NO al ALCA - Widerstand in Argentinien

Barbarossa 10.03.2004 20:36 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Die Autoconvocatoria NO al ALCA, ein Zusammenschluss aus
verschiedenen Organisationen Argentiniens, sammelte mehr als 2 mio.
Unterschriften gegen ALCA (FTAA) und übergab diese schliesslich auf
einer Demonstration am 24. Februar der Regierung.
Auch in Argentinien ist ALCA (FTAA) Thema - Präsident Kirchner
wünscht sich einen reibungslosen Ablauf, doch in der Bevölkerung
regt sich Widerstand:
Partei- und Organisationsübergreifend wurden im Land Unterschriften
gesammelt (wobei der Grossteil aus Provinz Buenos Aires kommt)
um gegen die Unterschrift des Präsidenten unter das
Freihandelsabkommen zu protestieren und so ALCA zu verhindern.
Gleichzeitig, sozusagen als Gegenpaket, wurden auch noch
Unterschriften gegen das Bezahlen der Auslandsschulden, sowie gegen
Militärbasen der Vereinigten Staaten im Süden Argentiniens gesammelt.
Insgesammt sammelten mehr als 20000 Mitstreiter verschiedenster,
teilweise untereinander garnicht gut gesonnener Organisationen,
2.252.358 Unterschriften.
Das Ergebniss:
NO al ALCA : 96%
NO zum Bezahlen der Auslandsschulden: 88%
NO zu Militärbasen der Vereinigten Staaten: 97%

In einer Demonstration am 24. Februar, in der mehr als 4000 Menschen
vom Plaza Congreso zum Plaza de Mayo* zogen, wurde diesen
Unterschriften noch ein Gesicht gegeben und die Unterschriften
letzendlich der Regierung überreicht.

Die Demonstration verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Leider auch
ein wenig leise, ausser Trommeln war nichts wirklich zu hören.
Insgesammt gingen Attac und der bürgerliche Block in der Demo ziemlich
unter - auch wenn sie die Demo anfangs anführten - lediglich die
Assambleas konnten einen sehbaren Block aufweisen, der nicht
parteienabhängig ist. Ansonsten wurde die Demo von Parteien oder
parteitragenden Organisationen getragen - sie stellten mehr als
95% der Demonstranten dar.
Das spiegelte sich dann auch auf der dreistündigen Abschlusskundgebung
wieder - zunächst ein Sprecher von Attac, der die gesammelten
Unterschriften lobte und ein klares "Nein" formuliert sah,
danach nur noch Sprecher der parteitragenden Organisationen -
von kleineren Gruppierungen wie den Assambleas und sozialen Zentren
war kein Sprecher auf der Bühne. (Wobei ich natürlich nicht bei der
Organisation mit dabei war, ich weiss also nicht, ob sie welche
wollten, mir ist es nur aufgefallen.)
In den übrigen Redebeiträgen wurden noch einmal die Auswirkungen von
ALCA auf das Leben der Bevölkerung und die soziale Situation
dargestellt, warum es wichtig ist, gegen ALCA zu kämpfen,
sowie die "wahren Pläne" der Vereinigten Staaten offengelegt.
Leider verfielen einige Sprecher dabei in einen plumpen
Anti-Amerikanismus, was hier in Argentinien gern gemacht wird.
So wollen "die Yankes" hier Militärbasen eröffnen u.ä..
Dass das Problem mit den Militärbasen nicht allein ein Problem
mit den Vereinigten Staaten sondern mit Militär im allgemeinen
darstellt, kam mir jedenfalls viel zu kurz.
(Und das in einem Land, das lange unter einer Militärdiktatur litt...)
Das Spektrum der Parteien belief sich dabei auf sozialistische Parteien,
in Argentinien gibt es ein dutzend trotzkistische Parteien.
So verwunderte es mich auch nicht weiter, als Grussworte an Chavez,
Castro und China fielen.

Nach insgesammt 4 Stunden war das Spektakel dann vorbei und die
Demonstration löste sich in einem Sternmarsch auf (d.h. die Blöcke
gingen geschlossen zurück in ihre Viertel).

Koordiniert wurde und wird der Protest gegen ALCA vom sogenannten
"Autoconvocatoria NO al ALCA",
 autoconvocatoria@noalalca.org.ar
 http://www.noalalca.org.ar

Diese Demonstration war der Auftakt zu einer Serie von Demonstrationen,
die dann am 25. März in einer Grossdemonstration münden soll, mensch
darf gespannt sein...



*dies ist der typische Demoverlauf hier in Buenos Aires, was mensch
auch gut an den schon arg mitgenommenen Fassaden sehen kann, überall
sind Sprüche geschrieben, die meist weit über das übliche
Parteiengeschwafel hinausgehen
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Ergänzungen

So denken die, gegen die demonstriert wird

yeehah! 10.03.2004 - 22:20
Konservativer US-"Blog", der die rot-grüne Regierung für "sozialistisch" hält, und die deutsche Medienlandschaft auf linke Umtriebe hin analysiert, über Michael Moore und seine Ideen.

 http://medienkritik.typepad.com/blog/2003/09/bushhasser_mich.html

rotelcoe

Martin 11.03.2004 - 10:14
Ordner mit Holzknüppeln?

ja, holzknüppel

xxx 11.03.2004 - 10:31
ja, ordner mit holzknüppeln, ist bei demos in argentinien recht häufig, zumindest dann, wenn die demo bezug zu den piquetor@s hat.

zu den menschen mit knüppeln...

anok 11.03.2004 - 13:22
...muss gesagt werden, das sie nicht statt der polizei vorhanden sind sondern wegen den bullen. sie gehen meißt einige meter voraus und sperren seiten straßen ab, um die eigentlich demo vor übergriffen der polizei zu schützen. diese schutzgruppen gipt es fast auf allen besser organisierten demos, manschmal fährt auch eine gruppe mit motorrollern herum um einen überblick behalten zu können. mensch muss dazusagen das die demos in argentinien nicht ständig von der polizei begleitet werden und so auf übergriffe besser reagiert werdn kann...

zu den rot-schwarzen farben (hier: MTL)

anarchist 11.03.2004 - 20:22
die bildunterschrift "wie farben taeuschen koennen: das sind keine anarchisten, sondern MTL" ist leider richtig. allerdings dürfte dem MTL durchaus bekannt und bewusst sein, dass die farben rot-schwarz für den anarchosyndikalismus stehen und der war in argentinien im späten 19. jahrhundert und bis mitte des 20. jahrhunderts traditionell sehr stark verbreitet.

am ersten mai 1931 wurden erstmal die in der heutigen form bekannten diagonal schwarz-roten bzw. rot-schwarzen fahnen als symbol der einheit von syndikalistismus (gewerkschaftskampf) und anarchismus (freiheitskampf) auf einer demonstration der spanischen gruppen CNT und FAI.

auch die argentinische sektion der anarchosyndikalistischen internationale IAA, die regionale arbeitsföderation argentinien (F.O.R.A.) hatte jedoch anfaenglich die rote fahne verwendet, später aber abgelegt und durch die, sich immer mehr verbreitende, rot-schwarze fahne ersetzt.

die schwarze fahne ist erstmals in paris 1883 und in chicago 1884 von der anarchistischen bewegung verwendet worden, bei brotrevolten in frankreich bereits 1831. aber auch die rote fahne ist seit der kommune von paris 1871 das symbol der anarchistischen und freiheitlich-kommunistischen bewegung gewesen. gleichzeitig (ab 1870) entstanden kombinationen von rot-und-schwarzen fahnen in mexiko und in italien.

mehr infos über:

- die anarchosyndikalistische internationale (IAA) bei  http://www.iwa-ait.org (engl./span.)

- die argentinische IAA-sektion F.O.R.A. bei  http://anarchosyndikalismus.org/argentinien1.html und  http://anarchosyndikalismus.org/argentinien2.html (deutsch)

- die spanische IAA-sektion CNT bei  http://www.cnt.es (span.)

- die anarchistische internationale (IFA) bei  http://www.iaf-ifa.org/(engl./span./usw.)

- die iberische anarchistische föderation (FAI) bei  http://www.nodo50.org/tierraylibertad/ (span.)

- die anarchistische föderation argentinien (FLA) bei  http://www.libertario.org.ar/ (span.)

ordner mit knueppeln

barbarossa 11.03.2004 - 22:55
diese ordner mit knueppeln, seguridades, sind tatsaechlich auf
jeder demo zu finden - das muessen keine ausgewachsenen muskelbepakten
kerle sein, sondern in vielen faellen auch frauen.
sie sind dazu da, die demo vor uebergriffen zu schuetzen -
wobei hier allerdings nicht nur die polizei gemeint ist.
autofahrer werden geblockt (wer in deutschland mal versucht hat,
ne strasse zu blockieren, die wichtig ist, weiss, wie autofahrer
reagieren koennen...), jedoch auch feindlich gesonnene menschen.
in argentinien gibt es immer wieder angriffe auf demos seitens
schlaegertruppen - meist von der hiesigen mafia angeheuert.
die polizei, eng verflochten mit mafia und politiksumpf (ein
beispiel wie tief die mafia in der politik verflochten ist:
expraesident menem sind kontakte zur mafia inzwischen offiziel
nachgewiesen), reagiert auf solche angriffe garnicht.
daher sind solche ordner fuer die demo tatsaechlich ein schutz.
soviel zur erklaerung - mag mensch die ordner gutheissen oder nicht
steht auf einem anderen blatt

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