Und sie foltern weiter.....

Ralf Streck 05.07.2005 09:31 Themen: Repression Weltweit
Unai Romano Igartua wurde, nach seinen Bericht den die junge Welt am 3. und 4. 6. 2003 dokumentierte, von der spanischen Militäreinheit Guardia Civil schwer gefoltert. Er berichtete über die Zeit in der Kontaktsperre zwischen dem 6. und 12. 9. 2001, nachdem er als angeblicher Unterstützer der baskischen Untergrundorganisation ETA verhaftet wurde. Er wurde danach ohne Auflagen und Kaution frei gelassen, gegen ihn wurde kein Verfahren eröffnet. Sein Fall wurde sogar von der UNO angeprangert, trotzdem wurde seine Folteranzeige nun eingestellt. Wir sprachen im Rahmen des Internationalen Tages gegen die Folter am 26. Juni mit Unai Romano.
Wie wird es begründet, dass ihren Vorwürfen nicht einmal nachgegangen wird?

Es gibt drei Begründungen des Richters. Ich soll einen medizinischen Bericht gefälscht und mir die Verletzungen bei einem Schlag mit dem Kopf gegen die Wand zugefügt haben. Zudem wiese ich nicht das Verhalten eines Gefolterten auf. Das ist alles falsch und ich wurde von dem Richter nicht einmal befragt. Es ist unmöglich einen gefälschten Bericht in das Computernetz der Fabrik einzuspeisen, ich arbeite bei einem deutschen Unternehmen hier in Vitoria. Der Direktor der medizinischen Abteilung hat mir das bestätigt. Mit einem Schlag gegen die Wand lassen sich die unzähligen Hämatome am Kopf und ein solches anschwellen nicht erklären. Das hat auch eine Frau aus dem Krankenhaus ausgesagt, wohin mich die Guardia Civil bringen musste. Sie sagte, in ihren 20 Dienstjahren habe sie so etwas noch nie gesehen. Sie haben mir Hunderte Male mit einem weichen Gegenstand auf den Kopf geschlagen. Sie haben mir mit Elektroden Elektroschocks verabreicht, mich mit einer Tüte nahe an den Erstickungstod gebracht und so weiter. Es scheint der Richter ist auch Psychologe. Der hat mich damals nicht gesehen und behauptet nun, ich verhalte mich nicht wie ein Gefolterter.

Wie verhält sich denn nach dessen Meinung ein Gefolterter?

Der bezieht sich auf einen Bericht der forensischen Ärztin am Nationalen Gerichtshof, die dort sein 10 bis 15 Jahren wirkt und durch deren Hände Hunderte Folteropfer gegangen sind. Sie hat nur die Aufgabe, die Folter zu verdecken. Ein Beispiel: Mich lies diese „Ärztin“ ins Krankenhaus bringen, weil sie befürchtete, ich hätte innere Verletzungen und könnte sterben. Ich war völlig panisch und hysterisch, ich konnte nichts sehen, hatte unglaubliche Schmerzen und dazu hatten sie mir erzählt, sie hätten meine Mutter verhaftet und in einem Stausee umgebracht. Sie drohten, Freunde, meine Freundin zu verhaften und zu Foltern. Ich glaubte es und entschied, mir das Leben zu nehmen. Ich versuchte mir die Pulsadern durchzubeißen, um aus dieser Hölle zu entkommen. Ein anderer Verhafteter, dessen Kopf genauso geschwollen war, allerdings nach hinten, ließ sie im Kerker zurück. Der hat keine Chance die erlittenen Qualen zu beweisen. In Spanien kann man gar nicht das Verhalten eines Gefolterten haben, weil es die Folter offiziell nicht gibt, auch wenn alle Menschenrechtsorganisationen sie anprangern.

Wie im Fall des Direktors der Tageszeitung Egunkaria, droht Ihnen nun ein Verfahren wegen Verleumdung und Unterstützung der ETA, weil deren Mitglieder angeblich fälschlich Folter anzeigen.

Wenn man die Folter anzeigt, droht neues Ungemach. Bei Martxelo Otamendi haben sie das Verfahren schon eingeleitet, bei mir prüfen sie noch. Aber ich habe keine Probleme zu beweisen, dass die Vorwürfe falsch sind.

Ob ein Verfahren eingeleitet wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft, die als Ministerium direkt der Regierung untersteht. Erwarten Sie etwas von der neuen sozialistischen Regierung, die ja nun sogar die Anti-Folter Konvention der UNO unterzeichnet hat?

Bisher nicht. Die Zahlen sind erhellend. Von 47 Verhafteten, die unter dem Anti-Terror Gesetz dieses Jahr in Kontaktsperre kamen, haben 44 Folter angezeigt. In den Kerkern wird weiter gefoltert und das Problem weiter verdeckt. Die Unterschrift unter die Konvention dient nur dazu, um sich rein zu waschen. Das kostet nichts und es hätte schlecht ausgesehen, sie weiter zu verweigern.

Was muss passieren, damit die Folter unmöglich wird?

Wie der Sonderberichterstatter der UNO Theo van Boven fordert, muss die Kontaktsperre abgeschafft werden. Man ist der Polizei oder der Guardia Civil fünf Tage völlig ausgeliefert, ohne Kontakt zu einem Anwalt oder Arzt seines Vertrauens oder zur Familie. Sie können mit dir machen, was sie wollen. Die Vernehmungen müssten lückenlos gefilmt werden. Die Medien müssen die Fälle aufdecken und anprangern und Druck auf die Parteien machen, dass endlich was passiert.

Welche Schritte haben Sie geplant?

Mein Anwalt hat Widerspruch eingelegt, damit weiter gegen die Folterer ermittelt wird. Wird der abgewiesen, ziehen wir vors Verfassungsgericht. Wenn dort nichts passiert, gehen wird zum Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dabei vergehen viele Jahre, man muss erst die Rechtsmittel im Land ausschöpfen. Die Anwalte und ich haben die Kraft, bis zum Ende zu gehen. Wir wissen, dass wir Recht haben.
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Ergänzungen

Neues zu den Verhandlungen

Ralf 05.07.2005 - 10:05

übersetzt von

tierr@ 05.07.2005 - 16:01
Iñaki Gil de San Vicente
Gara/Rebelion
04-01-05
www.rebelion.org/noticia.php?id=9559


GEGEN DIE FOLTER


Folter verursacht Angst bis zur Panik, auch bei Jenen, welche sie bislang nicht erlitten haben. Dies ist eines der Geheimnisse, die erklären, weshalb so wenig von ihr gesprochen wird; weshalb so Wenige es wagen, sie anzuklagen, sie zu bekämpfen und ihre Ursachen und Effekte aufzuklären. Sich radikal mit Folter zu konfrontieren erfordert, neben anderen Aspekten, die eigene Persönlichkeit zu ergründen; sich in die Tiefen der menschlichen Instinkte zu versenken und die zugrundeliegenden Verankerungen zu analysieren, welche innerhalb der individuellen Idendität das Soziale mit dem Biologischen verbinden. Über Extremsituationen, wie sie so häufig durch Folter entstehen, wurde ein Psychoanalytiker sagen, die betroffene Person ist konfrontiert mit einem Schock zwischen Eros und Tatanus; zwischen dem Beginn des Lebens und dem Tod. Jedoch, ohne das Soziale und ohne das Kollektive, gäbe es keinerlei Individualität. Dies bedingt, daß Folter immer eine sozial strukturierte Realität ist, deren Effekte weitreichenden und manchmal massiven Einfluß nehmen auf das Alltägliche; insbesondere innerhalb jener Nationen in welchen Folter seit Generationen erlitten wird, wie z.B. in Euskal Herria ( Baskenland ). Es handelt sich deshalb um strukturierende Auswirkungen, weil Folter Bestandteil eines Prozesses ist, der teilweise, bei der Repression der grundlegenden, demokratischen Freiheiten beginnt; mit Verhaftungen, gerichtlichen Verhandlungen, Gefängnis oder Exil; oder der Verkehrung in eine traumatisierte Freiheit, die stets prekären Charakters ist, einschränkend und instabil. Nach diesem so öffentlichen, allgemeinen Prozeß innerhalb unseres Volkes, hat es niemals eine Erweiterung der Freiheiten gegeben; sondern stattdessen immer ihre Verkürzung und Einschränkung. Der Moment des Folterns bedeutet ein Entscheidungsmoment dieser praktizierten Rückschrittlichkeit und er ist außerdem ein Hinweis der Warnung auf neue Abschnitte die man, früher oder später, realisieren wird. Die bittere Erfahrung der Generationen, die auf der sachlichen Wahrnehmung dieses Prozeßes basiert, lastet bewußt auf vielen Baskinnen und Basken, die selbst noch keine Folter erleiden mußten.

Folter existiert, weil Gründe der "Notwendigkeit" für sie bestehen und nicht, weil weil gewisse psychopathische und /oder soziopathische Subjekte Lust dazu bekommen, andere Personen zu mißhandeln. Es sind die "Notwendigkeiten" der Unterdrückung, welche die Folter unerläßlich machen und in deren Namen sich an grausame Individuem gewandt wird, um sie zu verüben; aber auch an Personen die wir als "normal" klassifizieren können, als dem "Mainstream zugehörend", die Zärtlichkeit bis hin zur Liebe für ihre Familien empfinden, häusliche Maskottchen, die ihre jeweiligen Götter anbeten, einschließlich jenem, von welchem gesagt wird, er sei in Bethlehem geboren. Psychopathen und Soziopathen existieren innerhalb ausbeuterischer Gesellschaften mit autoritären, disziplinierenden und gewaltsamen Institutionen, die geschaffen wurden, um die soziale Ausbeutung zu garantieren und in welchen Besagte auf strafrechtlich unbelangte Weise ihre Launen und Lüste entwickeln können; wohingegen die normalen Menschen sich erniedrigen sollen, bis hin zum gefoltert werden, wenn sie diese Zielzwecke und die instrumentelle Logik der Ausbeutung akzeptieren. Und sie akzeptieren sie dann, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung und Erweiterung der materiellen und symbolischen Vorteile entscheiden, welche sie in dieser Situation erlangen. Diese Art Gesellschaften haben Ideologien und Normen geschaffen welche die Folter, in ihren Varianten der Intensität und Taktiken der Anwendung rechtfertigen, vom Druck durch Drohungen, die Beklemmung und Angst schon von den Anfängen der Kindheit an auslösen, bis hin zur raffinierten und nicht beweisbaren Weißen Folter, wurden alle Formen der Mißhandlungen durchlaufen, wobei die explizite Verteidigung all`dessen nicht vergessen werden darf, welche von der kapitalistischen, politisch-kulturellen Industrie in diesem Sinne entwickelt wurde. Unter dem Schutz dieser Rechtfertigungsideologien begehen gewöhnliche Individuen auf "normale" Weise verschiedene Mißhandlungen und Grade der Folter innerhalb des Ramens ihres alltäglichen Lebens und es brauchen nur noch diverse, besondere Bedingungen in einem bestimmten Moment zusammentreffen, damit sich zeigen würde, daß sie große Folterer sind.

Folter ist "notwendig", weil sich an sie, früher oder später, das gesamte Basissystem des verstärkten Gewinnabziehens, der Überschußproduktion durch Dritte, wenden muß. In jeder Gesellschaft die auf der Enteignung der Mehrheit durch eine Minderheit beruht, reflektiert die Folter in den Taktiken ihrer Anwendung, die historischen Formen der Ungerechtigkeit und gleichzeitig die Staatsform, welche diese Ordnung des Unrechts absichert. Die Varianten der Folter wandeln sich entsprechend mit den Änderungen der Formen und Ebenen der Enteignung und der Unterdrückung; parallel vergrößern sich die Schwierigkeiten der Ansammlung von Privatbesitz und des Widerstandes der Massen der ArbeiterInnen; als Antwort auf diese Ausweitungen verschärft sich die Folter an Intensität, Häufigkeit und technischer Perfektion. In der Methode der Ausbeutung der sozialen Arbeitskraft, hauptsächlich der Frauen, durch die Ausweitung des Komplexes Arbeit, ebenso wie durch die Vermarktung der Individualität, der Gefühlswelt und der Aktivitäten, welche der psychischen Struktur der Massen impliziert wird - in dieser Methode verbessert die Folter ihre psychologischen Taktiken zu einem mentalen und psychomatischen Ansturm katastrophaler Intensität. Innerhalb dieser Tendenz erscheinen drei sich einpassende, signifikante Konstanten ... Erstens: Die extreme und besondere Brutalität des sexuellen Sadismus gegen Frauen, der uns auf den materiellen Inhalt der Sex-Ökonomie verweist, welcher ihre Ausbeutung durch den Mann versymbolosiert. Eine Variante dieser Praktiken der sexuellen Tortur des Männlichkeitswahns ist die Homophobie. Zweitens: Die durch nationale Unterdrücker, Rassisten und Chauvinisten praktizierte Brutalität, welche uns die Nutzbringung, welche durch die nationale Unterdrückung erzeugt wird, übermittelt; und Drittens: Die Härte, welche gegen die unterdrückten Klassen angewandt wird, um ihre Kämpfe zu zerschlagen, was uns wiederrum verweist, auf die Nutzbringung durch die Ausbeutung der Klassen. Die Folter gipfelt dann in der Unmenschlichkeit und Kriminalität ihres Wesens, wenn sie von einer unabhängigen, sozialistischen (usw.) und antipatriarchalischen Frau erlitten wird.

Jede Ausweitung der Zivilisation bringt mit sich und erfordert eine Vergrößerung der Wirklichkeit der Folter, denn bis heute, basiert jede Zivilisation auf Abstürzen in die Ausbeutung und gleichzeitig, und dialektischerweise widersprüchlich, auf Verstärkungen der kritischen Kreativität und des Widerstandes im fortgeschrittenen Bewußtsein der ausgebeuteten Massen. Die größte fachliche Wissenschaftlichkeit der Folter entspricht der Erweiterung der Antagonismen, die durch diese widersprüchliche und aufsteigende Tendenz verursacht werden. Aus diesem Grund wird in einer kapitalistischen Zivilisation "besser" gefoltert, als in einer feudalistischen und Steuer - Sklaverei; und in der kapitalistischen Zivilisation wird, innerhalb der fachwissenschaftlichen und dominierenden Imperialismen "besser" gefoltert als in den "weniger entwickelten" Ländern. Eine der Verbesserungen von Folter in der gegenwärtigen Zivilisation wurzelt in ihrer großen Unsichtbarkeit, innerhalb derer sie jedesmal häufiger angewandt und jedesmal weniger wahrgenommen wird.
Der Kampf gegen Folter fordert nicht nur die Respektierung der elementarsten, demokratischen Rechte, ebenso wie die Einleitung von audiovisuellen Kontrollen und die Anwesenheit von AnwältInnen und MedizinerInnen. Dies sind unausweichliche und sofortige Maßnahmen, aber auf lange Sicht ungenügend, denn Folter entspringt und wird aufrecht erhalten in der sozialen, sachlichen Wirklichkeit der Ausbeutung mit ihren speziellen Ebenen und verbindenden Interaktionismen, die sich untereinander verstärken. Die Konfrontation mit einer Dynamik der Unterdrückung, die von der Einschüchterung in frühester Kindheit bis hin zu den Vernichtungen durch Konterrevolutionen und imperialistischen Kriege reicht, fordert das analytische Durchlaufen aller querdurchzogenem Ebenen, von der Ausbeutung durch die Sex-Ökonomie bis zur nationalen Ausbeutung. Wir haben die moralische Pflicht, alle Formen der Folter zu bekämpfen, welche innerhalb dieser Formen von Ungerechtigkeit existieren.

Foltersystem FIES:

www.escapeintorebellion.org

Folter in der EU

Dschugan Rosenberg 05.07.2005 - 19:37
Es spricht mir aus der Seele und freut mich, dass Du diesen Fall aufgreifst. Ich wollte es auch tun, ähnlich wie Du. "Folter in der EU" wäre wahrscheinlich ein griffigerer Titel gewesen. Es ist wichtig, das dieser Fall von den etablierten Medien aufgegriffen wird, um zu zeigen, dass Folter nicht irgendwo im Irak viele tausend Kilometer entfernt, sondern auch in der "lieben EU" stattfindet, zu dem sich alle unsere Politiker bekennen und dessen System wir wie die Kühe den Bauernhof gutheißen sollen.

Kein Einzelfall

seven 06.07.2005 - 06:42
Ohh, brrrr
es ist definitiv der selbe Mann, er ist auch nicht braun sondern grün, blau und rot und sonstwas. Würde kein Foto von ihm existieren, wahrscheinlich würde ihm hier fast niemand glauben. Von den meisten Folteropfern gibt es keine Fotos, die haben niemals eine Chance irgendwas zu beweisen. Echt peinlich manche dumme Kommentare.

Echt hirnlos

Ralf 08.07.2005 - 07:52
Niemand, nicht mal die Guardia Civil bestreitet, dass das Foto von Unai stammt. Die sagen nur, der sähe so aus, weil er sich den Kopf angestoßen habe. Vielleicht sollten einige mal den Text lesen, bevor sie kommentieren. Das auch noch witzig zu finden....

analysis

kerouac 13.02.2011 - 05:34

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Das ist nicht lustig — Peterpan

Wie geht sowas den an? — Pferdeklops

Foto — oxymoron