11. bek. Augenverlust durch Gummigeschosse

PigBrother.info 18.03.2004 20:06 Themen: Militarismus Repression
Wie heute in Bern an einer PK bekannt gegeben wurde, verlor am 16. Dezember '03 in Bern an der Demo gegen die Armee XXI erneut jemand sein Augenlicht durch ein "Gummigeschoss". Der Betroffene erlitt eine Netzhautablösung und hat z.Zt. einen Sehverlust von 80%.

Gleichzeitig wurden neue Fälle von Gummigeschoss-Verletzungen vom 7.1.04 aus Burgdorf BE bekannt, die Zahl der bisher bekannten Opfer mit z.T. schweren Verletzungen (u.a. Nasenbein- und Wangenknochenbrüche) erhöht sich damit auf 9.

Leider war die PK anscheinend nur für die lokalen Berner Medien ein Thema.
Das pdf zu diesem Posting ist die korrigierte Version eines Papers, das ebenfalls an der PK abgegeben wurde. Es enthält eine Zusammenfassung inkl. 2 neuen Bildern des nachgeführten Dossiers "Gummigeschosse" bei PigBrother:  http://www.ssi-media.com/pigbrother/Gummi1.htm

Einen ausführlichen Überblick über die bisher bekanntgewordenen Fälle von Augenverlusten inkl. Interviews findet ihr ebenfalls dort unter  http://www.ssi-media.com/pigbrother/Gummi1.htm#5

Mehr zu Burgdorf bei PigBrother.info unter  http://www.ssi-media.com/pigbrother/Report2004.htm
Homepage zur Zugumzug-Demo mit Medienspiegel:  http://www.no-wef.ch.vu


Nachfolgend das ebefalls an der PK abgegebene Gedächtnisprotokoll des 11. Opfers:

Fall #11: Netzhautablösung 16.12.03
(Meldung an PigBrother)

Der Verletzte wurde in Bern aus einer Distanz von 3-4 Metern getroffen. Netzhautablösung, z.Zt. 80% Sehverlust, zusätzlich blutende Wunde unterhalb des Auges. Wurde am 8. Januar operiert, weitere Operationen erforderlich. Hat Anzeige eingereicht.

Sein an der PK vom 18.3.04 veröffentlichtes Gedächtnisprotokoll:

«16. Dezember, Guisanplatz, Bern, 16.30 Uhr: Rund 10'000 Armeefans strömen ins Eisstadion, um der Geburtstunde der Armee XXI beizuwohnen. Gleichzeitig besammeln sich 200 ArmeekrritikerInnen beim Bea-Messeglände um die Armeefans mit einer satirischen Protestparade zu empfangen und gegen den zunehmenden Einsatz von Armeeangehörigen als Hilfssheriffs bei Demonstrationen und den Mitlitarismus im allegemeinen zu demonstrieren.

Und natürlich ist auch die Berner Stadtpolizei mit einem Grossaufgebot anwesend. Diejenigen die vor dem angekündigten Zeitpunkt beim Besammlungsort der Kundgebung eintreffen und aufgrund ihres Äusseren im Verdacht stehen armeekritisch eingestellt zu sein, werden von der Polizei kontrolliert und verhaftet. Erst als eine Gruppe von rund 25 DemonstrantInnen mit rosa Panzern und Kartongewehren und einer eigenen Kavallerie beim Guisanplatz ankommen und zahlreiche Medienschaffende begannen zu filmen und fotografieren, hört die Polizei auf, die eintreffenden DemonstrantInnen zu verhaften.

Nachdem die TeilnehmerInnen der Armeefeier alle unbeschadet ins Eisstadion gelangten, beginnt die Polizei die angehaltenen mit Handschellen gefesselten ArmeeekritikerInnen in einen bereitstehenden Kastenwagen zu verfrachten. Die DemoteilnehmerInnen eilen zu Hilfe und versuchen den Kastenwagen mit einer Sitzblockade am Wegfahren zu hindern, was von den Polizeigrenadieren mit einem brutalen Knüppeleinsatz unterbunden wird. Ein Kundgebungsteilnehmer muss sich darauf mit einer blutenden Kopfwunde zur Behandlung ins Spital begeben.

Die KundgebungteilnehmerInnen bleiben vor Ort und warten bis das einstündige 140?000 Franken teure Armeespektakel in der Eishalle beendet ist, um die patriotischen Zuschauer beim nach Hause gehen zu verabschieden.

Zwischenzeitlich formieren sich die DemonstrantInnen zur Protetparade auf einen nahegelgenen Parkplatz. Den Eingang zu den Bea Hallen hat die Polizei mit einem Gitterzaun abgesperrt, dahinter befinden sich eine Hand voll Polizeigrenadiere, was die Aufmerksamkeit einiger DemonstrantInnen auf sie zieht. Sie beginnen am Gittterzaun zu rütteln und einige bleiben noch beim Zaun als der Grossteil der DemonstrantInnen schon weitergezogen ist. Aus einiger Entferrnung beobachte ich wie rund 30 Polizeigrenadiere im Laufschritt vom Guisanplatz her kommend der Bea Halle entlang rennen, auf die wenigen am Gitterzaun verbleibenden KundgebungsteilnehmerInnen zu. Um diese vor der heraneilenden Gefahr in Blau zu warnen, begebe ich mich in deren Richtung. Ich rufe den Leuten am Zaun zu, sie sollen doch besser weiter gehen, als ich plötzlich einen starken Schlag am Kopf verspüre und einen lauten Knall höre. Ich gehe zu Boden und spüre das Blut aus meinem Auge in meine Hände tropfen. Was ich immer als Möglichkeit verdrängt hatte ist eingetroffen: ich wurde von einem Gummigeschoss im Auge getroffen, abgefeuert aus einer Distanz von 3 ? 4 metern von einem Berner Stadtpolizisten.

Ein durch die Demo blockierter Autofahrer bringt mich ins Inselspital, wo mir eine Wunde unterhab des linken Auges zugenäht wird. Meine Sehkraft im linken Auge bleibt stark eingeschränkt. Aufgrund des Schlages des Gummigschoss löst sich die Netzhaut ab, was mit einer Operation anfangs Januar versucht wird rückgängig zu machen, was auch gelingt. Die Sehstärke meines inken Auges bleibt jedoch auf 20% beschränkt und eine längerfritge Prognose können die Ärzte erst Mitte April, nach der nächsten Konsultation, stellen. Sicher ist jedoch, dass ich bleibende Schäden davontragen werde und mir wahrscheinlich noch weitere Operationen bevorstehen.

Am 15. März habe ich Anzeige gegen die Stadtpolizei wegen schwerer Körperverletzung, Amtsmissbrauch und Nötigung eingereicht.»

--> Obwohl in den letzten 20 Jahren zahlreiche Anzeigen gegen Polizeibeamte wegen Unterschreiten des "Gummigeschoss"-Mindestabstands von 20 Metern sowie Körperverletzung eingereicht wurden, kam es bisher noch nie zu einem Prozess -- oder nur schon zu einem Disziplinarverfahren. Allein in Zürich sind in den letzten 3 Jahren 3 Anzeigen im Zusammenhang mit Augenverlusten eingereicht worden -- bis auf den heutigen Tag wie üblich ohne Resultat ...
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Ergänzungen

Hoppla, falscher Link + lieber SCHUTZBRILLE

PigB. 18.03.2004 - 20:38
der Link zur ZugumZug-Homepage lautet natürlich korrekt  http://www.zugumzug.ch.vu/

ACHTUNG!!! Schwimmbrille taugt nicht!!! Splittert ev. noch und sorgt so für zusätzliche Verletzungen!! Eine möglichst amtliche SCHUTZBRILLE muss es sein (sieht zwar etwas aus wie ne Taucherbrille, ist aber was anderes).

Bitte um Fax-Nummern

Gaswasserscheisse-Installateur 18.03.2004 - 21:46

Heh! Wo sitzen eigentlich die Verantwortlichen für den Einsatz? Könntet ihr mal ein paar
Faxnummern oder Tel. Nummern veröffentlichen? Ich möchte denen gerne ein Fax mit
der Aufforderung sich selbst wg. vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und Amtsmissbrauch
anzuzeigen schicken!

Haben die Bullen eigentlich eigene Vorschriften aus welcher Minimaldistanz diese
gummiummantelten Hartkerngeschosse auf Menschen und Linke abgefeuert werden dürfen?

Über eine nachgewiesene Verletzung so einer Dienstanweisung könnte man den schuldigen Bullen vielleicht vor Gericht zumindest zu Schmerzensgeld verurteilen lassen. Nicht dass ich
da irgendwelche Hoffnungen in Staatsanwälte, Richter oder lügende Bullenkollegen des
Täters setzen würde - aber ein Versuch ist's vielleicht wert?!

Harry Tuttle,
Gaswasserscheisse-Installateur.

jojo

jaja 18.03.2004 - 23:21
ja das gibt es schon aber hier in bern hat das die bullen noch nie gestört! mensch sollte mal die bilder vom wef angucken, so wegen mind. distanz ect....
habt ihr in ger. keine gummigeschosse oder schissen die bullen da nur besser, dass man so was nie aus ger. hört?

par infos

chueschwiizer 19.03.2004 - 00:03
vor ner woche hat der nationalrat eine motion der jugendsession abgelehnt, die gummi und tränengas verbieten wollte. die bullen bräuchten distanzmittel und der bund solle sich nicht in die sachen der kantone einmishcen, war die begründung der gegner.
naja, in deutschland kommen die bullen auch sehr gut ohne gummi und gas zurecht.
hm das problem ist, dass du die bullen nicht anzeigen kannst, wenn man von nem geshcoss am auge getroffen wurde, weil: meistens feuern mehrere bullen was das zeug hält in die menge rein und die geshcosse streuen sich ja; die bullen haben kein interesse an einer untersuchung gegen sich; die bullen tragen ihre namensschilder unter den schutzanzügen, sprich, persönlich kannst du nichts machen.
jeder kanton hat etwas andere geschosse (gewichtmässig), und auch werden sie unterschiedlich verwendet. der mindestabstand wird sowieso nicht eingehalten. bullen in der schweiz haben grundsätzlich schiss vor eskalationen, weil es ja doch nicht wirklich häufig vorkommt, viele beamte sind doch manchmal recht überfordert und solchen ne waffe in die hand zu drücken, naja. in einigen kantonen wird mit dem gummi direkt auf körper gezielt, bei anderen (das behaupten zumindest die kantonalen behörden) wird das gummi nur indirekt geschen (abpraller vom boden).
eben richtig schweizerisch, alle 30 km wird alles anders...

macht man trotzdem anzeige gegen die bullen, so machen sie eine gegenanzeige mit je nach dem folgenden punkten: landsfriedensbruch, teilnahme an unbewilligter demonstration, sachbeschädigung, missachten und zuwiderhandlung von aufforderungen der bullen usw....

Kann mir jemand einen Link geben,

fragender 19.03.2004 - 17:49
wo ich mehr über diese Motion des Jugendparlamentes und die Debatte darum erfahren kann?

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und deshalb... — ...