Gegen den Antikapitalismus von RECHTS!

Abdel Kader 19.12.2002 23:34 Themen: Antirassismus Globalisierung Weltweit
Folgender Text ist eine Erwiderung auf den schon gelöschten Indymedia-Artikel „Wirtschaftssystem im Islam“:
 http://germany.indymedia.org/2002/12/37277.shtml in dem eine islamistische Alternative zur bestehenden kapitalistischen Weltordnung zu formuliert wird. Der Text stammt aus „Explizit“, dem Magazin der radikalislamischen Partei Hizb ut-Tharir. Nazis und IslamistInnen versuchen immer wieder mit ihrem Antikapitalismus gesellschaftsfähig zu werden. Ein Beispiel ist das Posten von solchen Artikeln, mit denen versucht wird das Publikum von Indymedia zu erreichen. Es stellt sich die Frage, ob diese Form des Antikapitalismus in der Gesellschaft im Allgemeinen oder auf Indymedia speziell, das sich als unabhängiges, alternatives Medium versteht und auch ist, auf fruchtbaren Boden fallen kann. (??)
Der Text beginnt mit der Einleitung:
"Es gehört zu den natürlichen Bedürfnissen des Menschen..."
Dem ist zu entgegnen, dass der Mensch überhaupt keine natürlichen Bedürfnisse hat, sie sind immer gesellschaftliche Bedürfnisse, d.h sie sind sozial konstruiert, von Essen und Atmen einmal abgesehen. Der Text fährt fort mit: „Ein problemloses Zusammenleben ist nur dann möglich, wenn sie sich an gewisse Regeln und Ordnungen halten. Neben dem politischen, dem gesellschaftlichen und Rechtssystem gibt es das wirtschaftliche System....“
Gewisse Regeln gelten als natur- oder gottgegeben, der Mensch kann gar nicht anders handeln als sie zu befolgen. So wird auch die formulierte „islamische Wirtschaftordung“ als Notwendigkeit dargestellt, die vom Menschen nicht kritisierbar ist. Man sieht also, dass es sich bei diesem Text um religiösen Fundamentalismus handelt. Quu`ran und Sunna werden wörtlich genommen, die Gesellschaft muss sich diesen eins zu eins anpassen. Der Text, der von Islamisten ( -Innen?) ist ein Crossposting von  http://www.enfal.de/grund56.htm.

Inhalt des Textes ist die Suche nach einer alternativen Wirtschaftsform, er ist also antikapitalistisch. Als erlösender Ausweg aus dem Kapitalismus wird die Abschaffung des Geldes und des Zinses dargestellt. Dies wird mit einschlägigen Zitaten aus dem Quu`ran und der Sunna belegt:
"Diejenigen, die Zinsen verschlingen sollen nicht anders dastehen, als wie einer, der vom Satan erfaßt und zum Wahnsinn getrieben wird. Dies soll so sein, weil sie sagen: Handel ist dasselbe wie Zinsnehmen" (Al-Baqara 2, Aya 275)
Das gesamte Konzept kann auf einen Nenner gebracht werden:
"Schaffen wir Geld und Zins ab und alles wird gut!"
Ein vergleichbares Konzept entwickelte Silvio Gesell mit seiner Lehre vom “Schwindgeld“ und der "Zinsknechtschaft". Seine Thesen waren sehr ähnlich und wurden auch von einer, sich antikapitalistisch gebenden, Fraktion der NSDAP übernommen, dem SA-Spektrum um Röhm. Problematisch ist, dass hier alle Probleme aus dem Geld abgeleitet werden, die Frage was Geld ist und wie es entstanden ist wird aber nicht beantwortet. Auch wird eine Trennung vorgenommen von einem "raffenden", "bösen" Zins- oder Finanzkapital und einem "schaffenden", "guten", "produktiven" Industriekapital ( bzw. dem Handwerk, je nach Gesellschaftsform). Das beide Formen ohne einander nicht existieren können wird nicht beachtet. Dabei wird auch die Arbeit der Faulheit gegenübergestellt, die Arbeit ( und arbeitende Menschen) wird verherrlicht, wer faul ist hat keine Existenzberechtigung. Dies ist ein autoritäres normatives Konzept. Die extremste Form dieses Arbeitsfetisches war die Parole "Arbeit macht frei" am Tor des Konzentrationslagers Auschwitz. Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, die im deutschen Wahn als "jüdische Finanzkapitalisten", als "faules Zigeunerpack", als "Schmarotzer" und "Parasiten" galten, wurden durch Arbeit vernichtet.

Der Wunsch das Geld abschaffen zu wollen greift viel zu kurz. Dadurch ändert sich gar nichts. In einigen islamischen Ländern besteht auch heute das Verbot Zins zu nehmen, dennoch gibt es dort Unterdrückung, dennoch gibt es dort Ausbeutung. Schafft man das Geld ab und behält die kapitalistische Produktionsweise bei, tritt keinerlei Verbesserung auf. Im Gegenteil, Fortschritte des Kapitalismus wie Konsum und Luxus ( wenn auch ungleich verteilt), durch allgemeine Verfügbarkeit von Waren, gehen verloren. Die Freiheit und Gleichheit des Individuums ( wobei sie eingeschränkt z.B. auf den Tausch sind) werden weiter beschnitten. Die heutigen Menschen sind auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft angewiesen, nur das Verfügen über Geld kann die menschlichen Bedürfnisse befriedigen. Würden alle Menschen Waren produzieren und diese (ohne Geld ) gegen andere Waren tauschen, würde die ganze Wirtschaft den Bach runtergehen. Waren könnten nicht frei zirkulieren, eine allgemeine Ware zum tauschen gibt es nicht mehr. Menschen die im Dienstleistungssektor arbeiten ( und keine Waren produzieren), wie z.B. ein Lehrer oder eine Netzwerkadministratorin müssten glatt verhungern. Menschen die gar nicht arbeiten, Kinder, Alte, Kranke, Behinderte hätten keine Lebensversorgung. In seinem Buch „ Das Kapital“ hat Karl Marx die Geldform und den Geldfetisch aus der Warenform und dem Warenfetisch abgeleitet, das kann man alles im ersten Kapitel nachlesen:
 http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_049.htm
Geld ist auch nur eine Ware. Um den Kapitalismus letztendlich zu überwinden, müsste man auch die Warenproduktion überwinden und eine Wirtschaftsform finden, welche den menschlichen Bedürfnissen angepasst ist.

Was hat das alles denn mit der Linken zu tun?
Auch in der Linken ist eine derartige verkürzte Kapitalismuskritik gang und gäbe. Diese wird dann auch schnell strukturell antisemitisch wird, d.h. wenn sie sich die Welt durch den Hass auf das Geld oder einige wenige Personen erklärt. Um aber eine wirkliche Kritik am Kapitalismus zu formulieren, ist jedoch schon ein wenig Theorie notwendig, um auch eine angemessene Praxis üben zu können. Nicht alles was gegen "Bonzen", "Kapital" und "Bank" wettert, muss auch etwas Fortschrittliches in sich haben. So schrieb Moishe Postone: "Die Linke machte einmal den Fehler, zu denken, daß sie ein Monopol auf Antikapitalismus hätte oder umgekehrt, daß alle Formen des Antikapitalismus zumindest potentiell fortschrittlich seien. Dieser Fehler war verhängnisvoll, nicht zuletzt für die Linke selbst." (Postone, Moishe 1979: 437). Deshalb sollte die Linke für einen progressiven Antikapitalismus einstehen und sich vom reaktionären Antikapitalismus von rechts abgrenzen. Antikapitalistisch waren auch die Nazis, das sind die IslamistInnen heute, unter Pol Pot gab es auch keine Warenproduktion und jedeR war irgendwie gleich. Dennoch waren das alles Gegenentwürfe, die wohl kaum der kapitalistischen Weltordnung vorzuziehen wären. Wenn es schon um eine Alternative zur jetzigen Gesellschaft gehen soll, dann sprechen wir doch über positive Utopien und nicht über negative Utopien.
In diesem Sinne:
Für uneingeschränkten Luxus und Individualität!
Nie wieder Kapitalismus!
Nie wieder Herrschaft!
Nie wieder Arbeit!

Zwei themenverwandte Links:
"Verkürzte Kapitalismuskritik und struktureller Antisemitismus"
 http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/archiv/rad000319.html
"´Schaffendes` und ´raffendes` Kapital" ( Zu Gesell und Tauschringen)
 http://contextxxi.mediaweb.at/texte/archiv/c21010207.html

Über die radikalislamische Partei Hizb Ut-Tahrir ( Islamische Partei der Befreiung) wurde schon mehrfach hier auf Indymedia berichtet, hier nur einige Beispiele:

Veranstaltung von IslamistInnen und NPD in Berlin
 http://www.de.indymedia.org/2002/10/32517.shtml

NPD mit Allahs Hilfe in der TU
 http://www.de.indymedia.org/2002/10/32531.shtml

Presseerklärung des TU AStA zur obigen Veranstaltung
 http://www.de.indymedia.org/2002/10/32715.shtml

Krude Allianz von IslamistInnen und Neonazis
 http://www.de.indymedia.org/2002/08/27389.shtml

Im Schwerpunkt des Time-Magazines vom 16. Dezember „Islam in Europe“ ist auch ein Interview mit Shaker Assem, dem Vorsitzenden der Partei, in dem er auch auf ihre Gegnerschaft zum kapitalistischen System eingeht. Ihr Programm ist eine Art „dritter Weg“, der sich sowohl von Kapitalismus, als auch von Sozialismus abgrenzt.
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Alle treibt Nur das Eine!

Fiona 20.12.2002 - 02:43
Was verlangt ihr eigentlich von Leuten die Wenig oder Kein Geld haben?
(Überproportional Linke und Malocher)

Sollen wir euch zuliebe auch das Ungehemmte scheffeln, häufeln, verleihen und spekulieren von dem was Linke und Malocher Wenig oder gar nicht haben, propagieren wie die Zehn Gebote?

Billige Bezugsscheine Meistbietend!

Ali Rumän Status Geduldet 20.12.2002 - 02:58
Nehme Optionen auf meine Kleider und Nahrungs Bezugsscheine der Nächsten Drei Monate entgegen!

Kontakt: Für Gebote der Sozialarbeiter Flüwo Fiesland Haus 3

"explizit" auch an der uni-frankfurt!

antifa bockenheim 20.12.2002 - 03:15
erst heute abend wurde versucht, vor einer veranstaltung der muslimischen studenten gemeinde zum thema "der westen und der islam" im studierendenhaus der uni frankfurt (main) die zeitschrift "explizit" zu verkaufen.

nachdem die explizit-leute von mehrerern personen und einem asta-mitglied aufgefordert wurden, das haus zu verlassen gingen sie nach langer diskussion.

spontane unterstützung erhielten sie dabei von zufällig (?) vorbeilaufenden mitgliedern des notorisch antisemitischen frankfurter linksruck (  http://www.copyriot.com/sinistra/news/liru8-4.html ). sofort nahm der linksruckchef eines der feilgebotenen hetzblätter in die hand und schrie fanatisch: "eine wunderbare zeitung". auf den hinweis auf die oben erwähnte geschichte mit mahler in berlin meinte ein linksruckler nur reflexhaft, wir seien "rassisten" und "israel ein faschistisches land".

@Mods könntet ihr bitte das Bild ergänzen?

Abdel Kader 20.12.2002 - 09:14
Folgendes Bilde sollte eigentlich noch zum Artikel, ließ sich aber nicht hochladen.
Wäre echt nett, wenn ihr das noch machen könntet :-)
( Die restlichen zwei Bilder wären natürlich auch super)

Der „fiese, raffgierige“ Kapitalist – auch ein WelterklärungsmodellL:
 http://eserver.org/clogic/ 2-1/yates.html

Hier noch was über die Nähe von strukturellem und konkretem Antisemitismus:
Das Bild des Kapitalisten in der Sowjetunion
www.nationalism.org/rr/news/ sov16-capitalist.gif

Das Bild des jüdischen Finanzkapitalisten in 3.Reich
 http://www.calvin.edu/academic/cas/gpa/images/sturmer/sturm05.jpg

Könnt ihr Ähnlichkeiten entdecken? Das soll natürlich nicht den strukturellen Antisemitismus in der Sowjetunion mit dem eliminatorischen Antisemitismus während des Nationalsozialismus gleichsetzen. Dazwischen ist ein himmelweiter Unterschied. Aber auch ohne auf die Totalitarismustheorie zurückgreifen zu müssen, zeigt die folgende antikapitalistische und antisemitische Serie aus dem Stürmer Ähnlichkeiten zu Bildern und Erklärungsmustern der heutigen Linken, egal aus welchem Spektrum. Und beweist damit, was für ein gefährliches Potential auch der strukturelle Antisemitismus in sich birgt. Mag er zunächst auch nur in den Köpfen existieren. Kritisch wird es wenn der heimlich gehegte Groll sich in Praxis umsetzt.
 http://www.calvin.edu/academic/cas/gpa/sturm28.htm



erst mal das eine bild

mod 20.12.2002 - 18:30
später dann mehr, ist gerade viel zu tun...

21.12.2002 - 02:31
Jeder faellt auf seine Art auf Nazis, Faschisten und Antisemiten rein: leider auch Abdel Kader. Er glaubt tatsaechlich den Nazis, dass sie Antikapitalisten seien. Silvio Gesell war ein Antisemit und auf theoretischem Gebiet ein Trottel. Aber ihn in dieser Form mit den Nazis in Verbindung zu bringen ist Verschwoerungstheorie.
"Rechter Antikapitalismus" ist Demagogie, den Linke entlarfen sollten. Stattdessen entwickeln einige eine neue "Totalitarismus"these: Rechte und Linke wuerden sich in ihrem Antikapitalismus begegnen. Und jede theoretische Schwaeche, jede ungeschickte Formulierung von Linken wird dann als " verkuerzte Kapitalismuskritik" abgetan, die gleich Antisemitismus sei. Also, wer gegen Kapitalismus ist, aber nicht mit dem theoretischen Niveau Adornos auf die Welt kommt muss dann wohl rechts sein.

"Antikapitalismus" d Nazis & Fundamentalisten

Karl 21.12.2002 - 11:58
So so, Nazis und Islamisten sind "antikapitalistisch". sehr interessant! Öfter mal was Neues, wie?

Das, was sie sind, lässt sich ganz präzise sagen: Sie sind dem nationalen Grosskapital aufs Äusserste herzlichst verbunden. Die Kapitalisten(freunde) Hitler und Bin Laden belegen das.

Aber der Faschismus und Mullah-Wahn haben auch andere Elemente, die sich vor allem auf deren Massenbasis bezieht.

Viele Anhänger dieser reaktionären Bewegungen stammen aus der durch das Grosskapital enteigneten bzw. in der Konkurrenz untergegangenen Masse selbstständiger Kleinunternehmer. Diese sehen sich nach einer mittelalterlichen und harmonischen, vom König beschützten Ständegesellschaft.

Stände statt Klassen! Selbstständige Händler und Handwerker statt Industrieproletarier! Das ist ein Zurück in der Geschichte und deshalb im Sinne des Wortes Re-aktionär!

Denn der Kapitalismus lässt sich nicht zurückentwickeln.

Das, was die Marxisten wollen, ist das Gegenteil: Sie wollen nicht zurück zu einer angeblichen "Stände-Idylle" und "volksgemeinschaft", sondern Vorwärts! zu einer Produktionsdemokratie auf der Basis modernster - durch den Kapitalismus entwickelter! - Produktivkräfte!

Dies ist progressiv, denn der Kommunismus ist keine Zurückentwicklung, sondern einer - logische - Weiterentwicklung der Kapitalökonomie, nämlich durch Vergesellschaftung der Produktion und des Konsums.

Der Kommunismus ist eine andere Art & Weise des Produzierens und beschränkt sich nicht bloss auf die Distributionsebene wie es bei den Neonazis oder den religiösen Fundis mit ihrer seltsamen "Gerechtigkeit" und ihren identitätsgeprägten Verteilungskämpfen der Fall ist ...-

Das "Kapital" hat mehr als ein Kapitel!!!

b. 21.12.2002 - 16:11
z.B. gibt es das 25. Kapitel ueber die "urspruengliche Akkumulation". Wenn unsere "antideutschen" Freunde dort in ca. 30 Jahren angekommen sind, geht ihnen sicher ein Lichtlein auf. Aber vielleicht sind sie auch vorher schon eine Arbeitsgemeinschaft bei der FDP geworden.

@karl&b

akkuladegerät 22.12.2002 - 16:37
@ karl: grosskapital bla! Deine tollen Industrieproletarier sind genauso dem Faschismus hinterhergelaufen wie die dicken und dünnen Bosse. @ b: Du sprichst in Rätseln, zum einen ist das Kapitel ursprüngl. Akku nicht Kap 25 sondern Kap 24 (weiss ich zufällig genau, weil ichs gerade wieder gelesen habe), aber wo Du den Zusammenhang zu diesem Text siehst, ist mir unklar - sei doch so nett, und teile der Welt mit, welche Kritik Du anbringen willst.

@ leeres Akkuladegerät

Karl 22.12.2002 - 18:30
Meine Industrieproletarier (- in der Tat, mein Grossvater war einer von denen -) liefen der SPD und der KPD hinterher.

Die Mitglieder- und Wählerbasis rekrutierte sich zu 80% aus dem entwurzelten Mittelstand (kleine Händler, Handwerker, Bauern, aber auch Ärzte und Rechtsanwälte sowie "untypische" Arbeiter jenseits des industriellen Kernproletariats).

Der Faschismus ist eine Art Extremismus des Mittelstandes, eine brutale antikommunistische Bewegung, die sich in erster Linie gegen die Linken und die Arbeiterbewegung richtet.

Die Grosskapitalisten sind Hitler nicht bloss hinterher gerannt, sie haben seinen Aufstieg finanziert und ihn durch einen Putsch mit Hilfe des ultrarechten Hindenburg an die Macht gehievt.

Die ersten, welche am Tag nach Hitlers Machtergreifung verhaftet wurden, waren Kommunisten, Gewerkschafter und Sozialdemokraten ...-

Wort vergessen

Karl 22.12.2002 - 18:34
Die Mitglieder- und Wählerbasis der NSDAP (!) rekrutierte sich zu 80% aus dem entwurzelten Mittelstand (kleine Händler, Handwerker, Bauern, aber auch Ärzte und Rechtsanwälte sowie "untypische" Arbeiter jenseits des industriellen Kernproletariats).

Antideutsche sind Rechtskonservative

X 22.12.2002 - 19:14
Schön, wie die Antideutschen versuchen sich mit linker Rethorik in linke Diskurse einzubringen, um mit ihren Links=Nazi (und Rechtskonservativ=o.k.) und Antikap=Antisem. fuss zu fassen. Erfolg haben die Antideutschen mit ihrer Counter-Strategie übrigens erst seit sie so stark beachtet werden. Die Linke ist also ein Stück weit selbst schuld.

na ja stimmt schon

Danke Anke! 22.12.2002 - 22:14
Die Antideutschen sind verkappte Rechte, die sich unter die Linken geschlichen haben.

Ernst nehmen muß man sowas schon, denn die harmlosen sind die gefährlichsten, sagte Adorno. Gemeint hat er das ahnungslose Publikum, das nichtsahnend der Propaganda zuhört und sie einfach glaubt. Jedenfalls sich nicht zur Wehr setzen kann.

was ist ein aktiver Zuschauer

Zuschauer 23.12.2002 - 02:13
>Für uneingeschränkten Luxus und Individualität!
>Nie wieder Kapitalismus!
>Nie wieder Herrschaft!
>Nie wieder Arbeit!

Dit is rechts?
was is dann heute links?

bitte den Text richtig lesen!

23.12.2002 - 02:16
Da steht:
Wenn es schon um eine Alternative zur jetzigen Gesellschaft gehen soll, dann sprechen wir doch über positive Utopien und nicht über
negative Utopien.
In diesem Sinne:
Für uneingeschränkten Luxus und Individualität!
Nie wieder Kapitalismus!
Nie wieder Herrschaft!
Nie wieder Arbeit!

von der Utopie zur Wissenschaft

Karl 23.12.2002 - 12:02
Friedrich Engels hatte in seinem Werk "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" die historische Entwicklung der Sozialismus-Ideen nachgezeichnet.

"Die Anschauungsweise der Utopisten hat die sozialistischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts lange beherrscht und beherrscht sie zum Teil noch. Ihr huldigten noch bis vor ganz kurzer Zeit alle französischen und englischen Sozialisten, ihr gehört auch der frühere deutsche Kommunismus mit Einschluss Weitlings an. Der Sozialismus ist ihnen allen der Ausdruck der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit und braucht nur entdeckt zu werden, um durch eigne Kraft die Welt zu erobern; da die absolute Wahrheit unabhängig ist von Zeit, Raum und menschlicher geschichtlicher Entwicklung, so ist es blosser Zufall, wann und wo sie entdeckt wird. Dabei ist dann die absolute Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit wieder bei jedem Schulstifter verschieden; und da bei jedem die besondre Art der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit wieder bedingt ist durch seinen subjektiven Verstand, seine Lebensbedingungen, sein Mass von Kenntnissen und Denkschulung, so ist in diesem Konflikt absoluter Wahrheiten keine andre Lösung möglich, als dass sie sich aneinander abschleissen. Dabei konnte dann nichts andres herauskommen als eine Art von eklektischem Durchschnitts-Sozialismus, wie er in der Tat bis heute in den Köpfen der meisten sozialistischen Arbeiter in Frankreich und England herrscht, eine äusserst mannigfaltige Schattierungen zulassende Mischung aus den weniger Anstoss erregenden kritischen Auslassungen, ökonomischen Lehrsätzen und gesellschaftlichen Zukunftsvorstellungen der verschiednen Sektenstifter, eine Mischung, die sich um so leichter bewerkstelligt, je mehr den einzelnen Bestandteilen im Strom der Debatte die scharfen Ecken der Bestimmtheit abgeschliffen sind wie runden Kieseln im Bach. Um aus dem Sozialismus eine Wissenschaft zu machen, musste er erst auf einen realen Boden gestellt werden" (F. Engels)

Man muss also von der Gesellschaft ausgehen, wie sie ist. Das betrifft deren materielle Verfassung, z.B. die Produktivkräfte und vor allem die gesellschaftlichen Konflikte:

"Hiernach erschien jetzt der Sozialismus nicht mehr als zufällige Entdeckung dieses oder jenes genialen Kopfs, sondern als das notwendige Erzeugnis des Kampfes zweier geschichtlich entstandner Klassen, des Proletariats und der Bourgeoisie. Seine Aufgabe war nicht mehr, ein möglichst vollkommnes System der Gesellschaft zu verfertigen, sondern den geschichtlichen ökonomischen Verlauf zu untersuchen, dem diese Klassen und ihr Widerstreit mit Notwendigkeit entsprungen, und in der dadurch geschaffnen ökonomischen Lage die Mittel zur Lösung des Konflikts zu entdecken. Mit dieser materialistischen Auffassung war aber der bisherige Sozialismus ebenso unverträglich wie die Naturauffassung des französischen Materialismus mit der Dialektik und der neueren Naturwissenschaft. Der bisherige Sozialismus kritisierte zwar die bestehende kapitalistische Produktionsweise und ihre Folgen, konnte sie aber nicht erklären, also auch nicht mit ihr fertig werden; er konnte sie nur einfach als schlecht verwerfen. Je heftiger er gegen die von ihr unzertrennliche Ausbeutung der Arbeiterklasse eiferte, desto weniger war er imstand, deutlich anzugeben, worin diese Ausbeutung bestehe und wie sie entstehe. Es handelte sich aber darum, die kapitalistische Produktionsweise einerseits in ihrem geschichtlichen Zusammenhang und ihrer Notwendigkeit für einen bestimmten geschichtlichen Zeitabschnitt, also auch die Notwendigkeit ihres Untergangs, darzustellen, andrerseits aber auch ihren innern Charakter blosszulegen, der noch immer verborgen war. Dies geschah durch die Enthüllung des Mehrwerts. Es wurde bewiesen, dass die Aneignung unbezahlter Arbeit die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise und der durch sie vollzognen Ausbeutung des Arbeiters ist; dass der Kapitalist, selbst wenn er die Arbeitskraft seines Arbeiters zum vollen Wert kauft, den sie als Ware auf dem Warenmarkt hat, dennoch mehr Wert aus ihr herausschlägt, als er für sie bezahlt hat; und dass dieser Mehrwert in letzter Instanz die Wertsumme bildet, aus der sich die stets wachsende Kapitalmasse in den Händen der besitzenden Klassen anhäuft. Der Hergang sowohl der kapitalistischen Produktion wie der Produktion von Kapital war erklärt." (F. Engels)

 http://www.sinistra.net/lib/cla/mew/mewutowid.html

In der Art, wie etwa die Lohnniveaus der Beschäftigten deren derzeitige (!) Macht in Bezug auf die Lohnzahler ausdrücken, so kann die Negation dieser Produktionsweise zunächt mal nur in der Herstellung ganz anderer gesellschaftlicher Machtverhältnisse bestehen.

In diesem Ringen, welches heute etwas eingeschlafen zu sein scheint, muss sich jedenfalls zeigen, wohin die Reise gehen soll und kann.

Aber ohne eine Analyse der Machtverhältnisse und der Interessen der Herrschenden ist der Sozialismus nur ein Märchen.

Aber klar ist schon: Profitinteressen und das Bestehen bestimmter Institutionen um ihrer selbst willen - das ist nur sehr partiell kompatibel mit den Entfaltungs- und Lebensbedürfnissen der Menschen und ihrer Umwelt.

Noch eine Anmerkung zu den AntiDeutschen:

Diese scheinen wirklich nur noch Deutsche zu kennen und keine Parteien mehr, auch keine Arbeiter, Angestellten und Kapitalbesitzer, so wie es einst ja Willhelm II und Adolf Hitler formulierten, die ja auch nur noch Deutsche kannten.

Ich weiß nicht, wie man mit einer solchen völkischen Paranoia wie bei den AntiDeutschen, - die nur noch Völker kennen und keine Klassen -, noch für irgend einen Sozialismus sein kann.

Was den angeblichen "Antikapitalismus" der Nazis und religiösen Fanatiker betrifft, welcher zumindest eine Art Negation sein soll, so habe ich bereits einiges dazu angedeutet.

Es wäre idiotisch, die Augen vor der Tatsache zu verschliessen, dass der deutsche National"sozialismus" zu 100% Kapitalismus war und sonst gar nichts.





Ergänzung zum Artikel

Abdel Kader 24.12.2002 - 12:40
Die von mir genannten Bewegungen VERSTEHEN SICH als antikapitalistisch.( Die Kommentare zum Artikel zeigen, dass die Linken ihnen diese Motivation nicht zugestehen wollen) Ob diese nun, wenn sie an die Macht kämen, den Kapitalismus wirklich abschaffen würden oder ob ihre alternativen Wirtschaftsformen etwas Positives wären, ist eine andere Frage. ( Die Parole „Antikapitalismus von Rechts“ stammt übrigens von der Querfrontorganisation „Kampfbund deutscher Sozialisten“ – Nazis und IslamistInnen lesen übrigens auch Indymedia und werden wahrscheinlich auch diese Debatte verfolgen)

Zum Islamismus: Der Islamismus ( es gibt da verschiedene Spektren und die Hizb Ut-Tahrir ist nur eine der Splittergruppen) strebt eine Art Feudalgesellschaft an. Ob diese FundamentalistInnen, wenn sie in der Lage dazu wären, alle Elemente der Moderne und des Kapitalismus nun auch abschaffen würden, glaube ich kaum. Allerdings ist eine pro-feudalistische Bewegung auch antikapitalistisch. Etwas Progressives wohl nicht. Antikapitalistisch zu sein widerspricht sich nicht mit antikommunistisch zu sein, so haben sich schon die Muslimbrüder in Ägypten verstanden.

Zum Nationalsozialismus: Während der NS-Zeit gab es keine wirkliche Auflösung des Kapitalismus. Es gab immer noch Besitzende ( an Produktionsmitteln) und Besitzlose. Diejenigen Menschen aber, die sich der Deutschen Volksgemeinschaft angehörig fühlten, handelten so als gäbe es diesen Klassenantagonismus oder irgendwelche sozialen Unterschiede nicht mehr. Die Volksgemeinschaft verstand sich als klassenlose Gesellschaft und auf einer gewissen Ebene war sie das auch. Zum Beispiel konnten all diese VolksgenossInnen kollektiv von der Ausbeutung der Sklavenarbeitskraft der ZwangsarbeiterInnen profitieren.

Nichtkapitalistische Produktionsweisen kann es auch in der Moderne geben und meiner Meinung nach könnte es auch jetzt zu einer „negativen Aufhebung des Kapitals“ kommen. Als Beispiel hatte ich schon Kambodscha unter den Roten Khmer genannt. Auch die Talibani konnten ja viele Elemente der Moderne und einer vorher existierenden Kapitalisierung erfolgreich zurückdrängen, auch wenn sie selbst Geschäfte mit dem Weltmarkt gemacht haben.

Ach übrigens: ja, „Das Kapital“ hat wirklich mehr als nur ein Kapitel, es gibt sogar drei Bände davon. Allerdings habe ich mich hier gar nicht in einer aktuellen Kapitalismusanalyse versucht. Um zu zeigen, warum der Wunsch das Geld abzuschaffen eine sehr verkürzte Kapitalismuskritik darstellt, genügt es sich auf das erste Kapitel zu beziehen und Warenform und Geldform zu beleuchten. Die nächsten Kapitel bauen auf dem ersten auf. So würde z.B. Lohnarbeit ohne Geld schlecht funktionieren, mit so etwas haben sich aber die strukturell antisemitischen Theorien gar nicht wirklich beschäftigt.
Ich hoffe auf verlängerte Kritik und progressiven Antikapitalismus.

@Mod: Vielen Dank fürs Bildhochladen!!

Leicht durchschaubare Methodik

Martin 04.01.2003 - 12:04
Man muss kein Muslim sein, um zu sehen, dass die von dem Autor betriebene Taktik ein leicht zu erkennender Versuch ist, Muslime aus dem Diskurs zu verdrängen und schlußendlich zu kriminialisieren.

Dafür wird der in Deutschland allseits beliebte und immer wirkungsvolle Weg genommen, jegliche Geldkritik, die allerdings sehr radikal im islamischen Rechtsdenken der letzten 14 Jahrhunderte verankert ist, als per se "antisemitisch" zu bezeichnen.

Damit werden zwei "Fliegen" mit einer Klappe geschlagen:
- einerseits werden die - sowieso sehr leisen - Stimmen der Muslime in Europa an Rand gedrängt und dürfen - wenn überhaupt - nur an Minderheitendiskursen teilnehmen und
- andererseits wird jegliche Kritik - und auch alternatives Lebensmodell, welches Muslime Jahrhunderte praktizierten - als inakzeptabel entlarvt und damit im öffentlichen Raum als induskutabel gebrandmarkt.

Hätte sich Abdelkader mit der rechtlichen Grundlage des Islam, von der er wahrscheinlich so gut wie nichts weiß, auseinandergesetzt, dann wüsste er, dass es nicht um eine "Abschaffung des Geldes" geht, noch um ein "bloßes Verbot des Zinses", sondern um ein ganzheitliches Modell, welches sich bis in den Beginn des letzten Jahrhunderts weltweit als erfolgreich erwiesen hat.

Ebenso geschickt ist die Verbindung - oder besser gesagt - Denunzierung von muslimischer Kritik am jetzigen Kapitalismus mit dem seit Jahrzehnten aus der arabischen Welt - nicht deckungsgleich mit der muslimischen - kommenden extremen Modernismus der Wahhabis und ihrer Nachahmer, denn diese sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass es bei ihnen keinen Versuch einer Kritik am Kapitalismus gibt, sondern den Versuch von deseen "Islamisierung".

Aber wie immer hat der Versuch, Muslime mit Antisemtismus, der zugegebenermaßer in der arabischen Welt virulent ist, auf enen Nenner zu bringen, damit die zu erwartenden Schläge gegen die muslimische Welt bei zu rechtfertigen sind.

Der Untergang des Kapitalismus

18.01.2003 - 15:50
Ich denke diese Vermischung von Gedanken ist typisch für den Versuch islamische Gedanken zu verwässern.
Jeder weiß das Moslems schon immer unter den islamischen system gelebt haben. Und das der Kalifat das mehr als 1300 Jahre regiert hat nicht vom eigene Volk also das islamische abgeschafft wurde, sondern von den damaligen kolonialisten.
Al so kann man davon ausgehen, das dieses sytem auch funktioniert hat und den Menschen das gegeben hat was er benötigt. Im Gegensatz dazu, hat sich der Kommunismus von selbst vernichtet, und die Demokratie ist auf dem Weg dahin.
Das Zusammenbrechen der kapitalistischen Wirtschaftsysteme und der sozialsysteme sind nur ein Anfang. Das gesellschaftssystem hierzulande ist eh schon zusammengebrochen. Ansosnsten würde ich mir nicht vorstellen, das Menschen Alkohol und Drogen anhämgig werden, sich an kleine Kinder und wehrlose Frauen vergreifen.