Besetztes Hotel Stein&Graben in Basel geräumt

Autonomes Medienkollektiv Freiburg 08.05.2007 01:53 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
In Basel wurde am 7. Mai 2007 ab 10 Uhr das seit dem 1. Mai besetzte Hotel am Steinengraben 51 von einem Großaufgebot Bullen geräumt. Nach einer Stunde haben die Bullen es im dritten Anlauf geschafft, doch noch das Hotel zu stürmen. Es wurden 23 BesetzerInnen festgenommen und in den Knast am Kannenfeldplatz gebracht. Seit der Etablierung der Villa Rosenau werden Neubesetzungen konsequent geräumt, um ein weiteres Anwachsen der Squatterszene zu verhindern.

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Am 1. Mai wurde das seit mehr als einem Jahr leerstehende Hotel am Steinengraben 51 besetzt, das im Besitz der Einwohnergemeinde der Stadt Basel ist. Es ist kein Zufall, dass nach einer andauernden Phase der Vertreibung konkret ein Objekt der Stadt ausgewählt wurde. Die BesetzerInnen forderten, die offensiv-repressive Polizeistrategie gegenüber Hausbesetzungen sofort zu beenden.



Offensichtlich ist die Polizei bestrebt, HausbesitzerInnen zur sofortigen Räumung zu bewegen und somit jegliche Chancen auf Verhandlungen zunichte zu machen. Diese Regierungspolitik hat existenzielle Folgen. So haben in den vergangenen Monaten einige Leute ihren Wohnort verloren. All diese Häuser mussten verlassen werden für Sanierung oder Neubau:

Die Halle an der Baslerstrassen 336 in Allschwil.
Die Häuser an der Hagentalerstrasse 41- 45.
Die Häuser an der Voltastrasse 73- 85.
Das Haus an der Lothringerstrasse 121.


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Parallel wurden seit Dezember 2006 neue Häuser besetzt, die zum Teil seit Jahren nicht mehr genutzt oder weitervermietet werden, mit dem Ziel, diese zwischenzeitlich oder längerfristig zu nutzen oder günstig zu mieten. Die Räumungen erfolgten immer einige Stunden später:

Das Haus am Nonnenweg 53 in Basel.
Das Haus an der Baslerstrasse 159 in Allschwil.
Das Haus an der Vogesenstrasse 100 in Basel.
Die Häuser an der Bruggstrasse 3/5 in Reinach.
Das Haus an der Friedrichstrasse 6 in Basel.
Das Haus an der Arabienstrasse 3 in Basel.
Das Haus an der Lothringerstrasse 121 in Basel.
Das Haus an der Kernmattstrasse 21 in Binningen.
Das Haus im Holeerain 42 in Binningen (zwei Mal).
Die Häuser an der Hagenaustrasse 16/18 in Basel.
Das Haus an der Bahnhofstrasse 30 in Therwil.
Die Lagerhalle an der Gartenstrasse 24 in Binningen.


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Am 3. Mai fand ein Gespräch zwischen dem Vorsitzenden der Zentralen Liegenschaftsverwaltung, Andreas Kressler, und der Regierungspräsidentin vom Finanzdepartement, Eva Herzog, statt. Die Zuständigen für die Liegenschaft am Steinengraben 51, die seit mehr als 2 Jahren leerstand, teilten den BesetzerInnen mit, dass sie das Haus bis zum 6. Mai um 23 Uhr zu verlassen hätten und drohten bei Nichtbefolgung ihrer Forderung mit einer polizeilichen Räumung.


Zivibullen

Am 7. Mai begannen die Bullen mit einem Großaufgebot das Hotel zu räumen. Die Polizei ging dabei äusserst aggressiv vor und nachdem sie durch den Haupteingang nur bis in der dritten Stock vorrücken konnten, stiegen sie auch durch das Dach in das Hotel ein. Räumung um jeden Preis, wie es den Anschein macht.


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20 Leute, welche sich im Haus aufhielten, wurden alle verhaftet und zum Teil brutal in die Kastenwäge gepackt. Um das Haus herum versammelten sich rund 30 Sympathisantinnen, wie auch sehr viele JournalistInnen. Weitere 3 Personen wurden vor dem Hotel verhaftet.


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Am Nachmittag wurden 14 Leute nach einem Soli-Knastspaziergang im Kannenfeldpark eingekesselt und ebenfalls verhaftet. Bei der Demo flogen Knallpetarden und angeblich auch mit Farbe gefüllte Flaschen gegen die Polizeiwache. Um 19 Uhr wurden die 14 der Soli-Demo wieder freigelassen. Von den anderen 23 sind bis auf eine Person alle wieder raus aus dem Knast. Eine Person sitzt noch immer in Untersuchungshaft.



Die polizeiliche Strategie deutet darauf hin, dass in den aufgewerteten Quartieren kein normloses Gesindel und einkommenschwache Leute (aka Präkariat und Wirrwarr) toleriert werden. Gleichzeitig werden ganze Quartiere aufgewertet oder neu gebaut, Großunternehmen können rege genutzte Allmend aufkaufen und undefinierte Orte werden einem Zweck unterstellt, dessen Missachtung mit Strafe belegt ist.

Stadtentwicklung hängt stark mit Strukturen sozialer Kontrolle zusammen. Ein Alltag, der zu einem grossen Teil dafür aufgewendet werden muss, eine Existenz zu ermöglichen, in der Arbeit und Freizeit, öffentliches Leben und Privatleben getrennt sind. Eine Gesellschaft, in der wir uns als KonkurrentInnen gegenüberstehen und in der wir uns in Kategorien leerer Zugehörigkeit begegnen, ist ein Elend, ein trauriges.


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Davon haben die BesetzerInnen genug. Sie überbrachten uns und den Leuten dieser Zeit den Vorschlag des Steinengrabens 51 als kleines Gegengift, als Ort der Nutzung nach Bedürfnis und nicht nach finanzieller Möglichkeit, als Raum der Verhandlung, als Freiraum. Wir bedanken uns herzlich für die Momente der Wärme und den schönen Ausblick.

Lang lebe Wirrwarr, die Schöne und Verbündete im Geiste!



Bisherige Indyberichte zur Besetzung

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Ergänzungen

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 14.05.2007 - 17:26

Besetzt ist besetzt

Autonomes Medienkollektiv Freiburg 07.09.2007 - 11:09
Das Hotel Steinengraben in Basel erneut besetzt
 http://de.indymedia.org/2007/09/193593.shtml

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mua — harharhar