Nach der ASEM Demo – Zug 21 dreht durch

doppeldrei 29.05.2007 15:54 Themen: G8 G8 Heiligendamm Repression
Nach der ASEM – Demo kam es im Viertel um die Flora / Convergence Center zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen. Besonders betroffen war unter anderem die sogenannte „Schanzenburg“ zwischen Schulterblatt und Schanzenstraße. Der Zug, der dort eingesetzt wurde und ein echtes Fiasko erleben musste, viel später am Abend mehrmals durch ein äußerst brutales Vorgehen auf.
Nach der ASEM Demo – Zug 21 dreht durch

Nach der kraftvollen Demo gegen den ASEM-Gipfel kam es im Anschluss zu heftigen Jagdszenen auf dem Heiligengeistfeld und in der Schanze. Erst beruhigte sich die Lage ein wenig vor der Flora, vor der sich dann die auseinandergetriebenen Gruppen wiedertrafen. Allerdings dauerte es nicht lange, dass die Polizei sehr massiv auftrat und die Versammelten auf dem Achidi-John-Platz erneut mit Wasserwerfern und Schlagstockeinsatz auseinandertrieb.

Zu diesem Zeitpunkt hielten sich etwa 300 – 400 Personen in diesem Bereich auf. Wer nicht schnell genug war, wurde abgegriffen und in Gewahrsam genommen. Danach wurde der gesamte Bereich um die Flora / Convergence Center abgeriegelt. Die Folge war, dass die Gruppen in den ganzen Stadtteil vertrieben wurden und dort kam es an verschiedenen „Brennpunkten“ zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Einer dieser Orte war die „Schanzenburg“ ein Hinterhof-Wohnprojekt zwischen Schulterblatt, Bartelsstraße und Schanzenstraße.
Nachdem eine größere Gruppe in den Innenhof / die Schanzenburg geflüchtet ist und die Polizei versuchte in den Innenhof einzudringen flogen von dort durch den schmalen Toreingang Flaschen und Steine. Da so ein Eindringen der Polizisten nicht möglich war, wurde minutenlang mit einem Wasserwerfer in den Toreingang gespritzt.
Dann drang der „Zug 21“ der Hamburger Bereitschaftspolizei in die Schanzenburg ein(Bild 4). Doch es dauerte nur einige Minuten und man hörte von drinnen laute Rufe und Getrampel. Dann flogen die Holztore des Toreingangs auf und lautem Keuchen und Husten stürmten die Polizisten aus der Einfahrt heraus. Mich erinnerte das ganze ein wenig an einen Western mit Bud Spencer und Terence Hill. Die Polizisten rissen die Visiere hoch und schnappten nach Luft, die meisten waren mit heller Farbe eingeschmiert(Bild 5 und 6). Offensichtlich waren sie innerhalb der Schanzenburg mit Farbbeuteln in Empfang genommen worden. Das Keuchen und Husten wurde durch ein Reizgas ausgelöst und einen kurzen Moment später konnte man auch außerhalb des Eingangs durch die Reizung von Atmung und Augen deutlich wahrnehmen dass drinnen ein Reizgas versprüht worden war.
Ob nun diese Reizgas von den Leuten in der Schanzenburg versprüht wurde um sich den Rücken freizuhalten oder einer der Polizisten, die ja alle mit CS- oder Pfefferspray ausgerüstet, Einsatz davon gemacht hat kann ich nicht beurteilen. Die Menge, die versprüht wurde muss ziemlich groß gewesen sein, denn es waren etwa 15-20 Polizisten betroffen und das Gas drang eben auch auf die Straße und war in größerem Umkreis wahrzunehmen. Die Vermutung liegt nahe, dass das Gas von der Polizei eingesetzt wurde und sich durch den kleinen Hinterhof und den Wind dort durch pfeift sich gegen sie selbst gerichtet hat.

Nach einer kurzen Erholungspause, in denen die Augen ausgespült und die Gesichtet gewaschen wurden (Bild 6 und 7), entschloss sich der Zug unter der Führung vom vermutlichen Zugführer (Bild 8) erneut in die Schanzenburg zu gehen, um die Leute abzugreifen. Ich war ziemlich erschrocken über diese Entscheidung, denn man sah den Polizisten an, dass sie extrem wütend waren und sie sich für das Fiasko revanchieren wollten. Nach meiner Einschätzung hätte dieser Zug aus dem Einsatz genommen werden müssen, um überzogene und brutale Reaktionen zu verhindern.
Sie stürmten also erneut in die Schanzenburg und durchsuchten den Hof. Dabei machte einer der Bewohner wütend darauf aufmerksam, dass der Innenhof ein privates Grundstück sei und die Polizei kein Recht habe sich dort aufzuhalten. Er wurde ignoriert - soviel zu Bürgerrechten und Grundgesetz.
Die Polizisten mussten sich nun ihr zweites Fiasko eingestehen. Denn die Gesuchten waren längst über die Hinterhöfe und Ausgänge Bartelsstraße und Schulterblatt verschwunden.
Damit schienen die Geschehnisse in der Schanzburg beendet. Die Polizei übertrieb die Vorkommnisse später in ihrem Bericht in unerträglicher Weise. Aus dem Polizeibericht: „Im Bereich der Schanzenstraße wurden Einsatzkräfte von einer noch nicht festgestellten Person mit einer unbekannten Flüssigkeit besprüht und dadurch verletzt.“ Und weiter heißt es: „Aufgrund der in der Schanzenstraße erlittenen Augenreizungen werden derzeit 150 Polizeibeamte ärztlich behandelt.“
Beides ist nicht richtig. Zum einen war das, was dort versprüht worden war eindeutig ein Gas, sonst hätte es sich nicht bis auf die Straße nach außen verteilen können. Flüssigkeit klingt wohl besser, weil das im Zusammenhang mit Augenreizungen natürlich schnell an einen „Anschlag mit Säure“ erinnert.
Weiter ist die Anzahl der Betroffenen maßlos übertrieben. Es ist ein Zug dort hineingegangen, der Zug 21. Ein Zug besteht aus 20 Polizisten und von denen waren nicht alle so schlimm betroffen wie die beiden auf Bild 6 und 7.
Erst bei meiner Durchsicht aller gemachten Bilder stellte ich dann später fest, dass der Zug 21 offensichtlich frustriert von der Aktion in der Schanzenburg im weiteren Einsatz besonders brutal vorgegangen ist. Im Kreuzungsbereich Pferdemarkt/ Schanzenstraße/ Schulterblatt provozierten Polizisten von Zug 21 die herumstehenden Leute durch martialisches Auftreten und Verhalten, sobald sich dann eine Möglichkeit ergab wurde zugegriffen. Teilweise fand eine echte Hetzjagd statt. Zwei der brutalen Übergriffe konnte ich dann fotografieren. Einer der Betroffenen schrie einen Polizisten an, dass er nur „seinen Hund habe holen wollen“ (Bild 16). Die Antwort darauf war dass er, obwohl schon durch Kabelbinder gefesselt, auf den Asphalt gedrückt wurde und ihn mehrere Polizisten mit Knien traktierten (Bild 18). Als er abgeführt wurde drückte man ihn brutal in eine normale Wanne zwischen die Sitzreihen auf den Boden, es saßen drei Polizisten auf ihm drauf.
Bei der zweiten brutalen Festnahme wurde der Mann mit dem roten T-Shirt durch Faustschläge und Knüppelschläge misshandelt. Er war durch drei Polizisten fixiert, einer drückte den Kopf auf den Asphalt, die beiden anderen schlugen zu. Einer mit dem Knüppel auf die Beine, der zweite mit der Faust auf Rippenbögen und Nierenbereich.

Zu diesem Zeitpunkt aber war mir noch nicht klar, dass es der gleiche Zug wie aus der Schanzenburg war. Erst beim Durchsehen der Bilder fielen mir dann die Farbbeutelklekse an den Uniformen auf, dann natürlich die Nummern an den Helmen und bei genauerem hinsehen erkannte ich dann auch den vermeintlichen Zugführer wieder, der sich hoffentlich für sein Vorgehen verantworten muss.
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Ergänzungen

@farbe

stimmt nicht 29.05.2007 - 17:51
die 21er waren schon kurz vor dem kessel auf der brücke durch ihre "farbe" aufgefallen. der "farbige" bulle auf bild 6 wurde da gewaltig von den clowns verarscht und von den demonstranten ausgelacht. zu anfang grinste er noch, kurz drauf wirkte er so als würde er gleich die clowns zusammenschlagen. der typ mit dem schnäuzer hat daraufhin seinen zug anscheinend ein ganzes stück zurückbeordert (bis an den brückenrand). der typ mit dem schnäuzer hat auch schon bei der ersten wawe-blockade den transpi-trägern gedroht, dass die demonstration nicht weitergehen würde, wenn sie nicht das transparent einpacken. wo der trupp die farbe abbekommen hat habe ich aber nicht mitgekriegt.

@farbe

und nochmal 29.05.2007 - 18:40
hier nochmal das entsprechende bild zur clownsnummer:  http://media.de.indymedia.org/images/2007/05/179051.jpg

@stimmt nicht

doppeldrei 29.05.2007 - 18:40
Vielen Dank für den Hinweis und die Richtigstellung!
Ich habe das deshalb geschrieben, da ich einen der Polizisten angesprochen habe, was dort drin geschehen ist. Vermutlich habe ich diesen Satz falsch begonnen... Ich habe ihn nähmlich gefragt, ob sie drin mit Farbbeuteln und Reizgas empfangen wurden, woraufhin er mit ein wenig entgeistert anguckt hat und dann deutlich mit "ja" geantwortet hat. Von daher bin ich erst einmal davon ausgegangen, dass seine Antwort der Wahrheit entspricht.

Apropos Reizgas

Manne 29.05.2007 - 19:07
Im Spiegel und einigen Regionalzeitungen wird gesponnen, daß die Demonstranten das Reizgas gegen die Polizisten eingesetzt hätten und überhaupt die Polizei sich nur gewehrt hätte gegen die krassen Randalierer.

"flüssigkeit"

l 29.05.2007 - 19:30
soweit ich weiss, werden cs-gas und pfeffersprays immer in form einer flüssigkeit eingesetzt, die dann unter druck zerstäubt wird...

mit gas hat das ganze eh wenig zu tun.

Farbflecken

n 29.05.2007 - 19:39
Also der Farbklecks auf dem Helm während der Demo blieb so weit ich das gesehen habe der einzigste. Es waren nur 2 Polizisten von der Farbe betroffen. Spricht also nicht unbedingt dagegen, dass in der Wagenburg auch nochmal Farbe dazu gekommen ist.

Die Polizeikette wurde auf der Brücke zurückgezogen, nachdem die Veranstaltung aufgelöst wurde. So hatte ich das Zurückziehen wenigstens interpretiert.

Aber der bericht ist klasse - vielen Dank für die Infos. Ein vorbildliches Gedankenprotokoll.

Polizei schädigt sich selbst

129a 29.05.2007 - 21:06
in bezug aufs reizgas scheinen andere medien wie zum beispiel die sueddeutsche besser informiert zu sein:  http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/160/116044/

menschenjäger treibjagd in hamburg

cheesburger 29.05.2007 - 21:09
mit senf

@n wg. farbe

stimmt nicht 29.05.2007 - 23:10
ich stand ziemlich dicht bei den farbverschmierten. der uns aus bild 6 bekannte bulle war am auffälligsten getroffen. eine kuh aus dem zug hatten hinten auf dem helm n fetten farbklecks (ich meine, dass es die rechts in bild 7 ist) und einige andere (schätze 3-4) hatten mehrere farbspritzer auf der uniform. den links im bild 4 meine ich auch auf der brücke gesehen zu haben, da bin ich mir aber nicht 100%-ig sicher.

ob der rückzug wg. der auflösung stattgefunden hat weiß ich nicht, weil ich nicht mitbekommen habe, dass die demo aufgelöst wurde. ich bin, bis ich zuhause war und indy gelesen habe, der meinung gewesen die bullen hätten die demo aufgelöst.

Auflösung

der Demo 22.11.2007 - 21:14
Die Demo wurde von den Veranstaltern aufgelöst. Am Rödingsmarkt waren Durchsagen vom Lauti zu hören.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 10 Kommentare

reizgas

(muss ausgefüllt werden) 29.05.2007 - 18:20
am 1. mai 2006 setzte ein völlig überforderter zug der bayerischen bereitschaftspolizei auch reiz-/tränengas gegen demonstranten ein. weiß nicht genau was es war, jedenfalls knallte es zweimal kurz und danach sind alle mit tränenden augen weggerannt. damals haben's die bullen aber auch ordentlich selber abgekriegt - beim zurückschauen konnte mensch sie hustend und keuchend am straßenrand sehen.

empfehlung an schanzenburg und die fotografIn

egal 29.05.2007 - 18:48
das eindringen oin den hinterhof ohne durchsuchungsbeschluß würde ich von rechtsanwältInnen prüfen lassen um evtl gerichtlich dagegen vorzugehen.

dem/der fotografin rate ich sich zu überlegen die bilder an "bürgerliche" presse zu geben, eine gegendarstellung zu veröffentlichen, ggf die bullen anzuzeigen, weil mensch eindeutig bullen wiedererkennen kann und der übergriff gut dokumentiert ist. momentan ist die stimmung zwar eindeutig auch gegen uns aber die polizeiaktionen werden doch hin und wieder als überzogen gesehen, vielleicht geht da was?
solidarische grüsse an die betroffenen!

@doppeldrei

stimmt nicht 29.05.2007 - 19:03
kein problem. da sieht man ja, wie weit man den herren in grün trauen kann. kannst deinen artikel ja nochmal anpassen. liest sich aber richtig gut, informativer als viele andere. *thumbs up*

flüßigkeit gas

egal 29.05.2007 - 20:26
flüßigkeit oder gas ist doch egal

Heul Doch Heul Doch Heul Doch Heul Doch

Gegendarstellung

jo 29.05.2007 - 21:02
Ich stimme " egal" zu 100% zu! hatte auch spontan den Einfall, das könnte doch als Gegendarstellung genutzt werden. Wenn es dir möglich scheint, überlegs dir! Super Bericht und Bilder!

unbekannte flüssigkeit

serk 29.05.2007 - 21:08
vielleicht is mit der "unbekannten Flüssigkeit" auch die farbe gemeint gewesen...

respekt an den forographen!

american hardcore 29.05.2007 - 21:18
der fotograph hat hier wirklich sehr gute arbeit geleistet!
da hier eine einwandfreie identifikation der bullen möglich ist,sollte man diese auch ausnahmslos zur rechtenschaft ziehen!
es ist unverantwortlich dass die bullen, auch wenn sie sich in stresssituationen befinden dermaßen überreagieren!diese verhältnisse sind undzumutbar!sehr schön,dass sie hier malihre eingene scheiß abbekommen haben und nun wissen wie es sich anfühlt :-D ! sehr schön...^^
bis bald, im "urlaub" ;)
block g8!
ramo-bullen zu rechenschaft ziehen!

Grundrechte außer Kraft

Heyerdahl 30.05.2007 - 08:59
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu dieser Aktion, excellent! Dieser Bericht zeigt, wie auch Berichterstattung auf einem freien Sender von gestern Abend, das in Hamburg alle Grundrechte der Versammlungsfreiheit nicht mehr gelten. Angeblich ist eine Person in U-Haft!! genommen worden, weil er/sie gegen die Auflagen eines Platzverweises verstoßen hat. Das ganze hier in Hamburg ähnelt doch stark den Verhältnissen, die zur Zeit in Moskau gelten, soll heißen, Grundrechte ade. Und wenn Ole sich kritisch über seinen Moskauer Amtskollegen äußert, sollte er lieber das Maul halten, er ist nicht besser. Der Überwachungs -und Polizeistaat ist in Hamburg zur Realität geworden. Und genau darum, und genau deswegen jetzt, alle auf die Straße, zivieler Ungehorsam ist angesagt, wir dürfen die Straße nicht den Schergen überlassen, dieser Fehler wurde in Deutschland schon einmal begangen und es enstand die Nazi Herrschaft!

Fight back - now!!

Kämpferische Grüsse
Heyerdahl

Bild von der ADF

Mussdassein 30.05.2007 - 09:12
Leute, auf dem Bild von der ADF sind deutlich Leute zu erkennen! Solche Bilder haben auf indy nix zu suchen! Wir müssen den Bullen doch nicht die Arbeit abnehmen!

Die Fotos sind nichts wert

Die Realität 30.05.2007 - 10:36
Sorry, aber die Fotos sind vor Gericht gar nichts wert. Es lässt sich in keinster Weise erkennen, dass überzogen gehandelt wurde, auch wenn das manche gerne reininterpretieren. Videoaufnahmen wären das einzig sinnvolle. Es ist ja nicht mal erkennbar, welche Art Provokationen von den Festgenommenen ausgegangen sind-
Nochmal sorry, aber so wird das nichts, da reden die sich einfach raus und da schaut sich kein Staatsanwalt auch nur die Videoaufnahmen der Polizei (gibt es welche?) an...