AGENTURSCHLUSS-Treffen: Ergebnis

Lutz Wehring 20.01.2005 19:13 Themen: Soziale Kämpfe
Aus der Bewertung des 3.Januars heraus hat sich das Treffen auf ein WEITERMACHEN mit Nachdruck und die Zuspitzung einer nächsten bundesweiten Aktion gegen 1-Euro-Job-Zumutung (Beschäftigungsträger und Organisationsstellen) am 25. April verständigt.
Ergebnisbericht des bundesweiten “Weiter mit Agenturschluss”-Treffen
vom 15. Januar in Wuppertal

Zum Agenturschluss-Auftakt am 3. Januar gibt es bereits mehrere Kommentare und Bewertungen, die im wesentlichen die auf dem Treffen geäusserten Meinungen widergeben:  http://www.labournet.de/agenturschluss

Aus der Bewertung des 3.Januars heraus hat sich das Treffen auf ein WEITERMACHEN mit Nachdruck und die Zuspitzung einer nächsten bundesweiten Aktion gegen 1-Euro-Job-Zumutung (Beschäftigungsträger und Organisationsstellen) am 25. April verständigt. Auf dem Treffen waren 54 Leute aus Berlin, Bielefeld, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf, Detmold, Essen, Frankfurt(Main), Gelsenkirchen, Göttingen, Hagen, Hamburg, Kiel, Köln, Mannheim, Münster, Moers, Mülheim, Oberhausen, Witten, Wittenberg, Wuppertal

Mehrfach geäussert wurde der Wunsch nach Kontinuität bei der Wahl der Arbeitsschwerpunkte von Agenturschluss. Neben der eventartigen Intervention muss es ein Aufgreifen sozialer Prozesse geben. Dazu muss das Einklinken in überregionale Aktivitäten auch lokal geerdet sein, also einen längerfristig praktischen Kern besitzen. Angestrebt ist ein politisches Zuspitzen im Sinne einer solidarisch verbreiterten “kollektiven Selbstverteidigung”.

Das Treffen hat sich einhellig für eine Fortführung der Bekämpfung der HartzIV-Umsetzung entschieden. Die Umsetzungspraxis inklusive der unmittelbaren Auswirkungen soll im Fokus weiterer Agenturschluss-Aktivitäten stehen. Neben der Fortführung der kritischen Untersuchung auf den Arbeitsämtern inklusive direkter Aktionen gegen schikanierende FallmangerInnen soll es einen klaren gemeinsamen Schwerpunkt geben. Mit Blick auf die Fragen: “Wo liegen die einschneidensten Konsequenzen dieses sozialen Angriffs?”, “wo sind mittelfristig größere Probleme zu erwarten?”, und somit auch “wo sehen wir Chancen für eine wirkungsstarke Intervention?” hielten die meisten Anwesenden eine Offensive gegen die Etablierung von 1-Euro Jobs für aussichtsreich. Die Notwendigkeit einer starken Mobilisierung zum jetzigen Zeitpunkt sahen einige unter anderm wegen des Vorstoßes der IHK, derartige Ausbeutung und Disziplinierung auch über Beschäftigung “im öffentliche Interesse” hinaus auf private Unternehmen auszudehnen. Viele auf dem Treffen halten den derzeitigen Akzeptanz-Höhenflug der 1-Euro-Maschinerie mit all den glücklichen 1-Euro-JobberInnen für begrenzt. Niemand von uns war ernsthaft überrascht, dass es (zunächst) große Nachfrage nach diesen “Jobs” gibt. Denn die vermeintliche Freiwilligkeit in der Einführungsphase ist wegen der nun drastisch zusammengestrichenen anderen Nebenverdienstmöglichkeiten eine nicht ganz so freiwillige Sache. Die Leute sehen sich gezwungen, die paar Euro hinzuzuverdienen. Dennoch knirscht die Sache und die Prognose vieler auf dem Treffen lautete: Die Popularität der 1-Euro-Jobs könnte bald sinken, der Unmut steigen. Genauer, der Unmut über die nun greifenden, neuen Zumutbarkeitskriterien, über die betriebsinternen Bedingungen (gleiche Tätigkeiten - teils entlohnt teils symbolisch auffwandentschädigt) über den Zwangscharakter und über die Qualifizierungs-Farce eines “fit-gemacht-werden” für einen “echten” Job.

In einigen Städten sind bereits Details bekannt sowohl über das gegenwärtige und zukünftig geplante Zusammenspiel von Arbeitsagenturen+Jobcentern, kommunalen und kirchlichen Beschäftigungsträgern und weitere Profiteuren solcher 1-Euro Jobs als auch über die Praxis in den Einsatzstellen selbst. Eine überregional zusammengefasste, aber regional durchgführte militante Untersuchung soll Grundlage für treffsichere Interventionen sein. Umfragen, Beschwerde- und Dokumentationsstellen, anonyme Foren und vor allem der konkrete “Recherche-Spaziergang” in Einrichtungen und sogenannten Fachstellen für “Gemeinwohlarbeit” (durchaus in größeren Gruppen) wurden als Untersuchungsmethoden vorgeschlagen und zum Teil bereits praktiziert. Hierbei ist die Untersuchung in Form und Inhalt Teil der Intervention. Die konkrete Nachfrage nach den Arbeitsbedingungen, die Aufforderung zu Dienst nach Vorschrift, Krankfeiern und Sabotage an den Einsatzstellen für Ein-Euro-JobberInnen sorgten bereits mancherorts für Unruhe. Spannend wären sicherlich auch spontane Betriebsversammlungen bei den großen Trägern und längerfristig die Initiierung des ersten bundesdeutschen 1Euro-JobberInnen-Streiks.

Um die Sichtbarkeit des Widerstands gegen 1-Euro Jobs und den politischen Druck zu erhöhen, sollen diese Aktivitäten und Untersuchungen in eine öffentlich angekündigte, bundesweit dezentrale Aktion am 25. April 2005 münden. Mit dieser Themensetzung und dem bis dahin gewonnenen Schwung wollen viele auch ihren 1. Mai bestreiten.

Noch ungeklärt blieb auf diesem Treffen, ob dafür bundesweit ein zentraler Beschäftigungsträger ins Visier genommen werden soll, oder -wegen der derzeit regional stark unterschiedlichen Organisation (bei Einrichtung, (Zwangs-)Vermittlung, Pseudoqualifizierung)- regional ausgesucht werden soll. Einige sprachen sich dafür aus, insbesondere die kirchlichen Beschäftigungsträger anzugreifen. Diese befinden sich in der internen Debatte gegenüber ihren Gemeinden häufig eh schon in der Defensive und können sich (anders als die kommunalen) nicht auf einen vermeintlichen All-Parteien-Beschluss in städtischen Gremien berufen. Die ersten Zwischenergebnisse aus der Unterschungsarbeit der einzelnen Städte soll hier eine Entscheidung bringen. Die Sammlung und Verbreitung von Beiträgen kann weiter über labournet und  agentur_schluss@yahoo.com erfolgen.

Thematisch über den Niedrig(st)lohnsektor eng verbunden wollen sich zusätzlich mehrere Städte -exemplarisch für die Auswirkungen des sozialen Angriffs auf (prekär) Beschäftigte- dem Discounter LIDL widmen. Materialen zu bisherigem Widerstand und den Zumutungen der Beschäftigungspolitik von LIDL,Schlecker,Aldi gibt es reichlich:  http://de.indymedia.org//2005/01/104489.shtml


nächstes Agenturschlusstreffen 5. März, Wuppertal
(oder an einem zentraleren Ort-wir bitten um einen konkreten Vorschlag )
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Ergänzungen

Aktionen gegen Lidl laufen bereits.....

Anti-Lidl 20.01.2005 - 21:40

Kleiner Artikel aus der jungle world (3/19.1.05)

Ladenschluss vorverlegt

Bekennerschreiben. Die militante gruppe (mg) bleibt weiter äußerst nachtaktiv. Sie bekannte sich in der vorigen Woche dazu, in der Nacht zum 10. Januar einen Brandanschlag auf den Neubau einer Lidl-Filiale in Berlin verübt zu haben. In einem Bekennerschreiben heißt es: »Wir hoffen, damit die Bausubstanz massiv getroffen zu haben, so dass an eine Filialöffnung erst einmal nicht zu denken ist.« Die Aktion greife die »in den vergangenen Monaten gelaufenen Sabotageaktionen gegen Einzelhandelsketten« auf. Gerade Lidl und die Handelskette Schlecker stünden für »Hungerlohnpolitik, Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisierung und betriebsinterne Schikanierung der Belegschaft«. (jm)

LidlSchluss - ein Linkhinweis

Fritz Häufel 21.01.2005 - 09:50

wer bekommt 1 euro jobs

weltmensch 21.01.2005 - 21:02
ich weiss ja nicht - bin seit laengerem nicht mehr in dtl. gewesen: aber was mir noch in erinnerung ist sind die sogennannten "arbeit statt sozialhilfe-stellen". ich hatte den eindruck, die waren zumindest ein kleiner und befristeter hoffnungstreif fuer die, die sie bekommen haben. und soweit ich mich entsinne waren die stellen so selten, dass auf alle faelle niemand gezwungen wurde(subjektiver eindruck). da musste man umgekehrt schon mal dem sozialamt druck machen, wenn man an so einer stelle interessiert war. ich kann mir nicht vorstellen, dass die 1 euro jobs "flaechendeckend" einegfuehrt werden. das waehre dann allerdings anruechig und "daf-verdaechtig". klar bleibt es bei der grundlegenden kritik, dass letztlich 1 euro jobs einen abwaertstrudel bei den loehnen bestimmter jobs begruenden koennen. doch - und das ist meine frage - wieviele dieser 1 euro jobs gibt es denn und wie sind die persoenlichen erfahrungen der indymedia leser- werden wirklich so viele menschen gezwungen???

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