Datenschutz-Klage gegen T-Online

carol 11.05.2005 02:28 Themen: Medien Netactivism Repression
Gegen T-Online wird jetzt geklagt: Der Provider speichert, wer wann unter welcher IP Adresse im Internet war und wieviele Daten übertragen wurden.
Dagegen wird jetzt geklagt.
Das unnötige Speichern aller möglicher Verbindungsdaten bei T-Online (und anderen Providern) ist schon lange Thema und landet jetzt (soweit ich weiß zum ersten Mal) vor Gericht.
Gegen T-Online wird jetzt geklagt: Der Provider speichert, wer wann unter welcher IP Adresse im Internet war und wieviele Daten übertragen wurden.
Dagegen klagt jetzt T-Online-Kunde Holger V.
Das unnötige Speichern von Verbindungsdaten bei T-Online (und anderen Providern) ist schon lange Thema und landet jetzt (soweit ich weiß zum ersten Mal) vor Gericht.

Offiziell dürfen die Sachen gar nicht gespeichert werden, schon gar nicht für Strafverfolgung. Sondern nur soweit es nötig ist, damit ein Internetprovider das Internet providen kann. Und soweit es nötig ist, damit der Provider das ganze abrechnen kann.

Trotzdem werden die angeblich aus anderen Gründen gespeicherten Daten aber für Repression genutzt. Zur Strafverfolgung und zur Unterstützung von Musik und Filmindustrie.

Eine Klage ist nicht superrevolutinär, aber immerhin ein Anlaß, die ganze Überwachung öffentlich zu machen.

Hier ist Holgers Presseerklärung, innerhalb der nächsten 24 Stunden sollte die auch unter  http://www.fitug.de/debate/0505/threads.html zu finden sein.


Münster, den 10. Mai 2005



P r e s s e e r k l ä r u n g

------------------------------------------------------------------------

Datenschutz:
Klage gegen T-Online

Wegen illegaler Speicherung von Verbindungsdaten wird am Donnerstag,
19. Mai 2005, vor dem Amtsgericht Darmstadt eine Klage gegen den
Internet-Anbieter T-Online verhandelt.

Die T-Online AG speichert von ihren Kunden und Kundinnen, mit welcher
Adresse ("IP-Adresse") sie sich im Internet bewegten, zu welchen Zeiten
sie ins Internet eingewählt waren und welche Datenmengen jeweils
übertragen wurden. Diese Daten werden mehrere Monate lang (80 Tage nach
Rechnungsversand) aufbewahrt.

Internet-Provider dürfen aber keine Verbindungsdaten speichern, soweit
dies nicht für Abrechnungszwecke oder für den Betrieb nötig ist. Das
schreibt das Teledienstedatenschutzgesetz 1) bzw. das
Telekommunikationsgesetz 2) vor.

Verbindungszeiten und Datenmengen werden aber auch dann bei der T-Online
gespeichert, wenn die Internetnutzung pauschal abgerechnet wird
("Flatrate"), wenn die entsprechenden Daten also für die Abrechnung
nicht relevant sind.

Die Internet-Adressen (IP-Adressen) der KundInnen zu speichern, ist
weder für Abrechnungs-, noch für Betriebszwecke erforderlich. Statt
dessen sind die Adressene bei tatsächlichen oder angeblichen
Gesetzesverstößen für Polizeien, aber auch für die Musik- und
Filmindustrie interessant. In der Vergangenheit wurden die von T-Online
protokollierten Adressen unter anderem für die Verfolgung mutmaßlicher
Straftaten 3) und für ein Vorgehen gegen unlizensiertes Musik- oder
Filmkopieren 4) verwendet.

Es widerspricht aber der Unschuldsvermutung und dem Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung 5), wenn Verbindungsdaten immer
protokolliert werden, also auch dann, wenn im Einzelfall kein
begründeter Verdacht auf Gesetzesverstöße besteht.

Der Kläger hatte bereits 2003 mit einer Anzeige versucht, die unerlaubte
Speicherung der Daten zu beenden. Das Regierungspräsidium Darmstadt (als
zuständige Aufsichtsbehörde) sah die Speicherung der Daten allerding
als rechtmäßig an.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz sieht die Datensammlung bei
Providern allerdings, wie der Kläger, als illegal an: "Unabhängig davon,
welche Daten für die Berechnung des Entgelts notwendig sind, ist die
IP-Adresse regelmäßig weder für diesen Zweck noch für die Abrechnung
erforderlich". "Bei einer vollständigen [...] Flatrate [...] ist erst
recht eine Speicherung der Verkehrsdaten inkl. der IP-Adresse für
Abrechnungszwecke nicht erforderlich und somit unzulässig." "Ein
vorsorgliches Speichern von Verkehrsdaten aller Kunden zum Zwecke des
Nachweises oder der Verhinderung eines möglicherweise stattfinden
Mißbrauchs ist [...] unzulässig." (Schreiben des Bundesbeauftragten für
Datenschutz an das Amtsgericht Darmstadt vom 7. April 2005)

------------------------------------------------------------------------

Kläger: Holger Voss, Münster
Rechtsanwalt: Stefan Jaeger, Wiesbaden

Beklagte: T-Online International AG, Darmstadt

Amtsgericht Darmstadt

Termin: Donnerstag, 19.05.2005, 11 Uhr
Gerichtsgebäude Julius-Reiber-Straße 15, Saal 110 (I. Stock)
Geschäftsnummer: 300 C 397/04

------------------------------------------------------------------------

1) § 6 Abs. 1 TDDSG:
Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers ohne
dessen Einwilligung nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies
erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telediensten zu
ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind
insbesondere
a) Merkmale zur Identifikation des Nutzers,
b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen
Nutzung
und
c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste.

2) § 97 Abs. 3 TKG:
Der Diensteanbieter hat nach Beendigung der Verbindung aus den
Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 5 unverzüglich die für
die Berechnung des Entgelts erforderlichen Daten zu ermitteln. Nicht
erforderliche Daten sind unverzüglich zu löschen. Die Verkehrsdaten
dürfen - vorbehaltlich des Absatzes 4 Satz 1 Nr. 2 - höchstens sechs
Monate nach Versendung der Rechnung gespeichert werden. Hat der
Teilnehmer gegen die Höhe der in Rechnung gestellten
Verbindungsentgelte vor Ablauf der Frist nach Satz 3 Einwendungen
erhoben, dürfen die Verkehrsdaten gespeichert werden, bis die
Einwendungen abschließend geklärt sind.

3) z. B.: "Freispruch für Telepolis-Forenteilnehmer Holger Voss",
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/33483/

4) z. B.: "T-Online warnt aktive Nutzer von Tauschbörsen vor
Urheberrechtsverstößen",  http://www.heise.de/newsticker/meldung/24176

5) "Volkszählungs"-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1983.
Az: 1 BvR 209/83. NJW 84, 419.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Passend zum Thema

Erg1 11.05.2005 - 03:21
Bundesregierung will Datenschutz im Internet einschränken
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/59413

Klage wegen "illegaler Speicherung" von Verbindungsdaten
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20071/1.html


Schily bedroht derweil die Datenschützer und behauptet, Datenschützer hätten nicht das Recht, sich zum Datenschutz zu äußern. Jetzt sollen nach den Vorstellungen von SPDCDU die letzten Reste des rechtsstaates verschwinden. Selbst die Mainstreampresse, die sonst eher in Hofberichterstattung geübt ist, berichtet hier kritisch. Links zum Thema:

"Innenminister haben Gesellschaft erschüttert"
 http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,354486,00.html

Union dringt auf drittes »Otto-Paket«
 http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=71389&IDC=2

Otto Schily bekämpft das Grundgesetz
 http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?aktion=jour_pm&comefrom=scan&r=189135

Artikel bei Telepolis

rpg 11.05.2005 - 03:33
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20071/1.html

gibt's auch bei Telepolis was drüber, z.B. worum es bei der Klage gegen Voss im Jahre 2003 ging.

Schily und die "technischen Details"

egal 11.05.2005 - 13:52
Nach der Kritik des Datenschutzbeauftragten Peter Schaar an den Antiterrorpaketen hat Innenminister Otto Schily in einem Fernsehbeitrag gesagt, Schaar würde sich über technische Details beschweren. Ein Mensch der die Grund- und Bürgerrechte als "technische Details" abtut, macht sich damit eindeutig zum Verfassungsfeind.

..

.. 11.05.2005 - 14:01
heise.de genau zu der selben Sache:

 http://www.heise.de/newsticker/meldung/59457

Update

hv 20.05.2005 - 14:11
Münster, den 19. Mai 2005



P r e s s e e r k l ä r u n g

------------------------------------------------------------------------

Datenschutz-Klage gegen T-Online:
Entscheidung am 30. Juni

Am heutigen Donnerstag verhandelte das Amtsgericht Darmstadt eine Klage
gegen die T-Online AG. Die Klage richtet sich gegen die Speicherung von
Internet-Verbindungsdaten, die nach Ansicht des Klägers illegal ist. 1)

Das Datenschutzrecht sieht ausdrücklich vor, dass die fraglichen
Verbindungsdaten nicht aufbewahrt werden dürfen. Ausnahmen gibt es nur,
wenn und soweit die Daten für Abrechnungszwecke oder einen
funktionierenden Betrieb erforderlich sind.

Dem T-Online-Anwalt gelang es heute vor dem Amtsgericht nicht, Richter
Kirchhoff davon zu überzeugen, dass die Aufbewahrung der fraglichen
Daten - insbesondere der jeweils benutzten Internetadresse ("IP-
Adresse") - tatsächlich zur Abrechnung erforderlich sei. Er musste
einräumen, dass die abrechnungsrelevanten Daten sehr kurzfristig
ausgewertet würden, aber auch nach ihrer Auswertung noch monatelang (80
Tage nach Rechnungserstellung) aufbewahrt würden.

Zur Sprache kam unter anderem, dass andere Internetanbieter auch ohne
die Speicherung dieser Daten arbeiten und abrechnen können 2).

Nach knapp einstündiger Verhandlung wurde die Verhandlung abgebrochen,
T-Online hat jetzt noch einmal die Möglichkeit dem Gericht schriftlich
darzulegen, warum sie die fraglichen Verbindungsdaten benötigt.
Anschließend hat der Kläger die Möglichkeit, ebenfalls schriftlich auf
diese Ausführungen einzugehen.

Die Verkündung einer Entscheidung hat das Gericht für den 30. Juni
angesetzt. Dabei kann es sich um ein Urteil, aber auch um einen
Beweisbeschluss handeln.

------------------------------------------------------------------------

1) vgl. meine diesbezügliche Presseerklärung vom 10. Mai diesen Jahres
( http://www.fitug.de/debate/0505/msg00017.html) sowie den Artikel
"T-Online wegen Speicherung von Flatrate-Kundendaten verklagt",
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/59457

2) vgl. den Artikel "Keine Speicherung von IP-Adressen bei Lycos DSL",
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/59642

------------------------------------------------------------------------