1-€-Aktionstag in Kassel

subcommandante mueller 22.05.2005 11:36 Themen: Soziale Kämpfe
Erwerbslose in Kassel - billig und willig

Achtung Feldversuch
Marktnahe Arbeitserprobung in Kassel
1-Euro-Jobber in Aktion
Bitte Frontscheibe bereithalten
So stand es fett auf Schildern in einer Straße in der City von Kassel.
Im Rahmen des bundesweiten Aktionstages gegen 1-Euro-Jobs und Arbeitszwang besuchte das Nordhessische Bündnis gegen Sozialabbau am Freitag mit der „Gesellschaft für Internationale Wirtschaftsförderung und Management mbH“ (IWM) einen der Handlanger des staatlichen Arbeitszwangs, um vor dessen Sitz arbeitsgelegentlich tätig zu werden.

Die IWM (u.a. Mitglied der Akademie der mittelständischen Wirtschaft e.V.) mit Sitz in Erfurt hat sich in der Zweigstelle Kassel (Neue Fahrt 3) mit der Vermittlung von Erwerbslosen in die sog. "Arbeitsgelegenheiten" (1-Euro-Jobs) ein zweites wirtschaftliches Standbein aufgebaut.

Im Auftrag der Arbeitsförderung Kassel vermittelt die IWM größere Kontingente von Erwerbslosen in gemeinnützige Tätigkeiten bei öffentlichen Stellen und Vereinen.
Die IWM macht sich damit zum willigen Handlanger des staatlich gewollten Arbeitszwanges und ist gutbezahlter Komplize der Arbeitsförderung Kassel.

In einer gemeinnützigen Aktion ** reinigen Erwerbslose am Freitag vor dem Eingang dieser Firma für eine Aufwandsentschädigung von 1,50 €/h die Scheiben vorbeifahrender Autos.
Im Rahmen dieser „Arbeitsgelegenheit“ sorgen sie gezwungenermaßen für klare Sicht auf die Zustände (nicht nur) im Straßenverkehr. Trinkgelder der PKW-Insassen wurden konsequent abgelehnt – stattdessen baten die Teilnehmenden des „1€-Feldversuches“ um Nachsicht, wenn die Frontscheiben doch nicht streifenfrei sauber wurden – „wir sind halt nicht besonders qualifiziert für diesen Job“. Vor der Schlange der wartenden PKW fegten andere 1-€-Kräfte weisungsgemäß die Service-Wüste Kassel – Erzwungene Beschäftigung, die mächtig viel Staub aufwirbelte.

Während der Aktion wandte sich das Nordhessische Bündnis mithilfe anonymisierter Fragebögen zugleich direkt an "KundInnen" der IWM.

Mit den Erfahrungen der zur Arbeit "Gezwungenen" will das Bündnis der IWM und weiteren Nutznießern auf die Finger schauen und Licht in die undurchsichtigen Machenschaften des "Förderns und Forderns" in Kassel bringen.

Auf der Basis von Information und Zusammenarbeit soll eine gemeinsame Front gegen Arbeitszwang und workfare (Staatliche Leistung nur noch für Gegenleistung) eröffnet werden.

Der Zwang zur Arbeit muss fallen, Hartz IV muss weg. Para todos todo !


** Die Tätigkeit ist zusätzlich, da sie an Tankstellen nicht mehr angeboten wird.
Der Arbeitseinsatz ist zugleich gemeinnützig, da er einen nachhaltigen Beitrag zur Sicherheit des Straßenverkehrs leistet.
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Ergänzungen

Sklavenhändler an den Pranger

Bernd Kudanek alias bjk 22.05.2005 - 13:17
Euer "Feldversuch" mit der marktnahen Arbeitserprobung ist klasse, vor allem dann die Pointe „wir sind halt nicht besonders qualifiziert für diesen Job“ ist gelungen. Denn gerade diese "Entschuldigung" nach dem "Feldversuch" hat sicher viele nachdenklich und deutlich gemacht, wie die staatsmachtlich manipulierte "Öffentliche Meinung" das elementarste Menschenrecht auf Menschenwürde mit Füßen tritt, sich aus der sozialen Verantwortung stiehlt und durch Schaffung eines modernen Sklaventums dem Raubtierkapitalismus neue superlukrative Profitmöglichkeiten erschließt!

Deshalb an den Pranger mit allen Sklavenhändlerorganisationen! Euer Plakat unten ist super und sollte bundesweite vielfache Nachahmung, z. B. als Spuckies, finden!

Mit solidarischen Grüßen
bjk
Forum:  http://freies-politikforum.carookee.com


weitere Berichte von 1-Euro-Spaziergängen am 20. Mai:
 http://de.indymedia.org/2005/05/117392.shtml
 http://de.indymedia.org/2005/05/117391.shtml

Heute im Kasseler Arbeitsamt....

BA-Kunde 23.05.2005 - 15:17
Der große Andrang von hilfesuchenden KundInnen des Kasseler Arbeitsamts konnte heute Morgen im "Vorsprechsaal" der Arbeitsagentur nur sehr mühsam bewältigt werden. Zudem wußten viele KundenInnen nicht, dass sie den neu eingeführten "Nummernautomat" betätigen mußten - kein Hinweisschild weit und breit.
Der Automat ist nicht am Saal-Eingang, sondern mitten im Raum angebracht, wo er auch noch von den schlangestehenden KundInnen verdeckt wird. So kam es vor, dass KundInnen minutenlang ohne Nummer warteten.
Die vier Sachbearbeiterinnen, die für teilweile (in den Spitzen) über 100 KundInnen zuständig waren, waren - zurecht - genervt; sie mußten inprovisieren - allgemeine Unzufriedenheit über die Organisation bei allen Beteiligten.
Die SachbearbeiterInnen gaben sich dennoch große Mühe den Überblick zu behalten und für einen schnellstmöglichen Duchlauf zu sorgen.
Die Organisations- und Planungsverantwortlichen der BA sollten sich schämen den KundInnen und eig. Mitarbeiterinnen eine solche Atmosphäre zuzumuten.