LidlSchluss

Einzelpersonen 19.01.2005 12:26 Themen: Soziale Kämpfe
Prekäre Beschäftigung bei Lidl, Schlecker und Aldi ruft nach weiteren Initiativen. Nachfolgend einige Informationen und Ideen.
Die prekäre Beschäftigung bei den Supermarktketten LIDL, Schlecker und Aldi
 http://www.schlecker.com
 http://www.lidl.de
 http://www.aldi.com/

ist in den Schlagzeilen spätestens seit dem bei Schlecker bundesweit Scheiben und Schlösser zerstört wurden
 http://www.fau.org/artikel/art_040622-104644/print.html
 http://de.indymedia.org/2004/06/86117.shtml
 http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/eh/schlecker.html
 http://www.mobbing-net.de/forum/messages/4045.html
 http://www.taz.de/pt/2004/07/30/a0010.nf/text

und Anfang 2005 auch ein LIDL-Markt in Berlin mit einem Brandanschlag angegriffen wurde
 http://switzerland.indymedia.org/de/2005/01/28973.shtml

und Ver.di mit seinem verdienstvollen „Schwarzbuch Lidl“ an die Öffentlichkeit ging
 http://www.verdi.de/handel/einzelhandel/unternehmensinformationen/lidl
 http://www.netzeitung.de/wirtschaft/unternehmen/316706.html


Die Konzerne schränken die sozialen Rechte der Beschäftigen vehement ein: Sie verhindern Betriebsratsgründungen, kontrollieren heimlich die VerkäuferInnen, versenden unrechtmäßige Abmahnungen und Kündigungen. Auch der Lohn der Beschäftigten ist so gering, dass sie nicht viel mehr als eine 1-€-Jobberin erhalten.

Die Beschäftigen machen selbst nur anonym den Mund auf. Ihre Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes ist zu groß. Aber sie äußern sich, auch im Internet
 http://www.verdi-blog.de/lidl

Es wird nicht mehr lange dauern bis SozialhilfeempfängerInnen wie in den USA an Supermarktkassen für 1 € Tüten packen und der Kundschaft ans Auto bringen. Nicht mit uns!

Mahnwachen und Informationsveranstaltungen vor Lidl-Filialen, aktives Kundenverhalten und Gespräche mit Beschäftigten und Geschäftsführung, die Protestformen sind so vielfältig wie bei Agenturschluss
www.labournet.de/agenturschluss
 http://de.indymedia.org/2004/12/101757.shtml


Was auch immer in den nächsten Monaten im Rahmen von „LidlSchuss“ passieren wird, die Beschäftigten werden sich innerlich mit unseren Forderungen nach Lohnerhöhung solidarisieren. Nach außen müssen sie sich von uns distanzieren, dem Geschäftsführer und ihrem Job zu liebe. Nichts spricht dagegen, vieles dafür bundesweit Solidarität zu zeigen und unsere Widerstandfähigkeit gegen Unternehmen wie LIDL mit seinen schätzungsweise 28,8 Milliarden Euro Umsatz (jährlich zweistelliges Wachstum) zu schärfen.

Lohnerhöhung für Lidl-Beschäftigte!
Enteignung des Lidl-Eigentümers Dieter Schwarz!

Image verschmutzen!
Umsatzrückgang bei bundesweiter Aktionswoche
LidlSchluss
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Ergänzungen

Artikel zum Anschlag der militanten gruppe

Tagesspiegel 12.01.2005 19.01.2005 - 12:35
Bekennerbrief zu Anschlag auf Lidl-Markt „Militante Gruppe“ hat das Feuer gelegt

Mitglieder der linksradikalen „Militanten Gruppe“ (mg) haben sich in einem Bekennerschreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, zu einem Brandanschlag auf den Neubau eines Lidl-Supermarktes bekannt. In dem Gebäude am Vorarlberger Damm in Schöneberg war in der Nacht zu Montag Feuer ausgebrochen. Die Flammen hatten mehrere Quadratmeter des Daches zerstört. Verletzt wurde niemand. Der Staatsschutz ermittelt, weil „frische Farbschmierereien mit politischem Inhalt“ entdeckt worden sind.

In dem Bekennerschreiben heißt es: „Wir hoffen, dass wir die Bausubstanz massiv getroffen haben, so dass an eine Filialeröffnung erst einmal nicht zu denken ist.“ Die Aktion richte sich gegen die Lidl-Kette, da hier – ebenso wie bei der Drogeriemarkt-Kette „Schlecker“ – Hungerlohnpolitik, Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisierung und betriebsinterne Schikanierung gegen die Belegschaft zur täglich praktizierten „Unternehmensphilosophie“ gehörten, hieß es weiter in dem Schreiben. Der Polizeiliche Staatsschutz wollte sich gestern nicht äußern. Die Sprecherin des Generalbundesanwalts sagte: „Wir prüfen den Fall.“

Die höchste Anklagebehörde der Bundesrepublik ermittelt seit 2001 gegen Mitglieder der linksterroristischen Organisation „Militante Gruppe“. Deren Mitglieder haben sich in diversen Schreiben zu verschiedenen Brandanschlägen bekannt. Dabei beschäftigen sie sich laut Generalbundesanwalt mit verschiedenen linksradikalen Themenfeldern.tabu

Forderungen von ver.di

Franziska Wiethold 19.01.2005 - 12:37
Offener Brief von ver.di an Lidl-Eigentümer Dieter Schwarz
(Zur Kenntnis an alle Lidl-Beschäftigten)

Werter Herr Schwarz,
wir von ver.di haben ein Schwarz-Buch auch für Sie als reich gewordenen Eigentümer der Lidl-Filialen erstellt. Wir zeigen darin offensichtliche Missstände in Lidl-Filialen auf.
Wir haben mit vielen Beschäftigten gesprochen. Die meisten arbeiten gerne im Einzelhandel und mit Kunden. Viele arbeiten auch in einem guten Team. Und dennoch: Viele wollen Verbesserungen in Ihren Filialen. Dazu wollen wir mit dem Schwarz-Buch LidI beitragen.

Billig darf nicht heißen: auf Kosten des Personals!
Wir wollen Beschäftigte bei LidI dabei unterstützen, mit Betriebsräten für menschlicheres Arbeiten zu sorgen.
Dazu gehört:
• Ausreichend Personal
• Erfassung und Bezahlung aller Arbeitszeiten und Überstunden
• Feste Arbeitszeiten, Pausen und Freizeittage
• Arbeits- und Gesundheitsschutz
• Kontrollen und Testkäufe an Kassen nur zu Schulungszwecken
• Keine unbegründeten Spät- und PKW-KontroIlen oder Videoüberwachung
• Keine ungerechtfertigten Diebstahlsvorwürfe und kein Druck, Aufhebungsverträge oder Eigenkündigungen zu unterschreiben
• Freie Meinungsäußerung und Möglichkeiten zu Austausch und Rederecht auf Betriebsversammlungen
• Fairer Umgang mit Beschäftigten, Anerkennung und Respekt

Wir unterstützen die Beschäftigten.
Viele haben noch Angst. Wir machen die Missstände öffentlich, um Mut zu machen. Treten Sie gemeinsam mit ver.di für Verbesserungen ein. Der Erfolg von Lidl und der Reichtum des Eigentümers Schwarz darf nicht darauf beruhen, dass Lidl-Beschäftigte schlechter als woanders gestellt werden.

Unser Rat: Lieber mit Betriebsrat!
Betriebsräte wählen können alle Beschäftigten. Kandidieren können alle mit mindestens 6-monatiger Betriebszugehörigkeit. Filialübergreifende Wahlen sind sinnvoller, weil dann mehr Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gelten; Schwerbehinderte wählen zusätzlich ihre Vertretung. Auch Jugendliche und Auszubildende wählen ihre eigene Vertretung. Alle Beschäftigten haben vor und nach der Wahl Kündigungsschutz.

Sie, Herr Schwarz, werden sagen: Jetzt kommt es auf die Lidl-Angestellten an. Wir von ver.di sagen: Das stimmt...

...aber es kommt auch auf Sie an, Herr Schwarz.
Unterstützen Sie persönlich und vertrauensvoll freie Betriebsratswahlen in Ihrem Unternehmen. Als Staatsbürger wissen Sie ja: „Eigentum verpflichtet“. So steht es in unserem gemeinsamen Grundgesetz.

Mit freundlichen Grüßen
Franziska Wiethold, Vorstandsmitglied
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Bundesfachbereich Handel, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin / Stand: Dezember 2004

Billig auf Kosten der Mitarbeiter

Matthias Koch 19.01.2005 - 12:40
Schwarzbuch von ver.di greift Lidl-Konzern an

Profite der Discounter-Kette Lidl sind ein Ergebnis der Ausbeutung der 30000 Beschäftigten. Diese Botschaft vermittelt das von ver.di in Auftrag gegebene »Schwarzbuch Lidl«, das in Berlin vorgestellt wurde.
»Passend« zum gestrigen Tag der Menschenrechte kam das »Schwarzbuch Lidl« (ver.di-Buchhandel, ISBN 3-932349-12-1, 8 Euro) auf den Markt, das den Umgang des Lidl-Konzerns mit Beschäftigten anprangert. Die Autoren Andreas Hamann und Gudrun Giese haben bundesweit zwei Jahre recherchiert.
Im Auftrag von ver.di nahm das Duo 250 von 2500 Filialen in Deutschland unter die Lupe. Der Erfolg der in den letzten Jahren unheimlich expandierenden Billigkette, die ihren Umsatz von 3,6 Milliarden Euro (1990) auf heute 36 Milliarden Euro gesteigert haben soll, sei jedoch teuer erkauft worden. »Dass Lidl unter den deutschen Lebensmitteldiscountern inzwischen zur Nummer vier aufgestiegen ist, geht auf Kosten der Beschäftigten. Lidl erreichte gegenüber der Konkurrenz durch Lohndumping Wettbewerbsvorteile – auch weil die Bildung von Betriebsratsstrukturen in den Filialen verhindert wird«, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Franziska Wiethold.
Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter berichten in dem 100 Seiten dicken Werk, wie sie von Lidl permanent unter physischen und psychischen Druck gesetzt werden. Angst würde nicht nur durch regelmäßige Krankheits- und Diebstahlskontrollen erzeugt. So müssen an den Kassen beispielsweise pro Minute 40 Produkte eingescannt, aber gleichzeitig muss nach untergeschmuggelten Waren gesucht werden.
Testkäufer können jedem Mitarbeiter Schwächen und somit ihre Ersetzbarkeit nachweisen. Nicht selten würden langjährige Beschäftigte durch billigere Neueinstellungen oder Teilzeitkräfte ersetzt. »Die im Buch erläuterten Vorkommnisse sind keine Einzelfälle. Das Werk hätte drei Mal so dick werden können«, so Autor Andreas Hamann.
Lidl selbst hatte bereits am Mittwoch das ver.di-Buch als Diffamierungskampagne zurückgewiesen. Gestern schaltete der Konzern in deutschen Tageszeitungen ganzseitige Anzeigen. Hauptinhalt: »Wir sind die Nummer eins bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.« Ob in Voll-, Teil- oder Nebenbeschäftigung wurde nicht erwähnt. Im Hinblick auf die ver.di-Erkenntnis, dass ein Arbeitsplatz bei Lidl zwei andere im Einzelhandel zerstöre, wirken die Annoncen scheinheilig.

Quelle: Neues Deutschland, 11.12.04

Weitere Informationen

Lidl-Schluss 19.01.2005 - 12:49
Mehr zum Lidl-Boykott in Tschechien in der Landessprache:
 http://hyper.cz/CZ/lidl/

Weiterer Artikel zum Schwarzbuch und zu Arbeitsverhältnissen bei LIDL:
 http://www.jungewelt.de/2005/01-05/012.php


Hey Linker, leave us prolls alone!

kassiererin 19.01.2005 - 14:04
Wer von euch arbeitet denn bei Lidl, Aldi, Schlecker, Plus, Marktkauf und wie sie alle heißen? Unterstützt ihr einen Kampf von Discounter-ArbeiterInnen? Oder versuchen sich da mal wieder nur irgendwelche linken Gutmenschen eine neue Kampagne auszudenken, mit der sie sich über die Köpfe der Arbeiterinnen hinweg profilieren können? Aber vielleicht ist da ja auch nur der militante Flügel von ver.di unterwegs. Eine Gewerkschaft übrigens, die nicht das geringste Problem damit hat, ganz reguläre Tarifverträge über Dumpinglöhne abzuschließen, die noch einiges unter den miesen Stundenlöhnen liegen, die bei den Discountern bezahlt werden (Schaut euch mal die Liste der Dumping-Tarifverträge auf www.fau.org an) ver.di und die IG Metall machen bereitwillig jede Schweinerei mit, solange sie nur als Verhandlungspartner von den Bossen geschätzt und gebraucht werden. Eine solche Kampagne auf Basis reiner (gewerkschaftlicher) Stellvertreterpolitik ohne jede Basis in den Kämpfen der ArbeiterInnen schadet jedenfalls eher als das sie nützt.

sind wir nicht alle ein bisschen verkäuferin?

ver.di, fb 12, ag perspektiven 19.01.2005 - 14:26
hey kassiererin,
hier ist der text zu den schlecker-anschlägen:
 http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/eh/handeln.pdf

als radikale linke müssen unsere forderungen über die von der ver.di-spitze hinausgehen, klar. aber ver.di hat gute vorarbeit geleistet, auf die wir uns beziehen können.

so wie oben und in den links geschildert, ist die sachlage doch sehr verquickt: unmut unter lidl-beschäftigten ist vorhanden. wer aber als lidl-beschäftigte ihr maul aufreist, droht jobverlust. vielleicht ist es in diesem fall nur möglich von außen einzugreifen, um etwas bewirken zu können. ver.di wird das aber mit ihrer politik nicht hinkriegen.

lidlschluss!

leid

tom 19.01.2005 - 16:34
noch ein schönes logo

leid

tom 19.01.2005 - 17:06
noch ein schönes logo
vielleicht klappt es ja als jpeg.

Jungle World zum mg-Anschlag

Nina 19.01.2005 - 17:10
Ladenschluss vorverlegt

Bekennerschreiben. Die militante gruppe (mg) bleibt weiter äußerst nachtaktiv. Sie bekannte sich in der vorigen Woche dazu, in der Nacht zum 10. Januar einen Brandanschlag auf den Neubau einer Lidl-Filiale in Berlin verübt zu haben. In einem Bekennerschreiben heißt es: »Wir hoffen, damit die Bausubstanz massiv getroffen zu haben, so dass an eine Filialöffnung erst einmal nicht zu denken ist.« Die Aktion greife die »in den vergangenen Monaten gelaufenen Sabotageaktionen gegen Einzelhandelsketten« auf. Gerade Lidl und die Handelskette Schlecker stünden für »Hungerlohnpolitik, Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisierung und betriebsinterne Schikanierung der Belegschaft«. (jm)

Jungle World, 3/19.1.05

Mehr auf Indymedia

Peter-Paul Zahn 21.01.2005 - 09:47
Weiterer Indy-Artikel zum Thema:

 http://de.indymedia.org/2005/01/104556.shtml

Hartz IV, Ein-Euro-Job und LIDL

Andreas Haman 24.01.2005 - 15:10
Andreas Hamann zum Thema ERFAHRUNGSBERICHTE

Zockt Lidl bei den Arbeitsagenturen?
Ein Kollege berichtete mir, dass er aus der Arbeitslosigkeit heraus im Herbst 2004 in ein mehrwöchiges Praktikum bei Lidl vermittelt wurde (das Lidl natürlich keinen Cent kostete). Danach erhielt er einen befristeten Vertrag, ackerte in der Vorweihnachtszeit und bis knapp über den Jahreswechsel. Dann war er schnell wieder draußen, weil der Vertrag nicht verlängert wurde. Es gab sogar eine Begründung: Angeblich hatte er zwei Testkäufe nicht bestanden. Wann die genau stattgefunden haben sollen, das wurde ihm nicht gesagt.

Wer hat auch solche Erfahrungen gemacht? Und: Wieviel Geld spart Lidl wohl auf diesem Weg zu Lasten der "Arbeitsagenturen"?

Lidl-Schwarzbuch Beststeller

Silvia Ernst 26.01.2005 - 13:13
Weblog und Neuauflage für Lidl-Schwarzbuch
Das "Schwarzbuch Lidl", das die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Anfang Dezember 2004 veröffentlichte, entwickelt sich zum Bestseller. Eine Neuauflage ist bereits geplant. Der Weblog, der zum gleichen Thema eingerichtet wurde, verzeichnete nach Angaben von ver.di bereits mehr als 5.000 Besucher.
In dem Buch prangert ver.di die Arbeitsbedingungen beim Discounter Lidl an. Lidl behindere die Bildung von Betriebsräten. Mitarbeiter müssten regelmäßig unbezahlte Überstunden leisten und würden unangemessen überwacht. Auch langjährig Beschäftigte hätten mit rüden Kündigungsmethoden zu rechnen. Lidl-Geschäftsführer Klaus Gehrig hatte Mitte Dezember die Vorwürfe zurückgewiesen. Er könne nicht erkennen, dass die Beschäftigten bei Lidl systematisch schlecht behandelt würden (FAZ, 13.12.2004).

Das Interesse am "Schwarzbuch Lidl" ist groß. Die erste Auflage von 8.000 Exemplaren war bereits vor Weihnachten vergriffen, sodass kurzfristig 10.000 Stück nachgedruckt werden mussten. ver.di-Vorstandsmitglied Franziska Wiethold kündigte kurz vor Jahresende 2004 an, dass es eine Neuauflage mit weiteren Erfahrungsberichten geben werde.

An Material wird es voraussichtlich tatsächlich nicht fehlen. Der Schwarzbuch-Weblog verzeichnet laufend neue Einträge. Hier finden sich allerdings auch Stimmen, die sich kritisch mit der ver.di-Publikation auseinandersetzen. Rund zwei Drittel der Reaktionen auf das Buch, die bei ver.di eingehen, stammen von ehemaligen und derzeitigen Beschäftigten bei Lidl/Kaufland.

Lidlschluss rollt schon durch die Medien

Jörn Sucher 26.01.2005 - 17:31
Spiegel-online vom 26.1.2005

DISCOUNTER UNTER DRUCK

Ver.di plant Schwarzbücher über Aldi und Schlecker

Von Jörn Sucher

Seit Ver.di im Lidl-Schwarzbuch die Arbeitsbedingungen bei der Handelskette anprangerte steht der Konzern unter verschärfter öffentlicher Beobachtung. Nun will die Gewerkschaft ähnliche Dossiers über weitere Discounter vorbereiten. Auch Lidl droht wieder Ungemach.

Hamburg - "Die Resonanz auf das Lidl-Schwarzbuch hat uns gezeigt, dass ähnliche Maßnahmen bei anderen Unternehmen nötig sind", sagte eine Ver.di-Sprecherin gegenüber SPIEGEL ONLINE. Nach Erscheinen der Lidl-Schrift hätten Angestellte weiterer Handelsunternehmen auf Missstände hingewiesen.

"Ein Aldi- oder Schlecker-Schwarzbuch wäre möglich", sagte die Sprecherin mit Blick auf Handelsketten, die aufgrund der Arbeitsbedingungen bei Gewerkschaften ebenfalls einen schlechten Ruf haben. Besonders die Drogeriekette Schlecker geriet zuletzt immer wieder in die Schlagzeilen. In den Filialen gebe es zu wenig Personal, kritisierte Ver.di. Angestellte seien häufig allein in den Geschäften, was das Risiko von Überfällen deutlich erhöhe. Konkrete Zeitpläne für weitere Schwarzbücher gibt es laut Ver.di noch nicht.

Europäische Neuauflage des Lidl-Schwarzbuchs

Ver.di will es bei einem Schwarzbuch über Lidl nicht belassen. "Es wird auf jeden Fall eine Neuauflage geben, in der auch die Situation im europäischen Ausland zur Sprache kommt", sagte die Gewerkschaftssprecherin. Lidl wollte die Initiative nicht kommentieren.
Auslöser für die Ausweitung des Schwarzbuchs war laut Ver.di die Resonanz auf die erste Auflage. Unter anderem hätten sich Lidl-Mitarbeiter aus Frankreich, Norwegen und Finnland gemeldet. Besonders zahlreich seien die Reaktionen aus Tschechien gewesen.

Wann das Europa-Schwarzbuch über Lidl erscheint, steht noch nicht fest. Die Gewerkschaft verweist aber auf die lang andauernde Vorbereitungszeit bei der ersten Auflage.

Ver.di forciert Lidl-Kampagne

Gleichwohl treibt Ver.di die Kampagne gegen Lidl in Deutschland weiter voran. Der Fachbereich Handel will laut einem Bericht der Gewerkschaftszeitung "Publik" Kollegen aus anderen Unternehmen dazu auffordern, ihnen bekannte Lidl-Mitarbeiter bei der Gründung von Betriebsräten zu unterstützen. "Wir brauchen Aktive, die Kontakte knüpfen", sagte die zuständige Ver.di-Sekretärin Agnes Schreieder

In einem zweiten Schritt will die Arbeitnehmerorganisation laut Schreieder Patenschaften organisieren, die "sich schützend vor die Kolleginnen stellen, die bei Lidl Betriebsräte wählen wollen". Als Beispiel nannte die Ver.di-Frau Kirchen oder Menschen aus sozialen Gruppen.

"Klima der Angst"

Die Lidl-Dokumentation war am 10. Dezember in einer Auflage von 8000 Exemplaren veröffentlicht worden. Wegen der großen Nachfrage mussten nach Angaben von Ver.di noch vor Weihnachten 10.000 Exemplare nachgedruckt werden. Überwachung, Drill und Hetze seien an der Tagesordnung, heißt es in dem Buch. Anschreien, beleidigen und Unterstellung von Straftaten gehörten zum Standardrepertoire der Verkaufsleiter.
„Bei Lidl wird gezielt ein Klima der Angst geschaffen, damit die beschäftigten auf die Einhaltung ihrer rechte verzichten“, sagte Ver-di
Vorstandsmitglied Franziska Wiethold. Die Gewerkschafterin warf dem Unternehmen auch vor, die Wahl von Betriebsräten verhindern zu wollen.

Der Discounter wies die Vorwürfe zurück. Auf eine Auseinandersetzung vor Gericht wollte Lidl bislang verzichten. Der Konzern mit Sitz im schwäbischen Neckarsulm wirft Ver.di seit längerem eine "Diffamierungskampagne" vor.

Kundenneugier ist LIDL willkommen !

Andrew Macgovern 26.01.2005 - 18:49
Financial Times Deutschland vom 29.12.2004

Lidl-Schwarzbuch: Verdi legt nach
Die Gewerkschaft Verdi will ein weiteres "Schwarzbuch" über die Arbeitsbedingungen bei der Discounter-Kette Lidl veröffentlichen. Nach der Veröffentlichung der ersten Auflage hatten sich mehr als 3500 Menschen gemeldet, um die Vorwürfe gegen den Discounter zu bestätigen.

Das für den Einzelhandel zuständige Vorstandsmitglied Franziska Wiethold kündigte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) eine überarbeitete Neuauflage der bisherigen Dokumentation an. Darin sollen Erfahrungsberichte von weiteren Lidl-Beschäftigten aufgenommen werden, die angeblich unter Druck gesetzt wurden. Der Discounter weist die Vorwürfe zurück. Die Dokumentation war am 10. Dezember in einer Auflage von 8000 Exemplaren veröffentlicht worden. Wegen der großen Nachfrage mussten nach Verdi.-Angaben noch vor Weihnachten 10.000 Exemplare nachgedruckt werden. Wiethold berichtete, dass sich in Folge des Buches mehr als 3500 Leute gemeldet hätten, die früher bei Lidl beschäftigt waren oder heute noch beschäftigt sind. Fast alle hätten die erhobenen Vorwürfe bestätigt. "Bei Lidl wird gezielt ein Klima der Angst geschaffen, damit die Beschäftigten auf die Einhaltung ihrer Rechte verzichten", sagte Wiethold. Vorwürfe auch aus dem Ausland Erneut warf die Gewerkschafterin dem Unternehmen vor, die Wahl von Betriebsräten verhindern zu wollen. In der neuen Auflage des Schwarzbuchs sollten weitere Fälle dokumentiert werden, wonach Mitarbeiter regelmäßig unbezahlte Überstunden leisten müssten, überwacht würden oder aus dem Unternehmen "hinausgemobbt" worden seien. Auch aus den ausländischen Lidl-Filialen seien solche Vorwürfe geäußert worden, sagte Wiethold. Der Konzern mit Sitz im schwäbischen Neckarsulm wirft Verdi seit längerem eine "Diffamierungskampagne" vor. Auf eine Auseinandersetzung vor Gericht will Lidl aber verzichten. "Wir halten juristische Auseinandersetzungen für unnötig, da sich jeder Kunde gerne in unseren Filialen selbst überzeugen kann, ob die Vorwürfe zutreffen oder nicht", sagte eine Sprecherin. Lidl habe "nichts zu verstecken oder zu verheimlichen". Insgesamt beschäftigt der Konzern mehr als 150.000 Mitarbeiter.

»Lidlschluß«

Peter Grottian 27.01.2005 - 10:09
Ein Diskussionspapier von Peter Grottian aus der jungen Welt vom 22.01.2005 wurde auf der Sitzung der Montagsdemo-Bündnisse am vergangenen Sonnabend in Leipzig verhandelt. Das Papier endet wiefolgt:

»Lidlschluß«
In diesen Zusammenhang gehört es auch, Widerstandsfähigkeit gegen jene Unternehmen und Dienstleistungen aufzubauen, die mit den sozialen Grundrechten ihrer Mitarbeiter/innen »wie die Sau« umgehen. Das verdienstvolle, von ver.di herausgegebene Schwarz-Buch über Lidl eröffnet eine erste Argumentations- und Materialbasis, auf der sich provozierend-gehaltvolle Aktionen gegen Lidl, WalMart oder Aldi aufbauen könnten: Störungen, freundliche Übernahmen oder sogar richtige Schließungen.

Komplett ist das Papier zu lesen unter:
 http://www.jungewelt.de/2005/01-22/011.php

Lidlschluss kommt

The Googler 27.01.2005 - 10:15
Täglich verdoppeln sich die Suchergebnisse bei google für "LidlSchluss". Am 25.01.2005 waren es noch knapp 40, heute sind es bereits "ungefähr 154".

LIDL-Österreich ist auch nicht besser

Bruno Kreisky 28.01.2005 - 10:45
Der Standard / Österreich vom 3.1.2005

Billig aber menschenunwürdig
Für den Lebensmittel- Discounter Lidl regnet es Beschwerden für die Behandlung seiner zu 85 Prozent weiblichen Angestellten

Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Lebensmittel-Discounter wie Hofer und Lidl nur von finanziell Schlechtergestellten genutzt wurden. Im Gegenteil, sogar Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat rühmte sich erst kürzlich mit ihren Einkaufsgewohnheiten, die nur mehr selten einen Besuch beim Feinkostladen zulassen. Das Billigangebot stellt demnach keine Gefahr mehr für den eigenen gesellschaftlichen Status dar, dafür aber umso mehr für die Arbeitsbedingungen der Angestellten der entsprechenden Firmen. Das zumindest lässt sich aus den Vorwürfen der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gegenüber dem deutschen Discounter "Lidl" lesen: Die zu über 80 Prozent weiblichen Beschäftigten würden bespitzelt und kontrolliert, es gäbe zuwenig Toiletten-Pausen und die Gründung von Betriebsräten sei bisher nur in sieben von insgesamt 2500 deutschen Filialen gelungen. Ver.di bezieht sich mit seinen Vorwürfen auf zahlreiche Befragungen von MitarbeiterInnen und Ex-MitarbeiterInnen in Deutschland, die nun auch in einem Lidl-"Schwarzbuch" zusammengefasst und veröffentlicht wurden. Eine Maßnahme erregte die Gemüter sogar soweit, dass es für den deutschen "Big Brother-Award" in der Kategorie Arbeitswelt reichte: Mitarbeiterinnen in Tschechien seien gezwungen worden, Stirnbänder zu tragen, wenn sie ihre Periode hatten. Begründet wurde dies laut dem deutschen Branchenblatt "Lebensmittelzeitung" damit, dass die betroffenen Frauen auch außerhalb der Pausen aufs Klo gehen durften. Frauenspezifische ÜberwachungDatenschützerInnen kritisieren, dass mit Aufzeichnungen über den weiblichen Zyklus Vermutungen über mögliche Schwangerschaften angestellt werden können, was wiederum zu einer Aushöhlung des Kündigungsschutzes von Schwangeren führen könnte. Bei Lidl will das Management mit Sitz im deutschen Neckarsulm nichts von den Vorwürfen wissen: Eine solche Maßnahme sei nie von einer Lidl-Filiale durchgeführt worden. ÖsterreichAuch in Österreich weiß die Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr (HTV) von Problemen Angestellter mit dem zweitgrößten Discounter hinter "Hofer". In Lindach wurden 2004 zwei Frauen gekündigt, nachdem sie die rund 70 Beschäftigten des dortigen Lidl-Lagers zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geladen hatten. Zur Vermeidung eines Prozesses vor dem Arbeitsgericht zahlte Lidl den beiden Frauen schließlich eine außergerichtlich vereinbarte Abfindung.

Aber nicht nur im Einzelhandel sind Frauen von verschlechterten Arbeitsbedingungen betroffen. Eva Angerler von der GPA, Abteilung Arbeit und Technik, sieht vor allem im Bereich der Callcenter Handlungsbedarf. Für die Arbeitsorganisation in diesem klassisch weiblichen Berufszweig würden alle Arbeitsschritte elektronisch und sekundengenau aufgenommen. In einigen Firmen berichteten Angestellte gar von unterschiedlichen Eingabeknöpfen für den Besuch der Toilette, das Kaffeeholen und das Aufsuchen des Betriebsrates. MitarbeiterInnen dieser Branche würden zunehmend wie eine "andere Kategorie Mensch" behandelt, so Angerler abschließend. (red)

LIDL-Reklame für antagonistische Bedürfnisse

Franz Beckenbauer 28.01.2005 - 14:50
Hamburger Abendblatt vom 22.1.2005

Lidl und Aldi werben auf Rekordniveau
Hamburg - Im Kampf um die Kunden haben die Lebensmitteldiscounter Lidl und Aldi im vergangenen Jahr mehr Geld in Werbung investiert als je zuvor. Nach Berechnungen von Nielsen Media Research aus Hamburg erhöhte Lidl seinen Etat um 24 Prozent auf 334 Millionen Euro. Bei Aldi gab es sogar einen Zuwachs von mehr als 30 Prozent; der Etat stieg auf 245 Millionen Euro.

Damit sind die beiden Discounter die größten Werbetreibenden unter den Einzelhändlern in Deutschland, gefolgt von Media-Markt, C & A und Saturn. Auf den Plätzen sechs bis zehn mit jeweils weniger als 100 Millionen Euro Werbeausgaben folgen der Handy-Klingeltonanbieter Jamba!, Schlecker, McDonald's, Premiere und Penny. Insgesamt betrug das Werbevolumen 18,2 Milliarden Euro - ein Plus von 5,8 Prozent.

Im Zusammenhang mit den gesteigerten Werbeaufwendungen sehen Marktbeobachter vor allem bei Lidl und Aldi einen Trend zu hochwertiger und emotionaler Werbung. So habe sich etwa Aldi Süd von seinem klassischen Werbe-Handzettel verabschiedet und verteile seit neuestem kleine, 20seitige Hochglanzkataloge im Stil von Tchibo, berichtet die "Lebensmittel-Zeitung". Aldi Nord habe noch nicht nachgezogen. Außerdem, so das Blatt weiter, habe Aldi Süd bereits in der Weihnachtszeit mit themenbezogenen Broschüren auf sich aufmerksam gemacht, etwa mit Kochrezepten für die Festtage.

Auch Lidl ist laut "Lebensmittel-Zeitung" dabei, seine Werbestrategie umzustellen. So habe es bereits "lokale Ausflüge in die Radiowerbung" gegeben, und selbst über das Thema Fernsehwerbung denke man im Unternehmen nach. Bislang sei auf Discounter-Seite hier lediglich Plus aufgefallen. Das Unternehmen nutze dieses Medium schon länger, um Bedürfnisse bei Kunden zu wecken.

LIDL-Schweiz ist auch scheiße

Reto Härlin 28.01.2005 - 16:46
Glaubt man einem Promotionbericht aus dem St Galler Tagblatt vom 28.1.2005 unter dem launigen Titel : „Vom Zuschauer zum Mitspieler“ dann sollen dort „im vergangenen Jahr (...) die Grünen in der kantonalen Politik erheblich an Bedeutung“ gewonnen haben. Gestützt wird das alles durch ein Pressegespräch “bei Kaffee und Gipfeli“ zu dem die Präsidentin der Thurgauer Grünen, Silvia Schwyter, und ihr Fraktionschef Wildberger eingeladen hatten . Und daraus lassen sich diese Grünen doch allen Ernstes mit der Bemerkung zitieren, das „ Firmen mit «bekannt miserablen Arbeitsbedingungen» wie Lidl (...) «unbedingt unsere Standards einhalten». müssten.
Voilà: Lidlschluss - ob nun mit oder gegen Grüne Politiker - auch in der Schweiz!

Lidlschluss zusammen mit den Milchbauern

Jens Blankennagel 28.01.2005 - 20:39
Berliner Zeitung vom 6.5.2004

Wie geil darf Geiz sein?
1 500 Milchbauern protestierten in Brandenburg gegen Dumpingpreise
Nun gut, Fips Asmussen, der altbackene Komiker, ist nicht gerade ein Star. 400 Zuschauer strömten am Kampftag der Arbeiterklasse zu seiner Show ins Märkische Ausstellungs- und Freizeitzentrum in Paaren/Glien. Vier Tage später war dort, kurz vor den westlichen Toren Berlins wieder Kampftag - diesmal der Bauern. Zwanzig Busse standen vor der überfüllten Halle, 1 500 wütende Milchbauern waren angereist zum größten ostdeutschen Protesttag gegen Dumpingpreise für Milch. Nur in Bayern konnten zu Beginn der Proteste vor zwei Monaten ähnlich viele Bauern mobilisiert werden.
Deren jetzige Gegner sollten eigentlich ihre Partner sein. Doch die Lebensmitteldiscounter wie Aldi, Lidl oder Edeka liefern sich einen ruinösen Preiskampf. So lautet die Philosophie von Lidl: "Wir sind total unkompliziert. Wir kaufen ein. und verkaufen zum günstigsten Preis." Um den zu erzielen, wollten die Discounter ihre Marktmacht nutzen und den Molkereien zehn Prozent weniger für Milch zahlen.
Das freut die Kunden, nicht aber die Milchbauern. Die erhalten durchschnittlich 27,7 Cent pro Liter Milch. Vor drei Jahren waren es fünf Cent mehr. "Wir haben den niedrigsten Preis seit 1977", sagt Anni Neu vom Deutschen Bauernverband. Wegen der Niedrigpreise machten die 800 Brandenburger Milchbetriebe in diesem Jahr bereits 58 Millionen Euro Verlust.
Durch die Dauerproteste ist die zehnprozentige Preissenkung erst einmal vom Tisch. Doch die Bauern fürchten weiter, dass die Molkereien vor Aldi & Co. einknicken und tausende Jobs wegfallen.
Der Brandenburger Aktionstag begann noch vor dem Morgengrauen. Ab 4 Uhr früh blockierten je 18 Traktoren das Lidl-Lager in Kremmen und das von Aldi in Wittstock. "Die Fahrer der Discounter zeigten Verständnis", sagt ein Teilnehmer. "Jetzt, da ein Liter Milch weniger wert ist als zwei Pfandflaschen."
Die Landwirte richten sich gegen "Geiz ist geil"-Slogans des Handels. "Das funktioniert vielleicht für Elektronik aus Fernost", sagt Anni Neu. Aber nicht für die Produkte einheimischer Bauern. Deren Gegenslogan lautet nun: "Lebensmittel sind mehr wert."
Deutschland ist das Milchland Nummer 1 in der EU und produziert ein Viertel der europäischen Milch - in diesem Jahr 350 000 Tonnen mehr, als die EU-Quote erlaubt. Kein gutes Argument für die Bauern: Bei Überangebot lässt sich der Preis leicht drücken.

LIDLSCHLUSS nun auch im Großbürgertum

Adam Soboczynski 07.02.2005 - 17:28
Auch wenn die ZEIT-Story aus den verdi-Lidl-Schwarzbuchautorinnen eine Personality-Show dreht, es zeigt: Es tut sich was in Sachen Lidl. Zeit in die Hufe mit direkten Aktionen zu kommen



DIE ZEIT / 06/2005 vom 3.2.2005

Aufruf zum Kassenkampf
Das »Schwarz-Buch Lidl« prangert die Arbeitsbedingungen in den Läden an – wie es eine Broschüre der Gewerkschaft ver.di zum Bestseller schaffte

Den Gewerkschaften geht es schlecht. Innerhalb eines Jahrzehnts kehrten ihnen fast drei Millionen Mitglieder den Rücken. Und die Schwindsucht geht unvermindert fort. Letzte Woche veröffentlichte der DGB neue Zahlen. Dramatische: Im letzten Jahr verloren die Arbeitnehmerorganisationen abermals fast 350.000 Mitglieder.
Vor diesem Hintergrund ist sie schon etwas befremdlich: diese gute, sehr gute Laune an der Spree, beim Bundesvorstand von ver.di in Berlin. »Wir haben noch einen Champagner im Kühlschrank«, sagt Agnes Schreieder. »Und wir werden ihn in den nächsten Tagen trinken.« Die Gewerkschaftssekretärin weiß, dass sie einen spektakulären Coup gelandet hat. Mit dem Autor Andreas Hamann, selbst Gewerkschaftsmitglied, hat sie das Schwarz-Buch Lidl auf den Weg gebracht, das derzeit wie keine andere Aktion der Arbeitnehmer für Furore sorgt. Kurz nach Erscheinen am 10. Dezember waren alle 8.000 Exemplare der Publikation vergriffen, ver.di musste noch vor Weihnachten eine zweite Auflage drucken.
Auf den ersten Blick ist es ein unscheinbares, kleines Heft: knapp hundert Seiten Schwarzweißdruck, mit einem schwarzen Umschlag, auf dem das gelb-blau- rote Lidl-Logo prangt. Es ist symbolträchtig verändert worden, der letzte Buchstabe droht in den schwarzen Abgrund zu kippen. Die Illustrationen sind allseits vertraut: Lidl-Filialen, Lidl-Reklame, Lidl-Tüten. Die ganze Welt ist Lidl. Ganz Unrecht haben die Gewerkschafter da nicht: Mit etwa 2.500 Filialen ist der rasant wachsende Konzern mittlerweile in fast jeder Kleinstadt vertreten; und nahezu so umsatzstark wie Aldi, der Spitzenreiter unter den Billigdiscountern.
Kassiererinnen, Filial- und Verkaufsleiter sprechen im Schwarz-Buch von ihrem Arbeitsalltag. In Interviews, kleinen Reportagen und eigenhändig verfassten Berichten erzählen die anonymen Christina C.s und Volker K.s von Drill und Hetze in ihrem Job. Der Discounter verhindere systematisch die Gründung von Betriebsräten, berichten sie. Misstrauische Vorgesetzte, zu Mobbing-Experten dressiert, sollen auf der Suche nach Diebesgut die Spinde der Kassiererinnen aufbrechen; Kameras würden in den Läden jeden Handgriff der Mitarbeiter erfassen.
Gerissene Testkäufer des Konzerns notieren fleißig, wenn einer Kassiererin das »Dankeschön und auf Wiedersehen« nach dem rasend schnellen Durchscannen der Ware nicht freundlich genug über die Lippen geht, klagt im Schwarz-Buch eine Verkäuferin. Auch aus tschechischen Filialen erfahren wir Unschönes. Stirnbänder gebe es dort für Kassiererinnen, die damit während ihrer Menstruation ohne besondere Erlaubnis die Toilette aufsuchen dürfen.
»Es gibt eine lückenlose Kontrolle jedes Arbeitsschrittes. Und das in fast jeder Filiale«, sagt Agnes Schreieder. »Und wenn Lidl einen Mitarbeiter rausschmeißen will – etwa, weil er zu teuer geworden ist oder einen Betriebsrat gründen will –, dann werden regelrechte Kreuzverhöre durchgeführt.. Die Leute werden so lange traktiert, bis sie einen Aufhebungsvertrag ihrer Beschäftigung unterschreiben. Das sind keine Einzelfälle. Das sind die Betriebsstrukturen des Konzerns.«
Agnes Schreieder stutzt kurz; so, als sei ihr die eigene Empörung eine Spur zu pathetisch, lächelt dann Andreas Hamann an. Mit seinem mächtigen Oberlippenbart und seiner grauen Übergangsjacke erinnert er an einen Gewerkschafter der alten Garde. Man kann ihn sich gut mit einer Trillerpfeife am Glühweinkessel vor den Toren eines bestreikten Betriebs vorstellen, kettenrauchend.

Nur in sieben von 2.500 Filialen gibt es einen Betriebsrat
»Unsere Aktion«, erzählt Schreieder, »hat nichts mit Sozialromantik zu tun. Das sind Fakten. Wir haben recherchiert.« Sie spielt mit der Rechten kurz an einem Knopf ihres schwarzen Kostüms. Ihre Lippen sind in starkem Rot gefärbt. Sie trägt dezente Perlenohrringe. »Wir haben erste Erfolge. Der Konzern sorgt sich jetzt um sein Image, schaltet jetzt sogar Fernsehspots, sucht bundesweit Lehrlinge.«
Um das eigene Image musste sich Lidl in den letzten Jahren nicht sonderlich kümmern. Einstmals überwiegend in sozialen Brennpunkten angesiedelt, gelten Billigdiscounter spätestens seit den Neunzigern schichtenübergreifend als schick. Die Schnäppchenjagd ist ein Volkssport geworden, innerhalb eines Jahrzehnts schwoll der kleine Familienkonzern zu einem europäischen Imperium an. Und das mit minimaler Öffentlichkeitsarbeit: Von Dieter Schwarz, dem Patriarchen der Lidl-Discounter, kursiert lediglich ein vergilbtes Foto aus den frühen Achtzigern, Interviews lehnt er strikt ab. Wirtschaftsdaten hat das Unternehmensgeflecht bis Dezember 2004 so gut wie nie veröffentlicht.
Agnes Schreieder und Andreas Hamann haben einen unsichtbaren Gegner. Denn die Schwarz-Gruppe besteht aus über 600 Gesellschaften. Das Konglomerat aus GmbHs, Stiftungen und Regionalniederlassungen sei »ein bewusst geschaffenes Nirwana«, klagen die Gewerkschafter. Um die Gründung von Betriebsräten im Keim zu ersticken, nähme der Konzern kurzfristig Umfirmierungen, Neugründungen und Ausgliederungen einzelner Betriebssparten vor. Aus Gewerkschaftssicht ist Lidl ein vermintes Gelände, lediglich sieben Betriebsräte konnten in den Lidl- Filialen bisher gegründet werden.
Lidl wies die Vorwürfe der Gewerkschaft zwar umgehend zurück, sprach von einer »Diffamierungskampagne«, ließ es aber auf eine gerichtliche Auseinandersetzung bisher nicht ankommen. Doch die Discounterkette bewegt sich. Dass sie kürzlich mit Engel& Zimmermann eine renommierte, auf Krisenbewältigung und PR-Arbeit spezialisierte Werbeagentur eingeschaltet hat, um das Bild des Konzerns aufzupolieren, kommt einer betriebsinternen Revolution gleich.
»Wir haben Lidl mit unserem investigativen Journalismus herausgefordert«, erklärt Andreas Hamann. Er hält kurz inne, blickt dann von der Empore, auf der wir sitzen, in das spärlich besuchte Foyer der neuen Vorstandszentrale. Er erinnert sich: »Das Ganze fing damit an, dass ich verwundert war, als vor meiner Haustür ein neuer Lidl-Laden aufmachte. Ich merkte sofort, da geht was ab, was ich so noch nie gesehen hatte. Dieser Stress der Kassiererinnen… Die beugten sich immer tief über ihre Kasse, um hektisch zu überprüfen, dass ja nichts mehr im Einkaufswagen liegt. Die hatten Angst vor Testkäufern, vor Abmahnungen.«
Kassiererinnen haben sich ihren Frust von der Seele geredet Um das »System Lidl«, wie Hamann die Personalpolitik des Discounters nennt, zu durchschauen, sprachen die Gewerkschafter unvermittelt Kassiererinnen an, drückten ihnen an der Kasse Ver.di-Broschüren in die Hand. »Viele wollten sich den Frust von der Seele reden«, erinnert sich Hamann, »wir haben sie dann in Kneipen getroffen und ihre Erlebnisse aufgeschrieben.« So entstanden die ersten kleinen Broschüren über das Betriebsklima bei Lidl, gewissermaßen die Vorläufer des Schwarz-Buchs. »Und dann entstand ein Schneeballeffekt. Innerhalb kurzer Zeit meldeten sich so viele Kassiererinnen, so viele brisante Hinweise trudelten per Post ein, auch von unzufriedenen Vorgesetzten, da drängte sich das Schwarz-Buch regelrecht auf.«
Die ver.di-Publikation ist ein Krisenphänomen, »denn mit anderen Mitteln«, so Agnes Schreieder, »kommen Gewerkschaften an global agierende Unternehmen einfach nicht mehr ran«. Sorgt das Schwarz-Buch auch für eine Imageverbesserung von Gewerkschaftsarbeit selbst? Ist es ein Hoffnungsschimmer in einer Medienlandschaft, in der Streiks wie anachronistische Rituale wirken, die man bei Fernsehberichten wegzappt; und in der Funktionäre vom Lebensmilieu derer, die sie vertreten, weit entfernt erscheinen?
So etwa immer wieder am Sonntagabend in der Sendung Sabine Christiansen, einem Garant für schlechte Laune. Ewig kreist die Sendung um den Reformstau des Landes. Und schnell sind diejenigen ausgemacht, die einen besonders melancholisch stimmen: die Gewerkschafter. Immer stehen sie mit dem Rücken zur Wand, gelten sie doch in der Reformdebatte als die Blockierer der Republik, als Betonköpfe, als die Ewiggestrigen. Ihre Klassenkampf-Rhetorik wird regelmäßig belächelt.
Für den 54-jährigen Andreas Hamann ist die neue, aggressive Medienmacht, die ver.di mit dem Schwarz-Buch entfaltet, ein Erfolgsrezept. Denn das Schwarz-Buch sorge für frischen Wind in eingefahrenen Gewerkschaftsstrukturen: »Und wäre ich jünger, ich wäre bestimmt noch weiter gegangen, hätte mich in den Betrieb eingeschleust, wie früher Günter Wallraff!«
Agnes Schreieder ist deutlich jünger, 37. Vorsichtig sagt sie: »Ich organisiere auch Kundgebungen und Streiks. Und auch Fernsehauftritte sind für uns wichtig. Aber für den nächsten 1.Mai habe ich tatsächlich einen anderen Traum, dann wollen wir das Europa-Lidl-Schwarz-Buch veröffentlichen. Und Schwarz-Bücher über Aldi und Schlecker sind auch auf dem Weg. Das ist ein machtvolles Instrument.«
Verspürt sie persönliche Genugtuung bei dem Spiel »David gegen Goliath«? Beim Kampf gegen mächtige Konzerne, die Gewerkschaftsarbeit bisher erfolgreich ignoriert haben? Und die zudem mit allgemeiner Sympathie bedacht wurden, sorgen sie doch für neue Jobs und niedrige Preise. »Genugtuung«, sagt sie konzentriert, »das ist etwas anderes. Genugtuung bereitet mir, wenn die Kassiererin um die Ecke wieder Hoffnung schöpft, wenn wir sie wieder erreichen. Denn wir haben früher Fehler gemacht. Wir hätten solche Aktionen längst anleiern sollen.«
Agnes Schreieder schaut auf ihre Armbanduhr. Zeit für die Mittagspause. »Ich war vor kurzem in den USA«, erzählt sie zum Abschluss. Dort könne man viel lernen. »Ausgerechnet da!« Denn in einem Land, in dem es kaum noch Gewerkschaften gibt, entstehe wieder Begeisterung: für Solidarität und Engagement. Und das habe man in Deutschland vielleicht wirklich verlernt: Begeisterung zu entfachen. »Das können wir uns nicht mehr leisten. An manchen Stellen, wie bei Lidl, müssen wir einfach wieder von vorn anfangen.«

ver.di-gazette contra Unternehmerpostille

Claudia von Zglinicki 18.02.2005 - 18:00

In der Verdi – Mitgliederzeitschrift publik vom 21.1.2005 wird das Lidl-Schwarzbuch als Aufmacher präsentiert. „Getroffen“ zeige sich das Schwarz-Unternehmen von diesem Buch heisst es dort: „Tausende aktive und ehemalige Beschäftigte bestätigen die Recherchen.“
Der Artikel spricht von über 8000 Anrufen und Zuschriften aus dem In- und Ausland, die bis bis Mitte Januar bei ver.di eingegangen seine, die die Schwarzbuch-Recherchen bestätigten. Weiter heisst es in dem ver.di-publik-Artikel: „Angesichts des Erfolgs will ver.di eine erweiterte Auflage des Schwarz-Buchs mit neuen Berichten aus dem Discounter veröffentlichen und damit weiter belegen, dass die beschriebenen Erfahrungen keine Einzelfälle sind, dass hier vielmehr ein System wirkt. "In anderen Ländern wird das noch schlimmer sein", meint Buchautor Andreas Hamann. Die Reaktionen aus Frankreich, Italien, Kroatien, aus den skandinavischen und anderen Ländern führten zu der Idee, in grenzüberschreitender Zusammenarbeit ein europäisches Schwarz-Buch über den Discounter herauszubringen.“ Darüber hinaus beabsichtigt ver.di doch allen Ernstes so genannte „Patenschaften“ in dieser Angelegenheit mit dem Ziel zu organisieren, das sich "Bündnispartner aus dem öffentlichen Leben (…) schützend vor die Kolleginnen stellen (sollen), die bei Lidl Betriebsräte wählen wollen". Eine ver.di-Funktionärin nennt hierfür „Jugendgruppen, Menschen aus sozialen Gruppierungen oder Kirchen." Doch was haben die bitte schön von ein paar mehr Betriebsräten in irgendwelchen Lidl-Fililalen? Das beantwortet dieser Artikel aus der Gewerkschaftsfeder leider nicht.
Ein anderer Sound find sich dem hingegen in einem Bericht in der Unternehmerpostille Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 2. Februar 2005 mit der schönen Überschrift: Das «System Lidl» unter Generalverdacht“
Klar das diese sich wahrscheinlich ziemlich klug schreibend vorkommenden Unternehmerknechte in diesem Blatt, die als „Verdacht“ apostrophierten Tatsachen über den Terror gegen Lidl-Beschäftigte herunterspielen müssen. Also zitieren sich gleich ihre Kumpane von der Lidl-Konzernleitung, die in diesem Bericht mit so einfallsreichen Überlegungen aufwartet, das die „Einzelfälle“ leider eine Folge des „stürmischen Wachstums“ der letzten Jahre gewesen seien, bei der man, leider, leider, leider – uns kommen gleich die Tränen – „Schwächen bei einzelnen Filial- oder Bezirksleitern nicht immer (habe) ausschliessen“ können. Doch – wie durch Geisterhand – lässt die Lidl-Konzernleitung ihre Untergebenen Mitarbeitern nicht allein, und habe diesen doch – man lese und staune „ eine Hotline zur Verfügung (gestellt), bei der sie allfällige Klagen deponieren
könnten. Den Beschwerden werde nachgegangen,“ heißt es weiter in der NZZ, „und wenn sich der Zustand
nach sechs Monaten nicht gebessert habe, trenne man sich von der Führungskraft. Bisher mussten 20 Vorgesetzte ihren Platz räumen.“ Hier benannte „Verfehlungen“ könnten nur „als Einzelfälle“ verstanden werden. Die Märchenonkel von NZZ und Lidl erzählen schöne Geschichten nicht wahr?
Und ansonsten weiß der NZZ-Reporter nüchtern über die Lebens- und Arbeitswirklichkeit in Lidl-Filialen zu berichten, das „viele «Enthüllungen» der Dienstleistungsgewerkschaft (…) allerdings wenig spektakulär“ seien. Denn sie spiegelten doch im Grunde „nur eine bekannte Tatsache“, das „wer im Verkauf Arbeitet“ dafür “ein dickes Fell“ brauche. So kann man den Umstand, das der Lidl-Konzern seine Verkäuferinnen jahrelang als Fußabtreter zur Profitmaximierung benutzt natürlich durch die in einem Stück brachialer Alltagsprosa gefassten Reporterbemerkungen auch umschreiben. Und darüber hinaus seinen im Lidl-Konzern gegen seine beschäftigten exekutierten „ Kontrollen, Testkäufe und in seltenen Fällen auch eine
Videoüberwachung (…) in der Branche üblich und gesetzlich zulässig.“ Jetzt wird also die miese Behandlung von noch mehr lohnabhängig beschäftigten in dieser Branche auch noch zu einem Argument mit dem Lidl-System einfach so munter weiter zu machen.
Diese dreisten Übergeungen zeigen, das es zeit wird für Lidlschluss!

Gerhard Richter solidarisch

WIR 22.02.2005 - 18:18
Auch der Kölner Maler Gerhardt Richter (* 1932) hat sich mit der LIDLSchluss-Idee solidarisch erklärt. Anbei sein neues Kunstwerk.

LidlSchluss auf dem EuroMayday in Hamburg

KeinKonsument 01.05.2005 - 22:51
weitere Bilder aus Berlin (Lidl dicht):
 http://de.indymedia.org/2005/04/112757.shtml

Presse: Lidl aufs Dach gestiegen

Reimar Paul (junge Welt) 13.08.2005 - 01:22
ATTAC-Globalisierungskritiker in Göttingen protestierten gegen Discounter

Vor einer Göttinger Lidl-Filiale hat ATTAC Deutschland gestern gegen die Produktions- und Arbeitsbedingungen bei dem Discounter protestiert. Drei Globalisierungskritiker kletterten auf das Dach des Geschäftes und entrollten dort ein Transparent mit der Aufschrift »Lidl ist billig – Wer bezahlt?« Andere ATTAC-Mitglieder verteilten Flugblätter an Kunden und Blumensträuße an die Beschäftigten. Auf dem Parkplatz vor dem Geschäft führte eine Gruppe Straßentheaterszenen auf, bei denen Lidl-Chef Dieter Schwarz schließlich selber zu den von ihm angeordneten Bedingungen schuften mußte. Insgesamt beteiligten sich rund 100 Frauen und Männer an den Protesten.

»Lidl ist Trendsetter für rücksichtsloses Preis-, Umwelt- und Sozialdumping«, sagte Jutta Sundermann von der ATTAC-Arbeitsgruppe Welthandel. Neben den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten drücke der Discounter auch bei der Warenherstellung die Standards immer weiter nach unten. Bananenpflücker in Lateinamerika und Näherinnen in Vietnam litten unter den Niedriglöhnen, welche die Discounter mit ihrer gewaltigen Marktmacht durchsetzten. Durch Preise, die – wie bei Milch oder Mineralwasser – oft noch nicht einmal die Herstellungskosten deckten, werde den Produzenten die Existenzgrundlage entzogen.

Lidl stehe außerdem für »extreme Verschleierung«, erklärte Sundermann weiter. Bei vielen Waren fehlten Hinweise, wo und unter welchen Bedingungen sie produziert würden. »Wir fordern, daß Lidl die Karten auf den Tisch und die Produktgeschichte offenlegt«. ATTAC werde die Rolle des Konzerns auch in Zukunft zum Thema machen, hieß es.

In einem »Schwarzbuch« hatte vor kurzem bereits die Gewerkschaft ver.di die Arbeitsbedingungen der Verkäuferinnen und Kassiererinnen bei Lidl und anderen Discountern öffentlich gemacht. Die meisten Angestellten erhalten demnach keinen Tariflohn und werden nicht ihren Berufsjahren entsprechend eingestuft. Überstunden würden häufig nicht erfaßt, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld falle zu niedrig aus.

Zudem sind die Arbeitsbelastungen für Verkäuferinnen und Kassiererinnen bei den Discountern enorm, die Beschäftigten sind meist auch für das Einräumen der Ware und das Reinigen der Läden zuständig. »Kassiererinnen bei Lidl müssen jede Minute mindestens 40 Produkte über den Scanner ziehen«, kritisieren ATTAC und ver.di. Aldi-Mitarbeiterinnen sollen rund 90 Kunden pro Stunde bedienen.

Zum Lohn- und Preisdumping kommt Umweltdumping: Ver.di und ATTAC prangern die »superbillige Massenproduktion in riesigen Monokulturen« an. Übernutzung, Dünger- und Pestizideinsatz führten zur Verschmutzung der Umwelt. Lidl versuche auch, aus dem Flaschenpfandsystem auszuscheren und verkaufe das Fleisch bedrohter Haiarten. »Lidls Billigwahn geht auch auf Kosten der Nachhaltigkeit«, so Sundermann.

Mit der Kampagne gegen Lidl und andere Billigmärkte will ATTAC Transparenz erreichen. »Wir wollen wissen, woher die Schnäppchen kommen und wie sie hergestellt sind«, hieß es am Freitag in Göttingen. Arbeits- und gewerkschaftliche Rechte müßten eingehalten, faire Bezahlung und gesunde Arbeitsbedingungen garantiert werden.

Die gestrige Demonstration ging von der ATTAC-Sommerakademie aus. Bis zum Sonntag diskutieren fast 600 Mitglieder des Netzwerks in Göttingen in rund 200 Veranstaltungen über die Auswirkungen der Globalisierung und über Widerstand gegen die »neoliberale« Sozial- und Wirtschaftspolitik. »Die Sommerakademie bietet die beste Gelegenheit, Wissenschaftler und Aktivisten aus verschiedenen sozialen Bewegungen ins Gespräch zu bringen und für die Zeit nach der Bundestagswahl neue Impulse zu setzen«, sagte Pedram Shahyar vom bundesweiten ATTAC-Koordinierungskreis.

LIDL:Katholiken geißeln Mobbing u. Ausbeutung

FR 17.08.2005 17.08.2005 - 11:17
Berlin · Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung hat die Arbeitsbedingungen bei dem Discounter Lidl als menschenunwürdig kritisiert und zur Gründung von Betriebsräten aufgerufen. In den Lidl-Märkten seien Beschäftigte Ausbeutung, Mobbing, inszenierten Kündigungen und Psychodruck ausgesetzt, rügte der Berliner Diözesanverband.

Aktionen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) für bessere Arbeitsbedingungen müssten deshalb unterstützt werden, hieß es weiter. Die katholischen Arbeitnehmer wollen sich den Angaben zufolge auch am Aufbau eines Netzwerkes zur Unterstützung der Lidl-Beschäftigten in Berlin und Brandenburg beteiligen. Denn die Rechtsmittel der Arbeitnehmer reichten bei der Bekämpfung der Zustände nicht aus. Gefragt sei daher die Solidarität der Kunden und Konsumenten. Das Erfolgsrezept von Lidl mit billigen Preisen basiere auf "gewolltem Personalnotstand und gnadenloser Hetze".

Der Discounter plane derzeit die Schließung von Filialen, in denen Beschäftigte Betriebsräte gegründet oder sich an Streik beteiligt haben, hieß es. Bundesweit seien trotz des Widerstandes der Unternehmensführung in acht von 2500 Lidl-Filialen Betriebsräte gegründet worden. Die Initiatorin der ersten Betriebsratswahl in München sei bereits "unter fadenscheinigen Gründen" fristlos entlassen worden. epd

Sankt Prekarius in Köln

LidlSchluss 22.08.2005 - 15:46
"LIDL zur Hölle - Wir ins Paradies", ein schöner TV-Clip von trojan TV über St. Prekarius von einem Kölner LIDL-Superladen:

 http://de.indymedia.org/2005/08/125832.shtml

Sankt Prekarius in Köln

Flugblatttext 24.08.2005 - 20:58
Am Freitag, dem 19.08. wurde LIDL Köln ein Buch abgestattet. Redebeitrag und Flugblatt ist dokumentiert:  http://de.indymedia.org/2005/08/126026.shtml

Attac-Protest gegen Discounter LIDL

Ben Reichardt (FR 08.11.2005) 10.11.2005 - 14:53
Globalisierungskritiker demonstrieren vor neuem Lidl-Markt in der Oppenheimer
Geteilte Reaktionen bei Kunden und Mitarbeitern

Bei der Neueröffnung des Lidl-Marktes in Sachsenhausen hat es gestern eine Demonstration der Frankfurter Attac-Gruppe gegeben. Die Globalisierungskritiker protestierten gegen Preis- und Arbeitspolitik des Discounters.

Sachsenhausen · „Stoppt Preis-, Umwelt- Sozial-Dumping“, ist auf den Handzetteln und Transparenten zu lesen, die Mitglieder der Frankfurter Attac-Gruppe gestern vor dem neuen Markt in der Oppenheimer Landstraße verteilten. Dazu gibt es für Passanten und Kunden oft noch einen gelben Wagenchip, auf dem steht: „Lidl ist nicht zu billigen!“.
Der Spruch bezieht sich auf die Preisstrategie des Discounters, der aus Sicht von Attac-Aktivist Kay Schulze ein „Trendsetter in der Branche“ ist. Mit sieben weiteren Mitstreitern ist er deshalb in aller Frühe nach Sachsenhausen gekommen, um die Kunden über die aus Sicht von Attac problematischen Produktions- und Arbeitsbedingungen des Unternehmens hinzuweisen.
Eine Verkaufsleiterin fordert die Attac-Gruppe immer wieder auf, das Grundstück zu verlassen. Eine Eskalation, das wäre das letzte was Lidl riskieren will, weiß Stefanie Handtmann von Attac. Langsam ziehen sich die Globalisierungsgegner wieder auf den Bürgersteig zurück. Die Polizei taucht nach einigen Minuten dennoch auf. Die beiden jungen Beamten zweifeln, dass es sich um eine „spontane Demonstration“ handelt. Bald darauf der Leiter des 8. Reviers, Herbert Buchholz. Dass die Passanten informiert werden sollen, findet er noch „okay“. Dass sich allerdings niemand als verantwortlich für die Aktion zu erkennen gibt, führt dann zu einer Aufnahme der Personalien aller Beteiligten. Die Demonstration hätte angemeldet werden müssen, so Buchholz.
Die Kunden reagieren auf die Attac-Aktion unterschiedlich. „Ich weiß ja, dass es stimmt“, sagt Juliane Enger, die das Geschäftsgebahren „Lieferanten auszupressen“, nicht gut findet. Sie selbst habe eine Freundin, die im Einzelhandel arbeitet und unter dem Verdrängungskampf der Discounter zu leiden habe. Erhard Battefeld hingegen hätte was gekauft, aber die Eröffnungsangebote sind seiner Ansicht nach „ganz mager“. Die Attac-Aktion findet er gut. „Im Prinzip haben die Recht.“ Allerdings sei er auch Schnäppchenjäger. Doch gebe es auch Grenzen und „die werden schon berührt“. Dass Lidl eine Filiale in Calw geschlossen haben soll, in der die Mitarbeiter einen Betriebsrat gegründet hatten, ist seiner Ansicht nach „gegen Recht und Gesetz“. Das Arbeitsgericht Pforzheim hatte kürzlich ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 000 Euro gegen das Unternehmen verhängt, „weil die betreffende Filiale betriebsverfassungswidrig geschlossen wurde“, so die Begründung.
In der neuen Filiale in der Oppenheimer Landstraße kann man den Protest hingegen nicht nachvollziehen. „Die prangern Sachen an, die nicht stimmen“, sagt Filialleiterin Olivera Crkvenjas. „Dass man Mitarbeiter schlecht behandelt und diese nicht auf Toilette gehen dürfen“, sei falsch. Auch auf die Frage, ob es denn in ihrer Filiale einen Betriebsrat geben werde, hat sie eine Antwort. „Wir haben da jemand sehr liebes in der Firma, an den sich jeder Mitarbeiter bei Problemen, zum Beispiel mit der Abrechnung, wenden kann.“ Sie selbst habe schon in vielen Unternehmen gearbeitet und „ich bin noch nie so gut betreut worden“.

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Nichtkassierer an Kassiererin — nochnichtlohnabhängiger

@nichtlohnabhängiger — kassiererin

peinlich — berührt