Frankreich: Reorganisation der Papierlosen

Sans Papiers 02.04.2007 14:07 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe Weltweit
Das Neunte Kollektiv der Sans Papiers - 9ème Collectif des Sans Papiers: Umstände seiner Gründung; Prinzipien der Organisation, Formen und Modalitäten von Aktionen...
9ème Collectif des Sans Papiers
((i))-estrecho; 26.März.2007

Die 1997 an die Macht gekommene Linke, brachte ein Regulierungsprojekt auf den Weg. Dieser Prozess bewirkte die Illusion der französischen Bevölkerung, die linke Regierung würde mehrheitlich wünschen, das Problem der Papierlosen - Sans Papiers zu lösen; ein Thema das vom öffentlichen Szenario unter der Rechten eigeleitet worden war.

Dieser Prozess hat eine zweideutige Situation geschaffen, denn von den 150.000 Personen die einen Antrag stellten, haben 80.000 als Resultat eines willkürlichen Prozesses einen negativen Bescheid erhalten.

Die vielen abgewiesenen AntragstellerInnen des Kreis Chevènement, haben beschlossen sich in dem 9. Kollektiv zu regruppieren anstatt weiterhin ein Schattendasein unter dem Risiko täglicher Kontrollen, Verhaftungen und Abschiebungen zu führen.

Das Kollktiv, das die Regulierung aller Sans Papiers zum Ziel hat, besteht aus 25 Nationalitäten; ein Charakteristikum welches den multikulturellen Reichtum seiner Struktur unterstreicht.

Indem wir uns regen, wollen wir zeigen, dass wir es ablehnen, versteckt und gedemütigt zu leben und dass wir trotz des Einsatzes von Repressivarsenalen seitens verschiedener rechter und linker Regierungen, entschlossen sind, für das Erlangen unserer Freiheit und Würde zu kämpfen.

Wir Sans Papiers sind entschlossen und solidarisch. Die Mehrhit von uns wr bereits durch unsere ersten Kampferfahrungen Gefahren ausgesetzt. Die Arbeitsbereiche aus welchen wir kommen beinhalten den Bausektor, die Textilbranche, Gaststätten und Restaurant sowie das Reinigungswesen... viele der Fauen arbeiten als Haushälterinnen ( Kindermädchen oder Putzfrauen ).

Das andere Charakteristikum des Kollektivs ist die Unterschiedlichkeit der rechtlichen Situationen: abgelehnte BewerberInnen um politisches oder territoriales Aysl; StudentInnen; Familien; Personen die ausserhalb des Kontextes der Familienzusammenführung nach Frankreich gekommen sind.

Finanzierungsform: Eigenfinanzierung über die Einnahmen der Publikationen einer kleinen Zeitung; kleinen Beiträgen und über Konzerte.

Autonomie: Wir organisieren uns in Selbstverwaltung. Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen, da niemand diesen Kampf für uns übernehmen kann. Wir bitten unsere Kooperationapartner, uns in unserem Kampf zu unterstützen und auch, uns entsprechende Instrumentarien zur Verfügung zu stellen; aber wir erinnern daran, dass nur wir selbst in der Lage sind, unsere Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen.

Generalversammlung: Eine Generalversammlung wird jede Woche stattfinden. Jedes Mitglied hat das Recht, an einer Analyse der Situation Teil zu nehmen; unsere Arbeit abzuwägen und zu Aktionsperspektiven beizutragen.

Unser Kampf findet auf politischem und rechtlichen Feld statt. Wo ersterer uns kurzfristige Resultate ermöglichen wird, fast der zweite eine globale Regulierung ins Auge; etwas das nicht erreicht werden kann, ohne die Schaffung eine Verbindung zur politischen Kraft.

Rechtliche Achse: rechtliche Anwesenheit; Ausarbeitung von Anträgen ( Dossiers ); Erstellen von Listen.

Die Sans Papiers ergreifen die Initiative zum Verständnis des rechtlichen Arsenals. Manche von uns werden für den permanenten Fortbestand sorgen und neue Mitglieder sammeln, die sich dem Kollektiv anschliessen. Wir werden von JuristInnen, AnwältInnen und einigen Organisationen (GISTI ), unterstützt.

Politische Achse; Aktionsformen:

 Wöchentliche Zusammenkünfte vor der Prefektur, dem Innenministerium, dem Arbeitsministerium, ( Internierungs)-Lagern, Komissariaten und dem Bürro für Internationale Migration

 Zusammenkünfte gegenüber Orten, an welchen Diskriminierung stattfindet ( z.B. eine Schule die einem Kind die Aufnahme verweigert, weil seine Eltern keine Papiere besitzen).

 Foren, Debatten, Filmvorführungen, Pressedossiers, Petitionen.

 Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit

 Teilnahme an Versammlungen und Debatten innerhalb der Universitäten

Ebenso rufen wir zu bestimmten politischen Debatten und Versammlungen (mit Transparenten und Plakaten) auf , besonders während der ( Gemeinde;- Legislatur;- Präsidentschafts,- und Europa) -Wahlkampagnen auf, um die verschiedenen Strukturen der rechten und Linken dazu zu bewegen, klare Positionen hinsichtlich der Einwanderungfrage einzunehmen. Gleichzeitig werden wir aus symbolischer und medienwirksamer Sicht strategisch wichtige Lokale besetzen.

Besetzung von politischen Einrichtungen;
von:
 dem politischen Aufenthaltsort des ehemaligen Innenministers ( der Linken ) während der Wahlkampagne
 dem politischen Aufenthaltsort des Innenministers der Rechten, Sarkozy ( 2 Mal )
 der Assoziation von Bernadette Chirac
 Museen, Theater...
 Die Vertretung des EU-Parlaments/ Europakomission in Frankreich während der Kampagne zu den Europawahlen, um die Migrationspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten anzuklagen und um die EU-Komission, das Europaparlament und seine WahlkandidatInnen in Frage zu stellen.
Bei jeder Besetzung, die uns voraussichtlich die Aufmerksamkeit der Medien einbringen wird, werden wir die Verbindung zwischen dem Lokal, dem Kontext und unseren Forderungen darlegen.

Wir arbeiten ausserdem an verschiedenen Fragen:

 Das Festhalten/Internieren: Wir nehmen in Frankreich an der Koordination gegen das Festhalten/Internieren und die Abschiebung von MigrantInnen ohne Papiere Teil ( Schliessung der Internierungslager ). Im Rahmen der Initiative des Kollektivs-Anti-Abschiebung, haben wir an Sensibilisierungsaktionen,- und Kampagnen für die Schliessung der schon existierenden Lager teilgenommen. Während dem Europäischen Tags gegen Lager haben wir gegen den Bau des Internierungslagers Palaiseau (im Umkreis von Paris) demonstriert und eine öffentliche Versammlung zu diesem Thema organisiert, an der viele JuristInnen und Vereinigungen teilgenommen haben (CAE, GISTI, CIMADE).

 Zugang zu medizinischer Behandlung: Der Abbau der Staatlichen Gesundheitsversorgung und die notwendige Einrichtung des Zugangs zu ärztlicher Behandlung für die Papierlosen, führte uns zu einer gemeinsamen Mobilisierung mit den Gewerkschaften und Vereinigungen in Verteidigung der AusländerInnen (ACT UP), gegen die medizinischen Komitees und zu unserer Teilnahme an den Demonstrationen zur Verteidigung der sozialen Sicherheit.

 Europa: Die Harmonisierung der Einwanderungspolitiken auf europäischem Niveau erfordert eine Koordination zwischen den verschiedenen, euopäischen Bewegungen, welche die Rechte der ImmigrantInnen verteidigen. Aus diesem Grund tragen wir unsere Solidarität mit Kollektiven anderer, europäischer Länder bei ( z.B. Demonstration unseres Kollektivs vor der spanischen Botschaft während einer Kirchenbesetzung seitens der Papierlosen, in Spanisch: sin papeles, in Barcelona ).

 Frauen: In Kooperation mit anderen Vereinigungen ( Rajfire ) arbeiten wir an der Forderung zur Erlangung eines autonomen Status der Frau ( im Fall von Scheidung oder Trennen stürzen die Frauen ohne Papiere und ohne Rechte in eine irreguläre Situation) sowie für die Anerkennung der Rechte der Frauen, die Opfer sexistischer Verfolgung wurden. Durch die Entstehung einer Debatte über die spezifischen Probleme von Frauen, kann ein Teil der Öffentlichkeit mobilisiert werden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Frauen sehr aktiv sind und z.B. an den Aktionen zum Weltfrauentag am 08.März Teil genommen haben.

 Gewerkschaften: Ebenso interpellieren wir den Gewerkschaften die Tatsache, dass wir ausgebeutete Arbeitkräfte sind, um sie zur Verteidigung der Sans Papiers zu aktivieren.

 Konvergenz mit anderen Sozialen Bewegungen: Wier vereinen unseren Kampf mit den Kämpfen anderer marginalisierter Gruppen ( Arbeitslosen; Obdachlosen; den Intermitenten). Wir Sans Papiers befinden uns in der prekärsten aller Situationen... wir sind Ausgebeutete und leben in Verelendung.

Generell versuchen wir aktive Netze der Solidarität aufzubauen. Die Kämpfe gewinnen dort an Präsenz, wo die meiste aktive Solidarität zum Ausdruck kommt. Trotz unserer Dynamik und der anderer Kollektive, verhindert die Fragilität und Inkohernez, d.h. die fast-Abwesenheit der nationalen Instanz ( die ihrer Rolle bei der Koordination der lokalen Aktionen nicht entsprochen hat ) eine breit angelegte Regulierung für @lle. Deshalb muss in dieser Hinsicht eine Verbindung mit der politischen Kraft auf nationaler Ebene geschaffen werden.

Web-Site der San Papiers:
 http://9emecollectif.net/

( Quelle:  http://estrecho.indymedia.org/newswire/display/67886/index.php )

übersetzt von: tierr@

LINKS zum Thema Migration:

Frontex mit neuen Zielen
 http://de.indymedia.org/2007/03/169470.shtml

 http://no-racism.net

Repression gegen Flüchtlinge und HelferInnen
 http://de.indymedia.org/2007/03/171542.shtml
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Ergänzungen

Film - "LASSEN SIE SIE HIER AUFWACHSEN"

San P. 02.04.2007 - 23:56
Kollektiv von Kinomachern für „Papierlose“

Professionelle aus dem Kino und audiovisuellen Bereich unterstützen den RESF (Réseau Education Sans Frontières) und alle „Papierlosen“ Frankreichs.

In Schulen und Gymnasien kümmert sich eine große solidarische Bewegung um die Kinder von "papierlosen" Männern und Frauen, die von Abschiebung bedroht sind.
Diese Bewegung ist sehr wichtig für die französische Gesellschaft. Die Kinder in den Schulen sind Kinder dieses Landes, sie sind Kinder der Republik.

Video sehen:
 http://www.educationsansfrontieres.org/spip.php?article4738

Mehr auf:
 http://de.indymedia.org/2007/04/172406.shtml