Universalität der Menschenrechte

Universalität der Gerichtsbarkeit 07.11.2006 16:58 Themen: Militarismus Repression SiKo München Weltweit
Am 14.November 2006 hat eine Anwaltsgruppe und weitere Sachverständige einen Termin bei der Generalbundesanwaltschaft. Bei diesem wird angesucht werden, ein Untersuchungsverfahren gegen Donald Rumsfeld, US Generalstaatsanwalt Alberto Gonzales und weitere Schlüsselfiguren der Bushregierung, wegen des Verdachtes des Begehens von Kriegsverbrechen, zu eröffnen.
The Nation 02.nov.2006
Das jüngst verabschiedete »Military Commissions Act« enthält ein zentrales Argument, für ein gesetzliches Handeln, nach dem Grundsatz der »Universalität der Gerichtsbarkeit«. Der »Military Commissions Act«zeigt den Versuch der Bushregierung sich rechtlich vor strafrechtlicher Verfolgung in den USA, selbst für schwerste Verbrechen, zu immunisieren.

Die Initiative, in Bezug auf Verteidigungsminister Rumsfeld, wurde in New York, Ende Oktober 2006 auf einer Konferenz, mit der Titel »Ist die Universelle Gerichtsbarkeit ein wirksames Werkzeug?«, angekündigt

»Universalität der Gerichtsbarkeit«
Der Grundsatz erlaubt örtlichen Gerichten Verbrechen, international , unbeachtlich des Tatortes, der Nationalität der Täter oder der Nationalität der Opfer, zu verfolgen.Er ist für die abscheulichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, einschließlich Folter, vorbehalten. In einigen Ländern wurden Regelungen bezüglich der Universalität der Gerichtsbarkeit erlassen. Selbst in den USA, ist sie bei bestimmten terroristischen Angriffen und Folter, zugelassen.
Viele TeilnehmerInnen der Konferenz in New York waren Menschenrechtsanwälte, welche die Anwendung der Universalität der Gerichtsbarkeit erweitert haben, seit sie gegen den früheren chilenischen Diktator Augusto Pinochet angewandt wurde.
Bei einem jüngeren Fall wurde in Spanien zum Beispiel der Argentinier Adolfo Scilingo für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche er in Argentinien begangen hat, angeklagt und verurteilt. Scilingo wurde zu 640 Jahren Haft verurteilt. ( vergleiche in »The nation«: Geoff Pingree and Lisa Abend, »Spanish Justice«, October 9th 2006)Es wurde der Beschluss gefasst, anzustreben Rumsfeld in Deutschland zu prozessieren, da nach deutschen Gesetzen die Anwendung der universellen Gerichtsbarkeit möglich ist.
Die Konferenz wurde durch das »Center for Constitutional Rights« (CCR), welche den Fall Rumsfeld vorbringt und durch die International Federation for Human Rights (FIDH) ein Netzwerk von 141 nationalen Menschenrechtsorganisationen, welche 1922 gegründet wurde, unterstützt.

2004
Ein früher Fall Rumsfeld wurde 2004 vom CCR, zugunsten von vier irakischen Opfern von Abu Ghraib, vorgebracht. Es wurde eine eingehende Dokumentation und Fotografien der betreffenden Misshandlungen im Gefängnis vorgelegt. Zum Zeitpunkt als der Fall betrachtet wurde, stand die sogenannte »Münchner Sicherheitskonferenz« an. Rumsfeld, von welchem die Papiere sichergestellt hätten werden können oder der verhaftet hätte werden können, weigerte sich teilzunehmen, bis der Fall von der deutschen Generalbundesanwaltschaft abgelehnt wurde. Die Ablehnung erfolgte am 10.Februar 2005; Rumsfeld kam am folgenden Tag nach Deutschland.

Die Begründung der Generalbundesanwaltschaft für das Nichtermitteln, war dass es »keinen Grund dafür gäbe, dass der Beschuldigte nicht in den USA prozessiert würde«. Ungeachtet des mächtigen Beweises, dass die Beamten, der für die Strafverfolgung zuständige Behörde, selbst Teil der Verschwörung waren, welche die Kriegsverbrechen begangen hat.

Der neuerliche Antrag wird auf dem Versäumen der US Behörden bei der Untersuchung und Strafverfolgung der hohen Staatsbeamten basieren.
Der Fall wird durch ein neues mächtiges Argument getrieben. Das »Military Commissions Act of 2006« Gesetz, welches der US Präsident unterstützt hat und welches jüngst durch seine Unterschrift in Kraft trat, beinhaltet eine rückwirkende Immunität für Zivilisten welche das »War Crimes Act«(US Gesetz zu Kriegsverbrechen) verletzt haben, einschließlich der Beamten der Bushregierung. Solch ein Versuch, sich Immunität für ihre Verbrechen zu verschaffen, ist in sich selbst ein Beweis einer Anstrengung Strafverfolgung für solche Verbrechen zu blockieren. Tatsächlich wurde, nach Angaben von Scott Horton,Vorsitzender des Ausschusses für internationales Recht, der New Yorker Anwaltskammer (chair of the International Law Committee of the, New York City Bar Association ), als die frühere jugoslawische Regierung versuchte hatte ihren höheren Regierungsbeamten Immunität zu verleihen, in den USA diese Handlung als Beweis für eine solche Verschwörung erklärt.

Der neue Fall wird weitere, wichtige Elemente einführen. Juristen, Advokaten, Architekten und Manager, welche Programmen zur Misshandlung in Gefängnissen dienten, wie Alberto Gonzales und John Yoo kommen zu den Beklagten hinzu.Zu den Misshandlungen in Abu Ghraib werden jene auf Guantanamo hinzu kommen.

Die Klägerseite wird neue Beweise vorlegen, welche die Verantwortlichkeit für Folter und Häftlingsmisshandlungen in den höchsten Ebenen in der Befehlskette, aufzeigen.

Wolfgang Kaleck (Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins) ein deutscher Menschenrechtsanwalt, welcher den Fall in Zusammenarbeit mit CCR, FIDH und weiteren Gruppen anzeigen wird, erklärte auf der Konferenz in New York, dass er oft gefragt wird: »Erwarten sie tatsächlich, dass Rumsfeld für Kriegsverbrechen in Haft kommt?« Seine Antwort ist, dass er dies nicht unmittelbar erwartet. »Aber wir machen es möglich, dass eines Tages Rumsfeld in Haft kommt.», erklärt er. Nach Kaleck erhält die Regierung der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig Anrufe von möglichen hochrangigen Besuchern, welche anfragen, »Gibt es irgendwelche Klagen gegen mich?«

Antoine Bernard geschäftsführende Leiterin der Internationalen Liga für Menschenrechte (FIDH), erklärt, dass obwohl es bisher wenige Verurteilungen, welche auf der universellen Gerichtsbarkeit basieren gibt, nun die Angst nicht nur auf Seiten der Opfer, sondern ebenfalls auf der Seite der Folterer ist.« und dass » die Unterstützer streiten werden, wird einen abschreckenden Effekt auf Regierungsbeamte haben, welche über die Anwendung von Folter nachsinnen.

Peter Weiss Vizepräsident von CCR und FIDH, erfahrener, prominenter Berater im Bereich internationales Menschenrecht, bemerkt, dass es 50 Jahre gedauert hat, um vom obersten Gerichtshof den Brown Beschluss zu bekommen, welche die Apartheid an den Schulen für ungesetzlich erklärte, dass in dieser ganzen Zeit Menschen fortfuhren Fälle anzuzeigen, welche möglicherweise die grundsätzliche Position des gesetzlichen System ändern würden. »Neue Normen werden aufgestellt, um mit der Wirklichkeit auf der Basis zu recht zu kommen.« sagte er, »Später werden diese Normen tatsächliche, anwendbare, durchsetzbare Gesetze.«

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Ergänzungen

Gerechtigkeit gegen Amerika!

abersicheraberjadoch! 08.11.2006 - 02:11
"Es wurde der Beschluss gefasst, anzustreben Rumsfeld in Deutschland zu prozessieren, da nach deutschen Gesetzen die Anwendung der universellen Gerichtsbarkeit möglich ist."

Ein angemessener Gedanke, schließlich können hier rechtskräftig verurteilte NS-Massenmörder unbehelligt ihren wohlverdienten Ruhestand geniessen und die Renten in Anspruch nehmen, die ihnen aus ihrem vaterländischen Dienst erwachsen sind. Hauptsache sie sind Deutsche. Wo also wenn nicht in Deutschland ist die universelle Gerechtigkeit anzusiedeln?

Menschenrechtsgruppe will Rumsfeld verklagen

dab/AFP/Reuters 11.November 2006 11.11.2006 - 11:16
Auf den scheidenden Verteidigungsminister Rumsfeld kommt indes mindestens eine Klage wegen Menschenrechtsverletzungen zu. Die US-Menschenrechtsgruppe Center for Constitutional Rights (CCR) erklärte gestern auf ihrer Internet-Seite, sie werde in Deutschland Klage gegen den scheidenden Minister wegen der Folter von Gefangenen einreichen.

Das Center for Constitutional Rights erklärte, die Gruppe werde am Dienstag bei der Bundesanwaltschaft Klage gegen Rumsfeld sowie gegen US-Justizminister Alberto Gonzalez und den ehemaligen Chef des US-Geheimdienstes CIA, George Tenet, einreichen. Das CCR vertrete gemeinsam mit der International Federation for Human Rights (FIDH) und der Republikanischen Anwaltsvertretung (RAV) insgesamt zwölf Folteropfer: elf Iraker, die im Gefängnis Abu Ghureib misshandelt worden seien, und einen Gefangenen des US-Militärlagers Guantanamo.

Das CCR hatte bereits im Jahr 2004 versucht, Rumsfeld in Deutschland vor Gericht zu bringen, war damit aber gescheitert. Die neue Klage habe weitaus bessere Chancen, erklärte die Gruppe auf ihrer Internet-Seite. So habe sich nicht nur die Beweislage verbessert, sondern es gebe zudem in Deutschland auch einen neuen Bundesanwalt, und Rumsfeld genieße nach seinem Rücktritt keine Immunität mehr. Die Klägerseite soll in Deutschland durch den Anwalt Wolfgang Kaleck vertreten werden.

Auch der Anwalt der Familien einer Reihe saudischer Guantanamo-Häftlinge sagte, er behalte sich vor, Klage gegen Rumsfeld zu erheben. Der scheidende US-Minister sei "der Hauptverantwortliche" für die Misshandlungen der Gefangenen auf dem US-Stützpunkt. Auch dafür dass Guantanamo weiterhin rechtsfreie Zone sei, trage er die Verantwortung. Zudem habe Rumsfeld stets Folter als "Verhörtechnik" gerechtfertigt. Auf Guantanamo werden zurzeit noch mindestens 90 saudische Häftlinge festgehalten.

 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,druck-447842,00.html

 http://www.ccr-ny.org/v2/reports/report.asp?ObjID=IHUf2jK257&Content=888

Cheney: nationale Sicherheit

Chertoff: Souveränität 19.11.2006 - 22:43
15. November 2006: Dick Cheney versucht die CIA-Affäre zu beenden. Der US-Vizepräsident forderte eine Einstellung des Verfahrens gegen ihn im Zusammenhang mit der Enttarnung der Agentin Valerie Plame. Die Klage beeinträchtige die nationale Sicherheit.
 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,448492,00.html

19. November 2006: Die USA würden, so Chertoff, vor allem auf Druck der EU und der Vereinten Nationen mehr und mehr internationalen Abkommen unterworfen, was die Souveränität des Landes beeinträchtige
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24015/1.html

Kein Ermittlungsverfahren

Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof 27.04.2007 - 13:19
27.04.2007 - 9/2007

Kein Ermittlungsverfahren wegen der angezeigten Vorfälle in Abu Ghraib/Irak und in Guantánamo Bay/Kuba
Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof

Nr. 9

I.

Am 14. November 2006 - zuletzt ergänzt am 28. März 2007 - erstattete Rechtsan-walt Kaleck im Auftrag von insgesamt 44 Organisationen und Einzelpersonen Strafanzeige gegen den ehemaligen Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald H. Rumsfeld, 13 im Einzelnen bezeichnete und weitere unbenannte Bürger der USA wegen des Verdachts von Verstößen gegen §§ 4, 8, 13 und 14 VStGB und gegen §§ 211 ff., 223 ff., 239 ff. StGB i.V.m. § 6 Nr. 9 StGB i.V.m. der UN-Folterkonvention sowie Art. 129 III. Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen.

Bereits am 30. November 2004 hatte Rechtsanwalt Kaleck für das Center for Constitutional Rights und vier irakische Staatsangehörige Strafanzeige gegen Donald H. Rumsfeld - damals noch amtierender Verteidigungsminister - und weitere Personen erstattet, denen eine Beteiligung an Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) vorgeworfen wurde.
Mit Entscheidung vom 10. Februar 2005 sah die Bundesanwaltschaft von der Verfolgung gemäß § 153 f StPO ab (siehe Pressemitteilung vom 10. Februar 2005, Nr. 6; abrufbar im Internet unter www.generalbundesanwalt.de/Aktuelles/Pressemitteilungen2005). Einen hierauf ge-stellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung verwarf das OLG Stuttgart am 13. September 2005.

Gegenstand der aktuellen Strafanzeige sind Geschehnisse im Gefängniskomplex Abu Ghraib/Irak und im Gefangenenlager in Guantánamo Bay/Kuba. Soweit die Anzeige Vorfälle im Gefängniskomplex Abu Ghraib betrifft, wurden diese ganz überwiegend bereits am 30. November 2004 zur Anzeige gebracht. Über die damals geschilderten Vorkommnisse hinaus haben die Anzeigenerstatter nun ergänzend von weiteren Vor-fällen berichtet, insbesondere solchen, die sich nach dem 8. Januar 2004 zugetragen haben sollen. Ferner sollen Gefangene im US-amerikanischen Gefangenenlager in Guantánamo Bay misshandelt worden sein.

Die Erstattung der Strafanzeige in der Bundesrepublik Deutschland wird im We-sentlichen damit begründet, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika keine Strafverfolgung gegen die Angezeigten wegen der Vorkommnisse im Irak und in Guantánamo Bay stattfinde, was auf den Unwillen der dortigen Behörden schließen lasse, gegen diese Personen strafrechtliche Ermittlungen durchzuführen. Es seien ausschließlich Angehörige unterer militärischer Dienstränge für die Ereignisse im Irak strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und mit nach Ansicht der Anzeigenerstatter allzu „geringfügigen“ Strafen oder gar nur mit Disziplinarahndungen belegt worden. Die eigentlich Verantwortlichen, die eine „systematische“ Misshandlung von Gefangenen geplant, angeordnet oder zumindest wissentlich geduldet und gerechtfertigt hätten, seien hingegen sämtlich straflos geblieben. Eine Ver-folgung durch den Internationalen Strafgerichtshof komme nicht in Betracht, da die USA die Unterzeichnung des Römischen Statuts wirksam zurückgezogen und eine Ratifizierung ausgeschlossen hätten. Die gesetzlichen Vorschriften des Völker-strafgesetzbuches, insbesondere das in § 1 VStGB verankerte Weltrechtsprinzip, zwängen die zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörden dazu, gegen die Angezeigten Ermittlungsverfahren einzuleiten. Die Bundesrepublik Deutschland müsse daher stellvertretend für die internationale Staatengemeinschaft die Strafverfolgung übernehmen, um zu verhindern, dass die angezeigten Taten ungesühnt blieben.


II.

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird gemäß § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO abgesehen. Soweit Geschehnisse zur Anzeige gebracht wurden, die sich zwi-schen dem 15. September 2003 und dem 8. Januar 2004 im Irak zugetragen haben sollen, verbleibt es bei der Entscheidung vom 10. Februar 2005.

1. § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO erlaubt es, von der Einleitung eines Ermittlungs-verfahrens bei Auslandstaten im Sinne von § 153 c Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO abzusehen, wenn sich ein Tatverdächtiger weder im Inland aufhält, noch ein solcher Aufenthalt zu erwarten ist. Dies ist vorliegend der Fall:

a) Bei den angezeigten Vorwürfen handelt es sich mangels eines inländischen Erfolgs- oder Handlungsortes im Sinne von § 2 VStGB in Verbindung mit § 9 StGB um Auslandstaten.

Die den Angezeigten zur Last gelegten Handlungen haben in keinem der angezeigten Fälle einen tatbestandlichen Erfolg im Sinne der §§ 8 ff. VStGB in Deutschland hervorgerufen. Dafür, dass Personen, die von den in der Strafanzeige geschilderten Handlungen betroffen waren, vom Irak oder von Afghanistan aus über die Bun-desrepublik Deutschland nach Kuba/Guantánamo verbracht wurden - mit der Folge eines etwaigen „Transitortes“ in Deutschland -, ist nichts ersichtlich.

Des weiteren fehlt es an tatsachenfundierten Anhaltspunkten für einen im Inland liegenden Handlungsort.

Die bloße Stationierung von US-Truppen ist - entgegen der Auffassung der Anzei-generstatter - ebenso wenig eine Vorbereitung der angezeigten Kriegsverbrechen, wie die Bewachung der in Deutschland gelegenen Militäreinrichtungen der USA durch deutsche Soldaten mit der Folge der Verfügbarkeit von US-Soldaten für ei-nen Einsatz im Irak. Gleiches gilt für die Ausbildung von Soldaten für den Ein-satz im Irak. Ob eine solche tatsächlich in Deutschland stattgefunden hat und dabei im Hinblick auf das humanitäre Völkerrecht „mangelhaft“ war, wie die An-zeigenerstatter behaupten, kann dahinstehen. Auch eine unzureichende Vorberei-tung auf die Betreuung von Kriegsgefangenen ist nicht Teil einer Vorbereitung auf Tathandlungen im Sinne von § 8 VStGB. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, Soldaten, die nicht hinreichend auf Kriegshandlungen vorbereitet und über den Inhalt der Genfer Konventionen ins Bild gesetzt sind, begingen immer oder auch nur regelmäßig die behaupteten Kriegsverbrechen, gibt es nicht. Die Behauptung der Anzeigenerstatter, den später im Irak eingesetzten US-Soldaten sei in Deutsch-land vermittelt worden, die Genfer Konventionen könnten außer Acht gelassen wer-den, ist rein spekulativ. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür fehlen. Die Gewährung von Überflugrechten oder die Gestattung von Zwischenaufenthalten auf deutschem Boden, auf die die Anzeigenerstatter gleichfalls Bezug nehmen, ist keine straf-gesetzlich erfasste Vorbereitung der angezeigten Geschehnisse - weder derjenigen in Guantánamo Bay, noch derjenigen im Irak. Gleiches gilt für den Einsatz deut-scher Staatsangehöriger bei der Ausbildung von Irakern im Ausland.

Schließlich fehlt es auch an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass von Deutsch-land aus Befehle zur selbständigen Begehung von Verstößen gegen das Völkerstrafgesetzbuch erteilt oder Konzepte zur Anwendung von im Widerspruch zur I-II. Genfer Konvention stehenden Behandlungsmethoden von Gefangenen ausgearbeitet wurden. Der Umstand allein, dass einzelne Angezeigte zeitweise in US-amerikanischen Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland stationiert waren, reicht hierfür nicht aus.

b) Weder die angezeigten noch sonstige nach der Anzeige als Tatverdächtige in Betracht kommende Personen halten sich gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Ein solcher Aufenthalt ist hier auch nicht zu erwarten.

Keine der in der Anzeige mit Wohnsitz in Deutschland genannten Personen ist noch in Deutschland stationiert oder wohnhaft. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Aufenthalt einer angezeigten oder nach der Anzeige als tatverdächtig in Betracht kommenden Person zu erwarten ist, liegen nicht vor. Solche Anhaltspunkte können bereits dann ausgeschlossen werden, wenn - wie hier - nach den im Inland verfüg-baren Daten keinerlei Bindungen oder Beziehungen beruflicher, persönlicher oder familiärer Art in Deutschland bekannt sind. Nicht ausreichend ist - entgegen der Auffassung der Anzeigenerstatter - die lediglich theoretische Möglichkeit der Einreise nach Deutschland oder in ein Land, in dem nach den angezeigten Personen auf der Grundlage eines Europäischen oder internationalen Haftbefehls gefahndet werden könnte. Würde man eine Verfolgungspflicht bereits dann annehmen, wenn ein solcher künftiger Aufenthalt eines ausländischen Tatverdächtigen lediglich nicht auszuschließen ist, liefe § 153 f Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StPO im Er-gebnis in der Mehrzahl der Fälle weitgehend leer, weil "Vorermittlungen" über gegenwärtige und künftige Reisebewegungen von im Ausland lebenden Personen wenig Erfolg versprechen. Der mit § 153 f Abs. 1 Satz 1 StPO intendierte Zweck, fruchtlose Ermittlungsarbeit in Fällen zu vermeiden, die keinen Inlandsbezug aufweisen und deshalb keinen nennenswerten Aufklärungserfolg versprechen, wäre dann nicht zu erreichen.

2. Die nach § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO vorzunehmende Abwägung ergibt, dass für ein Tätigwerden deutscher Ermittlungsbehörden kein Raum ist.

a) Zweck des § 153 f StPO ist es, den Folgen Rechnung zu tragen, die sich aus der Geltung des Weltrechtsprinzips für die deutsche Justiz ergeben. Für die Durchführung von Ermittlungen spricht dabei grundsätzlich der Gesichtspunkt, dass eine möglichst lückenlose weltweite Strafverfolgung der Völkerrechtsverbrechen gewährleistet sein soll. Andererseits soll der Gefahr entgegengewirkt wer-den, dass sich Anzeigenerstatter bestimmte Staaten, die - wie vorliegend Deutschland - in keinerlei direktem Zusammenhang mit den zur Anzeige gebrachten Taten stehen, allein wegen ihres völkerrechtsfreundlichen Strafrechts als Ort der Verfolgung aussuchen (so genanntes „Forum-Shopping“) und dadurch die Ermittlungsbehörden zu aufwendigen, aber letztlich nicht zielführenden Ermittlungen zwingen. Da gemäß § 1 VStGB jedes Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (auch) deutscher materieller Strafgewalt unterfällt, eröffnet § 153 f StPO auf prozessualer Ebene für die Staatsanwaltschaft ein Korrektiv, einer Überlastung durch unzweckmäßige Ermittlungsarbeit entgegenzuwirken. Dem entsprechend erlaubt § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO bei reinen Auslandstaten im Einzelfall von der Verfolgung unabhängig davon abzusehen, ob eine andere Gerichtsbarkeit zur Verfolgung bereit ist. Das gilt vor allem dann, wenn keine Aussichten darauf bestehen, dass Beschuldigte in Deutschland auch tatsächlich vor Gericht gestellt werden können. An diesem Zweck ist die Ermessensausübung auszurichten. Die Ansicht der Anzeigenerstatter, die Bundesrepublik Deutschland müsse stellvertretend für die „Weltgemeinschaft“ tätig werden und daher jedenfalls Ermittlungen aufnehmen, geht demgegenüber fehl.

b) Umstände, die für eine Aufnahme von Ermittlungen trotz Vorliegens der Vor-aussetzungen des § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO sprechen könnten, liegen nicht vor. Sie wären nur gegeben, wenn durch Ermittlungen deutscher Strafverfolgungsbehör-den ein nennenswerter Aufklärungserfolg erzielt werden könnte, um eine spätere Strafverfolgung (sei es in Deutschland oder im Ausland) vorzubereiten. Daran fehlt es jedoch.

Zur Aufklärung möglicher Tatvorwürfe wären Ermittlungen vor Ort und in den Ver-einigten Staaten von Amerika unumgänglich. Diese könnten, da deutsche Ermitt-lungsbehörden im Ausland über keine Exekutivbefugnisse verfügen, nur im Rechts-hilfewege erfolgen. Entsprechende Gesuche erscheinen aber - insbesondere, wenn man die Rechts- und Sicherheitslage im Irak bedenkt - offensichtlich aussichtslos.

Ein Beweisverlust durch ein Nichttätigwerden deutscher Strafverfolgungsbehörden ist nicht zu besorgen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach Mitteilung der Anzeigenerstatter Zeugen aus den Vereinigten Staaten von Amerika zu Angaben gegenüber deutschen Ermittlungsbehörden bereit sind. Es ist nicht ersichtlich, dass diese hier weitergehende Angaben machen könnten, als sie dazu über den anwaltlichen Vertreter der Anzeigenerstatter im Stande wären. Der Umstand, dass den Angaben dieser Personen bei US-amerikanischen Untersuchungen nicht dasjenige Gewicht beigemessen wurde, das die Anzeigenerstatter sich wün-schen, zwingt nicht zur Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens in Deutschland. Die Auffassung, gleichwohl müssten in einem deutschen Ermittlungsverfahren solche Angaben dokumentiert und systematisch aufbereitet werden, auch wenn ein erfolg-reiches Ermittlungsverfahren in Deutschland aus den vorgenannten Gründen ebenso wenig zu erwarten ist, wie das Eingehen von Rechtshilfeersuchen, geht fehl. Dies würde im Ergebnis auf eine rein symbolische Ermittlungstätigkeit hinauslaufen, die - mangels umfassender Aufklärungsmöglichkeiten - notgedrungen einseitig bleiben müsste. Eine solche war vom deutschen Gesetzgeber aber - auch bei Völ-kerstraftaten - ausdrücklich nicht gewollt, zumal hierdurch die ohnehin perso-nell und finanziell begrenzten Strafverfolgungsressourcen zu Lasten sonstiger, Erfolg versprechender Strafverfolgung unnötig gebunden würden. Die (straf-) rechtliche Aufarbeitung etwaiger Verstöße gegen das Folterverbot in Guantánamo Bay/Kuba oder im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg bleibt daher Aufgabe der hierzu berufenen und hierfür zuständigen Justiz der Vereinigten Staaten von Amerika.

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