Ein-Euro-Job-Spaziergang Berlin - mutmachend!

Bernd Kudanek alias bjk 20.05.2005 23:15 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Berliner Ein-Euro-Job-Spaziergang
heute zur „gsub“ und zur „Caritas“

Als Fortsetzung der Agenturschluß-Aktion vom vergangenen 3. Januar hat heute am 20. Mai eine bundesweite Ein-Euro-Job-Spaziergang-Aktion stattgefunden, so auch in Berlin.
Gleich vorweg: insgesamt war unsere heutige Aktion durchaus konstruktiv und mutmachend dahingehend, auch weiterhin beharrlich, kämpferisch und konsequent gegen das gesetzlich verordnete Lohndumping und den modernen Sklavenhandel in Form der gesetz- und sittenwidrigen Ein-Euro-Jobs vorzugehen! Solche gezielten Aktionen bringen zusätzlich Sand ins Getriebe Sozialkahlschlag-Kartells von SPD-GRÜNE-CDU-CSU-FDP und ihrer Auftraggeber in der Raubtierkapitalismus-Mafia. Die vielen kleinen Nadelstiche nervt diese neoliberale Bagage gewaltig, hoffte sie doch schon vergeblich, sie hätten unsere allwöchentlichen Montagsdemos in Berlin und bundesweit durch mediales Totschweigen oder Umlügen wenn schon nicht kriminalisieren, dann doch wenigstens bis zur Lächerlichkeit minimieren können.

Stattdessen hat sich am 8. Mai, dem Befreiungstag, die Linke hier in Berlin bekanntlich machtvoll mit über 10.000 MitstreiterInnen den Nazis entgegengestellt, nicht unbedingt zur Freude der Staatsmacht, die mit wesentlich weniger linker Gemeinsamkeit gerechnet haben dürfte! Dann fand am letzten Wochenende in Gelsenkirchen eine Demo gegen den verbrecherischen Sozialkahlschlag statt, von der das dortige Ordnungsamt und ihre Polizeiführung glaubte, mehr als 50 (fünfzig) DemonstrantInnen kämen nicht zusammen – es waren aber stattdessen zwischen 5.000 bis 6.000 empörte BürgerInnen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengekommen und haben auch hier linke Gemeinsamkeit in der gemeinsamen Sache vorgeführt. - Dazu die vielfachen immer neuen gezielten Nadelstiche des zivilen Ungehorsams, wie unsere heutige Aktion, und/oder die bundesweit aufsehenerregende Aufdeckung von skandalösen Mißbrauchsfällen in Sachen Ein-Euro-Jobs durch die ver.di-Erwerbsloseninitiative Weiden in der Oberpfalz, speziell durch die engagierte Luise Nomayo, nachzulesen unter:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/1/1_Job_Der_Fall_der_Woche.5109300.0.01105.html und unter:  http://www.verdi-bayern.de/vorort_weiden.php3?si=428cfe98924cb

Nun zurück zu unserem heutigen Ein-Euro-Job-Spaziergang, der vorher bis auf die gestrige indymedia-Meldung (oben, ein paar Beiträge höher) leider fast nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda und interne Mails einem begrenzten Publikum bekannt wurde. Die Öffentlichkeits- und Pressearbeit wird zukünftig sicher noch deutlich verbessert werden können. Ebenso der zunächst eher etwas griesgrämig erscheinende Habitus, der einige zumeist langjährigen Aktiven zu umgeben scheint, was Außenstehenden und/oder interessierten Neulingen es unnötig erschwert, in Kontakt zu kommen. Auch daran wird noch mehr oder weniger intensiv gearbeitet und zwar erfolgreich, wie ich sicher bin. Vor allem, nachdem ich später feststellen konnte, wie nett charmant und kompetent in Wahrheit auch diejenigen Mitstreiterinnen sind, für die der eigenwillig-provokative bjk vorher nur ein greuslich stänkernder Schlimmling war ich denke mal, ich konnte heute doch den einen oder anderen Minuspunkt abbauen.

Daniel und ich waren kurz vor 11 Uhr am Treffpunkt Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße. Ich hoffte, schon mal ein paar bekannte Gesichter zu sehen – aber auch hier galt das löbliche Motto „Pünktlichkeit ist eine Zier, doch es geht auch ohne ihr“ wir waren jedenfalls die ersten. Bis auf die Grünlinge, die erwarteten wohl in ihrer grünweißen Wanne mit Gitterblick mehrere Hundert militante „SpaziergängerInnen“ und wollten uns sicher begleiten. Daraus wurde nix!

Denn nachdem alle so an die 20 TeilnehmerInnen eingetrudelt waren, gings leger grüppchenweise in den Untergrund, in den U-Bahnhof Friedrichstraße nämlich. Eventuelle Verfolger wurden so feixend abgeschüttelt. Eine Gruppe fuhr trotzdem nochmal sicherheitshalber eine Station in die Gegenrichtung, um dann bis Oranienburger Tor zurückzufahren. Erster Zielpunkt war nämlich die „gsub“ in der Oranienburger Str. 65, einer Gesellschaft für (angeblich) soziale Unternnehmensberatung mbH im treuhänderischen Auftrag der Bundesregierung und des Berliner Senats. Diese „gsub“ verspricht in ihrer hochtrabenden Werbung mit „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ Projekte zum Laufen zu bringen. Im Klartext heißt das nichts anderes, als daß sie eine moderne Sklavenhandelsorganisation betreiben! Die „gsub“ ist eine Trägergesellschaft für Ein-Euro-Jobs und vermittelt zugewiesene LohnsklavInnen an andere Unternehmen. Hier die Homepage:  http://www.gsub.de

Nach kurzer Beratung auf der Straße begab sich die erste Gruppe mit den drei SprecherInnen in die dritte Etage, um unser Anliegen möglichst der Geschäftsleitung vorzubringen, wir anderen folgten schubweise und erwartungsvoll nach. Soviel geballten Andrang hat das gsub-Büro sicher noch nicht allzuoft erlebt. Wir warteten erstmal in Flur und Treppenhaus, bis wir bald darauf freundlich ins Beratungszimmer gebeten wurden. Was aber kampferprobte Ein-Euro-Job-SpaziergängerInnen sind wir ließen uns lange lange Zeit, bis wir auf weiteres mehrfaches Bitten der überraschten gsub-Sprecherin uns dann doch überwiegend ins Beratungszimmer oder zumindest in Türnähe begaben.

Die professionell und engagiert vorgetragenen Fragen unserer SprecherInnen nahm die gsub-Sprecherin zwar freundlich auf, konnte (oder durfte?) sie aber weitestgehend nicht beantworten. Sie verwies auf den Bereichsleiter, der leider nicht anwesend sei aber sie sei gerne bereit, ihm unsere schriftlich abgefaßten Fragen vorzulegen und versprach deren umgehende Beantwortung. Wir waren mit ihrem Vorschlag einverstanden, denn immerhin war es ein Erfolg und mehr als ein Sandkörnchen im Getriebe, daß wir schon mal empfangen wurden und unsere Anliegen vorbringen konnten. Unter anderem wurde die Frage gestellt, ob die gsub schon Besuch von Kontrollorganen z. B. des Runden Tisches aus Wirtschaftssenator, IHK, Handwerkskammer und Gewerkschaften erhalten habe. Es wurde darauf verwiesen, daß der Ein-Euro-Job-Mißbrauchsskandal in Weiden mittlerweile bundesweites Aufsehen errege. Die gsub-Sprecherin verneinte meine diesbezügliche Frage, sie war aber offenbar schon von dem Weidener Skandal unterrichtet. Meine nächste Frage, ob die gsub Vorkehrungen getroffen habe, daß solche Mißbräuche bei den von ihr „beratenen“ Firmen ausgeschlossen seien, konnte sie natürlich auch nur pflichtschuldigst verneinen. Trotzdem war wohl unser aller Eindruck, sie hat sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr kooperativ verhalten und irgendwie glaubte ich, sie hatte nicht nur Verständnis für unsere Aktion ... ... ...

Wie auch immer, wir verabschiedeten uns und und dankten für die freundliche aber kooperative Nichtauskunft in den wesentlichen Fragen, bewunderten noch eine Weile im Treppenhaus ausgelegte Ein-Euro-Job-Grafiken eines mit unbekannten Künstlers und sammelten uns wieder unten auf der Straße. Einige mußten sich dann wegen anderer Termine verabschieden, der Rest „spazierte“ dann zur Hauptverwaltung der Caritas in der Friedrichstraße.

Dort so gegen 13 Uhr angekommen bildeten wir wieder mehrere Gruppen – aber Pustekuchen! Im Büro der Caritas in der 5. Etage öffnete niemand, alles Klingeln und Klopfen half nichts auch nicht das vorsorgliche Verstecken vor der Kamera neben der Klingeltaste. Nehmen wir mal zugunsten der Caritas an, daß wegen des Wochenendes schon um 12 Uhr Büroschluß war aber sicher ist das ganz und gar nicht. Bei der Caritas ist bekanntlich alles möglich.

Tja, so beschlossen wir nach ein bißchen Smalltalk, daß, wer noch Zeit und Lust habe, in einer nahegelegenen netten Eisdiele in der Linienstraße Ecke Friedrichstraße sich von den Strapazen des Spaziergangs „erholen“ könne. So klang bei wirklich leckerem Eis aus eigener Produktion und ohne künstliche Farbstoffe, so die Werbung, in gemütlicher Runde eine insgesamt recht erfolgreiche, vor allem aber mutmachende Aktion durchaus positiv aus (siehe auch oben Absatz 3 ).

Wir werden jedenfalls zukünftig auf unseren allwöchentlichen Montagsdemos und auch in der Homepage  http://www.montags-gegen-2010.de jedenfalls alle Aktions- und sonstigen Termine anderer MitstreiterInnen-Organisationen veröffentlichen und zum Mitwirken aufrufen. Ein erfreulicher Grundlkonsens gegenseitigen Vertrauens ist heute nämlich sicherlich geschaffen und damit für weitere gemeinsame erfolgreiche Aktionen gegen den Sozialkahlschlag der Weg bereitet worden. - Denn nur gemeinsam sind wir stark!

Hartz IV muß weg! Wir arbeiten daran!

bjk
Forum:  http://freies-politikforum.carookee.com
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Lohndumping hat begonnen

Peter Lustig 21.05.2005 - 16:11
Die Sportanlagen in Berlin Weißensee in der Rennbahnstrasse werden bisher von Arbeitern im öffentlichen Dienst mit regulären Arbeitsverträgen instand gehalten. Wochenende gibt es besondere Zuschläge laut Tarifvertrag. Jetzt gibt es dort 1-Euro-Jobber, die genau an diesen Wochenenden eingesetzt werden sollen, um die erhöhten Arbeitskosten indirekt herunter zu schrauben. Bisher ist es nur ein Plan, der aber bald Wirklichkeit werden soll.

Uebersicht

Köln, Frankfurt/M, usw. 23.05.2005 - 16:38

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

cool — icke

icke cool — cool man

habitus — subco

@subco — bjk