Nigeria: Frauen aus dem Niger Delta melden sich zu Wort

clandestino (übersetzer) 14.08.2002 20:30 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit Ökologie
Ein etwas älterer Artikel (22. Juli) von der Organisation ERA (Environmental Rights Action), der einen Einblick in die Hintergründe des Protestes der Frauen gegen Chevron in Nigeria bietet.
Aussagen der Frauen über den Chevron Protest

ERA (Environmental Rights Action), 22. Juli 2002

Protestierende Frauen setzen die Besetzung von Chevron Flow Stations (Förderanlagen? d. Übers.) fort.

Über dreitausend protestierende Iljaw-Frauen vom Gbaramatu Clan und anderen Gemeinden des Niger Deltas setzen die direkte Besetzung von Chevron´s Flow Stations im Niger Delta fort.
In diesem speziellen Update präsentiert die Aktion Umweltrechte (Environmental Rights Action- ERA) Aussagen der protestierenden Frauen auf der besetzten Abiteye Flow Station.


?Chevron hat uns vernachlässigt. Sie haben uns für eine lange Zeit vernachlässigt. Immer wenn z.B. Öl ausläuft, säubern sie anschliessend nicht vernünftig und zahlen keine Entschädigung. Unsere Dächer werden von ihren Chemikalien zerstört. Es gibt kein trinkbares Wasser in unseren Flüssen. Unsere Fische kommen täglich durch ihre Chemikalien um, sogar die Fische, die wir in unseren Flüssen fangen, riechen nach Rohöl. Chevron weiss das richtige zu tun und schüchtert uns mit Soldaten, Polizei, Marine ein und erzählt uns, das wir am Auslaufen des Öls schuld wären. Wir sind müde, uns zu beschweren, sogar die nigerianische Regierung und ihr Chevron haben uns wie Sklaven behandelt. Seit nun dreissig Jahren, was haben wir von Chevron gehabt, ausser diesem grossen Gebiet und allen möglichen lärmenden Maschinen, was haben wir? Sie haben uns angedroht, sie würden ihre Produktion stoppen und unsere Gemeinde verlassen, wenn wir Ärger machen, und dann würde es uns schlecht gehen, als ob wir je von ihnen profitiert hätten. Vor den Siebzigern, als wir hier ohne Chevron lebten, war das Leben natürlich und schön, wir waren glücklich. Als wir zu den Flüssen oder in die Wälder zur Jagd gingen, konnten wir alle Sorten von Fischen und Wildtieren fangen. Heute sieht das schlecht aus (today the experience is sad). Ich schlage vor, das sie unsere Gemeinde verlassen sollten und nie wieder zurückkommen. In unserer Gemeinde gibt es kleine Mädchen aus Lagos, Warri, Benin City, Enugu, Imo, Osun und anderen Teilen Nigerias, die tag und nachts hinter weissen Männern und Angestellen von Chevron hinterherrennen und Prostitution betreiben und alle möglichen Arten von Krankheiten verbreiten. Die Geschichte ist zu lang und zu traurig. Wenn ihr wieder geht (zu ERA), dann sagt Chevron, dass wir nicht länger Sklaven sind, sogar Sklaven realisieren ihren Zustand und kämpfen für ihre Freiheit.?- Mrs. Felicia Itsero, 67, Mutter und Grossmutter.
(Übersetzung aus dem Ijaw von Ms. Fanty Waripai)

?Unsere Probleme mit Chevron begannen am 10. Juni an unserem Fluss. Wir schickten eine Delegation zu Chevron und berichteten über unsere Not als eine bedrohte ölproduzierende Gemeinde. Anstatt das Chevron uns, den Frauen, zuhörte, riefen sie über Telefon Soldaten von der Escravos Tank Farm (eine Kaserne?- d. Übers.). Es waren ungefähr 14 Soldaten, die am Fluss auf uns trafen und die uns roh behandelten. Sie zerstörten fünf unserer Boote und verletzten unsere Leute. Wir wurden gefoltert (tortured). Als sie sahen, dass wir bereit waren, zu sterben, versprach uns Chevron, unseren Forderungen Gehör zu schenken. Wir warteten von diesem 10. Juni an und nichts wurde getan. Also entschlossen wir uns am 17. Juli 2002, die Abiteye Flow Station zu betreten und friedlich zu protestieren. Unsere Forderungen sind aufrichtig, sogar die Soldaten, die Chevron sandte, um uns zu foltern, können euch bestätigen, dass wir nicht gewalttätig sind, also kann niemand Gewalt gegen uns anwenden. Wir sind reife Menschen und wir protestieren auf eine reife Art und Weise. Meistens hat Chevron ein ?Memorandum des Verständnisses? (memoranda of understanding- MOU) mit uns unterschrieben und sich geweigert, die Bedingungen anzuerkennen. Auch die Umweltprobleme durch Chevron´s Fabriken bedrohen uns und sie haben nichts für unsere örtlichen Fischer-Frauen getan. Wenn man jetzt noch Fische fangen will, muss man wirklich weit auf die See raus fahren und wir haben nicht die nötige Ausrüstung dafür. Ich will sagen, dass Chevron unempfindlich und gefühllos unserer Not gegenüber ist. Unsere Probleme sind durch sie verursacht worden und nun leben wir in tiefer Armut. Wenn wir auf diese Art protestieren, geben sie einfach einigen gierigen Individuen Geld und denken, dass sie die Probleme gelöst haben. Wir sind bereit, zu sterben.?- Mrs. Lucky Murade, 30 Jahre alt und Mutter.
(übersetzt aus dem Pidgin Englisch von Patrick Naagbanton, ERA)

?Chevron ist hinterlistig. Sie haben uns mehre Male getäuscht und wir kennen sie jetzt besser. Wir werden diesen Ort nicht verlassen, bevor unsere Forderungen erfüllt werden.?- Mrs. Juliet Tomfawer, 39 Jahre alt und Mutter.
(übersetzt aus dem Pidgin Englisch von Patrick Naagbanton, ERA)

?Wir sind Frauen aus Kenghangbene und anderen nahegelegenen Gemeinden. Kenghangbene beheimatet die Chevron Flow Station (Abiteye). Wir demonstrieren hier friedlich, mit nichts bewaffnet ausser Flugblättern (leaves). Wir sind friedlich. Wir besetzen diese Fabrik, weil wir wütend sind. Wir sind wütend, weil wir seit 1970, als die Firma hierher kam, miterlebt haben, wie unsere Flüsse und Bäche verschmutzt und unsere Wälder und Mangroven zerstört wurden, dazu noch der Lärm und das Flackern des Gases. Wir haben uns beschwert und protestiert. Alle unsere Beschwerden und Proteste trafen bei Chevron auf taube Ohren. Wir haben von all dem nichts gehabt. Von meinem Dorf in Warri nach hier sind es für ein gutes Motorboot über zwei Stunden und wir haben keine Klinik, kein trinkbares Wasser, keine Strasse, keine Elektrizität und andere notwendige Dinge zum Leben. Wir haben hier verheiratete Frauen, unverheiratete Frauen und kleine Mädchen. Wir haben alte Frauen, junge und kleine, die hier demonstrieren. Niemand hat uns aufgefordert, das zu tun, was wir nun tun. Wir sind wütend. Wir schlafen hier Tag und Nacht. Uns werden unsere Rechte als Volk verweigert, Arbeit, gute Umwelt usw. Wir werden hier bleiben, bis Chevron auf unsere Forderungen eingeht.? ? Chief (Mrs.) Josephine Ogoba, 48 Jahre alt und Mutter von vier Kindern. Eine Anführerin der protestierenden Frauen.






Was ihr tun könnt:

-Lasst Chevron Texaco und die nigerianische Regierung wissen, dass ihr die Forderungen der Frauen und ihrer Gemeinden nach einer sicheren und förderlichen Umwelt, die für ihr Überleben wichtig ist, unterstützt.

-Verlangt von Chevron Texaco und der nigerianischen Regierung, auf die Forderungen der Frauen nach Arbeit für ihre Kinder, wirtschaftlicher Unterstützung für Bildung und Gesundheitsdienste, für die Fischerei und die Geflügelzucht einzugehen.

-Macht der nigerianischen Regierung und Chevron klar, dass ihr über ihre altbewährte Praxis, durch Polizei und Soldaten auf gewalttätige Weise Protestler zu attackieren, bescheid wisst. Übt Druck auf sie aus, KEINE Gewalt gegen die Frauen anzuwenden.

-Macht Druck auf die US-Regierung, die mit der nigerianischen Armee letztes Jahr im Niger Delta ein friedenserhaltendes militärisches Training durchgeführt hat. Dies ist ein Vorwand, um die Ölfirmen zu schützen, um das Niger Delta zu besetzen und darüberhinaus die Leute dort zu dehumanisieren (wortwörtlich: dehumanising the people- d.Übers.)



 http://www.ndwj.kabissa.org
 http://nigeria.indymedia.org
 http://allafrica.com
 http://www.corpwatch.org
 http://www.democracynow.org/niger.htm
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Ergänzungen

dies ist ein übersetzter artikel

grübel 15.08.2002 - 12:06
kommt sowas neuerdings nicht mehr auf die startseite?

RE: dies ist ein übersetzter artikel

moderatorin 15.08.2002 - 15:05
doch, kommt er und ist er mittlerweile ja auch. das hatte wohl jemensch übersehen, danke für den hinweis!