Spanien: Hungerstreik für MigrantInnen

Jesús Hidalgo 15.03.2007 19:38 Themen: Antirassismus
Jesús Hidalgo, Mitglied des Kollektivs für Menschenrechte und Gerechtigkeit "Es bleibt das Wort", ist in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, um die spanische Regierung wegen Menschenrechtsverletzungen, bzw. der Folter an MigrantInnen anzuklagen, die in einem Hangar und auf einem Schiff in Mauretanien festgehalten werden.
ANKLAGE DER SPANISCHEN REGIERUNG SEITENS DER IMMIGRANTEN/TINNEN IM HANGAR VON MAURETANIEN
13. März 2007

Ich, Jesús Hidalgo, Mitglied des Kollektivs für Menschenrechte und Gerechtigkeit "Queda la Palabra" (Es bleibt das Wort), werde am morgigen 14. März 07 in einen unbefristeten Hungerstreik treten, um damit die spanische Regierung anzuklagen und von ihr zu fordern, dass sie gegenüber den Personen, die auf der Marine I gereist sind und die als "Illegale" bezeichnet und seit einem Monat im Hangar von Mauretanien gefangen gehalten werden, einhält.

Der Hungerstreik wird damit begonnen, das ich mich jeden Morgen gegenüber dem Abgeordnetenkongress hinsetzen und ein dringendes Interview mit dem spanischen Regierungspräsidenten Jose Luis Rodríguez Zapatero fordern werde; eine rasche Änderung der Politik, die an den inhafteirten Personen im Hangar von Mauretanien praktiziert wird sowie Informationen über den Verbleib der weiteren 35 Personen, die nach Cabo Verde verlegt wurden und die, wie es scheint, ebenfalls inhaftiert sind.
Dieses dringende Interview mit dem Regierungspräsidenten fordern wir bereits seit zwei Monaten, da wir in grösster Sorge um die migrantischen Personen sind, für die wir eine degradierende Lebensituation und polizeiliche Misshandlungen im Internierungslager "Las Raíces" befürchten. Bislang haben wir jedoch keine Antwort erhalten.

Der Hungerstreik ist das letzte Mittel, das mir bleibt, um die spanische Regierung öffentlich wegen ihrer inhumanen Migrations,-und Abschottungspolitik anzukalgen und um die Einhaltung der Universellen Menschenrechtserklärung gegenüber den reisenden der Marine I von ihr zu fordern. Er ist das letzte Mittel um die offenkundige Ungerechtigkeit, die an den sogenannten "Illegalen" begangen wird, sichtbar zu machen.
Was die spanische Regierung mit den Reisenden der Marine I macht, stellt für mich ein schweres Vergehen dar, das von Gerichten verurteilt werden muss, denn die spanische Regierung agiert nicht nur in Umgehung der Rettungs (- Seenot-) gesetze (SAR), sondern auch in wiederholter Nichterfüllung sämtlicher internationaler Vereinbarungen, wie der Universellen Menschenrechtserklärung.

Für mich und andere AktivistInnen sozialer,- und Menchenrechtsorganisationen ist der Hangar im mauretanischen Hafen ein zweites, "kleines Guantánamo" der Regierung, und ein schlimmer Präzedenzfall für voraussichtliche Menschenrechtsverletzungen: Die anfängliche Abschottung der Grenzen hat sich darüber hinaus in ein Geschäft verwandelt, indem der spanische Staat Mauretanien für die Genehmigung dieses improvisierten Gefängnisses, ohne jede Auflagen, bezahlt hat und dadurch eine diktatorische Regierung unterstützt, die Massaker an der eigenen Bevölkerung verübt.

299 Personen, von der spanischen Regierung als "illegale EinwandererInnen" bezeichnet, wurden vor einem Monat in diesem Hangar des Hafens von Nuadibú inhaftiert; hinzu kommen 60 Indios, die ev. im Verlauf der nächsten Woche abgeschoben werden könnten und etwa 200 Personen aus Pakistan.

Diese Personen sind illegal festgenommen worden, ohne irgendein Vergehen begangen zu haben; sie haben noch nicht einmal gegen das AusländerInnengesetz/Ley de Extranjería Spaniens verstossen, da sie dessen nationales Territorium gar nicht betreten haben. Trotzdem wurden sie unter Bedingungen eingesperrt, die noch nichteinmal den minimalsten Anforderungen eines Gefängnisses entsprechen:
Es handelt sich um ein kleines Fischerboot, indem sie kein Tageslicht sehen und auf dem Fussboden schlafen müssen. Es gibt nur zwei Toiletten, die nach einem Monat Benutzung von fast 300 Personen in einem unerträglichen Zustand sind. Ihre Ernährung bestand bislang aus belegten Brötchen vom Roten Kreuz und es wurde ihnen nur eine Garnitur Kleidung ausgehändigt. Manche tragen diese schon zwei Wochen lang, ohne sie wechseln zu können. Es hat keinerlei anwaltlicher Beistand stattgefunden; stattdessen wurden einzelne Personen, die gegen diese Zustände protestierten, von der Polizei misshandelt. Der physische und vor allem psychische Zustand der Betroffenen ist schwer angegriffen. Alle wurden unter Druck gesetzt, ihre Nationalitäten zu nennen, um gegen ihren Willen abgeschoben werden zu können.

Dieses Vorgehen der spanischen Regierung kann nur mit einem Namen bezeichnet werden: FOLTER. Mehrere Menschenrechtsorganisationen werden in Kürze eine ANKLAGE bei der GENERALSTAATSANWALTSCHAFT gegen die spanische Regierung einreichen, da diese mit der genannten Handlungsweise die grundlegenden Normen, welchen sie der Spanischen Verfassung gemäss unterworfen ist, wie die Unierselle Menschenrechtserklärung, in höchstem Maße verlassen hat, weil die 400 Personen, die an Bord der Marine I gewesen waren, kein spanisches Territorium betreten haben.

Unserer Meinung nach, hat die Regierung von Jose Luis Rodríguez Zapatero den Erpressungen der kanarischen Regierung nachgegeben, um zu verhindern, dass die ImmigrantInnen dort versorgt und aufgenommen wurden und sie hat dem permanenten Druck der ( ultrarechten ) PP und den ausländerInnenfeindlichen Bevölkerungsteilen nachgegeben, die keine EinwandererInnen wollen.

Der Hungerstreik ist das einzige Mittel, das mir bleibt, um diese Situation anzuklagen und von der spanischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber der im Hangar in Mauretanien verbliebenen Personen zu fordern und sie nach Spanien zu bringen, ihnen die angemessene Versorgung zu Teil werden zu lassen, die ihnen als Reisende zusteht und den angemessenen, rechtlichen Beistand, den sie menschliche Wesen verdienen, damit sie ihre Situation regeln können und damit sie als diejenigen behandelt werden, die sie waren: Schiffsreisende und als das, was sie sind: Opfer des globalen Kriegs des Kapitalismus gegen die Menschlichkeit.

Während des gesamten vergangenen Monats hat ein ununterbrochener Kontakt mit anderen Menschenrechtsorganisationen stattgefunden, um diese dazu zu bewegen, diese Situation ebenfalls aktiv anzuklagen. Die Mehrheit wollte jedoch keine gerichtlichen Schritte unternehmen. Einige machten die Situation zwar öffentlich bekannt, aber es hat sich nichts an dem Vorgehen der Regierung, das weder als "Politik" noch als "AusländerInnenpolitik" bezeichnet werden kann, sondern inhuman und illegal genannt werden muss, geändert. Die spanische Regierung muss dieses Vorgehen wiedergutmachen und sich bei den Betroffenen für das unwürdige und schändliche Verhalten, das diesen von einem Teil der Regierung, die sich demokratisch gibt, angetan wurde, entschuldigen.

Für mich ist die Misshandlung menschlicher Wesen in dieser westlichen, spanischen Gesellschaft am tiefsten Abgrund angelangt; dafür schäme ich mich und deshalb lehne ich es ab, mich weiterhin als spanisch zu bezeichnen. Die territoriale Zugehörigkeit ist eine Lüge mehr, die sie uns verkaufen; eine weitere, "mentale Grenze", mit der sie uns von Kind an sozialisieren und mit der sie erreichen wollen, dass wir alles schlucken. Aber diese Lüge ist von vorgestern und fällt durch ihre eigene Schwere, weil noch nicht einmal die Waffen, den natürlichen Impuls der freien Wesen, zu reisen und das Leben zu verändern, verhindern werden.

KEIN MENSCH IST ILLEGAL! NIEDER MIT DEN GRENZEN, HOCH DIE MENSCHLICHKEIT !

Kontakt:

Jesús Hidalgo
Colectivo Queda la Palabra
Email:  quedalapalabra@gmail.com
Teléfono de contacto: +34 695 95 91 21
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Zerstören wir die Logik des Kapitalismus durch Gefühl!
... Mit anderen Personen zu fühlen, bedeutet mit ihnen kämpfen!

(Quelle:  http://www.nodo50.org/discos_anarquia/denuncia.html )

frei übersetzt: tierr@
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LINKS mit Bezug:

Frontex mit neuen Zielen
 http://de.indymedia.org/2007/03/169470.shtml

Marokko: Sterben ohne Ende?
 http://de.indymedia.org/2007/01/165576.shtml

Apartheid ist "ein warmes Bett"
 http://de.indymedia.org/2007/01/167253.shtml
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Ergänzungen

Fluchtweg Mittelmeer ...

no-racism.net 15.03.2007 - 22:33
... ist der Name einer Artikelsammlung auf no-racism.net: "Für viele MigrantInnen ist der Weg über das Mittelmeer eine Möglichkeit nach Europa zu gelangen. Hier finden sich Artikel über das Schicksal der Flüchtlinge und MigrantInnen, sowie die "Abwehrmaßnahmen" der Festung Europa, die sich zunehmend in nordafrikanische Länder verlagert."

Mit der zunehmenden Verschiebung der Abschottung der Festung Europa, die in die Nord- und zunehmend westafrikanischen Staaten vorgelagert wird, hat sich auch der Inhalt dieser Artikelsammlung ein wenig geändert. Akutell finden sich dort zahlreiche Texte, die auf die rassistischen Razzien in Marokko, die Abschiebungen in die Wüste und Menschenrechtsverletzungen im Namen des EU-Grenzregimes eingehen.

Zu finden unter:  http://no-racism.net/thema/38

Die konkreten Pläne für die wachsende Repression gegen MigrantInnen in den nordafrikanischen Staaten wurde u.a. auf mehreren Gipfeltreffen im letzten Jahr geschmiedet. Eine weitere Artikelsammlung auf no-racism.net beschäftigt sich mit den Konferenzen zu Migration in Rabat im Juli 2006. Im Vorfeld einer offiziellen Regierungskonferenz trafen sich AktivistInnen, VertreterInnen von NGO's und MigrantInnen, die sich klar gegen die von den Regierungen beschlossenen Maßnhamen zur Bekämpfung von Migration aussprachen.

Zu finden unter:  http://no-racism.net/thema/105