PDS heißt jetzt "Die Linkspartei." - Punkt ?

Bernd Kudanek alias bjk 17.07.2005 22:27 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe
gleich vorweg, ich war überzeugter Befürworter der Vison einer Gemeinsamen Linken auch hier in Deutschland - ich bin noch immer Befürworter dieser längst überfälligen Bündelung linker Strömungen!
"Die Linkspartei." - Punkt - - - war da nicht noch was?

Heute durfte ich erst am Rande und dann unmittelbar mittendrin im Kuppelsaal des BCC Zeitzeuge eines zum historischen Ereignisses hochstilisierten Medienhypes sein, nämlich als Gast beim Sonderparteitag der PDS, der hier in Berlin im Berliner Congress Center BCC ab 11 Uhr vormittags begann und frühnachmittags nach 14 Uhr mit dem Ergebnis endete, daß sich fast 75% der Delegierten für die Umbenennung der PDS in "Die Linkspartei." mit dem variablen Zusatz PDS entschieden haben. Das heißt, die einzelnen Landesverbände entscheiden selbst, ob sie PDS nach dem Punkt hinter "Die Linkspartei." anfügen oder nur bei "Die Linkspartei" bleiben.

Auf die teils dümmlich, teils packend populistischen bis hin zu blanker Demagogie, teils sachlich argumentativen Redebeiträge für und wider werde ich im nächsten Beitrag, den ich erst morgen hier einstellen möchte, detaillierter eingehen, denn ich möchte das Gehörte und Gesehene erst einmal überschlafen. - Zu sehr hat mich die offensichtlich medienwirksam zur demagogischen Seifenoper inszenierte Vorstellung vor allem von Gysi irritiert und letztlich abgestoßen. Er hat VorrednerInnen seiner eigenen (???) Partei, insbesonder Sarah Wagenknecht sinngemäß als zickige Quertreiberin und andere GegnerInnen des Weglassens von "PDS" als bloße MäklerInnen hingestellt, die eine Partei zwar aushalten müsse/könne aber die PDS immer dafür gesorgt habe, daß solche BedenkenträgerInnen keine Mehrheit in der eigenen Partei bekämen. - Dümmlich schenkelklopfende LacherInnen im Publikum diese billigen "Witzchen" und sein mit oft sich überschlagender Stimme vorgetragenes Potpourri aus teils vernünftigen teils populistischen Passagen haben mich abgestoßen. - Vom locker und argumentativ überzeugenden Gregor Gysi auf dem Pressefest des ND in der Diskussion mit Ottmar Schreiner von vor ein paar Wochen ist er heute zum demagogischen Hampelmann mutiert. - Bei Phoenix war heute abend sogar zu sehen, daß Lothar Bisky vor Rührung, weil Gysi ihn als quasi heroische Heilsgestalt wider die MäklerInnen hinstellte, fast einen Heulkrampf bekam. - Peinlich diese ganze Show einiger PDS-Granden!

Untergegangen ist völlig und das vermutlich ganz bewußt gesteuert, daß kein/e der Gegner/innen des Weglassens von PDS im neuen Logo auch nur im Geringsten die Notwendigkeit des Zusammengehens der Linken bestritten hat - nur über die Art der Zugeständnisse hatten sie andere Vorstellungen. - Und das ist legitim und aller Ehren wert und darf nicht von einem schauspielernden Medien-Politiker und seinen Hofschranzen lächerlich und verächtlich gemacht werden! - So wie die als Gäste geladenen WASG'ler Ernst und Hähnel teilweise bis zur Peinlichkeit gelobhudelt wurden, meinte ich mich im falschen Film. So wie sich später nach der Abstimmung die PDS-Granden mit Ernst begeistert umarmten und knuddelten, kann mensch nur hoffen im Interesse der Sache einer Gemeinsamen Linken in der BRD, daß es zwischen ihnen KEINE Absprachen in Sachen Postenschacherei gegeben hat.

Käme so etwas heraus, war der ganze an der Glaubwürdigkeit zerrende Zirkus heute umsonst und sogar ein Fall für die Justiz - und die PDS wäre auf Jahre hinaus in die Bedeutungslosigkeit abgestürzt.

Einen schönen Abend allerseits
Bernd Kudanek alias bjk

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Ergänzungen

Interessantes Interview in der taz

Dein Name 17.07.2005 - 22:54
Auch wenn ich nachwievor denke, daß die Wasg/PDS ei kleineres Übel als die SPDCUD wäre, relativiert sich das bild langsam. Interessant ein Interview mit Elke Breitenbach (PDS) in der taz:  http://www.taz.de/pt/2005/07/18/a0139.nf/text.ges,1

Interessant die beiden Passagen:

Auf meinen Beitrag hat der WASG-Vorsitzende Klaus Ernst reagiert, indem er sagte, man dürfe Lafontaine als Spitzenkandidaten nicht kritisieren. So etwas mache nur die "bürgerliche Presse" und "unsere politischen Feinde". Ich muss leider sagen: Diese Art Streitkultur ist mir leider aus Gewerkschaften bekannt.

Der PDS Landesverband Niedersachsen hat bereits seine Quotierung aufgehoben, weil die WASG keine Frauen aufstellt.


PS:warum Du aber Wagenknecht so verteidigst, verstehe ich nicht. Diese Stalinos sind echt das Letzte.

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a. 18.07.2005 - 01:07
"Er hat VorrednerInnen seiner eigenen (???) Partei, insbesondere Sarah Wagenknecht sinngemäß als zickige Quertreiberin und andere GegnerInnen des Weglassens von "PDS" als bloße MäklerInnen hingestellt..."

Mit Verlaub, das ist keine Verteidigung von Frau Wagenknecht oder anderen "Stalinos", sondern ein Hinweis auf die Stillosigkeit des Redners, der anscheinend nicht in der Lage ist, sich mit Kritik auseinanderzusetzen ohne in die Mottenkiste: scharfzüngige Worte von Frauen - das kann nur eine Zicke sein, zu greifen.

Im Interview mit Frau Breitenbach wird im übrigen Wagenknecht nicht erwähnt.

PDS und Demokratie

Ungültigwähler 18.07.2005 - 10:43
Wie es um das basisdemokratische Verständnis der PDS - Führung bestellt ist, kann mensch auch in der heutigen Ausgabe der Jungen Welt nachlesen:
(Junge Welt, 18.07.05)

Die PDS und die Demokratie

Die Basis in Tempelhof-Schöneberg entschied sich statt für Hakki Keskin für Lothar Nätebusch

In Schöneberg kamen am Samstag 24 stimmberechtigte Mitglieder der Berliner PDS-Bezirksorganisation Tempelhof-Schöneberg, drei Landesvorstandsmitglieder und einige Gäste zusammen, um ein Votum für den Bundestagskandidaten der neuen Linkspartei im Bezirk abzugeben.

Nach dem Motto »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser« ging der Veranstaltung die praktische Entmündigung des Bezirksverbände durch den Landesvorstand voraus. Dieser hatte beschlossen, die Wahl der Direktkandidaten nicht wie bisher den Vertreterversammlungen in den Bezirken zu überlassen, sondern auf einer zentralen Berliner Vertreterversammlung durchzuführen.

Der Parteivorstand toppte diese bemerkenswerte Vorstellung von innerparteilicher Demokratie noch damit, daß er dem Bezirksverband nicht einmal die Nominierung des Direktkandidaten überlassen wollte, sondern vorweg den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) Hakki Keskin als Kandidaten in den Medien verkündete.
Der Bezirksverband ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und stellte gegen Hakki Keskin den Berliner Vorsitzenden der IG BAU, Lothar Nätebusch, zur Nominierungswahl auf. Obwohl sich in der Diskussion herausstellte, daß der nicht anwesende Keskin bereits 2003 in einem Interview in der rechtsextremen Zeitung Junge Freiheit die jahrelange Zusammenarbeit der TGD mit der rechtsextremen türkischen Hamburger Organisation Milli Görüs als Versuch ausgab, sie dadurch besser in den Rechtsstaat integrieren zu können, beharrten die drei Landesvorstandsmitglieder auf Keskins Kandidatur.

Allerdings ging dieser erste Versuch der Entmündigung des Bezirks gründlich daneben. Lothar Nätebusch überzeugte die Mitglieder des Bezirksverbandes und wurde mit 13 Ja-Stimmen bei zwei Stimmen für Hakki Keskin und fünf Enthaltungen nominiert. Deutlich fiel auch das Ergebnis für die Kandidatur auf einen vorderen Platz der Landesliste aus. Hier stimmten bei einer Enthaltung und fünf Gegenstimmen 17 Mitglieder für Lothar Nätebusch.

Spannend bleibt jetzt die Frage, ob die PDS als künftige Linkspartei. bereit ist, nicht nur Volks- und Bürgerbegehren bundesweit zu fordern, sondern Basisdemokratie auch in ihrer eigenen Organisation zuzulassen und durchzusetzen.

Die PDS ist in ihrer Führungsstruktur weder links (im sozialistischen Sinne, einzelne Ausnahmen gibt es gerade unter älteren Mitgliedern) noch demokratisch (oder gar basisdemokratisch im Marx´chen Sinne).Im großen Ganzen ist sie nicht minder karrieristisch und jugendfeindlich (einzelne Solid - Jugendverbände und AG Junge GenossInnen existieren. Die zumeist aber nur in größeren Städten und auf Karteileichen - Niveau)wie andere Parteien.
Für eine emanzipatorische Linke sind sie daher höchstens punktuell Bündnispartner.

Nachtrag

Ungültigwähler 18.07.2005 - 11:09
Sorry, Anführungszeichen vergessen.
Artikel endet bei ....durchzusetzen". Der Rest ist meine Meinung dazu...

Gesammelte Kritik an neuer Partei

Wa 18.07.2005 - 12:12
Nett ist, wie die Entwicklungen immer wieder so viele überraschen - und danach wird es, auch das ist voraussehbar, trotzdem business-as-usual weitergehen. Die WASG war von Beginn an eine trostlose Partei mit unglaublich anbiedernder Normal-Programmatik. Über die PDS braucht mensch nur Richtung Berlin und McVoPo zu gucken. Und Lafontaine - naja, der ist nicht ohne Grund von 1990 als Ober-Rassist vom Flüchlingsrat Berlin ausgezeichnet worden ... Linke aber vergessen nicht schnell, sie verdrängen, damit sie trotz all dieser klaren Dinge immer wieder mitmischen können.

Viel mehr Quellen, Zitate usw. unter  http://www.wahlalternative-online.de.vu und  http://www.lafontaine.de.vu

Argumentieren und Philosophieren

FranZ Biberkopf 18.07.2005 - 14:43
Es gibt viel Ablehnung gegenüber der Linkspartei, aber es gibt auch Argumente für einen strategischen Umgang mit der neuen Linkspartei. Einige sind zu finden auf etuxx.com :

Wagenknecht oder PDS Stalinistin?

Grübel 18.07.2005 - 14:59
Ob Wagenknecht Stalinistin ist oder nicht, ist doch völlig unerheblich.
Viel wichtiger finde ich, dass der Umgang mit ihr von Seiten ihrer Partei nicht sonderlich demokratisch ist. So sollte eine basisdemokratische, emanzipatorische Partei (sofern es sowas geben kann), einfach nicht mit ihren eigenen Mitgliedern und (konstruktiver) Kritik umgehen. Oder wie war das doch nochmal: "Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!"

PDS- Struktur

DEIN Name? Seit wann duzen wir uns?? 18.07.2005 - 17:52
an Grübel:
Die PDS/ Linkspartei geht mit der KPF sogar sehr sehr pfleglich um. Die PDS ist in Plattformen und AGs aufgeteilt, wahrscheinlich aus Erfahrung aus der SED Zeit wollte man danach alles genau andersherum machen, nämlich weg vom Zentralismus zum totalen Dezentralismus und zur Basisdemokratie. Dies führt dazu, daß die Plattformen und AGs auf den Parteitagen deutlich mehr Redezeit haben und Abgeordnete stellen können, als sie anteilsmäßig Mitglieder haben. Insofern entsteht im TV immer der Eindruck, die KPF sei eine sehr große Gruppierung innerhalb der PDS, in Wirklichkeit sind die Leute um Sara Wagenknecht aber eher bedeutungslos. Diese Praxis führt soweit, daß sogar einmal ein DKP- Mitglied, daß ich kenne, für den Parteitag nominiert wurde, nur weil er sich in einer PDS- AG engagiert.
Achja, eins muß ich noch loswerden: Höre ich bei Kudanek nicht etwas wie Sympathie für Wagenknecht raus?? Da solltest du aufpassen, denn deine "Partei" (die MLPD- Sekte), wettert doch immer sehr gerne gegen sie, nicht, daß du am Ende noch "Selbstkritik" vor dem Großen Führer der MLPD leisten mußt.

Wahlen und andere Sachen ...

yibah 18.07.2005 - 19:05
... Es ist wie immer: Während die gesellschaftliche Prozesse rasch voranschreiten, hat das, was sich links nennt, Schwierigkeiten mitzuhalten oder schreit: Halt, da dürft ihr aber nicht hinlaufen!

Nun, es stehen Wahlen an, nicht die Revolution oder selbst ein grundlegender Wandel. Und, Land auf, Land ab, haben Millionen die Nase voll von den üblichen Politclowns.
Eigentlich die gute Zeit für eine Linke! Doch was soll das sein, etwa das, was sich hier umtut? Dann ist es wohl jener Teil, der seit gut drei Jahrzehnten gesellschaftlich auf Tauchstation ist und außer sich selbst niemanden in die Pfanne hauen kann.
Also greifen die Leute nach dem, was sich halt bei Wahlen anbietet um wenigsten hier mal ihre Kritik anzubringen. Und, bei Gott, es ist noch besser, die machen ihr Kreuz bei der Linkspartei als bei der NPD.

Die Menschen haben ihre Interessen - und warum auch nicht - und die wollen, das sich was ändert. Ein guter Anfang. Im übrigen sind die Leute nicht so dumm, wie mansche hier sie wohl halten. Die wissen ganz genau, dass diese Linkspartei kein Heilmittel ist.

Aber was passiert: Da finden sich leider zumeist jene "Linke", die nie weiß, wann es Zeit ist, endlich sich in soziale und politische Bewegungen zu begeben, um etwas zu verändern. Und sie labbert und meckert, was das Zeug hält. Nur wirklich was ändern, das lieber nicht. Dann würde so mansche liebgewonnene Illussion und so mancher Dünkel mächtig ins Wanken kommen.
Vieles, was hier so steht, riecht danach, dass es hier mächtig Angst gibt, sich außerhalb des eigenen Biotops mit realen Menschen auseinander zu setzen.

Weshalb man sich dann doch lieber Medial mit Lafo und Gysi auseinander setzt. Nur den Wählern, denen ist das ganz Egal.

Da kann doch nur "Gute Nacht" wünschen.

Nicht NPD-wähler anziehen, sondern verhindern

yibah 18.07.2005 - 21:11
... das aus Protestwählern welche werden. Das wäre ein Verdienst.

Nach einer Wochenendumfrage von Polis sehen sich 10% der Linksparteiwähler (12% aller Wähler) als Rechte. Was natürlich wieder nicht dazu gesagt wurde: Das ist der niedrigste Wert unter allen Parteien und niedriger als selbst unter den Grünen Wählern! Soviel auch zur Medienöffentlichkeit.

Im übrigen ist die NPD dadurch nicht in ihrer Kernwählerschaft geschwächt, sie dümpelt bei ihren üblichen 1-2% Stammwählern rum - nur hat sie derzeit keine Chance - wie bei den HARTZ IV Protesten - fischen zu gehen. Weil die meisten Wähler schon wissen, welcher Art diese Gruppe ist.

Eine Linkspartei, die auch eine quasi gewerkschaftliche Interessenpartei ist, kann tatsächlich verhindern, das sich eine extreme Rechte etabliert. Formal kritisiert die Rechte auch das Kapital - aber nicht weil es Kapitalimus gibt, sondern als "Judenkapital".
Auch gibt es die Kritik am neoliberalen Globalismus: Weil er "Deutsche" bedroht und nicht, weil er als ein weltweites System der Ausbeutung daherkommt.

@yibah

Grübler 18.07.2005 - 22:03
Die Protestwahl in Sachsen dürfte auch ganz maßgeblich mit eine jahrelang praktizierte Gleichsetzung von links und rechts zurückgehen. Den Leuten wurde einfach Ewigkeiten erzählt, in Krisenzeiten würden Menschen radikale Parteien, also die radikale Linke und die radikale Rechte wählen. Zahlreiche Stimmzettel wiesen dann auch die merkwürdige Kreuzchenkombi NPD - PDS oder umgekehrt auf. Aufgrund des Medienrummels nach der Wahl ist vielen sicherlich doch etwas flau im Magen geworden und es trat ins Bewusstsein, dass die PDS eben nicht die NPD ist. Für die kommenden Wahlen wäre das ein gutes Zeichen, dann gäbe es nämlich wesentlich weniger ProtestwählerInnen.

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