Spanien lehnt Friedenslösung von Batasuna ab

Ralf Streck 19.11.2004 10:38 Themen: Soziale Kämpfe
Für spanische Regierung ist der Vorschlag der baskischen Partei „unzureichend“, die baskische Regierung sieht „positive Fortschritte“. Verwirrung gibt es um eine angebliche Absage der ETA, dabei handelt es sich um Dokumente, die mehr als einen Monat alt sind. Die Frage ist, wer hat sie warum am Tag nach dem Vorschlag an das baskische Radio EITB geschickt.
Während die baskische Regionalregierung eine „positive Entwicklung“ sieht, lehnt die spanische Regierung den Vorschlag der baskischen Partei Batasuna (Einheit) ab. Die hatte am Sonntag öffentlich einen Vorschlag gemacht, um den seit Jahrzehnten schwelenden bewaffnete Konflikt friedlich zu lösen.  http://de.indymedia.org/2004/11/99236.shtml Darin hatte sich die Partei, die der baskischen Untergrundorganisation ETA politisch nahe steht, verpflichtet, allein auf „friedliche und demokratische Mittel“ zu setzen, damit sich alle politische Projekte frei entfalten könnten. In einem Forum solle unter allen Beteiligten ohne „Ausschluss und Vorbedingungen“ ein Abkommen ausgearbeitet werden, über das die baskische Bevölkerung abstimmen soll.  http://de.indymedia.org/2004/11/99240.shtml

Die indirekte Forderung an die ETA, die Waffen schweigen zu lassen, ist der sozialistischen Regierung in Madrid zu wenig: „Ohne ein eindeutige Verurteilung der Gewalt, wird es nicht die kleinste Veränderung um Kampf gegen den Terrorismus geben“, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin María Teresa Fernández de la Vega. Darin ist sie sich mit der Opposition einig, wie der Chef rechten Volkspartei (PP) Mariano Rajoy bestätigte. Eine Legalisierung der Partei könne es erst danach geben, sagte De la Vega. Batasuna war mit extra geschaffenen Gesetz im März 2003 verboten worden, weil sie die Anschläge der ETA nur bedauert aber nicht verurteilt. Man müsse weiter mit allen Instrumenten gegen die ETA und ihr Umfeld zu kämpfen, sagte der Justizminister Juan Fernando Lopez Aguilar. An einem Dialog sind die Sozialisten (PSOE) nicht interessiert und führen die Linie der konservativen Vorgänger fort. Das diese Woche erneut 17 Personen als angebliche Unterstützer der ETA festgenommen wurden, und die Staatsanwaltschaft nun wegen der Batasuna-Versammlung vom Sonntag ermittelt, unterstreicht diese Haltung.  http://de.indymedia.org/2004/11/99300.shtml

Die baskische Regionalregierung sieht dagegen „positive Fortschritte“. Dies sagte die Regierungssprecherin Miren Azkarate nach der Sitzung der Koalition aus Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), Baskischer Solidaritätspartei (EA) und der Vereinten Linken (IU) am Dienstag. Es gäbe aber noch Fragezeichen, ohne die klare Absage an die Gewalt könne es keine Verhandlungen mit Batasuna über die Lösung des Konflikts geben. Die PNV setzt sich deshalb nur für einen „politischen Dialog“ ein und wartet auf die Position der ETA. Die kleinere EA bietet Batasuna Hilfe an, falls die auf diesem Weg mit vorankommen will. Die IU-Zentrale in Madrid spricht Batasuna die „Glaubwürdigkeit“ ab, wenn sie von ETA keine „definitive Waffenruhe“ fordert, sagte der IU-Chef Gaspar Llamazares. Deren baskische Sektion ist vorsichtiger und nennt den Vorschlag „inkomplett“. Er sei „interessant“, auch wenn die „Gelegenheit versäumte wurde, einen Friedensprozess der linken Unabhängigkeitsbewegung anzuführen“, sagte Mikel Arana.

Lediglich Aralar, eine Abspaltung von Batasuna, ordnet den Vorgang sehr positiv ein, weil von der ETA indirekt gefordert werde, die Waffen nieder zu legen. Der Aralar-Chef Patxi Zabaleta meinte, im Vorschlag fehle „lediglich die explizite Forderung nach einer Waffenruhe“. Indirekt sei die jedoch enthalten, wenn Batasuna „explizit“ vom ausschließlichen Einsatz „politischer Mittel“ spreche. Aralar hatte sich 2001 von Batasuna abgespalten, weil diese Strömung ein Ende der Gewalt forderte. Zabaleta bezeichnete das Verbot von Batasuna und die Zerstreuung der politischen Gefangenen als „objektive Hindernisse für eine Befriedung“. Dass die Partei ihr Projekt nicht vertreten könne und das Unrecht gegenüber den 700 Gefangenen geben dem Konflikt weiter Nahrung.

Wie die sich die ETA weiter verhält, darüber gibt es derzeit Verwirrung. Nachrichtenagenturen haben die Tage schon gemeldet, die ETA lehne den Vorschlag ab und drohe mit neuen Anschlägen. Doch die an den baskischen Rundfunk (EITB) übersandten Dokumente sind etwa einen Monat alt. Deshalb geht die ETA darin mit keinem Wort auf den Vorschlag ein. Der neueste Text, geschrieben und verteilt um den spanischen Nationalfeiertag am 12. Oktober herum, beschreibt Ziele der ETA, auf die sich die Agenturen beziehen.

Es ist unwahrscheinlich, dass die ETA für die Zustellung des Materials verantwortlich ist. Dagegen spricht neben der fehlenden Bezugnahme auf den Vorschlag auch die Reaktionsgeschwindigkeit. Der Brief wurde schon am Montag abgeschickt. Dagegen spricht auch, dass weder die Tageszeitungen Gara oder Berria beliefert wurden, wie sonst üblich. Die hätten sofort das Alter der Dokumente erkannt, und keine „Neuigkeit“ vermeldet. In Frage kommen als Versender auch die Sicherheitskräfte und Geheimdienste, die nach diversen Verhaftungen über diese Dokumente verfügen. Ihr Interesse könnte sein, dem Vorschlag Batasunas politisches Gewicht zu nehmen. Der Sprecher von Batasuna Arnaldo Otege hat inzwischen erklärt, bei den alten Dokumenten handele es sich um keine Antwort der ETA. Die Parlamentarierin von Batasuna Jone Goirizelaia fragt sich, welche "Intention" hinter der Veröffentlichung der Dokumente in diesem Moment steckt.

Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 17.11.2004
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