Die "Andere Kampagne" in San Luis Potosi

tierr@ 21.11.2006 09:49 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Marcos: "Wir werden einen tiefgreifenden Umsturz vornehmen, der
Revolution vergleichbar, nur ohne Waffen. Es geht darum, dass
das Volk teilnimmt. Alle..."
Die "Andere Kampagne" - Zweite Wegstrecke, Zwischenbericht 3
San Luis Potosí

Charcas, 14.Nov.2006
" Es ist notwendig sich zu organisieren, um die Gesetze zu ändern. Wenn es keinen Weg gibt, werden die Leute ohne Arbeit bleiben. Die "Andere Kampagne" / La Otra sagt, es gibt einen Weg; aber er kommt von der anderen Seite." so Subcomandante Marcos bei der Versammlung in Charcas.

Das extrem marginalisierten Hochland ( im Durchschnitt 2000 Meter /2 mil metros über dem Meerespiegel ) macht die Hälfte der Fläche des Staates aus und ist gleichzeitig nur zu 15% besiedelt. Obwohl die Region viele althergebrachten Wurzeln und natürliche Reichtümer besitzt, ist dies "das Mexiko nach der Sintflut", wo nicht alles Gold ist, was glänzt....
Dutzende von ehemaligen Tagelöhnern, Bauern/campesions, Viehzüchtern und Investoren der Region ergriffen während der Versammlung das Wort. Die Nichte eines ehemaligen Migranten (Migration ist ein Teil des dortigen Kampfes der bereits die dritte Generation betrifft ) reklamierte Recht und Geld, derer die Menschen von den Autoritäten beraubt wurden und sagte: "Wir stehen vor einem desolaten, beinahe hoffnungslosen Panorama. Die Regierung lacht uns aus. Aber die Sechste Erklärung aus den Lacandone-Wäldern hat uns neue Hoffnung gegeben. Was geschieht gerade in Oaxaca: Sie haben gedacht, sie hätten es mit einem Täubchen zu tun, aber es ist ein wirklicher Adler."

Die BewohnerInnen der Region beschrieben die Ausbeutung und zerstörerischen Konsequenzen durch die Minen ( aus Charcas stammt ein Großteil des mexikanischen Silber und Zink ) und der Tomatenplantagen. Trotz dieser lukrativen Geschäfte hat die weitverbreitete Armut die Gegend zur Wiege der Auswanderung gemacht. Von hier fahren Lastwagen direkt nach Oklahoma, las Carolinas, California oder Florida. Es herrscht Wassermangel und das bißchen, das vorhanden ist, wird von den Verwaltungsbeamten an die tomatenanbauenden Landwirtschaftsindustriellen abgezweigt, die seit 1990 das Nutzland ausbeuten und durch die Plantagen, die sich erschöpfen, die aktuelle Dürre verursacht haben.
"Das Wasser ist das Kernproblem", klagt das Colectivo Cabuches an. In der Sierra gibt es Orte an denen es seit 20 Jahren nicht geregnet hat. Aber die mächtigen Agroindustriellen vertreiben außerdem den Regen, indem sie die Wolken mit speziellen Kanonen beschießen, damit ihre Tomatenfrüchte nicht etwa von einem Platzregen getroffen werden. "Diese Kanonen schädigen alle anderen", so Don Juan, der für die Bauern sprach, die unter großem Arbeitsaufwand Ziegen und Kälber züchten. "Sie verkaufen sich schlecht, hier werden 150 Pesos gezahlt und in Monterrey werden sie für 500 weiterverkauft.
Es gibt ganze Gemeinden die auf Wanderschaft sind und halbnomadische Familien, die mit dem "Schatz" ihrer Herden durch die Wüste ziehen. Die Investoren betrachten diese Art der Produktion als ölologisch und harmonisch mit der Umwelt. Aber in Wirklichkeit bewirkt die galoppierende Privatisierung die Enteigung von Land und die ZiegenhirtInnen bleiben weg.

An der Versammlung nahmen RepräsentantInnen Matehuala und La Paz teil sowie ehemalige Tagelöhner die zugleich Bauern in den Gemeinden Mexquitic de Carmona, Venado, Moctezuma, Villa de Arista und San Luis Potosí sind. "Sie lassen uns nicht einmal Teilstücke bewirtschaften, das ist illegal. Alles bekommen die Unternehmen. Sie stellen uns Fallen und nehmen uns das Wasser," so ein Mann aus Mexquitic. Die VertreterInnen des Ejido von El Cedazo klagten an, dass die legitimen Rechte auf gemeinschaftliches Land von der Regierung nicht anerkannt werden. "Die Beamten sagen uns, dass wir nicht darauf bestehen sollen; dass wir verloren wären. Ein weiterer Mann aus Mexquitic erinnerte daran, wie eines nachts 117 Polizeibeamte in den Ort kamen, die Leute aus ihren Häusern zerrten, die sie dann zerstörten, um danach überall ihre Patroullien zu positionieren.

Die besondersartige Wüste des Hochlands ist das zu Hause von mestizischen Bauern und den letzten Huachichiles, die in Ranchs oder in der Schlucht leben. Sie umschließt die Heiligen Orte der Wirrárika, Cora und Rarámuri und besitzt eine auf der Welt einzigartige Artenvielfalt. Ihre wilden Weiten sind von überwältigender Schönheit.
Hierher kommt die Straße des vergifteten Handelsortes Moctezuma, die die Umwelt verschmutzt und den Boden zerstört.

"Die andere Kampagne", so marcos am Ende der Versammlung, ist dazu da, dass die Leute sprechen, einander zuhören und übereinkommen. Wenn wir uns zusammenschließen, ist die Kraft groß genug, um die Gesetze zu ändern. Die Leute an jedem Ort müssen jeweils sagen, wie. "

Nach dem Besuch von 30 Staaten seit Aufbruch der "Otra" und angesichts der Norwendigkeit eines tiefgreifenden Umbruchs, der mit einer, jedoch friedlichen, Revolution vergleichbar sein muß, unterstrich Marcos: "Wir werden dasselbe tun ( wie die Revolution ), aber ohne Waffen. Wenn jemand sterben wird, dann die Reichen. Weshalb sollten die Armen ein weiteres Mal ihr Leben lassen? Es geht darum, dass das Volk teilnimmt. Alle. Auch die Jungen und Mädchen und die die schon erwachsen sind."
 http://www.jornada.unam.mx/2006/11/15/index.php?section=politica&article=018n1pol

Der andere Plan San Luis
Aus Marcos´ Rede in San Luis Potosí , 12. Nov.2006

Guten Abend San Luis Potosí.
Compañeros y compañeras, potosinos y potosinas:

Es ist eine Ehre auf diesem Boden zu stehen, von wo aus seit den Zeiten der Conquista (Eroberung ), allen MexikanerInnen Lektionen an Widerstand und Würde erteilt worden sind.

Eine Schande in San Luis Potosí ist das Zuchthaus de la Pila, wo unser Compañero Juan Valdés Pérez, der älteste politische Gefangene, seit 15 Jahren für das "Vergehen, für die Marginalisierten gekämpft zu haben", die Ungerechtigkeit des Eingesperrtseins erleidet... - Es ist eine Schande von San Luis Potosí, dass der Compañero Miguel Ángel Wing Soto von der Koordination der Breiten Öffentlichen Bewegung ( Coordinadora del Movimiento Amplio Popular) gefangen gehalten wird, weil er ein sozialer Kämpfer ist und dass gegen ihn eine Medienkampagne der Geringschätzung losgetreten wurde, die ihn als gemeinen Verbrecher darstellt...
Als weitere Schandflecke in San Luis Potosí zählte Marcos in seiner Funktion als Delegierter Null auf: die Verfolgung der Bauern der Organisation Campesina Independiente OCI der Kolonie La Bolsilla der Gemeinde Villa de Arriaga, deren Forderung nach Land von den Regierungen der PRI und der PAN mit Schlägen, Gefängnis und Tod beantwortet wurden... - dass die Rechte alleinstehender Mütter nicht anerkannt werden, die als Arbeiterinnen die zusätzlich zur Ausbeutung, die sie ertragen, um sich und ihre Kinder durchzubringen, auch noch die Geringschätzung erleiden müßen... dass die Krankenschwestern ihre Arbeitsplätze verloren, aufgrund der Arbeit des idiotischen Gauners der den Präsidentensitz innehat: Vicente Fox Quezada de Sahagùn... - dass San Luis Potosí beteiligt ist an dem großen Landraub an den Bauern von San Ivanico chico, deren Boden von den Großgrundbesitzern genutzt wird, die unter dem Schutz der Regierung von De los Santos stehen... - dass die vermeintlich autonome Universität täglich mehr die Qualität und Quantität ihres Unterrichts vermindert, während die Kosten für die StudentInnen ansteigen... - den Betrug und den Raub in der Colonia 1º de Mayo im Gemeindekeris de soledad de Graciano Sánchez und die Verhöhnung und Verachtung, die den EinwohnerInnen, die Gerechtigkeit forderten, entgegegebracht wurde... - dass San Luis Potosí seine Kultur und Geschichte diskriminiert, seine Kunst prostituiert und die Kultur auf den banalen Inhalt des kommerziellen Radios und Fernsehens reduziert, die die Authenzität vergangener und gegenwärtiger Monumente und Geschichten vernichten... - dass in San Luis Potosí die eigene Jugend verfolgt und gewaltsam unterdrückt wird, weil sie sich nicht zähmen läßt... - die Erlaubnis und das Vorantreiben der Mine San Xavier, im Besitz des kanadischen Unternehmen Metallica Resources Inc., die illegaler und ilegitimerweise den Cerro de San Pedro und die umliegenden Gemeinden zerstört... - dass die Bevölkerung von San Luis Potosí bezüglich der tödlichen Konsequnzen dieses Minenprojekts belogen wird und die Tatsache vertuscht, dass durch die Mine nicht nur der Cerro ( das Symbol von S.L.P. ) verschwinden wird, sondern dass außerdem auf irreperable Weise das Wasser und die Luft verunreinigt werden, die alle im Tal atmen und brauchen und dass das Ausmaß der Kontaminierungen den gesamten Staat San Luis Potosí sowie den huastekischen und die angrenzenden Staaten in Mitleidenschaft ziehen wird. "Der Mega-Ökozid wird beklagenswerte Konsequenzen für das ganze Land, den Kontinent und die Welt haben"... - dass das Minenprojekt San Xavier unter der Komplizenschaft der staatlichen,- föderalen,- und Gemeinderegierung sämtliche Umweltschutzmaßnahmen und den Schutz des kulturellen und historischen Erbes aushebelt., bis hin zu den föderalen Gesetzen und der Genehmigung von Sprengungen... - dass die Verwaltung von San Luis Potosí ein terroristisches Unternehmen unterstützt, das in jedem anderen Land sofort hinausgeworfen würde... - die Verleumdnung, Verfolgung und Kriminalisierung der Sozialen.-und BürgerInnenbewegung, die gegen das menschliche, ökologische, kulturelle und historische Verbrechen, das den Namen Minera San Xavier trägt, in Opposition geht ...

"Wir sehen also das Resümee der stupiden Gier derer, die San Luis Potosí regieren: Marcelo de los Santos Fraga, der mitsamt seinen politischen Begleitern nicht im Stande ist, die Vergiftungen zu erkennen, ebensowenig wie der Raub, die Ausbeutung, die Verachtung und die Repression für sie und die Großunternehmer, Bankiers, Industriellen und Großgrundbesitzer von Bedeutung ist, die meinen in ihren Domizilen sicher zu sein, ohne das Volk von Potosí ohne Unterschiede auf sozialer Ebene und in Rasse, Geschlecht, Religion, Alter und politischer Zugehörigkeit berücksichtigen zu müßen".

Dann zählte der Delegierte Null zur Verdeutlichung des " anderen San Luis Potosí " die Kämpfe und Leistungen der genannten Jugendlichen, Alleinerziehenden, Campesinos, Krankenschwestern, StudentInnen, u.a. auf , die in würdiger Weise in tagtäglicher Rebellion für das Leben kämpfen. " Wir haben das "San Luis Potosí von unten" gesehen und gehört, das sich nicht unterwirft, das rebelliert und zu kämpfen versteht und weiß, dass Kampf keine Wahlkampfmode ist und dass das, was das Volk verdient und was ihm zusteht, nicht in eine Wahlurne, in keine Zeitungsschlagzeile oder Radio,-und TV-Programm und nicht in ein Gefängnis paßt. Von diesem San Luis Potosí von unten und links wollen wir lernen und mit ihm wollen wir uns zusammenschließen und seine KampfgefährtInnensein..., denn wir Zapatistas der EZLN wissen, dass Mexiko nur frei sein wird, wenn auch San Luis Potosí frei ist, deshalb ist sein Kampf auch unser Kampf. Wir bieten unseren Respekt und ersuchen darum, Respekt zu erhalten; wir bieten unsere Unterstützung und bitten darum, Unterstützung zu bekommen. Wir versprechen nicht weniger, als zu kämpfen bis zum Tod, um die Dinge in unserem Land zum Besseren zu verändern.

Compañeros und Compañeras vor einigen Stunden haben wir während dieser Versammlung die aufgezeichneten Worte eines Indigenas in Oaxaca gehört. Diese Aufzeichnungen bestätigen die Größe dieses Volkes und machen stolz zu wissen, dass San Luis Potosí ein Teil dieses Mexiko ist, das sich erheben wird um die parasitären und von Gier besessenen PolitikerInnen und UnternehmerInnen zu erschüttern. Von hier, von San Luis Potosí aus, wenden wir unser Herz , unseren Blick und unser Wort nach Oaxaca, zur APPO, zu ihrem Beispiel.

Compañeros und Compañeras:

Das Land des cactus, des hikuri und des nopal wird frei sein und demokratisch und dann wird m@n von Neuem dem Lied des Wüstensperlings lauschen.
San Luis Potosí wird aufhören eine Schande durch seine Regierenden zu sein und die Schritte des Bauern, des Arbeiters, der Frauen, der Mütter, der Alten, der Kinder und Jugendlichen gehen.
Und der Cerro de San Pedro wird nicht nur ein Symbol sein, das einen Ort unter dem Himmel markiert, sondern auch der Erinnerung an die, die heute gegen das Vergessen kämpfen.

ES LEBE OAXACA
ES LEBE SAN LUIS POTOSI
ES LEBE MEXICO

SUBCOMANDANTE INSURGENTE MARCOS.
Delegado Zero / Comisión Sexta de La otra Campaña.
Noviembre 12 del 2006
Plaza de los Fundadores, SLP, México.

 http://chiapas.indymedia.org/display.php3?article_id=138978

( zusammenfassende, freie Übersetzung: tierr@ )
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Ergänzungen