Menschen mit einem Reiseverbot belegt. Da wird der Fall Filippo Raciti herangezogen und von einem Stein mit einem Sprengsatz fabuliert, der ihn getötet habe. Dabei scheint an der Mopo mal wieder vorbei gegangen zu sein, dass es immer wahrscheinlicher wird, dass der Carabiniere überfahren wurde und dies die Todesursache ist. Da werden Ultras als Bestien dargestellt, anstatt investigativ den Tod von Gabriele Sandri zu beleuchten oder zumindest diesen in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu rücken.

Es ist mehr als beschämend, wie der Tod eines Menschen derart nebensächlich zu werden scheint, wenn man doch lieber mit der Schlagzeile "Fußballkrieg in Italien" aufmachen kann. Von Pietät und Fingerspitzengefühl keine Spur, seriöser Journalismus zeilenweit nicht in Sicht, wirkliche Aufklärung offenbar nicht gewollt. Es ist einfach nur würdelos.

Schämt euch!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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was wissen wir schon

egal 13.11.2007 - 01:41
was wissen wir schon.
die frage nazi oder nicht kann ich nicht beantworten,aber ich weiß das die waffen bei den europäischen bullen immer lockerer sitzen da sie in 99% der fälle keine strafen zu erwarten haben.
und das sollte thema in den ergänzungen sein,darum ob es sich wirklich um einen nazi handelt wird sich die italienische linke kümmern.

traurig

ich 13.11.2007 - 02:11
ich finde es lediglich traurig das die deutsche linke sich mehr mit dem tod eines fussballfans in italien als mit dem tod eines genossen aus madrid beschäftigt

naja

naja 13.11.2007 - 11:25
Natürlich ist jeder Mord ein Skandal.
Die bürgerlich kapitalistische Gesellschaft ist voll von Herrschaft und Unterdrückung auch wenn sie sich inzwischen gewöhnlich nicht mehr durch Mord ausdrückt.

Das heißt aber nicht das jede Form von Widerstand gegen die Normalität progressiv ist.
Das entstehen einer Querfront ist gefährlich auch wenn es den Nazis im großen bisher nicht geglückt ist.

@nachdenker

Antifa Ultrà 13.11.2007 - 12:08
Danke für diesen Beitrag, du sprichst mir aus dem Herzen. Es ist erschreckend, dass die angeblich so schlauen Antifas diese Zusammenhänge nicht erkennen und glauben sie wären ultraradikal, wenn sie den Tod eines Laziofans toll finden. Auf der anderen Seite aber die überwiegend weniger gebildeten, links-alternativen Ultras in Italien diejenigen sind, die solche Zusammenhänge erkennen und sie und damit auch den Tod des Laziofans kritisieren (der im Übrigen kein Nazi war und auch kein Antifaschist)

Es steht wirklich schlecht um große Teile der deutschen Antifabewegung.

danke....

arkangel 13.11.2007 - 12:33
vielen dank für das posting, wurde zeit das mal so zu nennen wie es ist, hatte dazu schon etwas in einem anderen posting geschrieben, die teilweise stattfindende reaktionäre hetze eines teiles der linken ist unerträglich und nicht hinnehmbar und von diesem gequatsche a la querfront kann ich schon überhaupt nichts halten.es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß in italien gene mal die knarre gezückt wird, gegen wen ist eigentlich egal und es zeigt eindrucksvoll, wie eng verknüpft der repessive apperat von staat- und polizei funktioniert.weil jetzt einige denken, verdammt es hat ja den richtigen getroffen, war ja schließlich n ultra von lazio, wird das tatächliche problem unter den teppich gekehrt, mal davon abgesehen, daß es sich eben nicht um einen nazi handelte, so wie eben nicht jeder bei lazio ein faschist ist und ich bin sicherlich keiner, der sagen würde, bei lok leipzig oder dem bfc ist nicht jeder ein nazi, völlig anders sieht es bei diesen kleinen amateurvereinen aus, ganz anders sozialisiert sind deren anhänger.lazio hat zugegebenerweise ne menge arschlöcher am start, aber auch eben ne menge nicht idioten und einige politisch auf ner anderen seite stehende, so wie es eben in ganz italien beim fußball aussieht, egal ob es bergamo, rom, mailand oder sogar livorno ist, wo auch nicht jeder anwesende zuschauer die politische meinung eines teils beführwortet, weswegen eben nicht jeder ein kommunist, stalinist oder anarchist ist, sonern, man soll es nicht glauben, auch einige nur wegen des fußballs zu livorno gehen.wer versucht, das zu verneinen oder in abrede zu stellen, hat entweder keine ahnung von itlaienischem fußball (oder fußball insgesamt, insbesonderer verschiedener fankulturen- und zusammensetzungen) oder macht es sich eben so einfach wie es nur geht....als ob es bei den bullen ne rolle spielen würde auf wen sie schießen, querfrontbestrebungen können also nur von leuten als begründung einer fehlenden solidarisierung herangeführt werden, die es eben nicht besser wissen, oder, was weit schlimmer ist, nicht wissen wollen.meiner meinung nach gibt es zwei diskussionstandpunkte, einer davon ist die gewalt, die von bullen und staatsbediensteten ausgeht.das ist der punkt bullengewalt und repression, den ich alleine dargestellt haben möchte und der andere punkt ist der notwendige kampf gegen neofaschistische bestrebungen und bemühungen.beides in lächerlicher art- und weise durcheinanderzuwerfen, ist kontroproduktiv und sorgt im endeffekt nur dafür, daß es über nichts eine auseinandersetzung geben kann, der vorwurf der querfront wird allzuoft herausgeholt in letzter zeit, wenn es um die analyse verschiedener dinge geht, sich immer schön auf irgendwelchen floskeln und parolen ausruhen um zu rechtfertigen, das stillstand das auserkorene ziel zu sein scheint.humanistische grundzüge müssen auf verscheidenen ebenen diskutiert werden, selbstverständlich darf es keine auseinandersetzung innerhalb einer radikalen linken darüber geben, ob nazis mit körperlicher gewalt angegangen werde dürfen.....

solidarität....

nachfrage 13.11.2007 - 14:02
...auch dann wenn er in einer faschopartei organisiert gewesen wäre?
ist ja nicht so abwägig oder? wer schon fotos mit dem hitlergrusz in netz veröffentlicht...scheint damit ja keine probleme zu haben....das bullen schweine sind das ist hier jawohl bekannt, aber das läßt faschos nicht zu freunden oä werden nur weil sie unter repression leiden...
und: ja! es hätte jeden treffen können...in dem fall nicht solidarität mit dem opfer sondern den polizeistaat angreifen der diese "mörder in grün" auf die strasse läßt.

Solidarität mit dem Opfer?

Antifa Ultrà 13.11.2007 - 15:13
Hier wird von von denen, die kein Problem darin sehen, dass ein Laziofan erschossen wurde immer von Solidarität mit dem Opfer gesprochen und davon, dass man mit Lazifans und vermeintlichen Nazis nicht solidarisch sein kann.

Aber um Solidarität mit dem Opfer geht es hier überhaupt nicht. Es ist tot! Es geht darum die herrschenden Zustände zu kritisieren und die Polizeigewalt und mediale Hetze gegen alle Ultrà in Italien.

Wenn der Großteil der Antifas in Deutschland wirklich so eindimensional denkt, wie es die Komentare bei Indymedia langsam glauben machen, dann werde ich mich wohl in Zukunft besser von den politischen Aktionen fern halten und nur noch zum Fussball gehen. Sie ist echt megafrustrierend diese umgreifende Dummheit unter den Politfreaks.

erschossener Jugendlicher

egal 13.11.2007 - 18:27
Natürlich ist das nur Medienhetze, wenn ein - von der Polizei - erschossener Jugendlicher sofort als "Neonazi" verunglimpft wird, um die natürliche Kritik von der Linken am Polizeistaat auszuhebeln. Nächstens ist ein Autonomer dran. Das gegen den aufflammenden militanten Widerstand & Agression auf den Straßen sofort die Anti-Terror-Gesetzgebung bemüht wurde, und auch von Prodi & Berlusconi bejubelt wurde, zeigt nur die Angst der Herrschenden vor steigender Wut und Militanz in der italienischen Bevölkerung.
Selbst gegen die Mafia-Banden in Süd-Italien wurden die Anti-Terror-Gesetze nicht benutzt - gegen die Bevölkerung schon.

Gedenken an Gabriele Sandri

Anti-Policia 13.11.2007 - 19:16
Onore A Gabriele Sandri


against all Cops
stop police madness

We're Footballfans not Criminals

A.C.A.B.

ULTRAS LIBERI

ONORE GABRIELE SANDRI

nazi?

antifa 14.11.2007 - 15:30
"über ein Foto auf einer Myspace-Seite wird über das Recht eines Menschen zu leben entschieden."
so ein quatsch - es wird doch nicht über sein "recht" zu leben entschieden, sondern darüber, wie mensch sich dazu verhällt. fest steht, das der club, dessen fan er war, nicht einfach nur ein paar recht anhänger hat, sondern der spielführer nach jedem tor den hitler-gruß zeigt. welcher linke wäre denn bitte fan von einem solchen club?
das gibt den bullen sicher nicht das recht ihn zu erschießen - auf KEINEN fall. aber ich werde mich nicht mit menschen solidarisieren, die kein problem mit nazis haben oder selber welche sind. dann könnt ich auch gegen ein verbot einer npd-demo solidarisch sein, wiel ich für die versammlungsfreiheit bin...
a.c.a.b. - fight nazis!

@antifa

blabla 14.11.2007 - 15:56
wegsehen und ignorieren wenn jemand erschossen wird heißt für mich sehr wohl über dessen recht zu leben entscheiden. wenn ich dieses recht wirklich anerkenne werde ich es verteidigen, auch das von anderen.

imo hat das bekämpfen von leuten, die vorhaben andere auf der straße zu erschießen jedenfalls keine priorität vor der bekämpfung solcher, die es bereits tun, auch wenn es sich bei den opfern möglicherweise um zuerst genannte handelt. klar?