Konflikt um spanische Werften spitzt sich zu

Ralf Streck 19.02.2004 10:25 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Die Werftarbeiter im spanischen Staat streiken erneut. Dabei kommt es immer wieder zu Straßenschlachten mit der Polizei und der Guardia Civil. Allein am Dienstag wurden fast 100 Menschen verletzt, eine Werft wurde gestürmt. Die Verhandlungen um den Tarifvertrag, sind festgefahren und neue Werftenschließungen werden befürchtet.
Der Kampf um die spanischen Izar-Werften nimmt weiter an Schärfe zu. Nun hat die "Staatliche Gesellschaft zur Beteiligung in der Industrie" (Sepi), der Izar gehört, in den Verhandlungen die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit gefordert. Nur dann könnten Aufträge über den Bau von vier Schiffen für die Werften an Land gezogen werden, hieß es während der zweiten Verhandlungsrunde am Dienstag.





Der Vertreter der Arbeiterkommissionen (CCOO), der für den Gesamtbetriebsrat der Werften spricht, bedauert die unkonkreten Angaben, weshalb die Verhandlungen vertagt wurden. Felipe Lopez erklärte: "Obwohl wir auf konkrete Angaben gedrängt haben, sind uns formal keine Vorschläge über den Bau der vier Schiffe gemacht worden". Lopez hofft, dass die Sepi die angeblichen Pläne nun konkretisiert. "Wir hoffen auch, dass die Sepi und die Regierung bestätigen, dass weder Werften geschlossen werden, noch die Belegschaft reduziert wird, wie bisweilen öffentlich verkündet wird". Wenn dies für vier Jahre zugesichert werde, sei man zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und zu Konzessionen bei den Lohnforderung in dem seit über einem Jahr ausstehenden Tarifvertrag bereit, erklärte Lopez.





Während am Dienstag in Madrid zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften auf der einen Seite und der Sepi sowie der Izar-Direktion auf der anderen Seite verhandelt wurde, nahm die Schärfe des Kampfs weiter zu. Von Dienstag bis Freitag streiken die Arbeiter nun jeweils vier Stunden. Sollte keine Einigung erreicht werden, werde der Kampf weiter verschärft, kündigen die Betriebsräte an.





In Sevilla haben Sondereinheiten der Polizei die Werft am Dienstag teilweise gestürmt, die von 1000 Arbeitern verteidigt wurde. Dabei wurden Räumpanzer, Gummigeschosse, Tränengas eingesetzt. Die Arbeiter antworteten mit Schrauben- und Steinwürfen. 50 Menschen wurden währende der stundenlangen Schlacht zum Teil schwer verletzt, auch 12 Mitglieder der Spezialeinheiten. Drei Arbeiter mussten mit schweren Augenverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Schlacht mit der Polizei gab es auch in Cadiz, als die Polizei Barrikaden stürmte, mit den Streikende den Verkehr blockierten. Auch hier gab es viele Verletzte. Die Demonstrationen an anderen Orten, wie im baskischen Sestao oder im galizischen Gijón blieben friedlich.





Besonders zugespitzt ist die Lage in Sevilla, nach Angaben des Betriebsratschefs Ignacio Sánchez hätte sich die Polizei nach dem Eindringen in die Werft damit vergnügt, die Autos der Arbeiter zu zerstören: "Mit den Gewehren haben sie die Scheiben zertrümmert und sind auf den Wagen herumgesprungen". In Andalusien laufen schon Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Sicherheitskräfte, nachdem die Arbeiter in Sevilla entdeckt hatten, dass ihre Versammlungen mit Mikrophonen und Kameras überwacht wurden.





Seit Dezember machen die Werftarbeiter Druck, um einen neuen Tarifvertrag und neue Aufträge zu bekommen. Die Sepi, welche die Privatisierung der Unternehmen voran treibt, führe nur Scheinverhandlungen. Damit sollen die Arbeiter für einen neuen Plan zur Restrukturierung, erneute Werftschließung inklusive, weichgekocht werden, wird vermutet.





Als die Sepi letzte Woche die Entlassung von 400 Arbeitern ankündigte, ließ das Fass über. Schon im letzten Jahr seien 4000 Stellen bei Zuliefererbetrieben gestrichen worden, klagen die Gewerkschaften. Insgesamt etwa 50.000 Stellen seien Restrukturierungsplänen in den letzten 20 Jahren zum Opfer gefallen. Die Sepi sorge nicht für Aufträge und verstoße so gegen den vor zwei Jahren ausgehandelten Industrieplan, mit dem die Beschäftigung und der Bestand der Werften gesichert werden sollte. Die Belegschaft habe die Bedingungen des Plans dagegen erfüllt. Dass die Provinzregierung für die Werft im baskischen Sestao nun einen Auftrag für den Bau eines Tankers an Land gezogen hat, stützt die Vorwürfe der Arbeiter. Der Auftrag über 130 Millionen Euro sichert die Werft für zwei Jahre. Die Auftragsbücher im Rest des spanischen Staats sind bisher leer.





© Ralf Streck, Donostia - San Sebastian den 18.02.2004
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Ergänzungen

Guter Film dazu

Jukokokkok 19.02.2004 - 14:01
"montags in der Sonne" beschreibt eigentlich eine genau solche Situation in genau solchen Orten...
Der stellenweise vorhandene Sexismus im Film kann ebensogut als kritische realistische Abzeichnung verstanden werden.
Ansonsten Superfilm!

Weiter gehts

ralf 20.02.2004 - 09:11
Hallo,

statt zu konkretisieren schüttete die Sepi bei den Verhandlungen erneut Öl ins Feuer und nahm schlicht nicht an der dritten Verhandlungsrunde teil, was ihr von der Arbeiterschaft den Titel "Lügner" einbrachte.
Am Donnerstag hat sie erklärt, sie habe die Informationen nicht herbeibringen können.

Nachdem die Verhandlungen mit der Sepi und Izar erneut gescheitert sind, haben die Gewerkschaften und Betriebsräte eine Verschärfung ihrer Aktionen angekündigt. Wurde bisher nur vier Stunden täglich gestreikt, wird der Streik nun ausgeweitet. Auch am Donnerstag kam es zu Demonstrationen in deren Verlauf Straßen und Bahnverbindungen mit Barrikaden gesperrt wurden. Erstmals kam es auch im baskischen Sestao zu Auseinandersetzungen, als die baskische Polizei die Barrikaden stürmen wollte. Fast 30 Arbeiter wurden verletzt. Am 5. März mobilisieren alle Werften zu einem ganztägigen STreik mit Demo in Madrid. Kann lustig werden.

Nochmal

Ralf 21.02.2004 - 10:45
Offenbar hat da jemand was gegen meine Inhalte oder gegen mich als Person. Doch zum Glück gibt es auch Leute mit Hirn auf Indy. Tatsächlich bezieht sich mein © auf kommerzielle Medien und Faschos. Unkommerzielle Medien der Linken dürfen meine Sachen weiter verwenden. Wenn ich das © weglasse kann ich gegen kommerzielle oder Faschos nicht vorgehen. Deshalb werde ich mir weiter alle Möglichkeiten offen lassen. Auch das Copyleft ist stets an Bedingungen geknüpft.

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