nazis und der irak

schub_ladendiebin 23.10.2002 16:29 Themen: Antirassismus Weltweit
die nazis und der irak
Die Irak-Connection

Wie europäische Rechtsextremisten sich mit Saddam Hussein solidarisieren

Brüder im Ungeist: Deutsche Neonazis gehören inzwischen zu den regelmäßigen Besuchern der irakischen Botschaft in Deutschland.


Unheilige Allianz: Rechtsextremisten schlagen sich auf Sassam Husseins Seite. Foto: JA


Anläßlich des Geburtstages von Saddam Hussein etwa wurde dort am 27. April eine Abordnung des Kampfbunds Deutscher Sozialisten (KDS) empfangen, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird. Der Irak, so KDS-Vorstandsmitglied Thomas Brehl, sei "für uns von besonderer Bedeutung, weil mit Saddam Hussein an der Spitze des Irak ein Mensch steht, der uns schon in einigem an unseren Führer Adolf Hitler erinnert, der dieser gewaltigen Übermacht Amerika trotzt, der nicht bereit ist, in die Knie zu gehen." Axel Reitz (KDS) findet Saddam Hussein "groß und bewundernswert, weil er es geschafft hat, wie unser Führer Adolf Hitler, sein Volk hinter sich zu bringen, und sein Volk steht hinter ihm" und weil er "den Irak zu einer der orientalischen Art und Mentalität entsprechenden orientalischen Variante des nationalsozialistischen Volksstaates gemacht hat".

Die Sympathien beruhen auf Gegenseitigkeit, was viele Beobachter in Anbetracht der politischen Bedeutungslosigkeit der Neonazis verwundern mag. In einem Dankesschreiben vom 3. Juni, ausgefertigt vom Chef des irakischen Präsidiums Office, Ahmad H. Khudair, läßt Saddam Hussein der neonazistischen Organisation Wünsche für "beste Gesundheit und Erfolg" übermitteln. Mitte Juli, zum Jahrestag der irakischen "Revolution", kommt erneut eine KDS-Delegation in die irakische Botschaft. Die Stimmung bei den Empfängen bezeichnen die Neonazis als "absolut herzlich". Ein Foto zeigt den Geschäftsträger der irakischen Botschaft, Shamil Mohammed, mit den Besuchern. Er habe sogar die Ehrennadel des KDS entgegengenommen, berichtet KDS-Vorstand Peter Habermann stolz.

Inzwischen gehören die Neonazis zu den persönlich geladenen Gästen der Iraker. In einem Anschreiben an Deutschlands Neonazi-Kopf Thomas Brehl anläßlich des vierunddreißigsten Jahrestages der irakischen "Revolution" ist nachzulesen: "Der Geschäftsträger der Botschaft Irak Shamil A. Mohammed und seine Frau Maisoun Mohammed geben sich die Ehre." Die Verbrüderung der totalitaristischen Glaubenssysteme zeigt offene Konturen. Führerkult, Antiamerikanismus und Antisemitismus dürften der Kitt der unheiligen Allianz sein. Hartwig Moeller, Leiter des Verfassungsschutzes NRW, bestätigt die Kontakte: "Wir haben beobachtet, daß Vertreter des KDS in der irakischen Botschaft Besuche abgestattet und Gespräche dort geführt haben. Das gilt sowohl für die Botschaft als sie noch in Bonn war wie auch jetzt in Berlin."

Der Kampfbund Deutscher Sozialisten existiert seit 1999, einige seiner Mitglieder waren zuvor über Jahre hinweg einschlägig in NS-Organisationen aktiv, die ideologische Positionierung der Gruppe ist eindeutig. KDS-Vorstandsmitglied Axel Reitz legte bei einer Hitler-Geburtstagsfeier im April 1999 in den Niederlanden ein weltanschauliches Glaubensbekenntnis ab und sagte über den "geliebten Führer", die glänzende Lichtgestalt der arischen Rasse: "Wir glauben auf dieser Erde alleine Adolf Hitler. Wir glauben, daß der Nationalsozialismus der allein seligmachende Glaube ist für unser Volk."

Produkt der Botschaftskontakte der Neonazis sind mittlerweile Pro-Hussein-Publikationen, in denen dem Diktator "Solidarität" bekundet wird. "Gegen die Kriegspolitik der USA! Hände weg vom Irak!" fordert der Kampfbund Deutscher Sozialisten in einem aktuellen Flugblatt. In Pamphleten wird Hussein als "völkischer, revolutionärer Sozialist" bejubelt, der "Widerstand gegen US-Imperialismus, Zionismus und Arabische Reaktion" leiste (Der Gegenangriff, Juni 2002). Laut Einschätzung des Direktors des hessischen Verfassungsschutzes, Lutz Irrgang, steht Thomas Brehl "der linken Seite" der NSDAP nahe. Das könnte eine Affinität zur Baath-Partei Saddam Husseins sein. "Vielleicht", merkt Brehl an, "geht es aber auch nur darum, jemanden anzupumpen." "Die Initiative zum Kontaktaufbau mit irakischen Stellen" geht, so Robert Bihler vom bayerischen Verfassungsschutz, "regelmäßig von deutschen Rechtsextremisten aus." Zum Teil werde dabei "die internationalistische Tradition der DDR aufgegriffen und der Gedanke weltweit vernetzter ‘sozialistischer Bewegungen’ beschworen", wie etwa im Fall des KDS-Aktivisten Michael Koth.

Nach Erkenntnissen von Bihler greifen islamistische Gruppen, "so etwa auch in Deutschland herausgegebenen Publikationen, rechtsextremistisches beziehungsweise esoterisches Gedankengut für eigene ‘Argumentations-’ beziehungsweise ‘Beweiszwecke’ auf. Eine nachweisliche Kooperation geht von islamistischen Organisationen bisher nicht aus." Der Vizepräsident des Hamburger Verfassungsschutzes, Manfred Murck, sagt, bereits im Mai 1999 habe das von norddeutschen Neonazis herausgegebene Zentralorgan über die Festnahme des PKK-Führers Abdullah Öcalan berichtet und in diesem Zusammenhang von einer Verschleppung gesprochen, an der zweifellos der amerikanische und der israelische Geheimdienst mitgewirkt hätten, denn es "dürfte den USA und Israel daran gelegen sein, ein freundschaftliches Verhältnis zur Türkei zu pflegen, um auch weiterhin von türkischem Territorium aus den Irak und seine Staatsführung kontrollieren und einschüchtern zu können." Weiter heißt es, mit Öcalan sei ein politischer Führer kalt gestellt worden, "dessen Einsatz für die Freiheit seines kurdischen Volkes ebenso wenig in das Konzept einer ‘Neuen Weltordnung’ paßt, wie etwa die Freiheitsbestrebungen eines Milosevic in Serbien oder eines Saddam Hussein im Irak." Aktuell ruft das Aktionsbündnis Norddeutschland im Internet im Falle eines Angriffs auf den Irak zu Aktionen gegen die USA auf. Am 14. April marschierten Rechtsextremisten unter dem Motto: "Für eine Welt freier Völker - Solidarität mit Irak und Palästina" durch Jena. Zu den Unterstützern der Veranstaltung gehörte die Neonaziorganisation Thüringer Heimatschutz und die NPD.

Sympathiebekundungen für den Irak sind auf europäischer Ebene unter rechtsradikalen und rechtspopulistischen Politikern keine Seltenheit mehr. Den Anfang setzte 1990 öffentlichkeitswirksam der Chef des französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, der sich während des Golfkriegs auf die Seite des Irak schlug. Im November 1990 reiste er zum irakischen Diktator nach Bagdad und zelebrierte vor den Augen der Weltöffentlichkeit "Shake Hands". Als Dankeschön für die Solidarität aus einem NATO-Staat durften die letzten französischen Geiseln Le Pen nach Hause begleiten: der Beginn einer intensiveren Kooperation. Im Mai 1996 kam es zu einem weiteren Treffen zwischen Le Pen und Hussein. Dank der Front-National-nahen Organisation SOS Enfants d’Irak, die von Le Pens Frau Jany gegründet wurde, kam es zu regelmäßigen Irakbesuchen französischer Nationalisten aus dem FN-Spektrum. Während die Gruppe mit dem humanitären Namen nimmermüde ihren karitativen Charakter für die Opfer des Embargos beteuerte, kritisierten vor allem antifaschistische Gruppen, der Hintergrund sei das Knüpfen wirtschaftlicher Kontakte.

Weitere Freunde des Irak sind Österreichs Rechtspopulisten. Im Februar 2002 besuchte Jörg Haider Hussein in Bagdad und "überbrachte dem Präsidenten" laut einer Meldung der staatlichen irakischen Nachrichtenagentur INA "die Grüße des österreichischen Volkes und der Freiheitlichen Partei wie auch deren Solidarität mit dem Volk vom Irak und seiner weisen Führung". Der FPÖ-Politiker äußerte den Wunsch, "die Beziehungen zwischen dem Irak und Österreich sowie zwischen den Freiheitlichen und der Baath-Partei zu vertiefen".

Doch die Nähe zu orientalischen Despoten beschränkt sich bei Haider nicht auf Hussein. Gute Verbindungen pflegt er auch zu Libyens Staatschef Muammar el-Gaddafi. Er reiste verschiedentlich nach Tripolis, im Mai 2000, im Juni 2000 und im Oktober 2001, wo er am 31. Oktober 2001 in Begleitung von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) zu Gast war. Im April 2002 wurde Haider Präsident der Österreichisch-Libyschen Gesellschaft. Die Patronanz über die konstituierende Sitzung am 25. April hatte Saif Alislam Al-Gaddafi, ein Sohn des libyschen Diktators, übernommen.

Der renommierte Extremismusforscher Patrick Moreau erkennt bei Haider "seit zwei Jahren eine klare antiamerikanische Politik", die sich mit seiner Nähe zu Rechtsradikalen aus der "Neuen Rechten" erklären lasse. "Diese Leute sind immer antiimperialistisch, antiamerikanisch und antiisraelisch eingestellt gewesen. Das ist eine Möglichkeit für diese Leute, endlich wieder Krieg gegen den zweiten Hauptfeind führen zu können, Israel."

Die FPÖ-nahe Wochenzeitung Zur Zeit ist ein Dokument für die Verbrüderung mit antidemokratischen Kreisen im Orient. Einer der Herausgeber ist Andreas Mölzer, der in der Vergangenheit als kulturpolitischer Berater Haiders fungierte und für seine Nähe zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland bekannt ist. Sein Blatt fällt heute durch eine beinahe völlig undifferenzierte Berichterstattung über islamische Terrorgruppen wie Hamas oder Hisbollah auf, die als "Widerstandskämpfer" eingeordnet werden: "Hisbollah konzentriert sich fern der parlamentarischen Politik lieber auf volksnahe Aktivitäten. Das allerdings mit einem politischen Weitblick, dessen Früchte man heute nur erahnen kann." (Zur Zeit 24/02) Doch das größte Faible hat die Publikation, die pikanterweise im Jahre 2001 im Rahmen der Presseförderung mehr als achthunderttausend Schilling von der österreichischen Regierung erhielt, für Hussein. Seine Agitation wird immer wieder verbreitet. Ranghohe FPÖ-Politiker wie der Volksanwalt Ewald Stadler, gleichzeitig Vizepräsident der Österreichisch-Irakischen Gesellschaft, loben den Irak vor den Sanktionen als "wichtigsten Handelspartner Österreichs außerhalb Europas". Bush dagegen entwickele sich zum "Rang eines Propheten", dessen Verhalten "schon fast an Cäsarenwahn grenze" (Zur Zeit 8/02).

Der Journalist und Extremismusforscher Samuel Laster bilanziert die Stimmung in der rechtsradikalen Szene: "Die Judenfeindschaft scheint inzwischen höher bewertet zu werden als die Feindschaft zum Islam. Es gibt zwar innerhalb der Rechten Diskussionen darüber, aber grundsätzlich ist die Mehrheit auf der Seite des Irak, auf der Seite der Judenfeinde, auf der Seite derer, die die Juden vernichten wollen."

Im Kriegsfall sieht der Extremismusexperte Moreau konkrete Bedrohungen: "Das ist ein Problem der Sicherheit der NATO. Wir haben das Problem in Serbien gehabt, wo französische Soldaten und Offiziere auf der Seite von Serbien gekämpft haben. Es könnte natürlich im Irak noch einmal passieren, daß sie auf die Seite von Saddam Hussein gehen, um die Ideale des Kampfes gegen den Imperialismus voll erleben zu wollen."



von Rainer Fromm und Barbara Kernbach , 23. Oktober 2002
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Ergänzungen

Warum Crosspost?

Anarcho 23.10.2002 - 16:48
Ist Dir dieses Thema nicht wert, was eigenes zu schreiben und zu recherchieren? Indy ist nun mal ne Seite für eigene Nachrichten.
Zum Thema: Es wäre interessant zu beleuchten, unter welchen Umständen sind etwa Rechtspopulisten für oder gegen Saddam (Haider ist für Saddam und Berlusconi für Bush) und was bedeutet es für Linke, wenn sich sowohl die Rechte als auch die reaktionäre Linke auf die Seite einer Regierung und nicht auf die der Menschen dort stellt?

23.10.2002 - 18:30
 http://www.juedische-allgemeine.de/tools/lese.php?ssl_fehler=index.html&ssl_index=/politik/politik.html&weit=/politik/politik-04421.html

www.juedische-allgemeine.de/tools/lese.php?ssl_fehler=index.html&ssl_index=/politik/politik.html&weit=/politik/politik-04421.html

wenn der erste wegen "&"-bug nicht geht, den zweiten kopieren und einfügen.

Typisches Beispiel was Defamierung u Boykott

Katrin 23.10.2002 - 18:52
Übles anrichten können!
Ich glaube nicht das die Braunen dem Saddam viel weiter helfen können, aber wenn es die Einzigen Freien Emanzipatorischen Geister sind, die über den Allgemein Medienpolitischen Tellerrand hinaus blicken können, sich nicht von übler Kapitalistisch Imperialistischer Meinungsmache beeinflussen lassen, befürchte ich unsere Zukunft Braun.

Berührungspunkte

Photographer 24.10.2002 - 00:53
Ist doch klar wo die Berührungspunkte bei denen sind. a) Ein primitiver eliminatorischer Antisemitismus und b) ein tumber Befreiungsnationalismus. Und, da Nazis keine eigenen Ideen haben hängen die sich überall dran, wo es grade in ihr Konzept passt.
Da heist es schon Aufpassen, wenn "wir" (was immer das bei Linken heissen kann / mag) gegen einen bevorstehenden Krieg mobilisieren und argumentieren.

...um mal praktisch zu werden...

anarchia si 24.10.2002 - 01:25
was sollte das für die praxis bedeuten? ich denke, daß kriegsgenerInnen, die nicht in diese falle laufen wollen, an den demos teilnehmen sollten umd dort inhaltlich stellung beziehen, sei es in form von eigenen fluglätteren oder transparenten, auf denen z.b. die interessen deutschlands oder europas thematisiert werden oder erklärt wird, daß bush nicht "the evil" ist und die usa als land auch nicht (siehe dortige sehr große antimilitaristische bewegung),... ist nur so eine idee von mir und besser als zu hause zu bleiben und zu schimpfn, daß eigene positionen nicht präsent sind.

hallo katrin

verpiss dich 24.10.2002 - 10:33
die Einzigen Freien Emanzipatorischen Geister... nina du bist irre

@ verpiss dich Weißt du warum?

Katrin 24.10.2002 - 11:09
Weißt du warum sie Emanzipatorisch sind?
Weil sie ausgegrenzt und überall von euch bekämpft werden, weil sie aus dem Einseitigen Dogmatischen Propagandafluß aus Washington und Tel a Viv aufgrund ihrer Revanchistischen Weltsicht (ein Starkes Unabhängiges Deutschland) ausgeschlossen sind, und sich somit dieser Einseitigen Sicht der Dinge (Eine Welt regiert aus Washinton und Tel a Viv) Automatisch entziehen, und sich (Traurigerweise) ein Gerechteres Bild (als das der Börsen Demokraten) von der Weltordnung machen müssen.

einseitige sicht, katrin (und übrigens

verpiss dich) 25.10.2002 - 01:25
und dann ncoh von nazis ist nicht emanzipatorisch. das bedeutet doch wohl was anderes...

Und was soll uns das bitte sagen?!1

klauser 07.11.2002 - 00:13
Ich versteh schon dass die Rechten vom Saddam fasziniert sind. Aber was heisst das? Das es ok ist wenn die Amis die Iraqer bombardieren und dann die Arabischen Staaten besetzen? Wird der Indy ein Sprachrohr fuer die Juedischen Interessen?