Druck auf PSOE wegen dem 11. März wächst

Ralf Streck 30.03.2005 11:11 Themen: Weltweit
Die spanischen Sozialisten (PSOE) kommen immer stärker unter Druck, weil ein führendes Mitglied Kontakt zum Zirkel der Attentäter hat, die vor einem Jahr vier Vorortzüge in der Hauptstadt Madrid in die Luft gejagt haben. Deren Versuche die Untersuchungskommission zu den Anschlägen zu beerdigen, könnte nun scheitern. Neben der konservativen Volkspartei (PP) fordern nun mehrere Parteien, diese Kontakte in der Untersuchungskommission zu den Anschlägen zu klären. Der PSOE könnte damit die Mehrheit bei der nächsten Sitzung am 5. April abhanden kommen, um den Antrag abzuwürgen, den ursprünglich die PP gestellt hatte..
Es war ohnehin erstaunlich, dass der Sozialist Fernando Huarte ein Mitglied der algerischen Terrororganisation (GIA) im Knast besuchte, die bekannt ist für ihre Massaker an unschuldigen Dorfbewohnern in Algerien ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9634/1.html). Noch auffälliger war, dass die Kontakte zu dem radikalen Islamisten Abdelkrim Benesmail, Führer einer in Valencia verhafteten GIA-Zelle, nicht abrissen, obwohl der zu den Planern der Anschläge mit 192 Toten und über 1500 Verletzten zählt.

Huarte hat Benesmail auch noch besucht, als bekannt war, dass der stellvertretende Führer der GIA-Zelle an dem Massaker in Madrid beteiligt war. Allekema Lamari, der mit Benesmail im Knast von Villabona saß, war über einen „Richterfehler“ früher frei gekommen ( http://www.elmundo.es/elmundo/2004/10/21/espana/1098372167.html). Er jagte sich mit weiteren Beteiligten am Massaker in die Luft, als ihre Wohnung in Madrid von der Guardia Civil gestürmt wurde( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17133/1.html) .

Die Tageszeitung El Mundo hat nun eine Erklärung für Huartes Verhalten vorgelegt, die einen Sinn ergeben. „Solvente Quellen“ im Geheimdienst (CNI) ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12315/1.html) wiesen ihn als Mitarbeiter des Geheimdienstes seit 1992 aus. Er sei „hoch geschätzt“ für Informationen über die Islamisten. Auch andere europäische Länder hätten seine Dienste beansprucht. ( http://www.elmundo.es/elmundo/2005/03/22/espana/1111496173.html)Huarte bestreitet die Besuche nicht. Er brauchte einige Zeit zum Dementi, Geheimagent zu sein. Die PSOE will darüber offenbar nichts wissen. Die Vorladung der Geheimdienstchefs und Huarte vor die Kommission lehnt sie ab. Das Gesetz verbiete es, die Identität von Agenten aufzudecken. Die Identitäten der Geheimdienstchefs sind bekannt. Es könnte sich also nur um Huarte oder Benesmail handeln, der auch gehört werden sollte.

Huarte bestreitet die Besuche nicht. Allerdings benötigte er einige Zeit um die Vorwürfe zu dementieren, er sei Geheimagent des CNI. Offenbar brauchte er einige Zeit, um seine Partei für die Verteidigung zu mobilisieren. Die weiß angeblich nicht, ob er beim CNI beschäftigt ist und will es scheinbar auch nicht wissen. Sie hat das Ansinnen der Opposition abgelehnt, die Geheimdienstchefs vor den Untersuchungsausschuss zu laden. Die Begründung ist hoch interessant: Das Gesetz verbiete es, die Identität von Agenten aufzudecken. Da die Identität der Geheimdienstchefs bekannt sind, kann es sich also nur noch um Huarte oder Benesmail handeln, der auch gehört werden sollte. Wundern würde es niemanden, wenn es in dem Drama um die vielen Spitzel der Nationalpolizei und Guardia Civil nun auch noch ein paar CNI Agenten verwickelt wären. ()

Auffällig ist auch, dass Huarte ausgerechnet in Asturien wirkt. Aus einer Mine in Asturien stamme der Sprengstoff für das Massaker, der zudem über diverse Spitzel der Sicherheitskräfte zu den Terroristen gelangte. Ob sich die PSOE nur schützend vor die Sicherheitskräfte stellt, wird also immer fraglicher. Handelt es sich um eine Form neuer „schmutziger Kriegsführung“, für die PSOE ja schon in den 80er Jahren stand? () Hat sie mehr zu verbergen, wie die Opposition vermutet? Die wirft den Sozialisten vor, ihren Wahlsieg drei Tage nach den Anschlägen dem Massaker zu verdanken. Auffällig ist, dass die PSOE nie eine Untersuchungskommission einleiten wollte und stets auf ihr schnelles Ende drängte. ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/18/18257/1.html). Mit ihrer Mehrheit blockte sie auch Ermittlungen zum Sprengstoffdeal und der Spitzel ab und gab diverse Berichte nicht frei. So verging ein Jahr ohne Aufklärung ().

Als Ablenkungsmanöver kann der Antrag der PSOE an die Regierung gewertet werden, die Abhörbänder der Gespräche zu hören. Denn der Großteil der Bänder sei längst vernichtet worden, behauptet die Knastverwaltung. Wundern muss man sich dann wieder darüber, dass das verbleibende Band im Geheimdienstausschuss gehört werden soll. Warum, wenn Huarte oder Benesmail keine Agenten sind, dann wäre der Untersuchungsausschuss der geeignete Platz. Offenbar enthalten das Band noch ausreichend Hinweise auf Vorgänge, die der Öffentlichkeit vorenthalten werden sollen.

Da die konservative Volkspartei (PP) weiter beweisen will, dass die Sozialisten ihren Wahlsieg den Anschlägen zu verdanken hätten, werden sie weiter die Beerdigung der Untersuchung zu verhindern suchen. Gegen ihre Stimmen hatte die PSOE in der letzten Sitzung des Ausschuss durchgesetzt, dass eigentlich bis zum 19. April nur noch die Abschlussberichte gefertigt werden sollten. Doch auch der PP geht es nicht um Wahrheit, sondern um Macht. Sie hatte mit ihren Lügen über Massenvernichtungswaffen Spanien in den Irak-Krieg geführt () und die Anschläge versucht der ETA in die Schuhe zu schieben, um die Basken zu diskreditieren und von dem Zusammenhang zwischen dem Massaker und der Kriegsbeteiligung abzulenken. Die Regierung musste sich bei der UNO entschuldigen und der Sicherheitsrat musste erstmals sogar eine Resolution zurücknehmen ().

Vermutlich wird die vom CNI und der PP gut gespeiste El Mundo ( http://www.elmundo.es) weiter nachlegen. Allerdings sind nicht alle Informationen falsch, die aus der Ecke kommen. El Mundo hat einiges zur Verwicklung der Spitzel in die Anschläge aufgedeckt (). Bei der PSOE könnte das weit oben einschlagen, denn Huarte hat gute Drähte zur Chefetage, die sogar zum derzeitigen EU-Kommissar Joaquin Almunia nach Brüssel reichen.

Peinlich ist, wie armseelig die PSOE zurückschlägt und einen Anwalt der PP angreift, weil er Islamisten verteidigt. Erstens hat jeder ein Recht auf Verteidigung und zweitens hatten die wohl mit den Anschlägen nichts zu tun. Armseelig aber auch, dass der Anwalt wegen dieser Vorwürfe die Mandate niedergelegt hat. Auch hier zeigt sich wieder das Demokratieverständnis gewisser Sozialisten. Das zeigt sich auch in einem neuen Verbotsverfahren gegen eine baskische Wahlplattform. Hier ein Interview dazu.  http://de.indymedia.org/2005/03/110503.shtml

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 30.03.2005
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Zamorra 02.04.2005 - 00:00
Ralf Streck wiederholt sich nun fast schon täglich mit seinen verzweifelten Versuchen, die Propaganda der rechtskonservativen "Partido Popular" gegen die spanischen Sozialisten weiterzuverbreiten.

Das Ganze hatten wir doch schon von Montag bis Freitag:

 http://de.indymedia.org/2005/03/110211.shtml