Tadschikistan - "Jahr der arischen Kultur"

G. Albert 12.12.2005 01:58 Themen: Antirassismus Repression Weltweit
Der autokratische Herrscher Tadschikistans, Emomali Rachmonow, hat das Jahr 2006 zum "Jahr der arischen Kultur" aufgerufen. Auch das Hakenkreuz ist Bestandteil der Propagandasymbolik. Mit der Kampagne versucht die turkmenische Herrscherclique, sich kulturell über die anderen Völker der Region zu stellen.
Der seit 1994 amtierende, unter dubiosen Umständen wiedergewählte Herrscher des zentralasiatischen Staates Tadschikistan, Emomali Rachmonow, hat per Dekret das kommende Jahr zum "Jahr der arischen Kultur" ausgerufen. Gegenwärtig laufen im ganzen Land Vorbereitung zu diversen "kulturellen Veranstaltungen zur historischen Bildung". In den Städten werden Plakate zur Kulturgeschichte der Tadschiken mit Berufung auf die historischen Arier plaziert, wobei auch ein Hakenkreuz Bestandteil der Symbolik ist. Auf Nachfrage der Deutschen Welle übte sich der Leiter der Ideologie-Ressorts der Sogdi-Region, Abduhakim Schapirow, in Beschwichtigung:

"[Das Hakenkreuz] ist ein Symbol arischer Kultur, aber man hat es im Laufe der Geschichte auf verschiedene Weise interpretiert. Der Faschismus hat dieses Symbol auf andere Weise benutzt, und deswegen wurde es für viele zum negativen [Symbol]. In Wirklichkeit symbolisiert es ewige Bewegung."

Die Kernbevölkerung Tadschikistans, die Tadschiken, leiten sich in der Tat (und im Gegensatz zu den nordeuropäischen Völkern, auch wenn es von rechtsesoterischen Kreisen gern behauptet wird) von den iranischen Völker ab, die 2000 v. Chr. ins Iranische Hochland einwanderten und zu deren Nachkommen, neben den Tadschiken, unter anderem die Perser und die Kurden zählen. "Arier" ist die Selbstbezeichnung der iranischen Völker, und "Iran" bedeutet nichts anderes als "Land der Arier".

Allerdings ist die gegenwärtige tadschikische Kampagne nicht bloß ein Akt staatlicher Geschichtsvernarrtheit. Sie wird unverkennbar getragen von einem nationalchauvinistischen und rassistischen Impuls, der auf die Erniedrigung anderer Nationalitäten abzielt. So sagt der regierungstreue tadschikische Historiker Usto Dschachonow zur ideologischen Begründung des neuen Propagandafeldzugs:

Gerade jetzt muß man solche Veranstaltungen durchführen, denn wir sind von einer türksprachigen Bevölkerung umgeben [...]. Usbekistan zum Beispiel vertieft seine Geschichte, als ob sie sich auf diesem Territorium ereignet hätte, und das ohne jede Grundlage. Alle Historiker verstehen, daß die Heimat der Formierung der türksprachigen Nationen [sic!] nicht Zentralasien ist. Sie lebten in der Steppe [...]. Deswegen muß man jetzt zurückkehren zur Geschichte der arischen Kultur, um zu zeigen, zu beweisen... Jedes Volk muss seinen Platz in der Geschichte kennen! Zum Beispiel leben in Usbekistan Millionen von Tadschiken, die sich jetzt assimilieren. Das darf nicht sein! Sie müssen wissen, daß die Heimat der Tadschiken Usbekistan ist. Tadschiken gaben ihnen Lebensraum. Man darf nicht die eigene Kultur auf Kosten einer fremden [Kultur] heben."

Genau das tun die Herrschenden Tadschikistans allerdings - die Speisung der eigenen nationalen Identität auf Kosten der sie umgebenden Ethnien. Zum einen sollen die kirgisischen und usbekischen Minderheiten im Land selbst, die 25% betragen, ausgegrenzt werden. Zum anderen wird die tadschikische Diaspora in den Nachbarstaaten, vor allem in Usbekistan, im nationalchauvinistischen Sinne polarisiert. Daß "die Arier" einmal wieder als Vehikel für nationalistisches, chauvinistisches und rassistisches Gedankengut herhalten müssen, inklusive jener Symbolik, die in Nazi-Deutschland zu genau diesen Zielen staatstragend wurde, ist mehr als frappierend. Ein nationalchauvinistischer Staatspatriotismus ist leider immer noch keine Ausnahmeerscheinung in der heutigen Welt, aber daß ein Staat seine Legitimation aus der selben Quelle speist wie der Nationalsozialismus, ist ein Warnsignal sondergleichen.

http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1808498,00.html Bericht von Deutsche Welle World (auf Russisch)http://www.lenta.ru/news/2005/12/09/rahmonov/ Meldung von lenta.ru (auf Russisch)
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Ergänzungen

in einigen nachbarlaendern wird,

der nestscheisser 13.12.2005 - 19:05
teilweise durch die nationalistische tuerkische geschichtsschreibung inspiriert, versucht, dem nation building mit pantuerkischen ursprungsmythen auf die spruenge zu helfen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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korrektur — G. Albert

kaputt! — G. Albert

Hallo G. Albert — Pete