Prozess wegen Schülerdemo

ohne 21.03.2007 16:36 Themen: Bildung Repression
Der Polizeieinsatz bei der Schülerdemo am 13.09.2006 hat ein Nachspiel, für die damals Verhafteten und für die Beamten. Ein Debakel für die 23. Einsatzhundertschaft.
Der erste Termin war geplatzt als bekannt wurde das der Staatsschutz ein Video von der Situation am Alexanderplatz in Berlin zurückhält.
 http://de.indymedia.org/2007/01/167192.shtml Gestern gings weiter und zunächst versuchte ein Verteidiger den KHK Lange aus dem Publikum zu verbannen. Dieser kommt als Zeuge in Betracht weil er telefonisch Angehörige und Lehrer der vier Angeklagten ausfragte. Das Jugendschöffengericht erlaubte KHK Lange jedoch den weiteren Verbleib im Saal damit er Fehler dieses Einsatzes aufklären könne.
Die Angeklagten beschrieben wie die Polizei an jenem Tag um den Bereich am Fernsehturm kreiste, Personen filmte und diese dann festnahm wenn sie sich Tücher vors Gesicht zogen. Erster Zeuge war Florian Naht, Zugführer der BFE der 23. Hundertschaft. Sein Gruppenfahrzeug fuhr auf Gefahrensuche in eine Menschenmenge hinein. Naht jammerte dem Gericht vor, beim Absitzen vom Fahrzeug seien sie sofort ganz schlimm angeschrien worden, bespuckt und gar angerempelt. Der tapfere Beamte von Berlins berüchtigster Hundertschaft schilderte wie er mit Tonfadrehschlägen und Pfeffer sich verteidigen musste und gleichzeitig über Funk um Hilfe rief. Straftaten habe er keinem zuordnen können, es wurden Leute festgenommen die auffällig aussahen. Nach dem Einsatz hätten sich alle Kollegen die Aufnahmen der BeDo Trupps angesehen und weitere Täter erkannt. Zum Schluß fordert der Zeuge vom Land Berlin Helmkaneras für alle Beamte.
Dann kam der Beamte Axel Schreiber in den Zeugenstand. Er war der Gruppenführer und Fahrer der Wanne. Ein hochagressiver Mensch der sich allerdings kaum artikulieren konnte. Er glaubte mit Äpfeln beworfen worden zu sein, wollte den Angeklagten D. belasten weil er ihn kennt. Den KHK Lange kennt er angeblich nicht obwohl sie sich in Verhandlungspausen unterhalten. Weil er etwas paranoid wirkte war seine Aussage für das Gericht nicht zu gebrauchen. Interessant aber seine Angaben zu den zivilen VW Transportern die immer die Hundertschaften begleiten: Dadrin sind die Monitore der BeDo Trupps um Videos auszuwerten.
Danach kam der "Sanitäter" der Wanne zu Wort. Er hatte am 13. September Leuten die von Pfefferspray verletzt wurden Salzwasser zum Augenspülen angeboten. Ein Anwalt wundert sich warum zu seiner "Saniausrüstung" auch Pfeffer gehört. Der Anwalt des Angeklagten M. erwies sich erneut als Totalausfall als er beantragt ein Video zu sehen das er selbst sich nicht vorher angeguckt hat.
Weil dem Gericht langsam mulmig wird stellt es das Verfahren gegen D. nach §154 Stpo ein. (Nicht vergessen es wurde damals ein Haftbefehl gegen ihn deswegen erlassen.)
Nächster Zeuge POM Lars Magdanz aus Birkenwerder; er wurde angeblich mit Saft bespritzt was übelst geklebt habe. Er will von einer Bierflasche getroffen worden sein die der Angeklagte J. angeblich mit der rechten Hand geworfen habe. Sein Verteidiger beantragt das bislang unterdrückte Video zu sehen. Darauf sehen dann die Prozessbeteiligten wie einige Polizisten eine kleine Gruppe Punks und Jugendliche bedrängen , kleines Gerangel und POM Magdanz wird von irgendwas getroffen. Allerdings der Angeklagte J. hält eine Plastikflasche in der linken Hand und wirft auch nicht! Magdanz ist schlecht vorbereitet und kennt das Video nicht obwohl die Festnahmen ja eigentlich nach Videoauswertung erfolgt sein sollen. Jetzt ist klar warum dieser Film zunächst nicht in den Akten war.
Nach Beratung trennt das Gericht das Verfahren gegen J. ab, Fortsetzung in einer Woche und es folgen die Plädoyes zu den beiden verbleibenden Angeklagten. Der Staatsanwalt faselt im Tonfall der uns aus alten Wochenschauen bekannt vorkommt von "schädlichen Neigunen" des Angeklagten M. Er sei sozial entwurzelt weil seine Eltern Alkis seien, auf sein eigenes Verschulden käme es nicht an. Er fordert 9 Monate Jugendstrafe wegen schwerem Landfriedensbruch. Für die Angeklagte E. fordert er 3 Monate Haft. Der Anwalt von M. fordert obwohl nichts bewiesen wurde Jugendarrest, das Angebot des Gerichts auf Haftentschädigung für fast 5 Monate U-Haft lehnt er ab.
Das Urteil ist 4 Wochen Arrest für M., ist schon durch die U-Haft verbüßt und Geldstrafe für E. Fest steht das die Schülerdemo nicht zu den von der Polizei behauptete Ausschreitungen führte. Erschreckend das der Ermittlungsrichter an jenem Tag vier Haftbefehle unterschrieb.
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Ergänzungen

Bernd Lange = rechtskräftiger Rechtsbeuger

Sven Radis 21.03.2007 - 17:53
Das Berliner LKA gerät mal wieder in Bedrängnis. Wie so oft: Konstruierung von Straftaten, um mit der Härte des Gesetzes tätig zu werden. Am 4. August 2006 verhinderte KHK Bernd Lange vom LKA 5 die Durchführung einer Antifa-Spontankundgebung gegen eine große NPD-Pressekonferenz, ließ sämtliche Handys der Anwesenden beschlagnahmen, aller erkennungsdienstlich behandeln und beraubte sie über Stunden ihrer Bewegunsfreiheit. Außerdem ließ er die 14 Antifas von mehreren Neonazis in Augenschein nehmen, um einen vermeintlichen Raub am gleichen Tattag am anderen Ende Berlins aufzuklären.

Während das Amtsgericht Berlin diese Massnahme noch rechtmäßig fand, war das Landgericht anderer Meinung.

Vorgangsbericht des PK Burgmeier, der die Spontankundgebung zunächst genehmigt hatte.

12.05 Uhr
Seelenbinderstr./Kiekebuschstr. werden insgesamt 14 Personen der linken Szene festgestellt, welche sich gemeinsam unter Mitführung diverser Transparente und diverse Parolen rufend in Richtung der NPD Parteizentrale bewegen. Dieses konnte durch Pol.- Kräfte (Kräfte DirHu 61 und A 66/67 Dhf) verhindert und die Personengruppe an der Örtlichkeit gebunden werden. Die Personengruppe wird durch den Pf angesprochen. Eine Person gibt sich gegenüber dem Pf sofort als Leiter dieser Versammlung zu erkennen. Dieser Person werden durch den Pf folgende Auflagen erteilt: Spontanversammlung wird an o.a. Örtlichkeit vorerst genehmigt, Personen benutzen nur den Gehweg, sowie der Untersagung sich der NPD-Parteizentrale weniger als 75 Meter zu nähern. Außerdem wurde ihm mitgeteilt, dass Im Falle eines geplanten Aufzuges zunächst Rücksprache mit dem Pf zwecks genehmigter Wegstrecke zu hatten Ist. Nach Rücksprache und rechtlicher Würdigung mit KI-IX Lange, LKA 5, wurde diese Versammlung nicht als Spontanversammlung eingestuft. Pf eröffnet Anmelder die rechtliche Würdigung und belehrt ihn rechtlich (Verstoß VersG gef.). Der Anmelder gibt an, die Versammlung für die Fortdauer der Pressekonferenz weiterzuführen und nach Beendigung dieser die Versammlung auch beenden zu wollen, aus Deeskalationsgründen wird dies durch den Pf gewährt Vereinzelte Pressevertreter der NPD-Pressekonferenz begaben sich zu o.a. Örtlichkeit, nachdem diese die stattfindende Versammlung wahrgenommen hatten.
Im Zusammenhang mit dieser Versammlung werden die Personalien aller 14 Personen festgestellt, 13 Mobiltelefone, ein mitgeführtes Transparent, ein Paar Handschuhe sowie ein schwarzes Halstuch beschlagnahmt, Gefertigte Vorgänge siehe Punkt 2
Gegen 10.00 Uhr kam es in 12683 Berlin-Mathe, Elsterwerdaer Platz an einem NPD-Informationsstand zu einer gefährlichen Körperverletzung (050804-1000-030672) durch eine Personengruppe (dem äußeren Erscheinungsbild der linken Szene zugehörig), wonach zwei Geschädigte ambulant im Khs. behandelt werden mussten. Da der Verdacht bestand, dass es sich hierbei um ein und dieselbe Tätergruppe handelte, wurde durch LKA 6334 PMS eine Fotodokumentation der vor Ort befindlichen Personen durchgeführt. Im weiteren Verlauf wurden die Gesch. zum o.g. Einsatzort verbracht und eine Inaugenscheinnahme der Personengruppe durch diese durchgeführt. Diese verlief negativ.

Urteil des Landgerichts:

LANDGERICHT BERLIN
Beschluss
5130s02 /06 Landgericht Berlin
353 Gs 3413/06 Amtsgericht Tiergarten in Berlin 81 Js 2266/05 Staatsanwaltschaft Berlin


Ermittlungssache gegen unbekannt;

Bevollmächtigte: Rechtsanwältin Antje Klamann, Friedrich-Ebert-Straße 114a in 14467 Potsdam, wegen Raubes u.a.

Der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 26. Juni 2006 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die am 4. August 2005 durchgeführten Maßnahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung, der Gegenüberstellung und das zu diesem Zwecke erfolgte Festhalten rechtswidrig gewesen sind. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Landeskasse Berlin.

Gründe:
Das Amtsgericht hat die polizeilichen Maßnahmen vom 4. August 2005 zu Unrecht als rechtmäßig angesehen.

Es ist bereits zweifelhaft, ob ein Anfangsverdacht gegen die Beschwerdeführerin gegeben war. Denn bei den am Geschehen zum Nachteil der Zeugen und, beteiligten Personen handelte es sich nach Lage der Akten ausschließlich um männliche Personen (vgl. Bd. I Bl, 6, 24f., 32). Bereits in den beiden Strafanzeigen wurde ausdrücklich von acht männlichen Tätern gesprochen. Anhaltspunkte dafür, dass die Täter Gehilfen hatten, bestanden nicht.

Die erkennungsdienstliche Behandlung und die Gegenüberstellung waren jedenfalls nicht geeignet, die Straftaten zum Nachteil der beiden Zeugen aufzuklären. Denn der Überfall wurde von schwarz gekleideten und an Kopf und Gesicht vollständig vermummten Tätern verübt. Bereits zum Zeitpunkt der Anordnung der polizeilichen Maßnahmen war den ermittelnden Beamten aufgrund der Strafanzeigen bekannt, dass die Täter sich vor der Tat unkenntlich gemacht hatten. Ein Wiedererkennen der Täter war somit nicht zu erwarten und wurde auch später von sämtlichen Zeugen ausgeschlossen (vgl. Bd. 1 Bl. 6, 11, 16p 22-23, 31f, 49).

Die Äußerung des Zeugen in seiner Vernehmung vorn 4. August 2005, er könne die Täter eventuell bei einer Gegenüberstellung unter Berücksichtigung ihres Verhaltens identifizieren (Bd. J, Bl. 32), ist nicht geeignet, die Maßnahmen zu rechtfertigen. Die Einschätzung des Zeugen, die Tatbeteiligten anhand weiterer Umstände selbst ermitteln zu können, ist für die Ermittlungen unerheblich.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen Beschwerdeführerin trägt die Landeskasse Berlin, weil sonst niemand hier haftet.

Berlin, den 5. September 2006
Landgericht, 13. Strafkammer
- Beschwerdekammer -

Willnow, Weinschütz, Breyer

Zurückgeschaut

icke 22.03.2007 - 02:29
selber Ort, zwei Tage zurückgeschaut:

B, 19.03.: "Kamera! Arschloch!"-Prozess
 http://de.indymedia.org/2007/03/171351.shtml